-5-
Hippokrates Verlag Stuttgart 66. Jahrgang, Heft 7
Gerinnung
Heparininduziertes
Thrombopenie-Thrombose-Syndrom 127 R. Liebl
Die stumme Myokardischämie 133
J. Grötz
Antikoagulation und Aggregationshemmung 137 G. Leipnitz
Therapeutische Erfahrungen
Zur Psychogenese der
generalisierten Tendomyopathie J. Berlin et al.
143
Kongreßberichte
Greift die antiischämische Therapie?
M. Deitermann
Oralcephalosporine auch in Zukunft nicht zu ersetzen
A. M. Steffe Dihydrocodein als
Monosubstanz zur Schmerzbekämpfung A. M. Steffe
147
147
147
Chronische Pankreatitis — konservative Behandlung
oder Operation? 148
H. Vollmer
Nifedipin hemmt die
Progression der Koronarsklerose G. Buck
ZFA-Telex Impressum
11-
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-20-
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-6-
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Heparin-Therapie:
Wie häufig sind schwerwiegende Komplikationen?
Eine möglicherweise tödliche Komplikation der Heparintherapie kann das Thrombozyto- penie-Thrombose-Syn- drom sein. Abfall der Thrombozytenzahlen, arterielle und venöse Thrombosierungen, manchmal auch Blutun
gen sind charakteri
stisch. Die Schätzungen _______________________________________________ zur Häufigkeit von
thromboembolischen Komplikationen bei heparininduzierter Thromopenie liegen zwischen extrem selten und 40%. Es ist nicht möglich, Risikopatienten zu identifizieren, auch können nor
malerweise die sich anbahnenden Thrombosen nicht rechtzeitig erkannt werden.
Prophylaktisch sollte deshalb bei länger notwendiger Antikoagulation auf orale An
tikoagulantien übergegangen werden.
Heparininduziertes Thromhopenie-Thrombose-Syndrom Seite 127
Rauchen — auslösender Faktor für stumme Myokardischämien!
Die stumme Myo
kardischämie ist definiert als objek
tivierbarer Zustand der Ischämie ohne Angina pectoris oder deren Äqui
valente. Bisherige Untersuchungen haben mentalen Streß und Rauchen als auslösende Fak
toren zeigen kön
nen. Nicht endgül
tig geklärt ist die Frage, warum die silente Ischämie, die oft genauso stark ausgeprägt ist wie die symptomatische, subjektiv nicht bemerkt wird. Zur Diagnose der stummen Ischämie sind die üblichen kardiologischen Untersuchungsmethoden heranzuziehen, wobei al
lerdings methodische Einschränkungen zu beachten sind.
Die stumme Myokardischämie Seite 133
Titelbild: Renate Stockinger, Stuttgart 1990.
Zeitschrift für Allgemeiiunedizin
66.Jahrgang 10, März 1990 Heft?
Robert Liebl
Heparininduziertes Thrombopenie Thrombose-Syndrom
Symptomatik, Verlauf und Therapiemöglichkeiten
Zusammenfassung: Das heparininduzierte Thrombozytopenie-Throm- bose-Syndrom stellt eine schwerwiegende Komplikation der Heparin
therapie dar, die durch einen Abfall der Thrombozytenzahlen, arte
rielle und venöse Thrombosierungen und manchmal auch Blutungen charakterisiert ist. Ein erhöhtes Risiko für diese Komplikation kann vorher nicht erkannt werden. Auch ein rechtzeitiges Erkennen der sich anbahnenden Thrombosen ist in der Regel nicht möglich. Zur Prophy
laxe dieses nicht selten letalen Krankheitsbildes ist es sinnvoll, bei ei
ner länger notwendigen Antikoagulation schnell auf orale Antikoagu
lantien überzugehen. Ob die Komplikation bei niedermolekularen He
parinen seltener auftritt, erscheint noch nicht gesichert. Ein klinisch häufiges Problem ist das Verhalten bei einer unter Heparintherapie neu auftretenden Thrombozytopenie. In den ersten Tagen der Behand
lung und falls der Patient früher nie Heparin erhalten hatte, kann man davon ausgehen, daß sich die Thrombopenie spontan zurückbilden wird; ein Absetzen des Heparins ist unnötig. Falls sich die Thrombozy
topenie erst später entwickelt, die Thrombozytenzahl unter lOGOGO/pl sinkt, andere Ursachen einer Thrombozytopenie unwahrscheinlich sind und/oder bereits Thrombosen aufgetreten sind, empfiehlt sich das sofortige Absetzen des Heparins.
Aus dem Kreiskrankenhaus Erding
Thrombozytopenien als Nebenwir
kung einer Heparinbehandlung sind
allgemein bekannt. Die Häufigkeit einer heparininduzierten Thrombo
zytopenie wird überwiegend mit 1 bis 1G% beziffert (2, 4, 6, 14, 28), teilweise aber auch mit 25% angege
ben (2G). Bei einer Untersuchung al
ler Patienten einer Universitätskli
nik, die innerhalb eines halben Jah
res mit Heparin behandelt wurden, fand man in G,6% eine Reduktion der Thrombozyten unter IGGGGG/pl (43). Die Inzidenz heparininduzier
ter Thrombozytopenien soll bei Rin
derheparin höher als bei Schweine
heparin liegen (27/173 = 15,6% vs.
