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Pfefferminzöl, Spasmolytika und Isphagula

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Auch weil mehrere Medikamente mit der Indikation Reizdarmsyndrom in den letzten Jahren wieder vom Markt genommen werden mussten oder nur noch für eng umgrenzte Patientenkollektive zugelassen sind, interessiert man sich wieder für Substanzen wie Pfefferminzöl, Spasmolytika und Ballaststoffe.

Ihre Wirksamkeit werde leider unterschätzt, so die Autoren einer neuen Metaanalyse.

B R I T I S H M E D I C A L J O U R N A L

Man schätzt, dass 5 bis 20 Prozent der Bevölkerung unter Symptomen wie abdominellen Schmerzen oder Missempfin- dungen, Blähungen und gestörtem Stuhlgang leiden, ohne dass hierfür eine organische Ursache gefunden werden kann.

Zwar wurden pathophysiologische Mechanismen des Reiz- darmsyndroms charakterisiert, beispielsweise eine veränderte Motilität des Darms, eine Verkrampfung der glatten Muskula- tur, viszerale Überempfindlichkeit und/oder abnorme Reizlei- tung von Schmerzen, die eigentliche Ursache des Reizdarm- syndroms ist jedoch nach wie vor unklar. Da serotoninerge Mechanismen eine Rolle für die Reizdarmsymptomatik spie- len, setzte man grosse Hoffnungen in Medikamente wie Tega- serod oder Alosetron. Diese mussten jedoch aufgrund schwe- rer Nebenwirkungen wieder zurückgezogen werden, oder sie sind nur noch für eng definierte Patientenkollektive zugelas- sen. Umso wichtiger ist die Antwort auf die Frage, welche anderen Mittel wirksam sind. In einer Übersichtsarbeit und Metaanalyse, die vom American College of Gastroenterology finanziert wurde, ging man der Frage nach, ob Ballaststoffe, Spasmolytika und Pfefferminzöl die Reizdarmsymptome tat- sächlich lindern.

Die gute Nachricht vorweg: Alles ist besser als Plazebo oder keine Therapie, auch wenn die statistische Signifikanz für den Nachweis der Wirksamkeit in dieser Metaanalyse für einige Substanzen auf wackeligen Füssen steht oder knapp verfehlt

wurde. Viele der vorhandenen Studien sind von mangelhafter Qualität. Die Latte für die Aufnahme von Studien in die Metaanalyse lag folgerichtig nicht allzu hoch: Es mussten ran- domisierte Studien sein, in denen die Wirksubstanz entweder gegen Plazebo oder keine Behandlung getestet worden war, sie mussten mindestens eine Woche gedauert haben und als End- punkte die Änderung der Symptome insgesamt oder den abdominellen Schmerz erfassen. Trotzdem waren von den ur- sprünglich gefundenen 101 publizierten Studien nur 35 gut genug für die Metaanalyse, die meisten davon zu Spasmo - lytika.

Pfefferminzöl und Spasmolytika schneiden gut ab

Pfefferminzöl (Colpermin®) schnitt in dieser Metaanalyse am besten ab. Statistisch betrachtet muss man 2 bis 3 Patienten be- handeln, um bei einem eine Symptomlinderung zu erreichen (NNT=2,5 [number needed to treat]). Diese Aussage stützt sich auf 4 Studien mit insgesamt 392 Patienten. Bei 26 Prozent der Patienten blieben die Beschwerden trotz Pfefferminzöl bestehen, bei Plazebo waren es 65 Prozent. Nebenwirkungen waren in diesen Untersuchungen offenbar kein Thema. In einer Studie wurden sie erst gar nicht notiert, in den 3 anderen berichtete man bei 5 von insgesamt 174 Patienten von Neben- wirkungen, die auf das Pfefferminzöl zurückgeführt wurden, während – anders als in der Regel zu erwarten – gar keine Nebenwirkungen unter Plazebo verzeichnet wurden.

