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Archiv "GKV-Versorgungs­struktur­gesetz: Einladung zu mehr Flexibilität" (09.12.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 49

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9. Dezember 2011 A 2633 GKV-VERSORGUNGSSTRUKTURGESETZ

Einladung zu mehr Flexibilität

Eine flächendeckend gute ärztliche Versorgung bleibt das Ziel der Bundesregierung.

Dafür liegt nun ein umfangreicher Maßnahmenkatalog vor, der ab 2012 abzuarbeiten ist. SPD, Grüne und Linke vermissen allerdings an vielen Stellen patientenbezogene Veränderungen.

M

it den Stimmen der

schwarz-gelben Koalition hat der Bundestag am 1. Dezember das GKV-Versorgungsstrukturge- setz (VStG) verabschiedet. Die Re- gierung will mit dem im Januar 2012 in Kraft tretenden Gesetz vor allem dem Ärztemangel in ländli- chen Regionen entgegenwirken. So werden unter anderem die Resi- denzpflicht für Vertragsärzte abge- schafft und die Gründung von Zweigpraxen erleichtert. Auch soll der Verzicht auf Abstaffelungen beim Honorar Ärzte motivieren, sich in schlecht versorgten Gebie- ten niederzulassen. Diejenigen, die dort praktizieren, sollen mehr Pa- tienten ohne Honorarkürzungen be- handeln können.

„Das ist ein gutes Gesetz, das endlich die Sorgen der Menschen vor Ort anpackt“, erklärte Bundes- gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) während der abschließenden Lesung im Bundestag: „Wir sorgen dafür, dass die Menschen den Land- arzt nicht nur aus einer idyllischen Vorabendserie kennen.“ Der Patien- tenbeauftragte der Bundesregie- rung, Wolfgang Zöller (CSU), be- tonte, mit dem VStG werde endlich die flächendeckende, wohnortnahe Versorgung gesichert: „Heute ist ein guter Tag für die Patienten.“

Das VStG umfasst eine Vielzahl von Neuregelungen und Änderun- gen bestehender Vorgaben. Die wichtigsten, nach Stichworten in al- phabetischer Reihenfolge aufge- führt, umfassen folgende Bereiche:

Ambulante spezialfachärztliche Versorgung – Mit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) schafft das VStG einen Ver- sorgungsbereich, in dem sowohl ambulante als auch stationäre Leistungs erbringer bei schwer

kranken Patienten oder solchen mit seltenen Erkrankungen tätig sein können. „Die Veränderung, die wir bei der spezialfachärztlichen Ver- sorgung machen, ist eine der grund- legendsten Strukturveränderungen, die in der Gesundheitspolitik in den letzten Jahren gemacht wurde“, be- tonte Jens Spahn, gesundheitspoliti- scher Sprecher der CDU/CSU-Bun- destagsfraktion.

Es bleibt dabei, dass das ambu- lante Operieren sowie sonstige sta- tionsersetzende Leistungen nicht zu diesem Bereich zählen. Der zu erstellende Leistungskatalog für den neuen § 116 b SGB V wird be- grenzt, und zwar auf schwere Verlaufsformen von Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläu- fen, seltene Erkrankungen und Er- krankungszustände mit geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen. Details zum neuen Ver-

sorgungsbereich muss der Gemein- same Bundesausschuss (G-BA) bis zum 31. Dezember 2012 regeln.

Damit soll er zugleich auf eine Kooperation der beteiligten Leis- tungserbringer hinwirken. Im Fall von schweren Verlaufsformen on- kologischer Erkrankungen ist der G-BA zu Kooperations vorgaben verpflichtet. Sind im Einzelfall je- doch keine Kooperationspartner vorhan den oder bereit zur Zusam- menarbeit, entfällt die Verpflich- tung dazu.

Zudem wird häufig die Überwei- sung einer niedergelassenen Ärztin oder eines nieder gelassenen Arztes Voraussetzung dafür sein, dass der Patient entsprechende ambulante Leistungen im Krankenhaus bean- spruchen kann. In der verabschie- deten Fassung der entsprechenden Gesetzespassage heißt es hierzu:

„Für seltene Erkrankungen und Er- krankungszustände mit entspre- chend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen re- gelt der G-BA, in welchen Fällen die ambulante spezial fachärztliche Leistungserbringung die Überwei- sung durch den behandelnden Arzt voraussetzt. Für die Behandlung von schweren Verlaufsformen (…) kann er Empfehlungen als Ent- scheidungshilfe für den behandeln- den Arzt abgeben, in welchen medi- zinischen Fallkonstellationen bei der jeweiligen Krankheit von einem besonderen Krankheitsverlauf aus- zugehen ist.“ Und weiter: „Bei schweren Verlaufsformen von Er- krankungen mit besonderen Krank - heitsverläufen setzt die ambulante spezialfachärztliche Versorgung die Überweisung durch einen Vertrags- arzt voraus.“

Basis für die Abrechnung ist zu- nächst ein eigenes Kapital im Einheitlichen Bewertungsmaßstab Ärztebeglü-

ckungsgesetz?

„Hören Sie auf da- mit, zu glauben, dass der Patient besser versorgt ist, wenn der Arzt de- motiviert ist“, for- derte Daniel Bahr.