13/223 = 5,8%) (28); auch in vitro zeigte Rinderheparin eine höhere Aktivität zur Induktion einer Thrombozytenaggregation (15). In einer prospektiven Studie entwickel
ten allerdings unter einer Behand
lung mit Heparin aus Rinderlunge 1,3% (5/377) der Patienten eine Thrombozytopenie unter IGGGGG/pl, unter Schweinemukosa-Heparin
Z. Allg. Med. 66, 127—132 (1990). © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1990
128 Heparininduziertes Thrombopenie-Thrombose-Syndrom
1,4% (4/290) (22). In einem Ver
gleich zwischen Heparin aus Rinder
lunge und Mukosa-Heparin zeigte sich eine signifikant höhere Rate von Thrombozytopenien beim Rinder
lungen-Heparin (5). Bei 193 Patien
ten, die mindestens fünf Tage mit Schweinemukosa-Heparin behandelt wurden (94 i.v. und 99 s.c.), kam es in acht Fällen (4,1%) zu einem Rückgang der Blutplättchen auf Werte zwischen 100000 und 140000/|il, in keinem Fall fielen die Thrombozytenwerte unter 100000/|ji1 (36).
1958 wurde erstmals über throm- boembolische Komplikationen bei heparinassoziierter Thrombozytope
nie berichtet (46). Die Schätzungen zur Häufigkeit dieser Komplikation bei heparinassoziierter Thrombope- nie liegen zwischen extrem selten und 40% (4, 6), bei der »späten Form« der Thrombopenie bei 50%
(44). Das Syndrom war hierzulande offenbar bis vor kurzem wenig be
kannt; noch 1985 erschien eine Übersichtsarbeit über die Thrombo
embolie-Prophylaxe mit Heparin, in der zwar auf die Thrombozytopenie als Nebenwirkung hingewiesen wird, es aber heißt: »Thrombotische oder hämorrhagische Ereignisse treten nicht auf« (16). Seit 1987 wurden al
lerdings auch in deutschsprachigen Zeitschriften mehrere Arbeiten zu diesem Thema publiziert (4, 7, 17, 29, 30, 37). Auch ein australischer Hämatologe beklagte sich 1985, daß dieses Syndrom bei den Klinikern weitgehend unbekannt sei, obwohl es nach seinen Beobachtungen in sei
nem Krankenhaus mindestens ein
mal pro Monat auftritt und potentiell einen tödlichen Ausgang nimmt (2).
Bei den publizierten Kasuistiken fällt auf, daß es eher die Regel als die Ausnahme ist, daß die Diagnose eines heparininduzierten Thrombo- penie-Thrombose-Syndroms erst ei
nige Tage nach Beginn der typischen Symptomatik gestellt wird (30, 38).
Die Symptomatik mit Thrombo
penie und Thromboembolien, die in
der englischsprachigen Literatur als
»white clot Syndrome« bzw. »HITT«
(heparin-induced thrombocytopenia and thrombosis) oder »HATT« (he- parin-associated thrombocytopenia and thrombosis) bezeichnet wird, tritt unabhängig von der Heparin- Dosierung auf. Es kann auch durch die niedrige Heparin-Gabe bei der Spülung von Kathetern ausgelöst werden (10, 39).
Symptome
Folgende Symptome wurden be
obachtet : Beinarterienverschlüsse, Myokardinfarkte, zerebrovaskuläre Insulte (auch Eintrübung durch arte
rielle Mikrothromben ohne CT-Auf- fälligkeiten [30]), Beinvenenthrom
bosen, Armvenenthrombosen (9), Lungenembolien, Hautnekrosen (44), Mesenterialarterienverschlüsse (41), Spinalarterienthrombose, Nie
renvenenthrombosen (39), Anstieg der Leberenzyme durch Mikro
thromben (30). Unter 85 Patienten traten bei 58 arterielle und bei 20 ve
nöse Thrombosen auf (ohne nähere Aufschlüsselung über die Kombina
tion arterieller plus venöser Throm
ben und die fehlenden Angaben) (28).
Blutungskomplikationen scheinen relativ selten (nach [6] etwa in 10%) zu sein, obwohl die Thrombopenie auf Werte bis 2000/pl (1, 39) fallen kann. Hämatome treten vor allem nach den erforderlichen Thrombek
tomien auf (43). Es sind aber auch intrakranielle Blutungen beschrie
ben (38).
Frauen scheinen von dieser Kom
plikation häufiger betroffen zu sein;
in einer Übersichtsarbeit von 31 Pa
tienten waren 85% weiblich (1), in einem Bericht über acht Patienten waren sechs davon Frauen (38).
Die meisten Autoren unterschei
den zwischen einer früh und einer spät auftretenden Form der hepa
rininduzierten Thrombopenie. Die 1 bis 4 Tage nach Einleitung der He
parinbehandlung beginnende frühe Form verläuft mild, ohne Komplika
tionen und bildet sich trotz Fortfüh- Frauen sind häufiger
betroffen!
rung der Heparintherapie zurück.
Die späte Form der heparininduzier
ten Thrombopenie tritt in der Regel 6 bis 25 Tage nach Beginn der Hepa
rintherapie auf. Hier können sich be
drohliche Thrombopenien und vor allem thromboembolische Kompli
kationen entwickeln. Bei Patienten, die bereits früher heparinexponiert waren, kann die schwere Form aber auch schon früh einsetzen (28, 45), meist am 2. bis 9. Tag (43).
Das typische Zeitintervall zwi
schen der Einleitung einer s.c. oder i.v. Heparinbehandlung und den er
sten Zeichen des Thrombopenie- Thrombose-Syndroms liegt bei 6 bis
14 Tagen.
Pathogenese
Es wurde ein »Serumfaktor« po
stuliert, der für das Auftreten der schweren Form der heparininduzier
ten Thrombozytopenie verantwort
lich ist. 1982 wurde dieser »Serum
faktor« als IgG-Antikörper identifi
ziert, der zur Thromboxan-B2-Syn- these, Serotonin-Freisetzung und Thrombozytenaggregation führt (11). Es sind aber auch IgM- und IgA-Antikörper beschrieben (nach 2).
