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Zur hiologie des generalisierten Lupus erythematodes,

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Aus clef dermatologisohon Universitgtsklinik Wien.

( V o r s t a n d : H o f r a t P r o f . Dr. G. R i e h l.)

Zur hiologie des generalisierten Lupus erythematodes,

Von Dr. phil. et med. /*Iarianne Bauer.Jokl.

Wenn schon die Atiologie des chronischen diskoiden Lupus erythematodes kein restlos gel6stes Problem dar- stellt, so gilt dies in welt h6herem Grade v o n d e r immer- hin seltenen generalisierten Form dieser Erkrankung. Schon frtiher drangte sich die Frage nach der Beziehung des Lupus erythematodes zur Tuberkulose auf. Doch konnte K a p o s i , dem wir die Abgrenzung der chronischen dis- koiden und der disseminierten, beziehungsweise akuten Form verdanken, einen sicheren Zusammenhang zwischen dem Lupus erythematodes und der Tuberkulose nicht finden. Ebenso stellte R i e h l aus den Protokollen des Wiener pathologischen Institutes fest, dab unter 10 Todes- fallen yon Lupus erythematodes nur 3mal Tuberkulose vor- handen war. Aach in der Folge verhielt sich die Wiener Schule, die yon der Ansicht ausging, dab der Lupus ery- thematodes ein Krankheitsbild sui generis mit unbekanntem E r r e g e r sei und der Zusammenhang der diskoiden und akuteu Form klinisch unzweifelhaft feststehe, ablehnend gegen die Annahme, da~ die Tuberkulose in einer miti- gierten Form oder durch Vermittlung yon Toxinen die Ur- sache ffir den Lupus erythematodes abgebe. Wahrend wei- terhin namentlich von franz6sischen Autoren diese Er- krankung in einen unmittelbaren Zusammenhang mit d e r Tuberkulose gebracht wurde, neigt J a d a s s o h n am mei- sten der knsicht z u , den Lupus erythematodes ffir eine spezifische Infektionskrankheit nichttuberkul6ser Natur an- zusehen. Diese Anschauung scheint ihm auch die M6glich- keit zu geben, die Beziehungen zwischen den diskoiden und akuten Fallen zu verstehen, welch letztere ,un-

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Zur Atiologie des gen. Lupus erythematodes. 343 zweifelhaft den Eindruck einer Uberschfittung des Orga- nismus mit infektiSsem oder toxischem Material machen".

Bei einer kritischen Sichtung der von ibm zusammenge- stellten Statis~ik ergibt sich nun, dal~ unter den 15 Fallen yon Lupus erythematodes discoides, die ad exitum kamen, 8 an Tuberkulose litten, die bei 3 durch die Sektiou be- statigt wurde. Bei den 22 an Lupus erythematodes disse- minatus acutus verstorbenen Fallen hingegen zeigt sich, dab nur 2 an manifester Tuberkulose starben, 2 Ffille wiesen eine nichtaktive auf (einer mit einem verkalkten Knoten in der Lungenspitze, der andere mit verkasten Bronchialdrfisen ohne Riesenzellen). Ein Fall mit eitriger Pleuritis und ein zweiter mit Drfisenvereiterung (beide ohne Autopsie) k6nnten eventuell noch zur Tuberkulose gerechnet werden. Wir sehen hier also ein anderes Yer- h~dtnis der Erkrankung zur Tuberkulose als beim diskoiden Lupus erythematodes. Eine Abgrenzung des Lupus ery- thematodes disseminatus yon dem lmpus erythematodes discoides + acutus oder dem reinen Lupus erythematodes acutus in Bezug auf ihr u zur Tuberkulose nimmt J a d a s s o h n nicht vor. Wir wollen auf diese Beziehungen bei der Er6rterung unserer eigenen F/'dle im weiteren zu- r~ickkommen. J a d a s s o h n kommt nach eingehender Be- hundlung aller f~r und gegen die tuberkul6se Atiologie des L.upus erythematodes angef(ihrten Argumente zu dem Schlusse, dal3 er yon einem gesetzm~Bigen Zusammenhange des Lupus erythematodes mit der Tuberkulose nichts er- kennen kann.

Es ist nun auffallend, dab yon den 22 in der Statistik zusammengestellten FMlen yon Lupus erythematodes aeutus 11 an Pneumonie beziehungsweise Pleuropneumonie starben ; 3 weitere gingen an akuten Lungenkrankheiten beziehungs- weise Influenza mit h'~morrhagischer Pneuinonie zugrtmde und J a d a s s o h n erw'~hnt die Pneumonie neben der Ne- phritis als komplikatorische Evkrankung. Dieses so h~u- fige Vorkommen der Pneumonie l~l]t nun an der M6glich- keit einer engeren t~eziehung mit dem akuten Lupus ery- thematodes denken, so zwar~ dug ein urs~chlicher Zusam-

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menhang zwischen den beiden Erkrankungen bestfinde.

Dieser Zusammenhang wird tats~chlich yon K r a u s und B o h a S , die im Lupus erythematodes disseminatus acutus eine toxische Angioneurose sehen, angenomm~n. In 6 ihrer F a l l e ' ~ insgesamt wurden 8 beobachtet - - l i e • sich eine Pneumonie feststellen, die viermal autoptisch verifiziert wurde und nicht als Folge, sondern wahrscheinlich als Ur- sache des Lupus erythematodes acutus yon den Autoren angesehen wird. In keinem der Fhlle wird eine tuberku- 15se Belastung erw~.hnt. Den yon K r a u s und B o h a ~ ver-

~ffentlichten FMlen w h r e n w e i t e r e yon D a w s o n , R e i t - i n a n n und Z u m b u s c h , A z u a und C o v i s a nnd W.

S c h m i d t anzureihen, die s~mtlich Symptome einer schweren Pneumonie boten, die meist auch autoptisch be- st~tigt wurde. Was nun die 4 obduzierten Ffille yon K r a u s und B oh a~ betrifft, so ergibt die Sektion im Falle II eine lobulfire Pneumonie im linken Unterlappen, die ungef'hhr drei Wochen nach der Spitalsaufnahme auftrat, w~hrend bei der Aufnahme die Perkussion iiber den Lungen normal war und nur hie und da Rasseln bestand. Fall VII zeigte gleichfalls bei der Aufnahme einen normalen Lungenbefund, sub finem entwickelte sich eine lobulare Pneumonie, deren kurze Dauer d u r c h das Sektionsprotokoll: frische lobular pneumonische Herde im linken Unterlappen, erhartet wird.

