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Archiv "Praxisführung: Rudern Sie noch, oder steuern Sie schon?" (22.05.2009)

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A1066 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 21⏐⏐22. Mai 2009

W I R T S C H A F T

S

eit Beginn dieses Jahres ist die Neuordnung der vertrags- ärztlichen Vergütung in Kraft. Wer sind die Gewinner, wer sind die Verlierer der Honorarreform? Auf den ersten Blick lässt sich das nicht so leicht feststellen. Denn das hochkomplexe System der ärztli- chen Vergütung verhindert einen schnellen Vorher-Nachher-Vergleich.

Spätestens aber nach den Hoch- rechnungen der einzelnen Kassen- ärztlichen Vereinigungen wird klar, wie komplex das Abrechnungs- sytem in der Arztpraxis ausgestal- tet sein muss, um sich künftig auf eine verlässliche und aussagefähi- ge Grundlage für die Abrechnung stützen zu können.

Wie aber läuft die Abrechnung in den meisten Praxen ab? Die Ab- rechnung der Leistungen wird in der Regel in den letzten Tagen vor dem Quartalsende durch eine Mit- arbeiterin oder Mitarbeiter der Pra- xis vorbereitet, danach vom Praxis- inhaber kontrolliert und freigege- ben. Alle drei Monate des Quartals werden dann die Daten an die Kas- senärztliche Vereinigung zur Ab- rechnung mit den Krankenkassen weitergeleitet. Da dies neben dem Praxisbetrieb abläuft, entsteht Zeit- druck, und die Gefahr von Fehlern nimmt zu. Die Buchhaltung wird in vielen Praxen durch Steuerberater erledigt. Dies erfolgt durch Zusen- dung der angefallenen Belege und durch Übermittlung der Abrech- nungsdaten am Quartalsende. We- nig Aufmerksamkeit wird dabei je- doch dem Zeitfaktor geschenkt.

Tatsächlich werden die Belege ent- weder monatlich oder sogar erst am Quartalsende mit den Kassenab- rechnungen beim Steuerberater ein- gereicht. Das Problem bei dieser Vorgehensweise ist, dass eine zeit-

nahe Verbuchung der Zahlen nicht durchgeführt werden kann und da- mit Zeit verschenkt wird, um bei Abweichungen reagieren zu kön- nen. Um diesen Missstand zu behe- ben, sollte eine klare Anweisung an die verantwortliche Mitarbeiterin erfolgen, die Unterlagen pünktlich und deutlich gekennzeichnet an die Buchhaltung weiterzugeben.

Aber inwieweit beschäftigen sich die Ärzte überhaupt mit diesen Zah- len oder den betriebswirtschaftli-

chen Auswertungen, die aus der Buchhaltung kommen? Die bisher ermittelten Zahlen bilden den Ist- zustand der Praxis ab, das heißt:

Wie viel Geld wurde in einem be- stimmten Zeitraum eingenommen, und wie viel Geld wurde ausgege- ben. Was sagen diese Zahlen aus?

Und was hat das mit den Fallzahlen und der täglichen Arbeit in der Pra- xis zu tun?

Die betriebswirtschaftliche Aus- wertung (BWA) stellt den Betriebs- einnahmen die Betriebsausgaben gegenüber. Oft wird dabei eine ein- fache Unterteilung der Umsatzerlö- se vorgenommen. Die Zahlen aus der Quartalsabrechnung werden nach Kassen- und Privatpatienten unterteilt. Ein Vergleich der einzel- nen Abrechnungsgruppen ist aus dieser Buchhaltung nicht möglich.

Ausgewiesen werden Abweichun- gen je Monat gegenüber dem Monat des Vorjahres und die kumulierten Beträge des aktuellen Jahres und des Vorjahres. Durch die Angabe in Prozent lassen sich negative und po- sitive Ausschläge erkennen.

Wichtig für den Arzt sind jedoch die Veränderungen in den Umsatz- erlösen. Hier sind drei Maßnahmen für mehr Transparenz notwendig:

>eine Aufteilung der Umsatzer- löse in Leistungsarten nach GOÄ (Amtliche Gebührenordnung für Ärzte)

> die monatliche Buchung der Umsatzerlöse und

>die Angabe von Planzahlen für Umsatzerlöse.