Es wird vermutet, daß Heparin als Hapten wirkt und zusammen mit ei
nem Bestandteil der Plättchenmem
bran die Produktion von Thrombo
zytenmembran-Antikörpern stimu
liert. Neuere Untersuchungen erga
ben, daß Fab des IgG sich an Hepa
rin bindet, dieser Immunkomplex sich an den Fc-Rezeptor der Throm
bozyten anlagert und dadurch die Thrombozytenaktivierung bewirkt (27). Bei der leichten, frühen Form der heparinassoziierten Thrombozy
Heparininduziertes Thrombopenie-Thrombose-Syndrom 129
topenie seien die plättchen-assoziier- ten IgG-Antikörper nicht nachweis
bar; hier wird vermutet, daß Hepa
rin (oder die Konservierungsstoffe) direkt die Thrombopenie auslösen (12). Allerdings wurde in anderen Studien ein identischer Mechanis
mus bei milder und thrombotischer Thrombopenie gesehen und postu
liert, daß ein »idiosynkratischer Pa
tientenfaktor« bestimmt, ob Throm
bosen auftreten oder nicht (27).
Unklar war bislang, warum bei einer heparininduzierten' Thrombo
penie im Gegensatz zu anderen im
munologisch bedingten Thrombo- penien, die auch eine Thrombozy
tenaktivierung bewirken, Thrombo
sen ausgelöst werden. Erklärbar wird diese Tatsache dadurch, daß unter Heparinbehandlung in vitro eine Bindung von Immunglobulinen an Endothelzellen beobachtet wurde (14).
Die Beobachtung, daß sich die Thrombopenie trotz Fortsetzung der Therapie mit der gleichen Heparin
charge zurückbildet und bei anderen immunbedingten Thrombopenien nie Thrombosen beschrieben wur
den, haben zu Zweifeln geführt, ob dem heparinassoziierten Thrombo
penie-Thrombose-Syndrom wirklich ein immunologischer Mechanismus zugrunde liegt (6).
Von anderen Autoren wird die
ses Phänomen so erklärt, daß ei
ne Megakaryozyten-Aktivierung die Thrombozytopenie kompensiert oder sich ein Thrombozytendefekt entwickelt, der eine weitere Throm
bozytenaggregation verhindert (2).
Diagnostik
Eine Reihe von Laboruntersuchun
gen wurde beschrieben, um die Ver
dachtsdiagnose eines heparinindu
zierten Thrombopenie-Thrombose- Syndroms zu beweisen oder auszu
schließen. Keiner dieser Tests konnte sich bisher als diagnostischer Goldstandard durchsetzen. Entwe
der sind Sensitivität und Spezifität zu niedrig (z.B. spontane Thrombozy
tenaggregation im Blutausstrich, Nachweis von thrombozytenassozi
ierten Antikörpern [26, 27, 45]), oder relativ aufwendig und zudem wenig sensitiv (heparininduzierte Thrombozytenaggregation). Der Test mit der wohl besten Sensitivität und Spezifität, die Bestimmung der heparininduzierten Serotoninfreiset
zung aus Thrombozyten in zwei Stufen (42), ist ebenfalls sehr auf
wendig. Da die Tests entweder unzu
verlässig sind und/oder den meisten Krankenhäusern nicht zur Verfü
gung stehen dürften, muß die Dia
gnose einer heparininduzierten Thrombozytopenie nach klinischen Kriterien gestellt werden (42);
- Heparininduzierte Thrombopenie sicher:
Die Thrombopenie entwickelt sich bei einem Patienten unter Hepa
rinbehandlung und andere Ursa
chen von Thrombopenien sind ausgeschlossen. Die Thrombope
nie tritt bei Reexposition mit He
parin erneut auf; oder es treten gleichzeitig eine Thrombopenie und arterielle Thromben bei Aus
schluß anderer Thrombopenie- Ursachen auf.
- Heparininduzierte Thrombopenie wahrscheinlich:
Die Thrombopenie entwickelt sich unter Heparintherapie und ande
re Ursachen von Thrombopenien sind ausgeschlossen, das heißt Blutkultur negativ, keine anderen Medikamente.
- Heparininduzierte Thrombopenie möglich:
Die zweiten Kriterien sind erfüllt, aber die Thrombopenie ver
schwindet unter fortgeführter He
parinbehandlung; oder:
Die zweiten Kriterien sind erfüllt, aber die Thrombopenie tritt bei erneuter Heparinexposition nicht mehr auf.
- Heparininduzierte Thrombopenie unwahrscheinlich:
Die Thrombopenie entwickelt sich unter Heparintherapie, aber es liegen andere Ursachen für eine Thrombopenie vor; oder:
Die Thrombopenie bildet sich nach Absetzen des Heparins nicht zurück.
