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Archiv "Herzchirurgie: Wartezeit sank auf drei Monate" (12.03.1993)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Man war es schon gewöhnt: Es verging kein Jahr, ohne daß die deutschen Herzchirurgen auf ihrer Jahrestagung mit schlechten Nachrichten aufwarteten. Großen :Arger verursachten vor allem Kapazitätsengpässe, die den Pa- tienten lange Wartelisten zumuteten. Doch nun kann zum ersten Mal Entwarnung gegeben werden.

W

ie Prof. Dr. med. Peter Kal- mar, Präsident der Deut- schen Gesellschaft für Tho- rax-, Herz- und Gefäßchirurgie, kürzlich in Bonn berichtete, sind die Kapazitäten der herzchirurgischen Zentren regional inzwischen so aus- reichend, daß es für die Patienten keine unzumutbar langen Wartezei- ten mehr gibt.

Diese Trendwende ist darauf zu- rückzuführen, daß die Zahl der Kli- niken und damit auch der Herzope- rationen im Jahr 1992 erneut zuge- nommen hat. So wurden an 57 herz- chirurgischen Zentren (vormals 53) rund 60 000 Eingriffe vorgenommen, davon 49 000 mit Einsatz der Herz- Lungen-Maschine. Damit hat sich die Zahl der Operationen im Ver- gleich zu 1991 um fast 8000 erhöht.

Dagegen war die Zahl der Herz- transplantationen — wegen Mangels an Spenderorganen — leicht rückläu- fig (1992: 501; 1991: 548) (vergleiche auch Heft 4/1993).

Dennoch standen am Stichtag (31. Dezember 1992) etwa 12 000 Pa- tienten auf der Warteliste — diese Zahl entspricht denen der Vorjahre.

„Die Auswertung der Jahresumfrage belegt aber, daß zwischen Anmel- dung und Operation im Durch- schnitt inzwischen nur noch drei Mo- nate liegen", entgegnete Kalmar.

„6000 Patienten der Warteliste wer- den sogar innerhalb von zwei Mona- ten nach Anmeldung operiert."

Diese Zeitspanne sei in den mei- sten Fällen medizinisch vertretbar und berge für die Patienten kein be- sonderes gesundheitliches Risiko.

Prof. Dr. med. Peter Satter (Frank- furt) wies darauf hin, daß Wartezei- ten auch auf Kapazitätsengpässe in der kardiologischen Diagnostik zu- rückzuführen seien.

Auffallend sind regionale Unter- schiede der Operationsfrequenz.

„Wir beobachten nicht nur ein deut- liches Ost-West-, sondern auch ein

Herzchirurgie:

Wartezeit sank auf drei Monate

leichtes Nord-Süd-Gefälle", so Kal- mar. Während in Westdeutschland durchschnittlich 680 herzchirurgi- sche Eingriffe pro eine Million Ein- wohner vorgenommen werden, sind es in Ostdeutschland — wegen Man- gel an herzchirurgischen Zentren — im Mittel nur 338 Operationen.

Demgegenüber ist das Nord-Süd- Gefälle eine Folge des Pflegenot- standes in den südlichen Bundeslän- dern.

Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie könnten die vorhan- denen 57 Zentren bis 1995 etwa 64 600 Operationen durchführen, wenn gravierende organisatorische Mängel behoben würden, die nicht von den Ärzten beeinflußt werden können. „Neben einem Mangel an OP-Tischen und Intensivbetten spielt vor allem der Pflegenotstand eine entscheidende Rolle", sagte Professor Satter.

Land Eingriffe*

Hamburg 937

Schleswig-Holstein

Nordrhein-Westfalen mehr

Hessen als 750

Rheinland-Pfalz Saarland

Baden-Württemberg 510

Bayern 590

*) pro Million Einwohner

Sorge bereitet den Herzchirur- gen aber auch die Gesundheitsre- form. Denn es gibt Pläne, die Son- derentgelte für herzchirurgische Ein- griffe bundesweit zu vereinheitli- chen. Zur Zeit werden die Kosten für eine Herzoperation aus einem (an jedem Zentrum unterschiedlich festgelegten) Sonderentgelt für den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine berechnet, zuzüglich einem allgemei- nen Pflegesatz für die Behandlung in der prä- und postoperativen Phase.