Auch den Spasmolytika bescheinigen die Autoren der Meta - analyse eine gute Wirksamkeit. 39 Prozent der Patienten nutzen sie zwar nichts, doch war die Versagerrate mit 56 Prozent für Plazebo deutlich höher. Die NNT war niedrig: Im Durchschnitt musste man 5 Patienten behandeln, damit einer profitiert. Die durchschnittliche Nebenwirkungsrate lag bei 14 Prozent für die Spasmolytika gegenüber 9 Prozent bei Plazebo; auch hier

F O R T B I L D U N G

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ARS MEDICI 21 2009

Merksätze

Isphagula, Spasmolytika und Pfefferminzöl können Reizdarmsyn- dromsymptome lindern.

Die Wirksamkeit dieser Substanzen wird bis anhin unterschätzt.

Pfefferminzöl, Spasmolytika und Isphagula

Altbekanntes hilft gegen Reizdarmsymptome

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P F E F F E R M I N Z Ö L , S P A S M O LY T I K A U N D I S P H A G U L A

ARS MEDICI 21 2009

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wurden Nebenwirkungen aber nur in einem Teil der Studien dokumentiert. Mundtrockenheit, Schwindel und unscharfes Sehen wurden am häufigsten genannt, schwere Nebenwirkun- gen gab es keine.

Insgesamt wurden 12 verschiedene Spasmolytika in 22 Studien mit insgesamt 1778 Patienten gegen Plazebo getestet: Otilo- nium, Cimetropium, Hyoscin (=Scopolamin, Buscopan®), Pinaverium (Dicetel®), Trimebutin (Débridat®), Trimebutin plus Rociverin, Alverin, Dicycloverin, Mebeverin (Duspatalin®), Pirenzipin, Prifinium und Propinox. Die Qualität der Daten zu den einzelnen Substanzen ist in der vorliegenden Metaanalyse allerdings sehr heterogen. So umfassten die Studien für Otilo- nium und Hyoscin jeweils mehr als 400 Patienten, während es bei den anderen Substanzen deutlich weniger waren. Darum empfehlen die Autoren der Metaanalyse, dass es der Hausarzt zunächst mit Hyoscin (NNT=3,5) versuchen sollte und andere Spasmolytika infrage kommen, falls der gewünschte Erfolg nicht eintritt.

Isphagula ist empfehlenswert

Auf den ersten Blick enttäuschend ist das Resultat für die Bal- laststoffe, die obstipierten Reizdarmsyndrom-Patienten gerne empfohlen werden. 12 Studien mit insgesamt 591 Patienten wurden dafür ausgewertet. Weizenkleie hatte prakisch keinen

Effekt, die Studien hierzu waren überdies von meist dürftiger Qualität. Besser sieht es für Isphagula (Flohsamen) aus (NNT=6). Mit Isphagula persistierten die Symptome bei 52 Prozent der Patienten gegenüber 64 Prozent mit Plazebo (n=321).

Das durchweg gesundheitsfördernde Image der Ballaststoffe hat in letzter Zeit allerdings einige Kratzer bekommen, wenn es um Reizdarmsyndrom-Patienten geht. Die Ernährung dieser Patienten sei in vielen Fällen bereits ballaststoffreich, und man müsse eher überlegen, ob nicht eine Verringerung der Ballast- stoffe Linderung verschaffen könnte, heisst es beispielsweise in den entsprechenden Richtlinien des britischen National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE). In den 12 Ballaststoffstudien, die für die vorliegende Metaanalyse herangezogen wurden, habe man aber keine Anzeichen dafür gefunden, so die Autoren.

Quelle: Ford A.C., Talley N.J., Spiegel B.M.R., Foxx-Orenstein A.E., Schiller L., Quigley E.M.M., Moayyedi P.: Effect of fibre, antispasmodics, and peppermint oil in the treatment of irritable bowel syndrome: systematic review and meta-analysis. BBMJ 2008; 337: a2313 doi:10.1136/bmj.a2313 Interessenlage: Die Übersichtsarbeit wurde vom American College of Gastroenterology finanziert.

Nicolas J. Talley, Eamonn M.M. Quigley und Paul Moayyedi erhalten Berater- und Referenten hono - rare von vielen verschiedenen pharmazeutischen Unternehmen.

Renate Bonifer

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