Es bleiben also noch 2 Fhlle zu besprechen, die klinisch und autoptisch eine Pneumonie aufwiesen. Von diesen zeigte Fall I bei der Aufnahme normale Temperatur, erst 14 Tage spfiter - - nach der Progredienz der Hauterscheinungen - - entwickelte sich unter Temperaturanstieg eine kruppOse Pneumonie. In Fall VIII tritt 14 Tage nach der Spitalsauf- nahme nach vorher bestehenden bronchitischen Erschei- nungen eine Pneumonie auf, der der Patient nach 5 Tagen erliegt. In 0bereinstimmung mit dem klinischen Bilde finder sich bei der Sektion graue Hepatisation der Lungen. u den restlichen 4 Fallen weist 1 obduzierter Fall nur die klinischen Erscheinungen einer diffusen Bronchitis auf (Fall VI) - - die Sektion ist bezfiglich der Lunge negativ

- - e i n zweiter, der genas, entspricht klinisch nicht einer

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Zur J~tiologie des gem Lupus erythematodes. 345 Pneumonie, dagegen seheint Fall ~[V bei der Aufnahme eine P n e u m o n i e gehabt zu haben; der letzte Fall (IH) starb an Peritonitis, die Lungen w a r e n frei.

Wir sehen also bei nahezu alien F/~llen, da{] die Lun- generscheinungeu bei den mit dem voll entwickelten Krank- heitsbilde d e r Haut ins Spiral eingelieferten Kranken re- lativ spi~t - - ungef~hr 1r Tage bis 3 Wochen nach der Aufnahme oder erst sub finem - - einsetzten und dab es sich nur zum Teile um Pneumonien, zum Teile aber um Bronchitiden handelt. Wir k6nnen daher den Autoren nicht beistimmen, wenn sie die Pneumonie gelegentlich nicht als eine Folge, als eine Komplikation der akuten Lupus ery- thematodes-Erkrankung, sondern eventuell auch als eine Ursache derselben auffassen. Die ausffihrlich publizierten Krankengeschichten lassen weit eher die Pneumonie als- eine komplikatorische Erkrankuvg im Verlauf des gewifi infekti6sen Prozesses, als den wir den akuten Lupus ery- thematodes ansehen infissen, erscheinen. Sehen wir doch bei den mei~ten schweren, auch nicht die Haut unmit~el- bar befallenden Krankheiten im weiteren Verlaufe auch die Lungen beteiligt, wir erw~ihnen nur Typhus, Sepsis, Pertussis. Daft die lange Dauer des Krankenlagers auch bei einem akuten Lupus erythematodes zu bronchitischen Erscheinungen Anla~ gibt, ist woh] selbstverstandlich.

Abet selbst wenn die Lungenerscheinungen den Be- ginn der schweren Hauterkrankung bildeten, w~iren wir nieht berechtigt, einen sicheren Zusammenhang zwischen beiden im Sinne von Ursache und Wirkung anzunehmen.

Beginnen ja bekanntlich eine Reihe yon Infektionskrank- heiten - - Masern, Typhus, Influenza -- mit inehr oder minder schwereu Bronchitiden, ohne daft diese einen ffir die betreffende Erkrankung spezifischen Charakter hi~tten.

Ein in jiingster Zeit von R S c h m i d t vorgestellter Fall von akutem Lupus erythematodes zeigt trotz hoher Temperatur nur Arthropathien, die die Krankheit einlei- teten und erst rach 3 Wochen yon den Hauterscheinungen gefolgt waren, whhrend nichts fiber Symptome von Seiten der Lungen berichtet wird. Wir k6nnen wohl annehmen,

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dag, falls die Lungenerscheinungen mit dem akuten Lupus erythematodes in einem kausalen Zusammenhang stiinden, sie in diesem sonst ganz typischen Krankheitsfalle irgend- wie in die Erscheinung getreten waren.

Diese aus der Literatur abgeleitete Erkenntnis, dab es sich beim Lupus erythematodes um eine trotz uube- kannten Erregers schwere Allgemeininfektion handelt, konnten wir auch an einem selbstbeobachteten Falle er- hOrten.

M. U., 9-9 J., verheiratet. Pat. war friiher stets gesund. Vier Wochen vor der Spitalsaufnahme angeblich nach Insolation - - plStz- lieh starke Schwellung und RStung des Gesichtes sowle Auftreten hell- roter, nicht juckender oder schmerzender Flecken am rechten Unterarm und Nacken. Kein Fieber. Auf Burowumschl~ige Zuriickgehen der Schwellung, sonst keine Besserung. Kein Partus, kein Abortus. I. Menses m i t 16 Jahren, regelm~iBig. Seit Beginn der Erkrankung Amenorrhoe.

Familienanamnese belanglos.

S t a r . p r a e s . : 22./IX. 1917. Mittelgrol~e, kr~ftige Patientin in gutem Ern~hrungszustand. Kopfhaut frei. Die Haut der Stirne leicht gerStet und mit weil31ichen, festhaftenden Schuppenauflagerungen be- deckt; Follikel6ffnungen erweitert.

Das Gesi'cht zeigt namentlich im Bereiehe der Wangen intensive RStung und polsterartige, die ganze Subkutis betreffende Sehwellung yon derber Konsistenz. Starkes 0dem der Lider, beiderseits Konjunktivitis.

Die Nase sowie die Nasolabialfalten weisen festhaftende weiBliche Sehup- penauflagerungen sowie erweiterte Follikelmiindungen auf. Lippen ge- schwollen, die Unterlippe mit br~unlichen Borken bedeckt.

Das Kinn und die angrenzenden Partien des Halses stark gerStet.

Die Ohrmuscheln namentlich im Gebie!e des ~iul3eren GehSrganges ge- rStet und stark n~ssend.

Am Naeken, yon der Vertebra prominens bis 3 Querfinger naeh abw~rts und zu beiden Seiten bis zur Mitte des M. cueullaris sich er- streekend, ein hellroter Herd, der in seiner ganzen Ausdehnung yon dfinnen, weil31ichen, leicht abzulSsenden Schuppen bedeckt ist, die dar- unterliegende Haut zeigt Atrophie, die R~nder des Herdes polyzyklisch, stark pigmentiert. In der n~chsten Umgebung des Herdes vereinzelte stecknadelkopfgrol}e Kn6tehen yon hellroter Farbe, die auf Fingerdruck schwindet. Vereinzelte derartige Kn6tchen in der Mittellinie des Rfickens bis zur Sakralgegend, ebenso am Sternum.

