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Freihandelsabkommen: Onlinehandel gewinnt an Bedeutung | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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FREIHANDELSABKOMMEN

Die Volkswirtschaft   10 / 2021 39

Freihandelsabkommen: Onlinehandel gewinnt an Bedeutung

Der elektronische Handel überwindet Landesgrenzen in Sekundenschnelle. In Freihandels­

abkommen spielen daher der Datenschutz und ein offenes Internet eine immer wichtigere Rolle.  Philippe Rocheray

I

n der Schweiz hat sich der grenzüber- schreitende Onlinehandel in den vergan- genen fünf Jahren verdoppelt (siehe Abbil- dung). Technisch gesehen werden die Abläu- fe im E-Commerce immer komplexer: Wer ein Produkt im Internet kauft, nimmt zahlreiche vorgelagerte Dienstleistungen in Anspruch.

Algorithmen machen Kaufempfehlungen, di- gitale Assistenten beantworten Fragen, und bezahlen kann man beispielsweise per Kredit-

Abstract    Bilaterale Freihandelsabkommen enthalten inzwischen standardmässig Bestimmungen zum elektronischen Handel. Aus Schweizer Sicht finden sich ent- sprechende Regeln etwa in den Abkommen mit Japan oder den Golfstaaten. Um dem elektronischen Handel noch mehr Gewicht zu geben, arbeitet die Schweiz derzeit mit der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) an einem Modelltext. Dieser soll künftigen Freihandelsabkommen als Basis dienen. Auch im Rahmen der WTO sind zurzeit Verhandlungen auf plurilateraler Ebene bezüglich Regeln zum elektronischen Handel im Gang.

karte, Banküberweisung oder in Form von Kryptowährungen.

An dieser «digitalen Realität» kommen auch zwischenstaatliche Handelsabkommen nicht mehr vorbei: Neuere Abkommen ent- halten deshalb beinahe ausnahmslos Bestim- mungen zu E-Commerce, oft auch als «Digi- tal Trade» bezeichnet. Damit wollen die Ver- tragspartner die Rechtssicherheit für den grenzüberschreitenden digitalen Handel

erhöhen und einen verlässlichen Rechtsrah- men für die Wirtschaftsakteure im Bereich des E-Commerce etablieren.

Weltweit sind vor allem zwei Tendenzen festzustellen: Einerseits werden die Regeln zu E-Commerce in umfassende Freihandelsab- kommen integriert, andererseits werden ver- mehrt eigenständige «Digital Trade Agree- ments» – wie beispielsweise im vergangenen Jahr zwischen den USA und Japan (U.S.-Japan Digital Trade Agreement) – abgeschlossen.

Die Schweiz hat bisher mit Japan, dem Golfkooperationsrat1, Costa Rica, Guate- mala, Kolumbien, Panama, Peru und der Türkei Regeln zum elektronischen Handel

1 Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain, Saudi-Arabien, Oman, Katar und Kuwait.

Flugzeug des Paketdienstes DHL am Euro Airport in Basel.

KEYSTONE

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FREIHANDELSABKOMMEN

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ausgehandelt. Allerdings sind diese Bestim- mungen wenig umfassend. Die meisten die- ser Abkommen schloss die Schweiz im Rah- men der Europäische Freihandelsassoziation (Efta) ab. Zur Efta zählen nebst der Schweiz auch Island, Liechtenstein und Norwegen.

Mit ihren wichtigsten Handelspartnern – der EU, den USA, China und dem Vereinigten Kö- nigreich – hat die Schweiz bisher noch kei- ne Regelungen für den elektronischen Han- del vereinbart.

Die multilateralen Handelsabkommen der Welthandelsorganisation (WTO) stam- men aus den Anfängen der digitalen Trans- formation – entsprechend sind die Regeln lückenhaft. Beispielsweise bezieht sich das Abkommen über den Handel mit Dienstleis- tungen (Gats) aus dem Jahr 1994 zwar auch auf elektronisch erbrachte Dienstleistun- gen, allerdings sind die Regeln wenig spezi- fisch für den elektronischen Handel, und di- verse Aspekte fehlen.