Da die Behandlungskosten einer Herzoperation aber von der Grund- krankheit und dem Zustand des Pa- tienten abhängig sind, könnte eine Festlegung der Sonderentgelte zu ei- nem regelrechten „Patiententouris- mus" innerhalb Deutschlands füh- ren, wie Prof. Fritz Hehrlein (Gie- ßen) in Bonn betonte. Das bedeutet:

Bei einer bundeseinheitlichen Fixie- rung der Kosten würden einige Herzkliniken vorwiegend nur risiko- arme („billige") Patienten operieren, während die schweren („teuren") Behandlungsfälle an bestimmte Kli- niken der Maximalversorgung wei- tergeleitet werden.

„Die Behandlungskosten kön- nen ein Mehrfaches der üblichen Kosten betragen, wenn es sich um Zweit- und Dritteingriffe, Operatio- nen bei sehr alten, multimorbiden Patienten oder untergewichtigen Frühgeborenen handelt. Nicht zu- letzt sind auch Noteingriffe teurer als eine vorausgeplante Operation", so Hehrlein. Eine derartige Häufung komplizierter Operationen würde diese Kliniken in finanzielle Proble- me bringen, da die einheitlichen Sonderentgelte zur Abdeckung der angefallenen Kosten nicht mehr aus- reichen. Die Herzchirurgen fordern daher, die Sonderentgelte für die einzelnen Kliniken je nach Art der behandelten Patienten differenziert zu gestalten.

In den letzten Jahren kostete die chirurgische Behandlung eines Ko- ronarpatienten in der Bundesrepu- blik Deutschland im Mittel 24 300 DM (17 800 DM bis 29 500 DM).

Dieser Berechnung sind die Kosten für eine Operation mit der Herz- Lungen-Maschine sowie eine zehn- tägige stationäre Behandlung zu- grunde gelegt. Zum Vergleich: In an- Dt. Ärztebl. 90, Heft 10, 12. März 1993 (27) A1-699

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deren Ländern gibt es Behandlungs- angebote für 15 000 DM (ohne Rei- sekosten). In den USA, wo der glei- che koronarchirurgische Eingriff bis zu 40 000 Dollar (ohne Reisekosten) kosten kann, gibt es bereits Kliniken, die die Behandlung kostenintensiver Patienten ablehnen.

Fortschritte — wenn auch langsa- me — machen die Bemühungen der Herzchirurgen, die Qualität ihres Fachgebietes zu sichern. Entspre- chend den gesetzlichen Bestimmun- gen wurde in Düsseldorf im Dezem- ber 1991 eine Bundesarbeitsgemein- schaft für Qualitätssicherung in der Herzchirurgie gegründet. Ziel ist es, zunächst alle Patienten mit koronar- chirurgischen und Herzklappen-Ope- rationen bundesweit zu erfassen. Die Ergebnisse von mehr als 250 Parame- tern sollen Rückschlüsse auf die Qua- lität im allgemeinen sowie in einzel- nen Kliniken erlauben.

Im vergangenen Jahr haben sich 31 Kliniken mit 13 603 Datensätzen an dieser Qualitätssicherungsmaß- nahme beteiligt. Eine vollständige Er- fassung aller Herzoperationen in der Bundesrepublik Deutschland hängt im wesentlichen davon ab, ob die nicht unerheblichen Kosten für die Erhe- bung der Daten vor Ort und für die zentrale Auswertung von den Kassen übernommen werden. „Dies ist im Hinblick auf das Ende 1992 durchge- peitschte Gesundheitsstrukturgesetz noch ungeklärt", so Satter.

Eine schwierige Aufgabe besteht darin, qualitätsbezogene Merkmale zu finden und zu definieren. So ist zum Beispiel die Sterblichkeit bei' einer Operation nur dann als Qualitäts- merkmal relevant, wenn die Schwere der Erkrankung ebenso berücksich- tigt wird wie eine eventuelle Notope- ration. Dazu Satter: „Es ist also durch- aus möglich, die Sterblichkeit bei ei- ner Operation durch die Auswahl der Patienten zu beeinflussen."