An Differentialdiagnosen sind vor al
lem zu erwägen:
- Pseudothrombozytopenie,
- Thrombozytopenie durch andere Medikamente (z.B. Thiaziddiure
tika, Digitoxin, Sulfamethoxazol), - disseminierte intravasale Gerin
nung (DIG) - wobei die Unter
scheidung dadurch erschwert wird, daß auch beim heparinindu
zierten Thrombopenie-Thrombo
se-Syndrom eine Erniedrigung des Fibrinogens und Erhöhung der Fibrinogen-Spaltprodukte mög
lich sind (20), eine DIG sich auch auf das HITT-Syndrom aufpfrop
fen kann (I, 2, 6) und die Dia
gnose nicht ausschließt,
- thrombotisch-thrombozytopeni
sche Purpura (Moschcowitz;
Coombs-negative hämolytische Anämie, bizarre neurologische Ausfälle),
- Evans-Syndrom (idiopathische thrombozytopenische Purpura mit Coombs-Test positiver hämolyti
scher Anämie),
- disseminierter Lupus erythema
todes,
- hämolytisch-urämisches Syndrom (Fieber, Nierenversagen, mikro- angiopathisch-hämolytische An
ämie, Thrombozytopenie).
Natürlicher Verlauf
Die Letalität wird mit 18 bis 36% an
gegeben (7). Eine 1984 publizierte Übersicht über die bis damals publi
zierten 85 Fälle bezifferte die Letali
tät mit 29% (25/85); Amputationen waren bei 21% (18/85) notwendig geworden (28). Allerdings ist es gut möglich, daß die Mortalität auf diese
130 Heparininduziertes Thrombopenie-Thrombose-Syndrom ZEA.
Weise zu hoch geschätzt wird, da meist die besonders dramatischen Fälle publiziert werden. In einer pro
spektiven Studie starben 20 von 62 Patienten (32%) (43).
Spontane Normalisierungen der Thrombozytenzahlen trotz Fortfüh
rung der Heparinbehandlung sind die Regel bei der unkomplizierten heparininduzierten Thrombopenie, wurden aber auch beim heparinasso
ziierten Thrombopenie-Thrombose- Syndrom beobachtet (2, 6, 26).
Meist persistieren aber Thrombozy
topenie und Thromboseneigung, so
lange die Heparinbehandlung fortge
setzt wird (1, 38, 44).
Bei Reexposition sind erneute Thrombopenien und Thrombosen beschrieben. Es wird allerdings auch über Patienten mit heparininduzier
ter Thrombopenie berichtet, die - für eine immunologische Reaktion ungewöhnlich - eine erneute Hepa
ringabe problemlos tolerierten (nach 27). Von 62 Patienten mit heparinin
duzierter Thrombopenie hatten zwölf später (8 Tage bis 12 Monate) nochmals Heparin erhalten; zehn dieser Patienten entwickelten erneut eine Thrombozytopenie mit positi
vem Thrombozytenaggregationstest, zwei Patienten hatten nach 23 Tagen bzw. 4 Monaten keine Reaktion auf die erneute Heparingabe (43).
Therapeutische Möglichkeiten •
• Absetzen des Heparins: Sofortiges Absetzen des Heparins bei Throm
bopenie und Thrombosen wird gene
rell empfohlen. Innerhalb von 2 bis 5 Tagen kommt es zu einem Anstieg und nach 4 bis 11 Tagen zur Norma
lisierung der Thrombozytenzahlen (39). Manche Autoren empfehlen das Absetzen des Heparins, falls die Thrombozytenzahl unter 2()000/pl (6) oder unter l(K)(X)0/pl fällt.
Thromboembolische Komplikatio
nen können aber bereits bei höheren Thrombozytenwerten auftreten. An
dere Untersucher raten dazu, Hepa
rin bei jeder Tendenz zur Thrombo
penie (auch bei Werten über lOOOOO/pl) sofort wegzulassen (39).
Dies bedeutet allerdings auch, daß in vielen Fällen das Absetzen mögli
cherweise den Patienten durch ein erhöhtes Thromboserisiko unnötig gefährdet.
• Wechsel des Heparinpräparates von Rinder- auf Schweineheparin (oder umgekehrt).
• Umstellung auf niedermolekulares Heparin: In Heidelberg wurde dieses Vorgehen bei einem Patienten mit heparininduzierter Thrombopenie und Beinvenenthrombose bereits 1983 erfolgreich eingesetzt (23) und inzwischen allgemein empfohlen. Es wird allerdings darauf hingewiesen, daß vorher eine Reaktion der hepa
rininduzierten Antiplättchenmem
bran-Antikörper mit dem niedermo
lekularen Heparin ausgeschlossen werden sollte (3, 13, 33, 37, 39, 41), da ein Persistieren der Thrombope
nie nach Umstellung von normalem auf niedermolekulares Heparin be
obachtet wurde (3, 15, 25, 33) und auch bei In-vitro-Untersuchungen die prinzipielle Fähigkeit von nieder
molekularen Heparinen zur Induk
tion einer Thrombozytenaggregation nachgewiesen wurde (15). Von acht Patienten, bei denen ein heparinin
duziertes Thrombopenie-Thrombo
se-Syndrom beobachtet wurde und eine Umstellung auf niedermoleku
lares Heparin erfolgte, persistierte die Thrombopenie in zwei Fällen.
Die In-vitro-Testung zeigte in diesen Fällen eine Plättchenaggregation durch niedermolekulares Heparin (21). ln einer Untersuchung an 33 Patienten mit Thrombopenie unter konventionellem Heparin war der Thrombozyten-Aggregationstest mit niedermolekularen Heparinen sogar in 85% positiv (8).
Thromboembolische Komplika
tionen scheinen aber bei niedermole
kularen Heparinen seltener zu sein (19).
• Niedermolekulares Heparinoid:
Eine Studie an 17 Patienten mit he
parininduzierter Thrombozytopenie zeigte nur in 3 Fällen eine Kreuzre
aktion mit Org 10 172, einem nieder
molekularen Heparinoid aus Hepa- ransulfat, Dermatansulfat, Chondro
itinsulfat und einer heparinähnlichen Komponente (13). Es konnte nach
gewiesen werden, daß dieses Hepari
noid die Thrombozytenaktivierung durch den heparininduzierten Anti
körper gezielt inhibiert. Bei drei Pa
tienten mit schwerer heparinindu
zierter Thrombopenie wurde die Substanz erfolgreich eingesetzt.
