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Folsäure als Nahrungs-mittelzusatz für jeden?

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F O R T B I L D U N G F O R M A T I O N C O N T I N U E

B R I T I S H ME D I C A L JO U R N A L

Folsäure gilt aufgrund der vielfältigen Einbindung in grundlegende Körpervor- gänge als wahre Panazee unter den «Functional Foods».

Noch sind aber Fragen zur Dosierung und zu den Aus- wirkungen synthetischen Pteroylmonoglutamats nicht endgültig geklärt.

Folsäure hat in der Präventivmedizin spä- testens seit 1991 Konjunktur, als eine grosse britische Vitaminstudie den Stel- lenwert der perikonzeptionellen Folsäure- verabreichung in der Verhütung von Neuralrohrdefekten eindrücklich doku- mentieren konnte.

Wenig später kam die Beobachtung hinzu, dass erhöhte Homozysteinwerte ein unabhängiger Risikofaktor für athero- sklerotische Veränderungen in koronaren, zerebralen und peripheren Gefässen sind.

Da mit der Ernährung zugeführte Folsäure den Homozysteinspiegel durch De-novo- Biosynthese von Methionin senkt, tat sich hier ein Weg auf für Interventionen zur Bekämpfung von Gefässerkrankungen in einer alternden Bevölkerung.

In den Neunzigerjahren konnten sodann genetische Polymorphismen aufgedeckt

werden, die aufgrund des Austauschs ein- zelner Nukleotide in Genen entstehen, die im Zusammenspiel mit Folsäure das Risiko für einige wichtige Erkrankungen modu- lieren. Zu diesen Erkrankungen gehören Kolonkrebs, Down-Syndrom, Gaumen- spalten, gewisse Schwangerschaftskom- plikationen (Präeklampsie, gehäufte frühe Aborte, fetale Wachstumsverzögerung), akute lymphozytäre Leukämie im Er- wachsenenalter und thromboembolische Gefässerkrankungen.

Grosses Forschungsinteresse weltweit

Das wachsende Interesse von Forschung und Wissenschaft an der Folsäure lässt sich auch sehr schön an der Anzahl ein- schlägiger Fachpublikationen dokumen- tieren, wie der australische Ernährungs- wissenschaftler Mark Lucock in seiner Übersicht im «British Medical Journal»

zeigt. Lagen die Zahlen der jährlichen Ver- öffentlichung zu Vitamin C und zu Fol- säure anfangs der Neunzigerjahre noch gleichauf, fanden die Ergebnisse der Forschung zu dem B-Vitamin zehn Jahre später deutlich häufiger den Weg in Fach- zeitschriften.

Wie viel und was für Folsäure in der Nahrung?

Trotz des grossen Interesses und der ein- deutigen Vorteile von Folsäuresupplemen- ten in bestimmten Situationen mahnt Mark Lucock zur Vorsicht. Die in bereits bestehenden Supplementen und angerei- cherten Nahrungsmitteln vorhandene Form ist das Pteroylmonoglutamat (PGA), das so in der Natur nicht vorkommt. PGA ist sowohl billig als auch – anders als die natürlichen Formen – stabil. Der Körper

metabolisiert PGA zu Methylfolat, derjeni- gen Form, in der das Vitamin normaler- weise im Plasma transportiert wird. For- schungsergebnisse zeigen, dass dieser Absorptions- und Biotransformationspro- zess bei Dosen in der Grössenordnung von 400 µg (oder sogar weniger) gesättigt wird. Bis zu diesen Dosen wird also alles zugeführte PGA in biologisch aktives Methylfolat übergeführt, bei grösseren Mengen wird synthetisches PGA dosispro- portional direkt ins Blut aufgenommen.

Dies lässt zumindest denkbar scheinen, dass bei gesetzlich vorgeschriebener Nah-

Folsäure als Nahrungs- mittelzusatz für jeden?

