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Archiv "Arzneimittelgesetz: Zu Risiken der Nebenwirkungen" (08.02.2013)

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A 206 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 6

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8. Februar 2013

M

it der Verabschiedung des

„Zweiten Gesetzes zur Än- derung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ (2. AMG- ÄndG) hat der Gesetzgeber europa- rechtliche Vorgaben zur Pharmako- vigilanz (Richtlinie 2010/84/EU, Verordnung 726/2004/EU) umge- setzt. Ebenfalls berücksichtigt wur- de die Richtlinie 2011/62/EU, mit der das Eindringen gefälschter Arz- neimittel in die legale Lieferkette verhindert werden soll. Diese euro- päischen Vorgaben sind Bestandteil des bereits 2008 verabschiedeten

„Pharma-Pakets“ der Europäischen Union (EU). Ziel dieses Pakets war es zudem, den Patienten Informa- tionen über verschreibungspflichti- ge Medikamente leichter zugäng- lich zu machen.

Verbunden mit der Umsetzung der Pharmakovigilanzrichtlinie wur- de der Begriff „Nebenwirkungen“

neu definiert als schädliche und un- beabsichtigte Reaktionen auf ein Arzneimittel. Durch die Streichung des bisherigen Zusatzes einer Reak- tion „bei bestimmungsgemäßem Gebrauch“ zählen nun auch solche Reaktionen als Nebenwirkungen, die beispielsweise auf Überdosie- rung, Fehlgebrauch, Missbrauch oder andere Medikationsfehler zu- rückzuführen sind.

Künftig enthalten alle Fachinfor- mationstexte eine Aufforderung an die Angehörigen der Gesundheits- berufe, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an die zuständigen Bundesoberbehörden, das Bundes- institut für Arzneimittel und Medi-

zinprodukte (BfArM) beziehungs- weise das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), zu melden. Da die Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzte- schaft (AkdÄ) alle ihr zugehenden Meldungen an die Bundesoberbe- hörden weitergibt, ergeben sich für Ärzte keine Änderungen gegenüber der bisherigen Meldeverpflichtung der (Muster-)Berufsordnung.

Durch die Neudefinition der Nebenwirkungen sind auch die Spontanmeldungen mittelbar von der Änderung des Arzneimittelge- setzes betroffen. Die für die Über- wachung von Arzneimitteln we-

sentlichen Spontanmeldungen er- möglichen Erkenntnisse über Ne- benwirkungen von Arzneimitteln (unerwünschte Arzneimittelwirkun- gen, UAW) im klinischen Alltag, die in klinischen Prüfungen häufig nicht erfasst werden. Zudem kön- nen mit ihrer Hilfe Informationen zur Anwendung außerhalb der zu- gelassenen Indikationen (off-label use) gewonnen und Wechselwir- kungen mit anderen Arzneimitteln oder Nahrungsmitteln erkannt wer- den. Das Spontanmeldesystem ist vor allem dafür geeignet, erste Hin- weise zu bislang unbekannten Ne- ARZNEIMITTELGESETZ

Zu Risiken

der Nebenwirkungen

Die Ende 2012 erfolgte Neufassung des Arzneimittel gesetzes soll vor allem die Arzneimittelsicherheit in Deutschland erhöhen.

Was Ärzte nun wissen müssen, fasst die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft zusammen.

Foto: picture alliance

Für das Spontanmeldesystem sind von besonde- rem Interesse:

alle schwerwiegenden unerwünschen Arznei- mittelwirkungen (UAW, die tödlich oder lebens - bedrohlich verlaufen, eine stationäre Behand- lung erforderlich machen oder verlängern, zu Dauerschäden, Behinderung oder Invalidität führen oder in kongenitalen Anomalien oder Geburtsschäden resultieren)

UAW von neu eingeführten Wirkstoffen (bis zu fünf Jahre nach der Zulassung)

bisher unbekannte UAW (die nicht in der Fach- information aufgeführt sind)

alle UAW bei Kindern

UAW bei Anwendungen im off-label use

UAW, die nach längerer Anwendung oder mit zeitlicher Verzögerung nach Absetzen eines Medikaments auftreten (Spätfolgen)

die beobachtete Häufung einer bestimmten UAW (zum Beispiel allergische Sofortreaktionen)

UAW, die auf Medikationsfehler zurückzufüh- ren sind.

