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Archiv "Sozialwahlen wurden zum Gewerkschafts-Debakel" (13.06.1974)

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Sozialwahlen wurden

zum Gewerkschafts-Debakel

Die fast ausschließlich von Ange- stellten bestrittenen Sozialwahlen haben den Gewerkschaften Nieder- lagen bereitet, deren politische Auswirkungen noch unübersehbar sind. Weder der Deutsche Gewerk- schaftsbund (DGB) noch die Deut- sche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) kann angesichts der gerade- zu demonstrativen Absage, die ih- nen die Sozialversicherten per Post erteilten, länger im Namen der zwölf Millionen Angestellten argu- mentieren. Die Signalwirkung die- ser Wahlen muß schon deutlich werden bei den jetzt einsetzen- den parlamentarischen Beratungen über das Mitbestimmungsgesetz.

Denn — so dürfte sich insbesonde- re die FDP fragen — mit welchem Recht will der DGB die Angestell- ten und die Leitenden Angestellten dem Wahldiktat seiner Wahlmänner unterwerfen, wenn bei . den Wahlen zur Vertreterversammlung der An- gestelltenversicherung nur 16 Pro- zent der Angestellten diesem Deut- schen Gewerkschaftsbund ihr Ver- trauen geschenkt haben?

Geradezu einen Erdrutsch aber mußte die DAG registrieren, die in sämtlichen Vertreterversammlun- gen der Ersatzkassen ihre absolute und relative Mehrheit verloren hat.

Sie wird sich überlegen, wieweit die Kooperation mit dem DGB und die Gerüchte über eine Fusion, ins- besondere aber die programmati- sche Annäherung an den DGB, nicht mitentscheidend für den Wahlausgang gewesen sind. Man möchte sagen, daß die Angestell- ten fast blind, ohne zu wissen, wen sie wählen, ihr Kreuz hinter nicht- gewerkschaftliche Listen gemacht haben.

Entscheidend war dabei einmal die Möglichkeit der Briefwahl, die der Gesetzgeber eingeräumt hatte, um die Wahlbeteiligung (mit Erfolg) zu steigern, zum anderen war es das Auftreten von sogenannten Interes-

sengemeinschaften, die den Na- men der betreffenden Kasse im Ti- tel führen. So hat die Versicherten- gemeinschaft der Deutschen Ange- stellten-Krankenkasse (DAK) bei Redaktionsschluß für das vorlie- gende Heft nach Auszählung von 1,6 Millionen Stimmen 57 Prozent auf sich vereinigt, während die DAG von 57 Prozent auf 22 Prozent abgefallen ist. Der DGB rutschte von 18 Prozent auf 11 Prozent.

Bei der Barmer Ersatzkasse lag die Interessengemeinschaft der Mit- glieder der BEK bei Redaktions- schluß nach Auszählung von etwa einem Drittel der Stimmen bei 60 Prozent (vorher 27 Prozent) und ließ der DAG bescheidene 17,5 Prozent (nach 39 Prozent), dem DGB 11 Prozent (nach 19 Prozent)»

Bei der Kaufmännischen Kranken- kasse Halle gar buchte die Ge- meinschaft der Versicherten der KKH 83 Prozent der Stimmen, so daß alle anderen Listen unter „fer- ner liefen" rangieren. Bei der Han- seatischen Ersatzkasse von 1826 Merkur kam die DAG auf 17 Pro- zent (nach 27 Prozent) und der DGB auf 9 Prozent (nach 56 Pro- zent)! Bei dieser vergleichsweise kleinen Kasse hatte der DGB 1971 mit Hilfe des Bundesverfassungs- gerichts eine Wiederholungswahl erzwungen und auch durchgesetzt, daß Wählerlisten den Namen der Kasse verwenden dürfen. Es ist als Treppenwitz der Gewerkschaftsge- schichte zu bezeichnen, daß dieses bis dahin strittige Recht wie ein Bumerang DGB und DAG in den Rücken trifft. Die Listenverbindung, die der DGB hier mit der „Inter- essengemeinschaft Hanseatischer Mitglieder" eingegangen ist, si- chert ihm aber immerhin zehn Sit- ze, während sich die übrigen 13 Sitze verteilen auf DAG „Vereini- gung Merkur" (27 Prozent) und die Listenverbindung der christlichen Gewerkschaften (8 Prozent). Ge-

lingt es der DAG nicht, sich ihrer- seits mit der „Vereinigung Merkur"

zu arrangieren, dann dürfte den Vorsitz in dieser Kasse Gerd Muhr (DGB) übernehmen, womit der DGB einen Fuß in die Tür zum Vorstand des Verbandes der Ange- stellten-Krankenkasse (VdAK) setzt, was er seit zwei Jahrzehnten ver- geblich versucht.

Bleibt der Hinweis auf das Debakel für DGB und DAG bei der Bundes- versicherungsanstalt für Angestellte (BfA): Auch hier hatte die DAG tra- ditionell die Mehrheit gestellt. 1968 waren ihr mit 49 Prozent der Stim- men 15 der 30 Arbeitnehmersitze der Vertreterversammlung zugefal- len; jetzt muß sie sich mit acht Sit- zen bei 26 Prozent der Stimmen begnügen. Der Deutsche Gewerk- schaftsbund wird mit 16,6 Prozent (nach 29 Prozent) fünf Sitze bean- spruchen können, die „DAK-Mit- gliedergemeinschaft bei der BfA"

(erstmals auftretend) kommt auf drei Sitze bei 10,8 Prozent Stimm- anteil. 14 Sitze aber fallen an die Listenverbindung DHV, VwA (Ver- band weiblicher Angestellter), ULA und andere, wobei allein die 40 000 Mitglieder starke ULA, die Union Leitender Angestellter, mit 5,3 Pro- zent (rund 300 000 Stimmen) und voraussichtlich zwei Sitzen in der Vertreterversammlung einen be- merkenswerten Einstand in der Selbstverwaltung der Sozialversi- cherung feiert.

Abschließend ist noch dies zu ver- merken: Von den etwa zwölf Millio- nen Stimmberechtigten, die zur Be- teiligung an den Sozialwahlen auf- gerufen waren, haben nach den bisher vorliegenden Angaben rund 5,4 Millionen ihr Votum abgegeben.

Bedauerlich hoch war dabei die Zahl der ungültig abgegebenen Stimmen; ihr Anteil dürfte bei zehn Prozent gelegen haben. Die Moda- litäten dieser Wahlen waren offen- bar noch nicht so ausreichend klar ersichtlich für jedermann, wie das im Interesse der Vermeidung einer derart hohen Quote sicherlich meist unfreiwillig ungültig abgege- bener Stimmen wünschenswert ge- wesen wäre. M/S

1742 Heft 24 vom 13.Juni 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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