I 302/2008 JGK 8. April 2009 JGK C Interpellation
0675 von Allmen, Thun (SP-JUSO)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 24.11.2008
Missachtung von Baureglementen in Grindelwald Wie steht es mit der Lex Koller
Bekanntlich laufen zurzeit Untersuchungen in der Gemeinde Grindelwald, bezüglich der Nichtbeachtung der Vorgaben des Baureglementes zum Erstwohnungsanteilprozent (EWAP). Da mehrere Wohneinheiten an ausländische Personen mit Wohnsitz im Ausland verkauft wurden, stellt sich nun auch die Frage in wie weit da die Lex Koller eingehalten wurde. Man muss leider aufgrund von zahlreichen Indizien davon ausgehen, dass die Lex Koller in Grindelwald eben so larsch angewendet wurde wie das Baureglement bezüglich dem EWAP.
Daher erlaube ich dem Regierungsrat folgende Fragen zu stellen;
1. Hat der Regierungsrat Kenntnis von den Vorkommnissen in Grindelwald?
2. Inwiefern stellt der Kanton den korrekten Vollzug des EWAP und der Lex Koller fest?
3. Wird bezüglich der Lex Koller nur minimal untersucht oder flächendeckend in Grindelwald?
4. Wurden bezüglich der Lex Koller bereits Verstösse festgestellt?
5. Wenn JA, in wie vielen Fällen gibt es Verstösse?
6. Ist der Regierungsrat im Rahmen seiner Aufsichtspflicht tätig geworden?
7. Erfüllen die zuständigen Kantonalen Stellen, wie das Grundbuchamt und das Regierungsstatthalteramt Ihre diesbezügliche Aufsicht?
8. Ergeben sich aus allfälligen Missachtungen der Lex Koller auch politische Konsequenzen für den zuständigen Regierungsstatthalter, wie etwa Amtsenthebung?
9. Sind womöglich Strafverfahren zu erwarten gegen den zuständigen und verantwortlichen Regierungsstatthalter?
Antwort des Regierungsrates
Die Aufsicht über die Abwicklung und Einhaltung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG, SR 211.412.41), auch als Lex Koller bekannt, obliegt derselben Stelle, welche die Bewilligun- gen zum Grundstückserwerb in Sinne des BewG erteilt. Im Kanton Bern sind dies die Re- gierungsstatthalterämter (Art. 1 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland [EG BewG; BSG 215.126.1]).
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Dem Grundsatz nach müssen Personen im Ausland somit beim zuständigen Regierungs- statthalteramt um eine Bewilligung nachsuchen, wenn sie im Kanton Bern ein Grundstück erwerben wollen (Art. 2 BewG). Gegen diesen Entscheid können betroffene Personen, eine eigens bezeichnete kantonale Behörde sowie in gewissen Fällen die Gemeinde Be- schwerde beim Verwaltungsgericht führen (Art. 20 BewG, Art. 3 EG BewG). Im Kanton Bern wurde als beschwerdeberechtigte kantonale Behörde das beco Berner Wirtschaft bezeichnet (Art. 2 EG BewG und Art. 10 der Organisationsverordnung VOL vom 18 Oktober 1995 [BSG 152.221.111]). Verzichtet dieses auf eine Beschwerde oder zieht es eine solche zurück, geht das Recht zur Beschwerdeerhebung auf den Bund über (Art. 20 Abs. 2 lit. b BewG). Der Bund übt in diesem Bereich deswegen die Oberaufsicht aus, in- dem er alle Bewilligungsfälle, welche nicht schon der Kanton anfocht, im Sinn einer Schlusskontrolle überprüft und gegebenenfalls in eigenem Namen vor Gericht ziehen kann.
Die beiden im Kanton Bern zuständigen Behörden (beco und Regierungsstatthalterämter) setzen sich für einen korrekten Vollzug des BewG ein. Sie pflegen unter sich und mit dem Bundesamt für Justiz eine enge Zusammenarbeit. Ein Zeichen derselben ist die Anzahl der Beschwerden durch den Bund. Seit über zehn Jahren hat das Bundesamt keinen einzigen Entscheid aus dem Kanton Bern angefochten.
Seit dem Inkrafttreten der bilateralen Verträge der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) wurden die Fälle stark ausgedehnt, in denen für den Grundstückserwerb keine Bewil- ligung mehr nötig ist. In diesen Fällen erwerben die Personen aus der EU und auch der EFTA ihr Eigentum ohne Auflagen und Bedingungen und können es bei einem Wegzug aus der Schweiz rechtmässig behalten. Hauptwohnungen und betrieblich genutzte Grund- stücke können durch Personen aus allen Ländern bewilligungsfrei erworben werden. Ge- stützt auf das BewG sind zudem beispielsweise im Erbgang oder bei Miteigentum keine Bewilligungen nötig. In zahlreichen Fällen erwerben somit Personen im Ausland rechtmässig Grundeigentum in der Schweiz, ohne dass die oben erwähnten Stellen vom Erwerb Kenntnis haben, weshalb sie diesen auch nicht überprüfen konnten.
Aufgrund der neuen Rechtslage, die durch die bilateralen Verträge mit der EU entstand, sind die Fälle problematisch, in denen Personen zwar über den Ausweis B verfügen, aber ihren tatsächlichen Wohnsitz gemäss den Kriterien des ZGB nicht oder noch nicht in der Schweiz haben. Von dieser Problematik sind alle Gemeinden in der Schweiz betroffen, nicht nur Grindelwald.
Der Regierungsstatthalter hat bezüglich der Dossiers, die er vom Bundesamt für Justiz erhielt, die erforderlichen Abklärungen in enger Zusammenarbeit mit dem beco an die Hand genommen. Die Abklärungen sind noch nicht abgeschlossen. Es kann jedoch bereits heute festgestellt werden, dass die meisten Verdachtsfälle unbegründet sind, weil die entsprechenden Verfahren korrekt abgewickelt wurden. Die erforderliche Bewilligung wurde eingeholt, oder eine solche war nicht nötig. In rund 15 Fällen sind noch Abklärungen hängig. Aus keinem dieser Dossiers kann gemäss heutigem Stand ein Verdacht abgeleitet werden, der die Eröffnung eines förmlichen Verfahrens rechtfertigen würde.
Zusammenfassend stellt der Regierungsrat fest, dass aufgrund des heutigen Stands der Abklärungen noch kein Fall einer fehlerhaften Anwendung der Vorschriften bekannt ist.
Für ein Fehlverhalten, das aufsichtsrechtliche Folgen haben könnte oder eine Strafanzeige rechtfertigen würde, bestehen somit keine Anhaltspunkte.
An den Grossen Rat