• Gabe von Protaminsulfat: Prota
minsulfat bildet mit Heparin einen stabilen Komplex und kann so die antikoagulatorische Wirkung des Heparins aufheben; die heparinin
duzierte Thrombozytenaggregation kann allerdings persistieren (20).
• Steroidbehandlung: Allgemein wird die Ansicht vertreten, daß Ste
roide keinen Einfluß auf den Verlauf des Krankheitsbildes haben (7).
Diese Meinung beruht offensichtlich auf einer Übersichtsarbeit von 31 Fällen, von denen sechs erfolglos Steroide erhalten hatten (1).
• Plasmapherese: Bisher wurden zwei Fälle publiziert (9, 32). Es kam bei einem Patienten bereits 12 Stun
den nach der Behandlung zur Besse
rung der klinischen Symptomatik und der Thrombozytenzahl (9). Bei dem anderen publizierten Fall war nach einer Plasmapherese (Aus
tauschvolumen 3 1, Ersatz durch fresh frozen plasma) ein Thrombozy
tenanstieg von 34 000 auf 89 000/mm^
zu verzeichnen, nach der zweiten Sit
zung hatte sich die Thrombozyten
zahl bereits normalisiert und nach sechs täglich durchgeführten Plasma
pheresen war der zuvor positive Thrombozytenaggregationstest wie
der negativ geworden (32).
Da beim üblichen Procedere der Plasmapherese auch Heparin als An- tikoagulans verwendet wird, kann auch durch die Plasmapherese eine heparininduzierte Thrombopenie
-13-
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frigkeit, Schwitzen, Kopfschmerzen, Schwindel, Asthenie, Brustschmerzen, Mpigie, ungewöhnliche Träume, Schnupfen, Entzündungen der Rachenschleimhaut, Husten,Juckreiz.
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131 Heparininduziertes Thrombopenie-Thrombose-Syndrom
Positiv Negativ
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Sofortiges Absetzen des Heparins, alternative antithrombotische Therapie
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Schwere Thrombopenie (Thrombozyten < 50000//liI) oderThrombopenie und Blutung
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Symptome Thrombopenie und
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Heparinabhängiger Plättchen-Aggregationsfaktor im Patienten-Serum
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Sofortiges Absetzen des Heparins, alternative antithrombotische Therapie
Bei arteriellen Thrombosen angio
graphische oder dopplersonographi
sche Lokalisation und chirurgische Entfernung, Thrombozytenaggre
gationshemmer
Wiederholung der Plättchen-Zählung, Betrachtung des Blutausstriches (Pseudothrombozytopenie?)
Vergleich mit Thrombozytenwerten oder Blutausstrichen vor der Heparintherapie, um sicherzustellen, daß die Thrombozytopenie neu aufgetreten ist
Blutkulturen zum Ausschluß einer sepsisbedingten Thrombozytopenie
Gerinnungsuntersuchungen zum Ausschluß einer disseminierten intravaskulären Koagulation
Analyse des zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Thrombozytopenie und anderen angegebenen Medikamenten
Ausschluß anderer Thrombopenie-Ursachen
Abbildung 1: Möglicher Algorithmus zur Diagnostik und Therapie der heparininduzierten Thrombopenien [nach King und Kelton (22)]
ausgelöst werden; ein solcher Fall ist beschrieben (18).
• Umstellung auf orale Antikoagula
tion (Marcumar): Eventuell bis zur vollen Wirksamkeit wird eine Über
brückung mit Dextran oder auch Streptokinase empfohlen. Bei deutli
chem Thrombozytenabfall sollte mit oralen Antikoagulantien abgewartet werden, bis die Thrombozytenzah
len wieder über 50000/pl liegen (39).
• Azetylsalizylsäure (allein oder in Kombination mit Dipyridamol):
Thrombozytenaggregationshemmer werden eingesetzt (43), aber eine Wirksamkeit bei diesem Krankheits
bild bisher eher skeptisch beurteilt (38). In letzter Zeit erschienen aber Berichte, nach denen der klinische
Verlauf und die erhöhten Werte für PBIgG und PAIgG gebessert wur
den (31). Der günstige Einfluß von ASS auf das heparininduzierte Thrombopenie-Thrombose-Syn- drom wird auf die Hemmung des Thromboxan-Metabolismus und mögliche Veränderungen der Plätt
chenmembran durch Acetylierung von Glykoproteinen zurückgeführt.
• Dextran: Über gute Erfahrungen mit der Gabe von Dextranen bei HITT-Syndrom wird berichtet (2) und diese Therapie als eine Möglich
keit zur Überbrückung bis zur Wirk
samkeit von oralen Antikoagulan
tien empfohlen (6, 11).
• Thrombozytenkonzentrate: Bei Blutungen infolge der Thrombozyto
penie empfohlen (2), obwohl ein un
günstiger Einfluß auf die Thrombo
seneigung möglich ist.
• Fibrinolytika: Eine Gabe von Fi- brinolytika ist beispielsweise bei ei
ner schweren Lungenembolie zu er
wägen (12).
King und Kelton (22) schlugen 1984 einen Algorithmus zur Therapieent
scheidung bei heparininduzierten Thrombopenien vor (Abb. 1).