An der Streckseite des rechten Unterarmes sowie am Ellbogen- gelenk je ein sich aus stecknadelkopf- bis erbsengrol~en Effloreszenzen zusammensetzender Herd yon bl~ulichroter Farbe mit zentraler Schup- penauflagerung; einige dieser Herde zeigen in den yon den Sehuppen entblSl~ten Teilen atrophische Haut.

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Zur )~tiologie des gen. Lupus erythematodes. 347 An shmtlichen Endphalangen der linken Hand sowie a m rechten Zeige- und Mittelfinger besteht leichte Schwellung und hellrote ~rerF~r- bung. In beiden Volae manus vereinzelte hellrote Flecken yon Erb- sengr6~e.

Der i n t e r n e B e f u n d ergibt eine Pneiimonle im linken Unter- ]appen. Herzbefund aul]er einem systoliscben Ger~usch an der P~lmo- nalis normal. Das linke Sprunggelenk etwas geschwollen, nieht schmerz- haft. H a r n : Albumen l~ E s b a c h . Im Sediment zahlreiehe feingra- nulierte Zylinder, Leakozyten und Epithelien. W.-R. Eigenhemmung.

D e c u r s u s m o r b i : U n t e r Burowumschl~gen erfolgt eine. Ab- nahme der Sehwellung des Gesiehtes. Geringe Harnmenge mit zuneh- mendem Eiwei~gehalt. Pat. ist dauernd febril. Es treten Odeme an den unteren Extremit~ten auf. Diuretindarreichung steigert die Harnmenge auf 1500ccm. D i e Pneumonie ergreift auch den rechten Mittellappen, be- ginut sich am !I./X. zu t6sen. Die B l u t k u l t u r ergibt auBer Sarzine (Luftkeime) keinen Erreger. Am 14./X. stellt sieh eine zunehmende Sehwellung des Abdomens ein. Gleiehzeitig treten SehstSrungen auf.

Ophthalmologiseher Befund: Retinitis albuminurica. 24./X. Das Herz zeigt die fiir eine ehronisehe Nephritis charakteristischen Ver~nderungen.

Ern/ihruug mit Honig, Fruehtsiiften, Kompott. Die (}cleme nehmen etwas ab, die Harnmenge steigt. Am 31./X. Exitus letalis.

O b d u k t i o n s b e f u n d (Dozer~t E r d h e i m ) ; Lupus erythematodes des ganzen Gesichtes. Hochgradiges allgemeines Odem. Aszites. Hydro- thorax belderseits. Hydroperikard und Anasarka. Kompresslonsatelektase der Lunge. Allgemeine AnSmie. Nieren frei yon Entziindung (nieht mikroskopisch untersucht). Linksseitige Ovarialzyste im Douglas mit brauner Fliissigkeit geffillt, alte Blutung.

Es handelt sich also um eine 29jghrige, frfiher ge- sunde und nicht tuberkul6s belastete Frau, die angeblich im Anschlusse an eine Insolation an einem typischen Lupus erythematodes disseminatus acutus erkrankt. Trotz feh- lender subjektiver Beschwerden ergibt die interne Unter- suchung bei der Aufnahme Pneumonie im linken Unter- lappen, die dann aueh den reehten Mittellappen ergreift, sp'~ter aber vollkommen ausheilt. Die Symptome yon Seiten der Niere beherrschen in der Folge das Krankheitsbild und die Patientin geht unter den Erseheinungen einer Niereninsuffizienz mit hochgradigen 0demen zugrunde,

k_uch die Sterilitgt, die schon K ap o si als besonders h~ufig bei seinem weiblichen Krankenlnaterial erw~thnt, finden wir in unserem Falle.

Es fragt sich nun, welche Ro]le der Einflul~ des Ge-

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nitalapparates auf den Ausbrach der Erkrankung spielt, da Uterusanomalien so haafig dabei gefunden werden. Be- kannt sind ja auch die Beziehungen zwischen der konge- stiven Zone des Gesichtes (Flush area) und dem verschie- dene~ Funktionszustande der Ovarien, also der Dysmenor- rhoe der Jugendjahre einerseits, dem Klimakteriuin an- dererseits, die sich beide durch eine Neigung zur Kon- gestion der so reich vaskularisierten Flush a%a auszeich- nen. Damit ware viellemht auch das iiberwiegende Vor- kommen des Lupus erythematodes bei Frat~en erklhrt, dis ja viel vasolabiler sind.

Nun sind aber die Anomalien der weiblichen Genital- sphfi.re trotz ihrer ,Hiiufigkeit beim Lupus erythematodes acutus nicht konstant, so dal~ wir sis nicht aIs eine conditio sine qua non betrachten k6nnen, zumal die Erkrankung, wenn auch viel seltener, bei Mannern vorkommt. Wir k6n- nen diese Beziehungen daher nur als i~tiologisches IIilfs- moment in Anspruch nehmen und zwar entweder im Sinne einer besonderen Betonung der kongestiven Zone des Ge- sichts oder als Zeichen einer allgemein degenerativen Kon- stitution, die neben anderen Krankheitsanfalligkeiten often- bar auch diese seltene Form einer Derlnatose begfinstigt.

Letztere Anschauung erscheint uns als die entsprechendere.

Wir haben gesehen, da~ es trotz eingehenden Stu- diums nicht gelungen ist, einen einheidichen E r r e g e r des akuten Lupus erytheinatodes zu finden und dal~ die Unter- suchungen in den verschiedenen Fallen auch verschiedene Bakterien zutage gef6rdert haben. Dal~ nun dieselbe Er- krankung in genau de, rselben Weiss sowohl durch Strepto-, Staphylo- und Pneumokokken als auch Influenzabazillen hervorgerofen werden kann, beweist, dab nicht die Art des Virus, sondern die Beschaftenheit und Reaktionsweise des erkrankten Organs oder Organsystems das wesentliche 9

htiologische Moment darstellt.

Da~ die Disposition des Hautorgans auch konditio- neller Natur sein, d. h. erworben werden kann, zeigt fol- gender, an unserer Klinik beobachteter Fall.

