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Archiv "Ohrfeige" (24.11.2000)

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ie Bestimmungen des Heilmittel- werbegesetzes sind in den letz- ten Jahren gelockert worden. Im Fernsehen und Rundfunk darf für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Angabe von Nebenwirkungen und Gegenanzeigen geworben werden. Seit Mitte der Neunzigerjahre reicht es, nach der Werbung den Standardsatz „Zu Ri- siken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ einzublenden und vorzulesen. Diese Regelung gilt seit Mitte 1998 auch für die Printmedien.

„Leser von Zeitungen und Zeit- schriften oder von Werbeplakaten ha- ben damit nicht mehr die Möglichkeit, sich ausführlich mit den Risiken und Nebenwirkungen der beworbenen Me- dikamente auseinander zu setzen“, stellt Udo Puteanus vom Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen, Münster, fest. Der Apotheker fordert deshalb,

„dass neben dem derzeit verwendeten Standardsatz bei Anzeigen auch wieder ein Text erscheint, der auf die Risiken und Nebenwirkungen der beworbenen Arzneimittel hinweist“. Puteanus be- ruft sich mit seiner Forderung auf die Ergebnisse einer repräsentativen Tele- fonbefragung, bei der das Landesinsti- tut 1 187 Personen über 18 Jahre in Nordrhein-Westfalen zum Thema Arz- neimittelwerbung befragt hat.

Jüngere Generation eher für Werbung zu gewinnen

Danach sind 24,2 Prozent der Befragten gelegentlich an Werbeanzeigen für Arz- neimittel interessiert. Das bedeute, dass ein nicht zu vernachlässigender Teil der Bevölkerung die Werbung bewusst wahrnehme. Auf die Frage, ob Wer-

bung für Arzneimittel eher abgelehnt oder eher befürwortet wird, antworteten 60,7 Prozent eher ablehnend und 27,1 Prozent eher befürwortend. Dabei steht die jüngere Generation Werbung aufge- schlossener gegenüber. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen befürworten 38,5 Prozent Werbung.

Zudem hat die Befragung ergeben, dass Werbung auch den Kauf von Arz- neimitteln zur Selbstmedikation beein- flusst. 22,8 Prozent der Befragten gaben an, schon einmal aufgrund einer Wer- bung ein Arzneimittel gekauft zu ha- ben. Damit werde insbesondere auch die immer wieder vonseiten der Her- stellerverbände geäußerte Überzeugung widerlegt, durch Werbung lasse sich der Arzneimittelkonsum nicht erhöhen.

Überraschend ist aber, dass sich 90 Prozent der Befragten zusätzliche Risikoangaben, zumindest bei Arznei- mitteln mit wichtigen Nebenwirkungen und Gegenanzeigen, wünschen, so Pu- teanus. Der Standardsatz („Zu Risiken und Nebenwirkungen . . .“) allein konn- te dabei nur einen Teil der Befragten zu einer zusätzlichen Inanspruchnahme von Beratungsleistungen animieren.

Weil allerdings auch 37,7 Prozent der Befragten angaben, durch den Stan- dardsatz zur Nachfrage bei den Fachleu- ten animiert worden zu sein, erscheint sein Einsatz durchaus gerechtfertigt.

Damit der Patient weitere unabhängi- ge Informationen erhalten kann, sei ins- besondere die Gestaltung der Pflicht- texte wichtig. „In der Vergangenheit wa- ren die Pflichttexte häufig so winzig, dass sie nicht zu lesen waren“, kritisiert Putea- nus; er fordert klare Richtlinien für die Gestaltung, um deren informativen Cha- rakter zu gewährleisten. Die Forderung der Ärzteschaft, Laienwerbung für Arz- neimittel zu verbieten, hält Puteanus je- doch für übertrieben. Dr. med. Jan Andresen

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 47½½½½24. November 2000 AA3145

Laien-Werbung für Arzneimittel

Risiken mit angeben

Eine Befragung in Nordrhein-Westfalen zeigt:

Der Verbraucher wünscht mehr Informationen zu Nebenwirkungen und Risiken.

K O MMENTAR

D

er Arzneimittelumsatz aus kassen- ärztlichen Verordnungen stieg 1999 um 2,9 Prozent auf 36,8 Milliarden DM. Die Vertragsärzte stellten deutlich weniger Rezepte aus, der Ausgabenan- stieg ist ausschließlich auf Mehrkosten für neue teure Spezialpräparate zurück- zuführen. Dies geht aus dem „Arznei- verordnungs-Report 2000“ hervor (DÄ, Heft 46/2000). Der Ausgabenzuwachs fiel nur etwa halb so hoch aus wie 1998 (+ 4,8 Prozent) und liegt auch weit unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jah- re. Ein Kraftakt unter widrigen Rah- menbedingungen: Mehrwertsteuererhö- hung, auf Eis liegendes Festbetrags- verfahren, blockierte Veröffentlichung neuer Arzneimittelrichtlinien.

Den Ärzten gebührt eigentlich ein dickes Lob, stattdessen setzt es aber ei- ne schallende Ohrfeige: Die Autoren des Arzneiverordnungs-Reports be- rechnen nämlich immer noch Einspar-

potenziale in Höhe von 8,2 Milliarden DM (!). Diese sollen durch Umstellung auf Generika, das Nichtmehrverschrei- ben umstrittener Arzneimittel und den Verzicht auf Analogpräparate erzielt werden. Eine Farce!

Im Umstellen vom Original auf das preiswertere Generikum sind deutsche Ärzte bereits Weltspitze. Dass die deutschen Preise für Generika deutlich höher sind als in den USA und vielen europäischen Ländern, ist von der Ärzteschaft nicht zu verantworten.

Noch nie so niedrig wie im Jahr 1999 war der Anteil der Medikamente mit umstrittener Wirkung am deutschen Markt: Hatten solche Präparate vor ei- nigen Jahren noch einen Marktanteil von 26 Prozent, waren es im Vorjahr nur noch elf Prozent. Es ist zudem be- kannt, dass es den Herstellern jener Medikamente immer mehr gelingt, evi- denzbasierte Belege für ihre Wirksam- keit zu erbringen, was die bisherige Zuordnung zu den umstrittenen Arz- neimitteln infrage stellt. Nur virtueller Natur sind die angeblich milliarden- schweren Einsparreserven bei den Analogpräparaten. Schließlich hindert das Wettbewerbsrecht Krankenkassen und KVen daran, den Ärzten medika- mentenbezogene eindeutige Therapie- hinweise geben zu dürfen. Jens Flintrop

Ohrfeige

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