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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
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Nr. 15/2012 26. April 2012
DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Schuldenabbau geht nur anders: Mit Wachstum, ohne Fiskalpakt
Das Krisenmanagement von Merkel und Sarkozy nimmt immer groteskere Züge an. Der Sparwahn bringt in den Niederlanden nun die achte Regierung in Europa zu Fall. Aber so läuft´s: Wer den anderen in Ausgabenkür- zungen überbietet, erntet politische Instabilität – und noch höhere Verschuldung als zuvor, zudem höhere Arbeitslosigkeit, Armut, Insolvenz der kleinen und mitt- leren Unternehmen, wachsende Unzufriedenheit und inzwischen steigende Selbstmordraten wie in Griechen- land und Italien. Das Krisenmanagement, das zu mehr Wachstum und weniger Schulden führen soll, verfehlt überall sein Ziel (siehe Abbildung). Ein Kurswechsel tut not. Doch Einsicht in die Realität? Fehlanzeige.
Ganz im Gegenteil. Jetzt kommt es noch dicker: Der Irrsinn soll mit dem Fiskalpakt für alle Ewigkeit festge- schrieben werden. Dieser schreibt allen Ländern vor, den Schuldenstand schrittweise auf 60 % des Brutto- inlandsprodukts zurückzufahren. Deshalb muss jeder Steuer-Cent zuerst für die Schuldentilgung verwendet werden. Erst danach dürfen Steuereinnahmen für die Finanzierung des öffentlichen Lebens genutzt werden.
Dass dadurch eine ganze Gesellschaft lahmgelegt wird, interessiert Merkel nicht. Schul-Klos dürfen zum Himmel stinken, Straßen mit Schlaglöchern für Unfälle sorgen, Beschäftigte entlassen, Löhne, Renten und Sozialleis- tungen gekürzt werden – solange nur die Schulden abgebaut werden. Willkommen in Merkels Vision von Europa im 21. Jahrhundert.
Schuldenabbau ist zwar wünschenswert, funktioniert aber so nicht. Schuldenabbau kann nur dann gelingen, wenn der Staat Steuereinnahmen erzielt. Die Steuern kann der Staat verlangen, wenn Unternehmen Waren umsetzen und Gewinne erwirtschaften. Der Staat profi- tiert auch, wenn Beschäftigte gute Jobs und genügend
Einkommen haben, um damit Lohnsteuer zahlen, statt Arbeitslosengeld und Sozialleistungen zu beziehen.
Denn von nichts kommt nichts.
Anders als Unternehmen und private Haushalte kann der Staat seine Einnahmen auf zwei Wegen selbst bestimmen: Zum einen mit sinnvollen öffentlichen In- vestitionen. Jeder gut investierte Cent finanziert sich selbst. Der Staat gibt Aufträge an Unternehmen. Diese schaffen Arbeitsplätze. Beschäftigte bekommen Lohn, Unternehmen machen Gewinn. Beide zahlen Steuern.
Die Kosten für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut entfallen. Öffentliche Investitionen machen aus Städten und Gemeinden attraktive Standorte. Die neuen Strukturen sind effizienter und umweltfreundlicher. Das zieht Innovationen und private Investitionen nach sich.
Neue armutsfeste Jobs und höhere Steuereinnahmen folgen. Es entsteht Wohlstand statt Armut.
Zum anderen hätte der Staat keine Haushaltsnot mehr, wenn Steuerprivilegien für Reiche, Erbschaften und Besserverdiener endlich enden würden.
Kurzum: Schuldenabbau geht nur anders: Mit Wachs- tum, Investitionen, guter Arbeit und einem gerechten Steuersystem. Jedoch ohne Fiskalpakt.
Sparen verschärft die Krise - Düstere Aussichten für 2012
8,7
4,4 4,5
1,6
7,0
1,1
-3,0 -3,6 -4,6 -3,9
-5,5
-1,0 14,1
22,9
13,8
8,3
18,5
5,7
Irland Spanien Portugal Italien Griechenland Deutschland
gemessen am BIP in Prozent
Nettone uverschuldung
Auswirkung der Sparmaßnahme n auf die Wirts chaftsle istung Arbe itslosenquote*
Quelle: Böckler Impuls 06/2012 * nach ILO-Definition