Literatur
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-14-
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132 Heparininduziertes Thrombopenie-Thrombose-Syndrom
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Anschrift des Verfassers:
Dr. Robert Liebl
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Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Studien, in denen die psychomotorische Leistungsfähigkeit gemessen wurde, zeigten, daß die Wirkung von Alkohol durch die gleichzeitige Einnahme von Lisino nicht verstärkt wird.
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133 ZI^
Jürgen Grötz
Die stumme Myokardischämie
Zusammenfassung: Das schon lange bekannte Konzept der stummen Myokardischämie stößt in letzter Zeit auf vermehrtes Interesse. Schät
zungsweise drei der vier Millionen Koronarkranken in den USA dürf
ten silente Ischämien haben. Eine Bedeutung für den plötzlichen Herz
tod wird angenommen. Definiert ist die stumme Myokardischämie als symptomlose, jedoch mit objektiven Methoden nachweisbare Ischämie.
Rauchen und psychischer Streß gelten als auslösende Faktoren. Die stumme Myokardischämie kann mit dem Belastungs-EKG, dem 24-Stunden-EKG mit ST-Analyse, besonders sensitiv aber der Thalli
um-Szintigraphie des Myokards nachgewiesen werden. Nach den Er
gebnissen großer Studien an Koronarkranken ist die Prognose der stummen Ischämie gleich ernst anzunehmen wie die der symptomati
schen Myokardischämie, daher ist die Angina pectoris alleine kein aus
reichend guter Risikomarker. Die Therapie der stummen Myokard
ischämie orientiert sich grundsätzlich an den bekannten Therapieprin
zipien, wobei noch unklar ist, um welches Ausmaß die stummen Isch
ämien durch die Therapie reduziert werden müssen.
Das Konzept der stummen Myo
kardischämie hat in jüngster Zeit vermehrtes Interesse gefunden, ob
wohl es bereits vor 50 Jahren bei der Belastungselektrokardiographie ent
deckt wurde. Erste Beobachtungen von Holter wiesen es 1961 langzeit- elektrokardiographisch nach. Das vermehrte Interesse begründet sich durch zwei Faktoren: einerseits die verbesserten diagnostischen Mög
lichkeiten, namentlich das 24-Stun-
Aus der Universitätsklinik der Ruhr-Univer
sität Bochum, Marienhospital Herne
den-EKG, andererseits die erheb
liche sozialmedizinische Bedeutung.
Epidemiologie und Häufigkeit
Jedem internistischen Kliniker ist bekannt, daß Myokardinfarkte nicht selten klinisch stumm verlaufen. In der Literatur wird ein Anteil von etwa 25% angegeben. Von ergome- trischen Untersuchungen weiß man, daß 20 bis 40% der dabei auftreten
den ischämischen Ereignisse nicht
von Angina pectoris begleitet sind.
Es wird geschätzt, daß 3 Millionen der insgesamt 4 Millionen Koronar
kranken mit Angina pectoris in den USA auch silente Ischämien neben symptomatischen Episoden haben.
Umgekehrt scheint die stumme Ischämie eine erhebliche Bedeutung für den plötzlichen Herztod zu ha
ben. 50000 der 250000 Menschen, die in den USA pro Jahr am plötz
lichen Herztod versterben, hatten .zuvor keine Symptome einer Herzer
krankung, obwohl in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle eine koronare Herzerkrankung zugrunde lag. Aufgrund der Verbesserungen der Therapie und Prävention der ko
ronaren Herzerkrankung ergeben sich anhand dieser Patientengruppe, die nun verstärkt identifiziert wer
den muß, wichtige therapeutische und präventive Angriffspunkte.
Definition und Pathophysiologie
Definiert ist die stumme Myokard
ischämie als objektivierbarer Zu
stand der Ischämie - erfaßt anhand der Funktion, der Perfusion oder des Metabolismus des linken Ventrikels - ohne Angina pectoris oder deren Äquivalente. Daß eine Ischämie
Z. Allg. Med. 66, 133-136 (1990). © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1990
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ungsschwäche im Alter sgwie bei Gallenblasen- und Leberkrankheiten. Zur Unterstützung der Eisenreserpticn bei verschiedenen hypochromen Anämieformen. Geoenanzeioen. Nebenwirkunoen: Bisher nicht bekannt.
Dosierunosanleituna: Soweit nicht anders verordnet, zu Beginn der Hauptmahlzeiten (3 mal täglich) 1 Dragee unzerkaut mit etwas Flüssigkeit einnehmen; sind die Beschwerden damit noch nicht beho^n, kann die Dosis unbedenklich verdoppelt werden. Packunosorößen und Prei.se
(einschl. MwSt): O.P. 20 Dragees (N 1) DM 10,55; 50 Dragees
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134 Die stumme Myokardischämie
Tabelle I: Reihenfolge der Auswirkungen einer myokardialen Ischämie
Perfusionsheterogenität
Regionale myokardiale Dysfunktion Perfusionsdefekte im Szintigramm Globale linksventrikuläre Dysfunktion Ischämische ST-Senkung
Angina pectoris
schmerzlos sein kann, geht aus der Beobachtung hervor, daß ein Koro
narverschluß beispielsweise bei der Ballondilatation einer Koronararte
rie bis zu 30 Sekunden lang schmerz
los sein kann. Die Angina pectoris ist sogar als Spätzeichen der Isch
ämie zu betrachten, denn im Falle der belastungsabhängigen Angina pectoris treten lange vorher Perfu
sionenheterogenität, regionale myo
kardiale Dysfunktion, Perfusionsde
fekte im Szintigramm, globale links
ventrikuläre Dysfunktion und isch
ämische ST-Streckensenkung in der genannten Reihenfolge auf (Tab^ i\-.