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Zur J~tiologie des gen. Lupus erythematodes. 349 A. H., 38 J., Gastwirt. Auszug aus der Krankengeschichte der k. k. Radiumstation. Patient wurde wegen eines ungef/ihr kindskopf- grol]en Tumors unter dem rechten Unterkieferwinkel der Bestrahlung mit Rsdium unterzogen

S t a r . p r a e s (Eade Juli 1913). Ein kindskopfgro~er prominenter Tumor, ausgehend yon der reehten Unterkieferwinke]gegend nach rfick- warts bis hinter die 0hrmuschel, nach wwne fast bis zur Mittellinie und nach unten nahezu zur Supraklavlkulurgrube sich erstreckend, yon hatter Konsistenz, die Haut fiber den seitlichen Teilen des Tumors ab- gesehen yon der" Spannung fast unver~ndert; an den zentralen Teilen ist der Tumor in Zerfidl begriffen, so dab ein blumenkohlartiges Ge- w~ichs entsteht. Das Ohrl~ippehen ist abgehoben, die gauze Ohrmuschel etw~s naeh vorne gedriingt. Gegen die Unterlage ist der Tumor nicht verschieblieh. Drfisen in der Umgebung uaver/indert.

B e f u n d Ende August 1.q13: Zwei kraterfSrmige Geschw/ire, das eine ungefiihr im Zentrum. das andere in den vorderen Anteilen des frfiheren Tumors gelegen, die R~nder verh~rtet. Der Geschwfirsgrund.

setzt sich spaltfSrmig tier unter dem rechten Uuterkieferwinkel fort.

Aueh die Umgebung des Geschwfirs ist bereits in Zerfa]l begrifi'en, teil- weise gerStet, teilweise mit eitrigen gelben Massen bedeekt. Oberhalb der linken Augenbraue, am linken Ohrl~ppchen und an der linken Wauge grSl~ere lebhafte blaurot gefSrbte He~de, zumeist mit grauweiBen festhaftend(m 3chupp~m bedeckt; 1inch ih~'er Entfernung finder man er- weiterte F,,llike]. lm Zentr t ~l b,~ d(~r IIaut - - die R~nder eleviert und stark ger6tet. Auf der rechten Wange mehrere stecknadelkopf- bis erbseugrofie ]ebhaft rote Herde, die erst in tier Woche vom 21. his 2~./VIII. enistanden. Am Bauch yore Mons veneris bis fiber dem Nabel stecknadelkopf- Iris hell,~rstSckgroBc, vorwiegend braunrote Herde, die vielfach konfluieren. An der ~'treckseite der linken Hand rneist kon- fluiereude blaurote Herde. Die Ober- und Unterlippe fast in toto blaurot verf~rbt, im Zentrum mit festhafte~ldem graugelbem Belag und Krusten bedeckt. Ein erbsengrol.~er Herd an der Zu~ge.

Es erfolgt hierauf unter Fieber eine akute Dissemination des Lupus erythematosus an den Tumorgrenzen. (~5./VIII.)

Unter stetig zunehmender I;achexie nnd Metastasenbildung tritt am 24/IV. 1!~14 d~tr Exitus letalis ein.

E i n P a t i e n t d e r k. k. | ~ a d i u m s t a t i o n , d e r w e g e n e i n e s K a r z i n o m s d e s G e s i c h t e s d e r B e h a n d h , n g m i t R a d i u m m l t e r ' z o g e n w i r d , e r k r a n k t i m V e r l a u f s e i n e s L e i d e n s a n L u p u s e r y t h e m a t o d e s , d e r zLLerst i m G e s i c h t , d a n n a u c h a~l a n d e r e n S t e l l e n a u f t r i t t u n d u n t e r F i e b e r - - b e i V e r - s c h l i m m e r u n g d e s k a r z i n o m a t 6 s e n P r o z e s s e s - - e i n e a k u t e D i s s e m i n a t i o n z e i g t . Dec K r a n k e g e h t d a n a u n t e r z u n e b - m e n d e r K a c h e x i e z u g r u n d e .

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350 B a u e r - J o k l .

Unter den zahlreichea i~uI3eren Momenten, die als provozierend auf den &usbrueh eines Lupus erythematodes angeffihrt werden, figuriert aueh jede irritierende Therapie, so Finsen (lad Radium. Uns handelt es sich in diesem Falle darmn, zu zeigen, dab ein Mensch mit einem malignen, sich in der Haut abspielenden Prozel~ -- bet einer durch die allgemeine Kachexie herabgesetzten Resistenz -- eine konditionelle Krankheitsdisposition der Haut erwerben kann, die im vorliegenden Falle auf eine Einwanderung yon Bakterien mit Dissemination eines Lupus erythematodes antwortet. Fiir Tuberkulose oder einB sonstige interne Erkrankung lag kein Anhaltspunkt vor.

Eine scharfe Trennung der nach der J a d a s s o h n s c h e n Klassifizierung einfach disseminierten und disseminierten akuten FMle, also einerseits derjenigen~ die meist ohne erhebliche St6rungen des Allgemeinbefindens durch ein schubweises Auftreten der Herde gekennzeichnet sind und andererseits der schweren, fieberhaften, meist letalen Pro- zesse lhl3t Sich in vielen Fallen nicht durchfiihren, da auch die disseminierten Falle oft Erscheinungen aufweisen, wie sie meist nur die disseminierten akuten zeigen.

So konnten wir an unserer Klinik einen Fall be- obachten, in dessen Vordergrund aul~er den Hauterschei- nungen starke Gelenksschmerzen standen, die mit Radium- emanation (Umschlage und Trinkkur) behandelt warden.

Die Haut zeigte die ffir den Lupus erythematodes disse- minatus typischen Veri~nderungen

M. B., 28 J., Verkfmferin. Aul]er Kinderkrankheiten machte die Patientin keine Erkrankung durch. Vor 6 Monaten bekam sie ,blau- rote" Hiinde, die vom Arzt als Erfrierung behandelt wurden. Vor vier Monaten bemerkte sie einen bohnengrol~en roten Fleck an der Nasen- wurzel, der sich allm~hlich auf die linke Wange ausbreitete, wobei leichte Sehuppung der erkrankten Haut auftrat. Nach Behandlung mit Tuberkulininjektionen und Chinin Schwinden der Erscheinungcn und Wohlbefinden bis vor 14 Tagen. Damals trat innerhalb weniger Tage unter ]eichten ziehenden Schmerzen im Gesicht und in den Gliedern neuerdings die Hautaffektion in ihrer jetzt vorhandenen ,~usdehnung auf. Seit einigen Tagen ziemlich starker Husten. Keine Nachtsehweil]e.

Appetit gut. Menses regelmM3ig, 1 Partus, 1 Abortus.