Untersuchungen über die Letali- tät nach Bypass-Operationen in den USA haben eine Streubreite von 1,5 bis 7,5 Prozent ergeben. Dabei steigt die Sterblichkeit signifikant an, wenn die Zahl der Operationen unter 150 pro Jahr sinkt. Solche „Mini-Opera- tionseinheiten" sind in der Bundes- republik nicht vorgesehen.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Ambulantes Operieren

DÄ: Wird es im Gefolge des Gesund- heitsstrukturgesetzes insgesamt zu einer Aus- weitung des ambulanten Operierens kom- men?

Vilmar: Die Möglichkeit, Ope- rationen ambulant durchzuführen, wird künftig stärker als bisher ge- nutzt werden können. Eine genauere Prognose über Umfang oder Zu- wachsraten wird erst dann möglich sein, wenn die im Gesundheitsstruk- turgesetz, § 115 b

(„Ambulantes Operieren im Krankenhaus"), vorgesehenen ver- traglichen Verein- barungen zwi- schen den Spit- zenverbänden der

Krankenkassen, der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft bis zum 31. März 1993 erfolgreich abgeschlossen werden können. Ob und welche Verschiebungen sich bei insgesamt gleichbleibender Operati- onszahl zugunsten des ambulanten Operierens ergeben werden, hängt außerdem von der Bereitschaft oder dem Wunsch des jeweiligen Patien- ten ab, sich ambulant operieren zu lassen, sowie der Möglichkeit an- schließender häuslicher Versorgung einschließlich der notwendigen Be- obachtung des Zustandes des Patien- ten sowie der Nachsorge und gege- benenfalls der Intervention durch den Operateur.

DÄ: Wird es künftig, nachdem im G SG die ambulante Praxis und das Krankenhaus in Sachen ambulantes Operieren gleichge- stellt sind, zu einer Verlagerung des ambulan- ten Operierens ins Krankenhaus kommen?

Vilmar: Eine Verlagerung am- bulanter Operationen in das Kran- kenhaus in größerem Umfang ist kaum zu erwarten, weil dort schon heute die Funktionsbereiche die ei- gentlichen Engpässe sind. Wenn es aber an Operationssälen und vor al- lem an qualifiziertem ärztlichen und

pflegerischem Personal mangelt, ist eine nennenswerte Leistungsauswei- tung im Krankenhaus durch die neu- en gesetzlichen Regelungen nicht zu erwarten. In den meisten Kranken- häusern müßten außerdem zunächst die erforderlichen räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, um eine größere Zahl von Patienten auch ambulant behandeln zu können. Es ist ferner noch nicht zu beurteilen, wie der Ka-

talog für ambulant durchführbare Operationen aus- sehen wird und ob die für Praxis und Krankenhaus in gleicher Höhe zu vereinbarenden Vergütungen für die einzelnen Krankenhäuser in An- betracht der dort einzuhaltenden ar- beits- und tarifrechtlichen Bestim- mungen kostendeckend sein werden.

DÄ: Wo liegen die medizinischen Gren- zen, auch im Hinblick auf die Aufklärung des Patienten?

Die Grenzen für ambulantes Operieren werden im wesentlichen durch die Sicherheit für den Patien- ten bestimmt und von einer vernünf- tigen Nutzen-Risiko-Abwägung von Patienten und behandelndem Arzt abhängen. Die Beurteilung wird auch davon abhängen, ob bei Kom- plikationen oder einem notwendigen Verfahrenswechsel sofort alle Mög- lichkeiten einer klinischen Infra- struktur zur Verfügung stehen oder nicht. Der Patient muß gerade bei ambulantem Operieren über die Vor- und Nachteile stationär oder ambulant vorgenommener Operatio- nen aufgeklärt werden. Insbesonde- re muß der Patient oder seine Ange- hörigen bei ambulant durchgeführ- ten Operationen über denkbare postoperative Risiken und Kompli- kationsmöglichkeiten informiert werden, um notfalls frühzeitig quali- fizierte ärztliche Hilfe herbeirufen

zu können. ❑

Nutzen-Risiko-Abwägung

Drei Fragen an Dr. Karsten Vilmar, den Präsidenten der Bundesärztekammer

Dt. Ärztebl. 90, Heft 10, 12. März 1993 (29) A1-701

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