Dabei ist die Aufteilung entspre- chend der Gliederung des Gebüh- renverzeichnisses je nach Fachrich- tung des Arztes sinnvoll (siehe Ta- belle). Die Gliederung richtet sich nach dem Leistungsspektrum des Arztes und kann nach Bedarf aufge- teilt werden. Da die Abrechnung nach der GOÄ erfolgt, können diese Zahlen problemlos in die Buchhal- tung übernommen werden. Dabei ist zu empfehlen, die Abrechnung mo- natlich durchzuführen und in die

Buchhaltung zu übergeben, um den Monatsvergleich durchführen zu können. Mithilfe der EDV-gestützten Abrechnung sollte dies problemlos möglich sein. Dies führt außerdem zu einer Entzerrung der Abläufe am Quartalsende. Zum Teil werden in Praxen bereits Privatpatienten direkt nach der Leistungserbringung abge- rechnet und nicht erst am Quartals- ende. Dadurch verbessert sich die Liquidität.

Auch die Kontenstruktur der Kos- tenseite sollte die tatsächlich anfal- lenden Kosten widerspiegeln und einen schnellen Überblick bieten.

So bietet sich als Grundgerüst etwa folgende Unterteilung an: Per- sonalkosten, Raumkosten, betrieb- liche Steuern, Versicherungen/Bei- träge, Kfz-Kosten, Reparaturen/In- standhaltung. Moderne Buchhal- tungsprogramme wie das in der Steuerberatung führende DATEV- Programm erlauben durch die Kop- pelung von Bankbewegungen mit der Auswertung fast eine Verbu- chung in Echtzeit mit minimalem Personalaufwand. Wenn die Daten PRAXISFÜHRUNG

Rudern Sie noch, oder steuern Sie schon?

Ein betriebswirtschaftliches Controlling verdeutlicht dem Arzt die Umsatz-, Kosten- und Liquiditätsstruktur seiner Praxis.

Das Controllingsystem ist darauf ausgerichtet,

flexibel und zeitnah auf Veränderungen zu reagieren.

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 21⏐⏐22. Mai 2009 A1067

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monatlich aufbereitet werden, las- sen sich auch die Abweichungen zum Vorjahr exakt analysieren. (Aber Vorsicht: Im ersten Jahr fehlen selbstverständlich die Vergleichs- zahlen für neu strukturierte Positio- nen.)

Abweichungen im Erlös- oder Ausgabenbereich können unter an- derem auf folgende Gründe zu- rückgeführt werden:

>Veränderungen der Fallzahlen durch Patientenzu- oder -abgänge

>Veränderung der Patienten- struktur

>Veränderungen der Krankheits- bilder

>Organisatorische Gründe, Ar- beitstage pro Monat (Feiertage)

>Personalveränderungen (Zu-/

Abgänge, Krankheit, Rente, Fortbil- dungen)

>Anschaffungen für die Praxis und medizinische Versorgung sowie

>Preisanstiege bei Miete, Ne- benkosten.

Oder wurden vielleicht rückläufi- ge Fallzahlen in einer Leistungsart in einer anderen ausgeglichen? Be- steht die Möglichkeit, Fallzahlen zu erhöhen oder bei Unterschreitungen in anderen Teilen der morbiditäts- orientierten Gesamtvergütung aus- zugleichen? Kann das Leistungs- spektrum auf Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens noch

stärker ausgeweitet werden? Über die intensive und regelmäßige Ana- lyse der Zahlen bekommt man ein gutes Gespür für die finanzielle Ba- sis der eigenen Praxis. Das Control- lingsystem ist darauf ausgerichtet, flexibel und zeitnah auf Verände- rungen zu reagieren.

Die vergangenheitsorientierte Ana- lyse der Istzahlen greift für den betriebswirtschaftlichen Ansatz der Kontrolle und Steuerung allerdings zu kurz. Hier geht man weiter und plant das nächste Wirtschaftsjahr auf der Basis der vorhandenen Istzahlen, um einen Vergleich der Istzahlen mit den angestrebten Zielgrößen des Jah- res ziehen zu können. Dieser pro- spektive Ansatz, man überlegt sich im Vorhinein für das nächste Jahr, welches Ziel beziehungsweise Ein- kommen man erreichen will, erfor- dert in der Arztpraxis ein Umdenken.