S t a t u s p r a e s e n s : 6./IL 1914. Im Bereiche der Kopihaut, u. zw.

des Scheitels und Hinterhauptes, finden sieh einzelne unseharf begrenzte

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Zur Atiologie des gen. Lupus erythematodes. 351 sehuppende u n d ger6tete Stellen mi~ 'teil~eisem Effluvium capillitii. Auf der Stirne Herde yon Liasen- bis HellergrSl~e yon gelbrStlieher Farbe, rundliche~ Begrenzung, am Rande leicht gelbllehe, fettige Schuppenauf- lagerungen tragend. Die gr61]eren Herde zeigen oftmals zentrale Ab- blassang und einen sehmalen, etwas elevierten, br~unliehen, leieht sehuppenden Hof, der eine seharf gezeichnete Linie bildend, das gelb- rStliehe Zentrum umgibt. Dabei verschwindet aber das Rot auf Finger- druek vollstiindig. Nirgends ist eine Infiltration naehweisbar. Beide Augenbrauen sind gleichfalls yon ganz /ihnllchen Herden, die in ihrer GrSl~e weehseln, ums~iumt. Am rechten Aug~e setzt sieh die Ver~nderung der Haut auf das untere Augenlid und auf die Wange bis zur H6he des Joehbeins, dort seharf abschneidend fort. Nach unten reicht die Affek- tion bis zum Ansatz der Nase. Links ist das obere Augenlid frei, doch ist die linke Wange beinahe im gleichen Ausmage wie die reehte be- fallen. Die Affektion hat auch die Nase yon der Nasenwurzel bis zur Nasenspitze ergriffen (Sehmetterlingsfigur). Die Haut ist gerStet, stellen- weise mit hellrotem Farbenton, stellenweise bl/iulich bis br~iunlichrot.

Die Randlinien sind bogenfSrmig, starker eleviert und gerStet. Flache schmutziggelbe bis schmutzigbr~unliche, milchglas~hnliche Schuppen finden sieh namentlieh in den peripheren Zonen der erkrankten Haut.

Am g i n n einzelne verschieden groBe Herde v o n d e r beschriebenen Be- schaffenheit. LippeTl- und Mundsehleimhaut normal.

Am Riicken findcrL sieh in der Furche der Wirbels~iulc ~owie in den angrenzenden Partien grSlJeve und klei~aere Herde. Die kleinsten sind erbsengro/3 mit rundlicher Begrenzung und stellen rote Flecke dar.

Danebea sieht :nan abet aueh handtellergroBe und dar/iber reicheude tterde, welche eine bogenfSrmige, vielfach Auslaufer tragende, aber immer aus Kreissegmenten zusammengesetzte Begrenzung haben, gelb- rStlieh gef~rbt sind und Schuppenauflagerungen aufweisen. Vielfach er- scheint die Haut verdfinnt, gl~nzend, an zarte Narben erinnernd. Auf der Brust, u. zw. im Bereiche des Manubrium sterni, finden sich vier l i n s e n - h i s erbsengrol]e Fleekchen, die zum Teile gelbrot, zum Teile br~unlichrot gefiirbt sind und teilw, schon eine leicht atrophische Haut auf- weisen. Am linken Oberarm, mehr an der Streekseite, finden sieh ver- schieden grol]e, meist aber hellergrol]e runde Fleeke, die rStlich gef~rbt und mit Schuppen am Rande bedeckt sind. Am Ellbogen ein handteller- grofler Herd bogenfSrmiger Begrenzung, zentraler Schuppung you fein- lamellSsem Charakter, rStlich gef~rbt, die Haut gefalteI, d/inn und ge- rStet. Ahnliehe Effioreszenzen am Unterarm yon Stecknadelkopf- bis ErbsengrSl~e. Der Handriieken zeigt vielfach steeknadelkopfgrol3e, scharf begrenzte, rStliche, auf Fingerdruek die Farbe verlierende Kn6tchen.

Die Haut fiber den Metakarpophalangealgelenken des II., IIL und IV.

Fingers in der Ausdehnung eines F/infkronenstfickes gerStet. Die RStung setzt sieh scharf mit bogenfSrmiger Linie ab. Die so ver~nderte Haut tat flaeh, plateauartig eleviert, an einzelnen Stelie~ leicht sehuppend.

In gleieher Weise ist auch die'Haut der Phalangen der Finger ver~n-

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352 B a u e r - J o k l .

dert, wobei die Herde sieh versehieden fiber: die Phalangen verteilen.

Um das Nagelbett erscheint die Haut gerStet; die RStung erstreekt sich in unscharfer Weise meist fiber die ganze Phalanx. Die Vola manus zeigt rote Flecke yon verschiedener Gr51~e bis zur HellergrSl]e, wobei der Farbenton im Zentrum manchmal br~unlieh, manehmal abgeblafJt erscheint. Die Beugeseite der Finger flecklg ger6tet. An den Endpha- langen aller Finger finden sieh Defekte der ttornsehiehte yon gr6l]erem oder kleinerem Umfange und rundlieher Begrenzung, die am Rande dicke gelbliehe Sehuppen tragen. Auf der rechten oberen Extremit~t finden sich versehiede n grdBe Herde; viele yon ihnen zeigen im Zen- trum ein atrophisches, narbiges Aussehen, andere R6tung mit Krusten- auflagerung, Die Veriinderungen an der rechtenHand entsprechen denen der linken. Die FfiBe sind nur in geringem Ausmal3e betroffen. Am rechten Oberschenkel ein hellerstfickgro0er Herd. Ausgedehnter ist die Haut fiber den Streekseiten beider Knien betroffen. Die Fullsohlen, na- mentlieh der Innenrand des linken Ful]es, zeigt zahlreiehe versehieden grol~e, hnsen- bis erbsengroBe Fleeke; ebenso der Innenrand der grol]en Zehe. Auf der reehten Glutgalh~lfte ein handtellergrol~er Herd, der aus Zfigen roter, exkoriierter oder mit Schuppen bedeckter Haut bestehf.

Zwischen den einzelnen Zfigen liegen normale kleine Hautinseln.

I n t e r n e r Be f u n d normal. RSntgenologisch finder sieh eine Ver- mehrung des Hilussehattens beiderseits, vereinzelte kleine linsenfSrmige Herde im Bereiehe beider Lungenfelder. Verminderung des Luftgehaltes in der linken Spitze. Gegen die Gelenkschmerzen werden Radiumb~der, Radiumumschliige und Radiumemanation zum Trinken verordnet. Auf die erkrankte Haut Sehwefelzinkpaste. Die Effloreszenzen im Gesiehte sind bel der Entlassung vollst/indig gesehwunden, am Stamm und den Ex- tremi~ten im Zentrum abgeheilt, w/ihrend stellenweise ein br/iunlieher, etwas sehuppender Rand zu sehen ist. Der Krankheifsverlauf war durch- wegs afebril.