Verdachtsfälle von Nebenwirkungen können zum Beispiel über ein elektronisches Formular auf der Homepage der AkdÄ gemeldet werden unter:

www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/UAW-Mel dung.

SPONTANMELDUNGEN

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8. Februar 2013 A 207 benwirkungen neuer Arzneimittel

zu erhalten. Es erlaubt jedoch auch die kontinuierliche Überwachung von Wirkstoffen, die seit langem eingesetzt werden.

In Zukunft können auch Patien- ten und Verbraucher Nebenwirkun- gen direkt an das BfArM und das PEI melden. In der AMG-Novelle ist festgelegt, dass in die Packungs- beilage ein Standardtext aufzuneh- men ist, „durch den die Patienten ausdrücklich aufgefordert werden, jeden Verdachtsfall einer Neben- wirkung ihren Ärzten, Apothekern, Angehörigen von Gesundheitsberu- fen oder unmittelbar der zuständi- gen Bundesoberbehörde zu melden, wobei die Meldung in jeder Form, insbesondere auch elektronisch, erfolgen kann“. Hierfür haben BfArM und PEI im Oktober 2012 ein neues Internetangebot gestartet, mit dem Patienten und Verbrau- cher Verdachtsfälle von Nebenwir - kungen direkt melden können (https://verbraucher-uaw.pei.de). Die- ses Vorgehen wird durch die AkdÄ ausdrücklich unterstützt, weil so zusätzliche Erkenntnisse über die Sicherheit von Arzneimitteln ge- wonnen werden können. Jedoch sollte auch in Zukunft der Arzt ers- ter Ansprechpartner für Patienten sein, wenn es um unerwünschte Arzneimittelwirkungen geht.

Arzneimittel, die einer zusätz - lichen Risikoüberwachung unter - liegen, werden künftig mit einem schwarzen Symbol in der Fachin- formation und der Packungsbeilage besonders gekennzeichnet. Hiervon betroffen sind bestimmte neue Arz- neimittel, Biopharmazeutika sowie Arzneimittel mit besonderen Auf - lagen, die nach Konsultation des neu eingerichteten Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der Europäischen Arzneimittelbe- hörde (EMA) festgelegt werden.

Eine solche Kennzeichnung wird in Großbritannien bereits seit vielen Jahren verwendet und von der AkdÄ befürwortet. Durch die er- höhte Aufmerksamkeit können Arzneimittelrisiken möglicherwei- se schneller erkannt und Maßnah- men zur Risikominimierung früh- zeitig eingeleitet werden.

Im Sinne der Arzneimittelsicher- heit wurde mit der AMG-Novelle zudem die Auflagenbefugnis der Behörden erweitert: So können von den Pharmafirmen zusätzliche Unbedenklichkeits- und Wirksam- keitsprüfungen sowohl bei als auch nach der Zulassung angefordert werden. Die AkdÄ kritisiert jedoch, dass der Gesetzgeber keine konkre- ten Anforderungen an die Wirksam- keitsstudien gestellt habe, und hofft, dass ein von der EU aktuell eingeleitetes Konsultationsverfah- ren zu konkreten Vorgaben führt.

Eine zunächst vorgesehene Auf- weichung des Werbeverbots für verschreibungspflichtige Arznei- mittel konnte verhindert werden – nicht zuletzt durch den massiven Widerstand zahlreicher Organisa- tionen, darunter die Bundesärzte- kammer und die AkdÄ. Auch weiter- hin dürfen sich die Hersteller daher mit Informationen über verschrei- bungspflichtige Arzneimittel nicht direkt an die Patienten wenden.