Aktiv eingreifen statt passiv abwarten

Die Planung erfolgt in der Regel für ein Jahr und greift die Positionen der betriebswirtschaftlichen Aus- wertung auf. Hier muss Position für Position überlegt werden, welches Ziel erreicht werden soll. So könnte zum Beispiel die Einführung ei- ner neuen Behandlungsmethode die Umsatzerlöse steigern. Sind dazu aber genug personelle und mate-

rielle Ressourcen vorhanden, oder muss etwa eine Neuanschaffung getätigt werden? Muss man daher Kostenstrukturen anpassen? Oder führt dies dazu, dass in anderen Er- lösgruppen die Fallzahlen zurück- gehen? Wie lassen sich Ein- sparungen auf der Kostenseite reali- sieren? Können Raumkosten gesenkt werden? Ist der Reinigungsdienst zu teuer, oder läuft die Materialbeschaf- fung nicht optimal? Dieses Instru- mentarium liefert Zahlen und bietet somit die Möglichkeit, aktiv in das Geschehen einzugreifen und nicht nur abzuwarten, was passiert.

Ein ebenso wichtiges Control- linginstrument wie die betriebswirt- schaftliche Planung und Auswer- tung ist die Liquiditätsbetrachtung und -planung. Dadurch, dass die komplette Zahlung der Krankenkas- sen nach Abzug der monatlichen Pauschalen erst im folgenden Quar- tal erfolgt, muss hier genau auf die Geldzu- und -abflüsse geachtet wer- den, um Liquiditätsengpässe zu ver- meiden. Besonders wichtig ist dabei die Planung der Privatentnahmen des Praxisinhabers (Tabelle).

Neben der für die Planung not- wendigen Beschäftigung mit künf- tigen Geldzu- oder -abflüssen, taucht auch die Frage nach den notwendi- gen oder zu planenden Investitionen auf. Hier schließt sich der Kreis zur Analyse der Zahlen.

Die beschriebene Vorgehenswei- se erfordert eine grundsätzliche Dis- kussion über die strategische Aus- richtung der Praxis in der Zukunft.

Der Verteilungskampf im Gesund- heitswesen ist in vollem Gang. Dies spüren gerade Ärzte zurzeit beson- ders heftig. Unter dem Mantel der Einkommenserhöhung fand nur eine Umverteilung innerhalb des festste- henden Budgets statt. Daran wird sich in den nächsten Jahren wenig ändern. Durch ein betriebswirt- schaftliches Controlling ist der Arzt vorbereitet und kennt seine Umsatz-, Kosten- und Liquiditätsstruktur.

Dieser Ansatz des Praxismanage- ments versetzt den Inhaber in die La- ge, sein Unternehmen zu steuern und damit am Ende zu den Gewinnern der Honorarreform zu gehören. I Dipl.-Kffr. Annette Blaes E-Mail: annette.blaes@actis-consult.de TABELLE

Die betriebswirtschaftliche Auswertung einer Musterpraxis, aufgeschlüsselt nach GOÄ-Positionen

GOÄ-Position Umsatzerlöse Veränderung Veränderung

April 2009 April 2008 absolut in Prozent B. I. allg. Beratungen und Untersuchungen

Nr. 1 Beratung auch telefonisch 6 000 4 500 1 500 +33

Nr. 1 Beratung auch telefonisch – privat 2 500 2 200 300 +14

Nr. 6 vollst. körperliche Untersuchung 10 000 9 500 500 +5

Nr. 6 vollst. körperliche Untersuchung – privat 3 000 2 800 200 +7

B II. Zuschläge 1 500 1 450 50 +3

B II. Zuschläge – privat 4 000 4 100 –100 –2

B. III. Spezielle Beratungen und Untersuchungen 2 500 2 200 300 +14 B. III. Spezielle Beratungen und Untersuchungen 3 500 3 800 –300 –8

– privat

B. IV. Visten, Konsiliar., Besuche . . . 2 500 2 600 –100 –4

B VI. Berichte, Briefe 1 000 1 050 –50 –5

C. I. Anlegen von Verbänden 1 200 1 500 –300 –20

C. II- Blutentnahmen 4 000 3 950 50 +1

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