D i e s e r F a l l leitet u n s fiber zu d e n in l e t z t e r Zeit a n u n s e r e r K l i n i k b e o b a c h t e t e n F a l l e n von d i s s e m i n i e r t e m L u p u s e r y t h o m a t o d e s u n d d e r F r a g e , ob sieh eine B e z i e h u n g m i t d e r T u b e r k u l o s e f e s t s t e l l e n lal3t. W i r h a b e n niimlich bei diesen d u r c h w e g s l e i c h t e r e n Fi~llen y o n d i s s e m i n i e r t e n - - n i c h t g l e i c h z e i t i g a k u t e m - - L u p u s e r y t h e m a t o d e s den E i n - d r u c k , dal] sich die D i s s e m i n a t i o n eines L u p u s e r y t h e m a t o d e s m e i s t bei solchen ] n d i v i d u e n vollzog, bei d e n e n ein f r i s c h e r t u b e r k u l 6 s e r P r o z e B v o r h a n d e n w a r , u n d m i t d e s s e n A u f flaekern d a n n eben a u c h die A u s b r e i t u n g d e r H a u t e r s e h e i - n u n g e n H a n d in H a n d ging. E i n s o l c h e r F a l l sei h i e r m i t g e t e f l t :

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Zur Atiolcgie des gen. Lupus.erythematodes. 353

R. P., 24 J., verb. Vor 1 Jahre Auftreten eines sich raseh ver, grSl~ernden KnStch~ns auf der ]inken Wange, vor 2 Monarch zahlreiche Kn5tchen an den weilerhin beschriebenen Stellen. Seit lt/~ Jahr~n Drii- senschwellungen am Halse. Familienanamnese ohne Bedeutung.

S t a t u s p r a e s e n s : ll./I[l. 191d. I,~ der Mitie der linken Wange ein kronenstfiekgr,,13er rundlicher Herd, dessen Zentrum !eieht depri- miert und ,narbig wei•lich gliinzend ist, wfihrend die Peripherie ein sehmales, leieht pigmeutiertes, teilweise mit Sehuppen bedeektes ober- ttiichliches Infiltrat aufweist, in dessen Gebiet zahlreiehe erweiterte Fol- likel sich finden.

Auf dem Jochbogen eln erbsengrol3er, hellrot entzfindlieh gerSteter Herd yon ErbsengrSBe mlt Andeutung yon grfibchenfSrmiger Erweite- rung der Follikelmiiudungen. Im unteren Anteile des linken Nasenfliigels ist die Haut gerStet und mit gelblichen, dicken Sehuppen bedeekt. Ein- zelne KnStchen yon SteeknadelkopfgrStie mit RStung und gelbliehen Schuppenauflagerungen auf der Oberlippe knapp unterhalb des linken Nasenloches. Auf der rechten Wange mehrere ca. kirschkerngroBe, teils nur ger6tete, tells mit SehiippcSen bedeckte Herde. Beide Ohrl~ppchen gerStet und nassend.

Die Streckseitea der oberen Extremit~ten zeigen, namentlich am Ellbogengelenk, bli~ulichrote stecknadelkopfgro~e Papeln, ferner ca. erbsen- groBe, bli~ulichviolett verfSrbte Effloreszenzen m~t gelblieher eingestauzter Schuppenauflagerung uml solche, die im Zentrum eingesunken und atro- phiseh sind und eine bF~uliehpigmentierte Peripherie haben.

Die Finger weisen um das Nagelbett eine polsterartige Sehwellung auf mit blguliehviolettem Farbmlton, in welchem sieh steeknadelspitz- gro~te braun- und blutigrot tingierte Piinkteben eingesprengt fiuden.

Diese Vergnderungen setzen sicb am 3., 4. und kleinen Finger der recbten Hand, aueh auf die Mittelphalanx fort~ An der Volarseite der Endpha- langen bilden smh blguliehrole Papeln mit Exsudation yon Reiskorn- bis Erbsengr51~e; einige von ibnen zeigen eine zentrale griibehenf6rmige Depression. An der linken Hand i~hnliche Vergnderungen.

Im Bereiche der Nares brSunliehrote wenige Herde mit zentraler, fest haftender, etwas deprimierter Sehuppenauflagerung..~hnliehe Herde auch an der Beugeseite der Unterschenkel, namm,tlieh im mittleren und unteren Drittel.

Lyml,homata eolli besonders dec reehten tlalsseite entlang dem Sternokleidomastoideus; sie erreiehen his ~YalnnBgrSBe, sind derb ela- stis(:h und bilden em mehr als fauslgro~es, aber die einzelnen Driisen noeh distinkt tastbar enthaltendes Konglomerat. Interner Befund normal.

Kein Fieber. Pat. wird einer Tuberkulininiektionskur unterzogen, die auch naeb der Spitalsentlassnng ambulatoriseb fortgesetzt wird. Die auf die Injektionen f lgenden Fiebmreaktionen erreiehen im Anfang 39"2,

~naehen dann aber subfebrilen Steigerungen Platz. Lokal wird Leber- tranzinkpaste, dann Sehwefelzinkpaste angewendet. Die I,ymphome werden mit R6ntgen bestrahlt. Bei tier Entlassung zeigen die Hfinde einen nor-

Arch. L D e r m a t u, Syph. Bd CXXVII. 2~

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354 B a u e r - g o k l .

malen Befund, auch die frfiher bestandenen Schraerzen sind gesehwunden.

Pat. ist auch im fibrigen bedeutend gebessert. 19./IV. 1916.

Es handelt sich also um eine Patientin mit zweifellos tuberkulSsen Halslymphomen, die auf subkutane Tuberkulin- darreichung (auch kleiner Dosen) mit hohem Fieber reagierte und anscheinend durch die Tuberkulinkur bedeutend ge- bessert wurde. Parallel mit der Besserung des Allgemein- befindens geht diejenige der Iiauterscheinungen. Es sei hin- zugeftigt, dag die Patientin sich 11/4 Jahre nach der Ent- lassung wieder vorstellte mit der Angabe, in letzter Zeit stark abgemagert zu sein und wieder Flecke an den Handen zu haben. Tatsachlich fanden sich blaulichrote Flecke an den Fingern, wie sic seinerzeit bestanden haben, auch bestand eine frische Apizitis.

Einen nahezu analogen Fall stellt folgende Patientin dar :

E.I., 17 J., led. Kontoristin. Leidet seit frfiher Kindheit an Drfisen- schwellungen, viele Kurcn in versehiedenen Jodb~dern (Hall etc.). Vor lt/2 Jahren Apizitis. Ira Juni 1917, wiihrend der letzten Kur in Hall, Auftreten toter Flecken im Gesieht und an den Handen, die in 2--3 -~r die jetzige Ausdehnung erlangten. Kein Fieber oder sonstige Beschwerden. Pat. leidet im Winter an erfrorenen Handen, sonst gesund.