Pathophysiologisch entsteht die stumme Ischämie wie die symptoma
tische aufgrund eines Mißverhältnis
ses zwischen Sauerstoffbedarf und -Zufuhr, das im wesentlichen durch den Koronarfluß bestimmt wird.
Dieser hängt hydrostatisch vom koronaren Perfusionsdruck, dem linksventrikulären enddiastolischen Druck und der Länge der Füllungs
periode ab, anatomisch vom Gefäß
kaliber. Dieses wird durch die Fak
toren Noradrenalin, ATP, Azetyl
cholin, Serotonin und EDRF, den endotheleigenen Relaxationsfaktor, reguliert. Darüber hinaus fördert die Arteriosklerose die Ablagerung von Thrombozyten und Fibrin sowie die lokale Freisetzung von Thromboxan A2 und von Leukotrienen. Da die stumme Ischämie belastungsabhän
gig meist bei niedrigerem Druckfre
quenzprodukt auftritt als die bela
stungsinduzierte Angina pectoris, wurde ursächlich eine verminderte Sauerstoffzufuhr postuliert. Sie wird aufgrund der zirkadianen Häufung der Episoden zwischen 6 Uhr und 16 Uhr auf eine Erhöhung des Koronar
gefäßtonus infolge des zu dieser Zeit
Tabelle II; Diagnostische Methoden bei stum
mer Myokardischämie Belastungs-EKG
24-Stunden-EKG mit ST-Analyse Thallium-Myokardszintigraphie Koronarangiographie
erhöhten Sympathikustonus zurück
geführt. Langzeitelektrokardiogra- phisch haben einige Studien eine Frequenzbeschleunigung zu Beginn der stummen Ischämie gezeigt.
Bisherige Untersuchungen haben mentalen Streß und Rauchen als aus
lösende Faktoren zeigen können.
Eine bisher nicht endgültig geklärte Frage ist die, warum die silente Warum wird die
stumme Ischämie subjektiv nicht bemerkt?
Ischämie, die anhand der ST-Strek- K^n.s^nkung gemessen, oft gleich stark ausgeprägt ist wie die sympto
matische, subjektiv nicht bemerkt wird. Gefunden wurde bei Patienten mit stummen Ischämien eine Herab
setzung der Schmerzschwelle auf exogene Reize. Im Schnitt haben diese eine höhere endogene Beta-En- dorphin-Produktion. Die Schmerz
schwelle senkt sich nach Gabe des Opiatantagonisten Naloxon.
Diagnose der stummen Ischämie
Zur Diagnose der stummen Ischämie sind die üblichen kardiologischen Untersuchungsmethoden heranzu
ziehen (Tab. II), wobei methodische Einschränkungen zu beachten sind.
Das konventionelle Belastungs-EKG hat grundsätzlich eine hohe Wertig
keit bei Patienten mit hoher soge
nannter Vortestwahrscheinlichkeit einer koronaren Herzerkrankung, ist andererseits aber bei Reihenuntersu
chungen asymptomatischer Proban
den mit einer Vorhersagegenauig
keit von nur 30% belastet.
Große Hoffnungen wurden daher auf das 24-Stunden-EKG mit ST-
Tabelle III: Gruppeneinteilung der stummen Ischämien
Typ I: Asymptomatische Patienten
Typ II: Zustand nach Myokardinfarkt, asympto
matisch
Typ III: Angina pectoris und stumme Ischämien
Analyse gesetzt. Es hat sich aber ge
zeigt, daß bei Untersuchungen von Normalprobanden mit bis zu 40%
ST-Streckenveränderungen zu rech
nen ist. Wenn das Belastungs-EKG negativ ist, fällt das 24-Stunden- EKG in aller Regel auch negativ aus.
Gut geeignet ist die Methode aber zur Erfassung der Häufigkeit und des Ausmaßes der stummen Isch
ämien bei Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit, so daß es sich eher um ein Prognose- als ein Diagnoseinstrument handelt.
Ein besonders sensitives Mittel zur Diagnose der stummen Ischämie ist die Thallium-Szintigraphie. Wäh
rend die Sensitivität des EKGs für stumme und symptomatische Isch
ämien bei Eingefäßerkrankungen bei unter 60% liegt, beträgt sie bei der Thallium-Szintigraphie etwa 90%.
Der Wert der Methode hat sich gerade auch in den für die stumme Ischämie typischen Situationen nachweisen lassen. Somit kann die Thallium-Szintigraphie als geeigne
tes diagnostisches Mittel besonders in der Gruppe der asymptomati
schen Untersuchten und zur Diffe
renzierung falsch positiver EKG-Be- funde dienen. Weiterhin kann damit die hämodynamische Wirksamkeit von Koronarstenosen bei asympto
matischen Patienten, die aus dem Koronarangiogramm nur bedingt zu sehen ist, charakterisiert werden.
Klinische Einteilung der stummen Ischämie
Man unterscheidet drei Gruppen der stummen Ischämien (Tab. III). Beim Typ I handelt es sich um völlig asymptomatische Patienten, bei de-
-17-
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< O " E W M
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ii
Die 6 Richtigen zur inhaiation
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Inhalator
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exakte Einzeldosierung
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nachhaltige Beseitigung von Atem-
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Wirkungen
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Ifllllllill
lllll 1/90
Atrovent
bei obstruktiver Bronchitis
135 Die stumme Myokardischämie XiFA
nen eine Ischämiereaktion mit einer der genannten Methoden entdeckt worden ist, beim Typ II um solche mit Zustand nach Myokardinfarkt, die jetzt asymptomatisch sind, aber stumme Ischämien haben, und bei Typ 111 um Patienten mit Angina pectoris bei bekannter KHK und zu
sätzlichen stummen Ischämien.