Bei Experten herrscht noch Zurückhaltung

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

s ä t z e s ä t z e

●B-Vitamine, insbesondere Fol- säure, verleihen Schutz gegen Krebs, Gefässerkrankungen und Geburtsdefekte.

●Wirkungsweisen sind die Sen- kung der Homozysteinspiegel oder epigenetische Mechanismen.

●Genetische Polymorphismen stehen in Zusammenhang mit dem Ausmass der Risikominde- rung durch den individuellen Folsäure-Ernährungsstatus.

●Zur Nahrungsmittelanreicherung eingesetztes Pteroylmono- glutamat ist kein natürliches Koenzym, und die Langzeitaus- wirkungen unmodifizierter synthetischer Folsäure sind noch unbekannt.

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rungsmittelanreicherung (z.B. in Mehl) eine lebenslange Exposition zu nicht me- tabolisiertem PGA entstehen könnte. Viel- leicht hat dies für die Gesundheit keinerlei schädliche Konsequenzen – aber wir wis- sen es nicht mit letzter Sicherheit, meint Lucock. Auch hinter die Tendenz von klini- schen Forschern, zu Megadosen von 5 mg PGA (10-mal mehr als zur Erzielung einer maximalen Methylfolatkonzentration nötig) zu greifen, setzt er ein Fragezeichen. Sol- che Dosierungen fänden bei Gefässprob- lemen oder erhöhten Homozysteinspie- geln Anwendung. Im Blut derart intensiv mit dem Vitamin behandelter Patienten liessen sich dann Werte von 5–30 µg/ml bestimmen, bei einigen aber auch extrem hohe Serumspiegel von 100–200 µg/ml.

Die weitere Untersuchung zeigte, dass Fol- säure nicht nur im Serum, sondern auch in den Erythrozyten besonders erhöht war. Und die noch genauere Analyse ergab, dass es sich nur bei rund der Hälfte der Konzen- tration um Methylfolat handelte. Der Rest musste also unmodifiziertes PGA sein.

Noch einige Fragen offen

Niemand wisse, was für biologische Lang- zeiteffekte eine zwangsweise Anreiche- rung von Getreideprodukten auf Bevölke- rungsebene haben würde, mahnt der Ernährungswissenschaftler. Der Folsäure- metabolismus sei eine extrem komplexe Angelegenheit, die zudem in direktem Kontakt zu gleich mehreren lebensnot- wendigen Stoffwechselvorgängen stehe.

Auf alle Fälle müssten die In-vivo-Effekte von nicht metabolisiertem, nicht nativem PGA auf die von Folsäure abhängigen En- zyme im menschlichen Körper untersucht werden. In-vitro-Studien deuten darauf hin, dass PGA-Derivate gewisse Enzyme hemmen können, darunter auch solche, die bei der Nukleotidbiosynthese mitwir- ken. Auch wenn sich solche Ergebnisse im Reagenzglas nicht direkt auf den Men- schen übertragen lassen, bleibt eine ge- nauere Forschung doch ratsam. Man müsse dabei auch auf sehr subtile Auswir- kungen ein Auge haben, so Lucock.

Schliesslich gelte es auch, anderen Mög- lichkeiten als der Anreicherung mit syn- thetischem PGA eine Chance zu geben, so der Supplementation mit isomerspezifi- schen nativen Folaten, wie sie in der natürlichen vitaminreichen Ernährung vorkommen, oder auch Massnahmen, welche die native Folsäureaktivität bei der Aufbereitung von Nahrungsmitteln erhal-

ten helfen. ●

Mark Lucock (Human Nutrition, School of Applied Sciences, University of Newcastle, Ourimbah/AUS): Is folic acid the ultimate functional food component for disease protection? Brit. Med. J. 2004; 328:

211–214.

Halid Bas

Interessenlage: Der Autor deklariert keine Interessenkonflikte.

Folsäure als Nahrungsmittelzusatz für jeden?

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