Vater leidet an Drfisensehwellungen, Mutter und sonstige Familie gesund.

S t a t u s p r a e s e n s , fig./IX. 1917. In der Mitte der Stirne vier ca.

hellerstfiekgroile, seheibenfSrmige, hellrote Effloreszenzen, die yon weil3- lichen, ziemlich festhaftenden Sehuppen bedeckt sind and deren zen- trum leieht eingesunken und atrophiseh ist. Der ganze Nasenrfieken ist yon einem derartigen Herd eingenommen, der-sich seitlieh schmetter- lingsfliigelartig gegen die Wangen erstreekt und bis zwei Querfinger hineinreieht. Die Rander des Herdes sind entzfindlieh rot, wi~hrend die Mitte emen mehr bli~uliehen Farbenton zeigt. Ein aus mehreren zwei- hellerstfiekgroSen Effloreszenzen bestehender Herd in der Mitte der linken Wange; veremzelte Herde links priiaurikul{tr, rechts in der Joeh- beingegend und in der Mitte der Oberlippe. Beide Ohrmuscheln sowie die Retroaurikulargegend bis an die Haargrenze yon Herden der oben beschriebenen Art eingenommen. Erbsengrol3e frische Herde am Sternum.

Die Streckseiten beider Unterarme zeigen steeknadelkopf- bis erbsengrol~e, unregelmal~ig begrenzte, hellrote Effloreszenzen, die leicht fiber das Hautniveau erhaben sind und im Zentrum weil~e, festhaftende Schiippehen aufweisen. Der linke Ellbogen zeigt zwei grSilere Herde mit hellrosa Farbenton.

Die Endglieder samtlieher Finger zeigen die Erseheinungen einer leichten Congelatio. An der Streekseite des rechten kleinen Fingers ein

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Zur Atiologie des gem Lupus erythematodes. 355 entzfindlicher roter Herd; vereinzelte derartige Herde auch am 3, 4. und 5. Finger der rechten Hand sowie in der Vola manus.

Leichte submaxillare Drfisenschwellung namentlieh links~ desglel- chen retroaurikular und supraklavikular.

Beide Lungenspitzen zeigen leichte D~impfung, ebenso die rechte Basis; daselbst vereinzelte kleinblasige Rasselger~iusche. Sonstiger in- terner Befund negativ.

Starke P i r q u e t r e a k t i o n . Unter Behandlung mit Alcohol absQ- lutus und Lebertranzinkpasta bessert sieh der Proze• stetig. Auf proba- torische Tuberkulininjektionen subfebrile Temperaturen, sonst ist Pat.

dauernd afehril und wird nahezu geheilt entlassen. (12./X. 1917.)

Es handelt sich also um ein 17j~ihriges, vom r a t e r aus tuberkulSs belastetes M~dchen, das seit ihrer Kindheit an Drfisenschwellungen leidet und vor k u r z e m eine Apizitis durchgemacht hat. Wfihrend der letzten ihrer wiederholten K u r e n im J o d b a d Hall trat die sich raseh entwiekelnde H a u t e r k r a n k u n g auf, die sich w~hrend der Spitalsbehand- lung rasch bessert.

Eine jetzt an der Klinik stehende Patientin, deren Be- handlung noch nicht abgeschlossen ist, sei hier noch kurz erwahnt. Es handelt sieh um ein 32jhhriges Madchen mit einer beiderseitigen frischen Apizitis, die wahrend einer T u b e r k u l i n k u r an einem disseminierten Lupus e r y t h e m a t o d e s erkrankte.

M. H., 32 J., Beamtin. hn Januar 1918 hatte Pat. einen Bronchial- katarrh, yon dem sis sich nicht erholte. Im Februar diagnostizierte Dozent Wilhelm N e u m a n n (II. recd. Klinik) eine beiderseitige Apizitis und verordnete intern Guajakol mit Tuberkulin. Naeh einem Monat (ira M~rz) Beginu einer Tuberkulininjektionskur. Im M~rz Auftreten eines roten Fleckes im Naeken, im u der n~chsten 14 Tage zahlreicher anderer an der Stirne, dem Ohr, der Wange und am Oberarm.

S t a t u s p r a e s e n s : Mittelgro~e, grazil gebaute Patientin in schlechtem Ern~hrungszustande. Capillitium auger einem den sparer be- schriebenen Effloreszenzen analogen ca. linsengroBen Fleck frei; dieser befindet sich einen Querfinger einw~rts yon der Stirnhaargrenze in der Fortsetzung des linken ~uBeren Augenwinkels. Die anderen Herde sind s~mtlich hellrot entziindliche Flecke yon Linsen- bis Zweihellerstfiek- grS~e, rundlieh~ zumeist yon zarten erweiterten G e f ~ e n durchzogen und im Zentrum leicht deprimiert und atrophisch. Sttrkere Sehuppen- bildung besteht nieht, nur hinter dem 0hr finden sieh weil~liehe Schfipp- chen. Die Herde - - dreizehn an Zahl - - befinden sieh zumeist im Ge- siehte, sp~rlieher im Naeken und am Riicken. Befund der internen Klinik: Beiderseitige aktive kleinherdige und zentralherdlge Spitzen- tuberkulose.

23*

(15)

356 Bauer-Jokl.

Wenn wir unsere Falle sowie die daran gekniipften Er6rterungen nochmals zusammenfassend fiberblickeu, so k6nnen wir uns zunachst der Anschauung J a d a s s o h n s vollkommen anschlieBen, dab die verschiedenen Formen des Lupus erythematodes die chronis('he diskoide, die disseminierte und die akute einen im Wesen gleich- artigen und einheitlichen Prozef~ darstellen und da~

fliel3ende Ubergange v o n d e r einen zur anderen Verlaut~art' existieren. DaB bei allen diesen Formen des Lupus ery- thematodes ein infekti6ser ProzeB vorliegt, kann nattirlich einem Zweifel nicht unterliegen. Hingegen hat es sich ge- zeigt, dab nicht ein bestimmter bakterieller Erreger, son- dern eine Reihe jeweils verschiedener Mikroorg~mismen atiologisch in Betracht kommen. Der 8chluB, der sich aus der Tatsache, dab Strepto-, Stapbylo- und Pneumokokken, Influenza- und Tuberkelbazillen als mikrobieller E~ktor ein und dasselbe Krankheitsbild hervorzurufen verm6gen~

mit zwingender Notwendigkeit ergibt, ist, dab nicht die Art des Virus die obligate Krankheitsbedingung darstellt, sondern die Eigentfimlichkeit und besondere Reaktionsart des erkrankten Hautorgans. Analoga ffir die glei(.hartigen Wirkungen verschiedener Erreger, z. B. des Tuberkelba- zillus und anderer Mikroorganismen, finden wir in ,ier Pathologie der chronischen Polyarthritis, des S t i l l - C h a u f f a r d schen Syndroms (chronisch def0rmierende Po- lyarthritis, multiple Lymphdriisen- und

Milzschwellung),

der Lymphogranulomatose, der multiplen Serositis sowie des Erythema induratum.