Zur Klinik ist bemerkenswert, daß sich die Episoden zwischen 6 und 16 Uhr häufen. Die Zahl liegt bei 1 bis 20 pro Tag, die Dauer zwischen eini
gen Minuten und mehreren Stunden.
Besonders mentaler Streß erzeugt häufig silente Ischämien. Die Präva
lenz der stummen Ischämie hängt vom Koronarstatus ab, insofern als sie bei der Dreigefäßerkrankung am häufigsten ist.
Prognostische Bedeutung
Entscheidend für die Bewertung des Phänomens der stummen Ischämie ist die prognostische Bedeutung.
Grundsätzlich ist bekannt, daß die Ischämie einen prognostischen Fak
tor darstellt. So ist bei Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit die Langzeitletalität bei positivem Belastungs-EKG etwa zehnfach hö
her als bei negativem, besonders, wenn eine Ischämie auf niedriger Belastungsstufe auftritt. Nach den Ergebnissen großer Studien an Ko
ronarpatienten wie NIH und CASS ist die Prognose wesentlich vom Grad der koronaren Herzkrankheit abhängig, wobei sie bei stummer Ischämie ebenso schlecht ist wie bei symptomatischer. Daraus ist zu schließen, daß die Angina pectoris kein guter Risikomarker ist, wohl aber die objektiven Methoden zum Ischämienachweis. Dabei kommt dem 24-Stunden-EKG mit ST-Strek- ken-Analyse eine besondere Bedeu
tung zu. Mehr als sechs Episoden ei
ner stummen Ischämie oder eine Gesamtdauer von über 60 Minuten pro Tag zeigen eine ungünstige Prognose an. Das Auftreten einer
stummen Ischämie bei niedriger Herzfrequenz soll einen Vorhersage
wert bezüglich der Komplikationen Infarkt und plötzlicher Herztod haben.
Bei völlig unausgewählten asym
ptomatischen Probanden ist die Bedeutung asymptomatischer ST- Streckensenkungen im Belastungs- EKG oder 24-Stunden-EKG außer bei jüngeren Frauen gesichert, aber nur im Hinblick auf die Entwicklung einer Angina pectoris, nicht die ei
nes Myokardinfarktes oder eines plötzlichen Herztodes. Insofern sind invasive diagnostische Maßnahmen Angina pectoris ist kein guter Risikomarker!
Tabelle IV: Therapie der stummen Myokard
ischämie Nitrate
Kalzium-Antagonisten (Verapamil-Typ) Betablocker (ohne ISA)
Ischämie finden. In diesem Fall ist die Letalität nach zwei Jahren um den Faktor 10 höher. Insgesamt re
sultieren die vorliegenden Daten weitgehend aus Studien, die nicht die stumme Myokardischämie spe
ziell zum Thema hatten, so daß wei
tere gezielte Untersuchungen wün
schenswert wären.
Therapie der stummen Myokardischämie
bei dieser Patientengruppe meist nicht indiziert. Wohl aber sollte eine Thallium-Szintigraphie zur individu
ellen Risikoabschätzung erfolgen.
Szintigraphisch zeigt sich dann bei 75% eine koronare Herzerkran
kung, die nach angiographischen Kriterien bei 75% höhergradig ist.
Umgekehrt ist das bei normalem Ausfall des Myokardszintigramms nur bei 1% der Fall.
Bei Patienten mit abgelaufenem Myokardinfarkt ist die asymptomati
sche ST-Streckensenkung im EKG im Gegensatz zur symptomatischen kein guter Risikomarker, da sich szintigraphisch objektivierbare Isch
ämien nur bei 50% dieser Patienten finden und damit genauso häufig wie ohne elektrokardiographischen Ischämienachweis. Prognostische Studien kamen demnach zu gegen
sätzlichen Ergebnissen bezüglich der Häufigkeit kardialer Ereignisse bei symptomloser ST-Senkung. Für die Untergruppe der Patienten mit Myo
kardinfarkt ohne 0-Zacken-Ausbil- dung und herabgesetzter Ventrikel
funktion zeichnet sich allerdings ein höheres Risiko bei symptomloser ST-Senkung ab.
Anders dagegen ist die Situation einzuschätzen, wenn sich szintigra- phische Hinweise auf eine stumme
An die Therapie der stummen Isch
ämie (Tah. IV) knüpfen sich insbe
sondere zwei Fragen, nämlich ob überhaupt eine Therapienotwendig
keit besteht und ob die besonderen Mechanismen der Entstehung zur Bevorzugung bestimmter Therapie
formen führen.
Die erste Frage kann aufgrund der nachgewiesenen prognostischen Be
deutung der stummen Ischämie be
jaht werden. Das bisher angestrebte Therapieziel einer 80%igen Reduk
tion der stummen Ischämien muß al
lerdings in seiner Berechtigung über
prüft werden.
Ein solches therapeutisches Ziel konnte unter der Kontrolle des 24-Stunden-EKGs mit verschiede
nen Nitraten erreicht werden, wobei die Wirkung auf stumme Ischämien gleich ausgeprägt war wie auf sym
ptomatische. Weiterhin erwiesen sich die Kalzium-Antagonisten vom Verapamil-Typ wirksamer als solche vom Dihydropyridin-Typ. Letztere wirken allerdings gut in Kombina
tion mit Beta-Blockern und Nitra
ten, wobei sie auch eine Besserung der ischämisch bedingten kardialen Funktionsstörung herbeiführen. Un
ter den Beta-Blockern sind nur sol
che ohne intrinsische sympathikomi-