Modelltext für die Schweiz

Seit 2019 verhandeln rund 80 Staaten im Rah- men der WTO auf plurilateraler Ebene über neue völkerrechtliche Regeln zu E-Com- merce, darunter auch die Schweiz. Ein Ab- schluss der Verhandlungen ist aber noch nicht in Sicht.

Philippe Rocheray

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Ressort Dienstleistungshandel und ­politik, Staats­

sekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern Um für die digitale Zukunft gerüstet zu

sein, entwickeln die Efta-Staaten derzeit einen umfassenden E-Commerce-Modell- text. Die Schweiz ist in dieser Arbeitsgruppe durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) vertreten, welches die Arbeiten mit anderen Bundesstellen koordiniert. Die Vor- lage soll bei künftigen Verhandlungen oder bei Aktualisierungen von bestehenden Frei- handelsabkommen zum Einsatz kommen.

Sie orientiert sich an existierenden Handels- abkommen und den laufenden plurilateralen Verhandlungen.

In erster Linie will der Modelltext mit griffigen Regeln zu erhöhter Rechtssicher- heit beitragen und Handelshürden ab- bauen. So schreibt der Entwurf beispiels- weise vor, das Internet müsse allen Nutzern offenstehen (Netzneutralität). Ein solcher offener und diskriminierungsfreier Inter- netzugang ist eine Grundvoraussetzung für E-Commerce.

Weiter verpflichten sich die Vertrags- partner, den freien, grenzüberschreitenden Datenfluss zu gewährleisten. Dies bedeu- tet, dass Daten im Zusammenhang mit elek- tronisch abgewickelten Geschäften elektro- nisch ausgetauscht werden dürfen. Erhöh- te Vorsicht ist bei Personendaten geboten:

Hier wird von den Parteien ein «angemesse- nes Schutzniveau» verlangt. Zudem soll keine

Partei das Recht haben, den geografischen Speicherort für Daten vorzuschreiben. Aus- nahmen sind möglich, denn auch in der Schweiz müssen gewisse sensible Daten im Inland gespeichert werden.

Quellcodes schützen

Der Modelltext enthält auch Regelungen zu elektronischen Verträgen im Geschäftsver- kehr. Davon ausgeschlossen sind aber Do- kumente, die nach der Rechtsordnung des betreffenden Staates zwingend schriftlich erfolgen müssen, wie beispielsweise in der Schweiz der Erwerb von Wohneigentum.

Schliesslich schützt der Modelltext auch Quellcodes: Grundsätzlich darf niemand ge- zwungen werden, Quellcodes oder Algorith- men offenzulegen. Ausnahmen von dieser Regel sind aber erlaubt – etwa im Wettbe- werbsrecht, beim geistigen Eigentum oder im öffentlichen Beschaffungswesen.

Abschliessend lässt sich sagen: Zwischen- staatliche Regeln zum elektronischen Handel tragen dazu bei, den grenzüberschreitenden Onlinehandel weiter zu fördern. Mit dem E- Commerce-Modelltext ist die Schweiz bes- tens für die digitale Zukunft gerüstet, denn damit verfügt sie über ausreichend Flexibili- tät, um allein oder im Verbund mit den Efta- Staaten auch eigenständige «Digital Trade Agreements» abschliessen zu können. Das Vereinigte Königreich oder die USA könnten dereinst vielversprechende Partner werden, mit denen die Schweiz umfassende Regeln zu E-Commerce vereinbaren könnte.

Grenzüberschreitende Onlineeinkäufe in der Schweiz (Privatkonsum, 2014–2020)

0,00

2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

0,25 0,50 0,75 1,00 1,25 1,50 1,75 2,00 2,25 in Mrd. Fr.

HANDELSVERBAND.SWISS / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

0,9

1,1

1,3

1,6

1,9 2 2,1

Referenzen

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