Zu begrüßen ist das geplante ver- besserte Informationsangebot zu Arzneimitteln für die Öffentlich- keit durch die Bundesoberbehörden und die EMA: Die Bundesober - behörden werden über ein Internet- portal Informationen über die Zulas- sung, die aktuelle Packungs beilage und Fachinformation, den öffentli- chen Beurteilungsbericht so wie An- gaben zu Risikomanagement-Plänen bereitstellen. Von der EMA werden unter anderem die Agenda und die

„Meeting Highlights“ der PRAC- Sitzungen veröffentlicht. Die aktu- ellen Dokumente können auf der Homepage der EMA unter www.

ema.europa.eu, Rubrik „Healthcare Professionals“, abgerufen werden.

Die AkdÄ kritisiert, dass die ur- sprünglich vorgesehene Möglich- keit der Landesbehörden, Hersteller zur kontinuierlichen Bereitstellung bestimmter Arzneimittel zu ver- pflichten, wieder aus dem Gesetz gestrichen wurde. Begründet wurde die Streichung mit offenen Fragen, die aufgrund der Eilbedürftigkeit des Gesetzes nicht geklärt werden konnten. Vor dem Hintergrund der weltweit – und auch in Deutschland – deutlich zunehmenden Liefereng- pässe bei Arzneimitteln sind gesetz-

liche Maßnahmen jedoch unver- zichtbar.

Neu strukturiert wurde mit der AMG-Novelle der Sachverständi- genausschuss für Verschreibungs- pflicht im BfArM: Ihm gehören nun auch Sachverständige der Arz- neimittelkommissionen der Ärzte, Tierärzte und Apotheker an. Die Änderung der personellen Zusam- mensetzung des Ausschusses ist aus Sicht der Ärzteschaft geeignet, um

Entscheidungen künftig auf rein wissenschaftlicher Basis zu treffen und einer ökonomischen Beeinflus- sung entgegenzuwirken.

Änderungen im Betäubungsmit- telgesetz beziehen sich darüber hin - aus auf die Versorgung ambulan- ter Palliativpatienten mit Betäu- bungsmitteln in Krisensituationen:

Zur Deckung eines nicht aufschieb- baren Betäubungsmittelbedarfs darf der Arzt nunmehr Patienten unter bestimmten Voraussetzungen Be- täubungsmittel in Form von Fer - tigarzneimitteln überlassen. Eine Bedingung ist, dass der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht gedeckt werden kann.

Dr. med. Katrin Bräutigam

Durch eine Änderung des Heilmittelwerbegesetzes ist nun die Werbung für Arzneimittel mit Krankengeschich- ten erlaubt, wenn sie nicht in missbräuchlicher, absto- ßender oder irreführender Weise erfolgt. Auch erlaubt ist nun eine Werbung mit Gutachten.

Der im GKV-Versorgungsstrukturgesetz geprägte Grundsatz „Beratung vor Regress“ wird auf die Zeit vor dem 31. Dezember 2011 erweitert. Er gilt nun auch für Verfahren, die bis zu diesem Datum noch nicht abge- schlossen waren.

Der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apotheker- verband haben die Möglichkeit erhalten, den Austausch von Arzneimitteln gegen andere wirkstoffgleiche Arznei- mittel im Rahmen von Rabattverträgen auszuschließen.

Wenn der Zusatznutzen eines neuen Arzneimittels als nicht belegt galt, weil die vom Hersteller eingereichten Unterlagen unvollständig waren, können die Hersteller nun die nachgebesserten Unterlagen jederzeit und nicht mehr erst nach Ablauf einer Frist einreichen. fos

WEITERE REGELUNGEN

Unter Mitarbeit von: Prof. Dr. med. Ursula Gundert-Remy, Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, Dr. med. Thomas Stammschulte, Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

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