Auch bei diesen Erkrankungen sind in einer groBen Reihe von Fallen sicherlich Tuberkelbazillen im Spiele, wahrend sie sich in anderen mit ebensolcher Bestimmtheit ausschlieBen lassen. Auch hier wurden bald diese uud bald jene Kokken und Bazillen nachgewiesen und als Erreger der betreffenden Erkrankung proklamiert und auch hier ist (vgl J. B a u e r ) die besondere Krankheitsbereitschaft und Anfalligkeit der betreffenden, einen locus minoris re- sistentiae darstellenden Gewebe als obligate Krankheits- bedingung anzusehem. Worin die Minderwertigkeit des

(16)

Zur Atiologle des gen. Lupus erythematodes. 357 H a u t o r g a n s , welches zur E r k r a n k u n g an L u p u s erythema- redes disponiert, zu erbiicken ist, liiBt sich heute w e d e r in morphologischem, noch in chemischem Sinne beant- worten. W o h l aber reiht sic sich an eine Anzahl under- weitiger Manifestationen degenerativer Konstitution. Als solche ware beispielsweise die hi~ufige Genitalhypolasie und Steriliti~t anzusehen; hieher geh6rt~ wohl auch der yon M. B i a c h erhobene Befund e i n e r weitgehenden Pigment- atrophic der Spinalganglienzellen bei einer 22jahr. Kranken mit akutem L u p u s erythematodes, ein Befund, wie er nor- malerweise n u t bei senilen Individuen anzutreffen ist, und hier offenkundig als ein morphologischer Senilismus des N e r v e n s y s t e m s (vgl. M. B a u e r - J o k l ) und degeneratives Stigma zu gelten hat. Wie die W e c h s e l w i r k u n g zwischen disponierter H a u t und E r r e g e r sich im gegebenen Falle gestaltet, l~tgt sich t'reilich zur Zeit s c h w e r beurteilen. Es ware ja denkbar, dug die bakterielie Infektion, die a p r i o r i bereits disponier~e Haut derart in ihrer Reaktionsf~thigkeit verfindert, dab dann unter M i t w i r k u n g der Liehtstrahlen (vgl. G r o g und V o l k ) die Dermatose zur E n t w i e k l a n g gelangt.

Die generalisierten Formen setzen jedenfalls eine be- sondere Virulenz der E r r e g e r oder aber eine besondere tterabsetzung der Widerstandsffihigkeit des }tautorgans voraus. Letzteres w~tre z. B. in jenen F~llen yon dissemi- niertem oder akutem Lupus e r y t h e m a t o d e s anzunehmen, in weh.hem im Ansehlug an eine Insolation die Generali- sation eines diskoiden Lupus e r y t h e m a t o d e s erfolgte. An eine Generalisation des Virus kOnnte gedaeht w e r d e n einerseits im Hinblick auf die Versuehe yon G r o g und u o 1 k, welehe dutch intrakutane Verimpfung v e r s e h i e- d e n e r Bakterien die betreffenden H a u t p a r t i e n gegen ultra- violette Strahlen iiberempfindlieh maehten und aueh eine Analogie zu dem mensehliehen Lupus erythematodes in Erw~tgung zogen, andererseits mit Riieksieht auf die Be- funde yon H i d a k a , A r n d t und S p i e t h o f f , die in den Einzeleffloreszenzen des chronischen und akuten L u p u s erythematodes Taberkelbazillen ira Schnitt naehwiesen, so-

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3 5 8 B a u e r - J o k l . Z u r Atiologie des gem Lupus erythematodes.

wie auf die positiven Impfergebnisse yon G o u g e r o t , E h r m a n n und R e i n e s , B l o c h und F u c h s .

SchlieBlich gewinnt man aus der Durchsicht der in der Literatur niedergelegten Beobachtungen sowiJe auf Grund unserer persSnliche~ Erfahrungen den Eindruck, da{~ die disseminierte Form der Generalisation besonders nahe Be- ziehungen zur Tuberkulose aufweist, w~hrend der schwere akute Typus der Aussaat viel 0fter unter dem Einflu2 an- derer Mikroorganismen sich entwickelt. Auch daf/ir haben wir Analogien. Auch bei Erkrankungen anderer Organe, die durch K o c h s c h e wie durch sonstige Bakterien her- vorgerufen werden, sehen wir in der Regel die tuberku- 15se Form einen weniger foudroyanten und bedrohlichen u nehmen, zumal es sich in solchen Fallen um miti-

~ierte, wenig virulente Tuberkelbazillen zu handeln pflegt.

L i t e r a t u r .

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~ b e r einen positiven S p i n a l g a n g l i e n - u n d R i i c k e n m a r k s b e f u n d bei e i n e m F a l l yon Lupus e r y t h e m a t o d e s m i t a k u t e m Nachschub. Arch. f. D e r m a t . Bd. IC. - - B l o c h u n d F u e h s . Lupus e r y t h e m a t o d e s a n d Tuberkulose.

Arch, f. D e r m a t . 1918. Bd. CXVI. - - D a w s o n , G. W. E i n F a l l yon a k u t e m Lupus e r y t h e m a t o d e s Lancet. 1907. Ref. Dermat. W o c h e n s c h r . 1908. - - E h r m a n n u n d R e l i e s . Lupus e r y t h e m a t o d e s u n d die T u b e r - kulide. Arch. f. Dermat. Bd. XCIV. - - GroI~ u n d V o l k . B e i t r a g z u r P a t h o g e n e s e d e r Tuberkulide. Arch. f. Dermat. Bd. CXX. 1914. - - H i - d a k a . LTber den Naehweis yon T u b e r k e l b a z i l l e n u n d M u c h s e h e r Gra- nula bei Lupus valg., Lupus eryth, usw. Arch. i. D e r m a t . Bd. CVI. 1911:

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