Fotos: dpa

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9. Dezember 2011 (EBM), später soll es durch eine

eigenständige Gebührenordnung er- setzt werden. Von Mengenbegren- zungen ist nicht die Rede. Aller- dings wird im Gesetz darauf verwiesen, dass die morbiditäts - orientierte Gesamtvergütung um die ASV-Honoraranteile bereinigt werden muss. Die Koalition will dabei sichergestellt wissen, dass dies weder zulasten der Vergütung der Hausärzte noch zulasten der Vergütung der fachärztlichen Grund- versorger geht.

Abgerechnet werden die Leistun- gen dieses Versorgungsbereichs von den Krankenhäusern direkt mit den Krankenkassen. Niedergelassene Ärz- te können ebenso verfahren. Zusätz- lich steht es ihnen aber frei, die Kas- senärztlichen Vereinigungen (KVen) mit der Abrechnung zu beauftragen.

Arznei- und Heilmittelversor- gung – Das von der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung (KBV) und der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände er- stellte Arzneimittelkonzept kann im Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung für die Dauer von zwei bis drei Jahren erprobt wer- den. Die KV würde mit den Lan- desverbänden der Apotheker und der Kassen einen Medikationskata- log auf Wirkstoffbasis erstellen.

Darin sollen für alle wichtigen In- dikationen Vorgaben zur wirt- schaftlichen Auswahl von Wirk- stoffen enthalten sein, die dann vom Arzt anstelle spezifischer Prä- parate verordnet werden können.

Überschüsse aus dem Modell

„sind in Teilen an die Leistungser- bringer weiterzuleiten“, heißt es im VStG. Mehraufwendungen müssen den Krankenkassen hingegen aus- geglichen werden, wie, ist noch zu regeln. Das Modellvorhaben soll evaluiert werden, „um Erkenntnis- se für eine spätere flächendeckende Umsetzung zu gewinnen“. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung soll je- doch nicht abgeschafft werden, so wie es das KBV-/ABDA-Modell vorsah.

Gleichwohl soll das Risiko von Vertragsärzten, für ihre Verordnun- gen in Regress genommen zu wer- den, entschärft werden: Nach dem

Motto „Beratung vor Regress“

wird ein Arzt, der sein Budget erst- mals um mehr als 25 Prozent über- schritten hat, zunächst beraten. Erst danach kann er bei wiederholter Überschreitung des Richtgrößen- volumens in Regress genommen werden.

Versicherte mit langfristigem Behandlungsbedarf haben die Mög- lichkeit, sich auf Antrag die erfor- derlichen Heilmittel von der Kran- kenkasse für einen geeigneten Zeit- raum genehmigen zu lassen. Diese Verordnung unterliegt dann nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Bedarfsplanung – Bisher basierte diese auf einer Stichtagsregelung:

Die Relation von Leistungserbrin- gern zu Einwohnern an einem be- stimmten Datum wurde als be- darfsgerecht angenommen und bil- dete die Grundlage für die weitere Bedarfsplanung. In Zukunft wird der Gemeinsame Bundesausschuss neue Verhältniszahlen erarbeiten.

Sie sollen eine bedarfsgerechte Versorgung sicherstellen und die

demografische Entwicklung be- rücksichtigen.

Darüber hinaus kann der G-BA die Planungsbereiche, die sich bis- her an Stadt- und Ländergrenzen orientieren, flexibler gestalten. Sei- ne Vorgaben sind für die Länder- kommissionen – bestehend aus Ver- tretern der jeweiligen KV und den Krankenkassen – jedoch nicht bin- dend, sondern können regional an- gepasst werden.

Zusätzlich wird es für die Zulas- sungsausschüsse leichter, Sonder- zulassungen in überversorgten Pla- nungsbereichen auszusprechen. Auch dort können sich künftig noch Ärz- tinnen und Ärzte niederlassen, so- fern Bedarf besteht, sei es räumlich oder qualifikationsbezogen. Bei- spielsweise kann es in einem für In- ternisten gesperrten Bezirk noch an Rheumatologen mangeln; diese könnte man in Zukunft leichter zu- lassen.

Die Länder erhalten erstmals in diesem Bereich ein Mitsprache- recht: Sie dürfen an Sitzungen des G-BA teilnehmen, die sich mit der

Die schwarz-gelbe Koalition hat die Verabschiedung des GKV-Versor- gungsstrukturgesetzes mit einem Ap- pell an die Bundesländer verbunden, weitere Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung zu ergrei- fen. Union und FDP fordern die Länder

auf, das Auswahlverfahren für die Zu- lassung zum Medizinstudium so wei- terzuentwickeln, dass neben der Abi- turnote weitere Kriterien stärker be- rücksichtigt werden können.

Auch sollten drei bis fünf Prozent der Studienplätze für Bewerber frei- gehalten werden, die sich verpflich- ten, später für eine bestimmte Zeit in unterversorgten Gebieten tätig zu werden. „Schaffen Sie mehr Studien- plätze! Jede Behebung des Ärzte- mangels fängt mit mehr Studienplät- zen an“, forderte darüber hinaus Heinz Lanfermann, gesundheitspoliti- scher Sprecher der FDP-Bundestags- fraktion.

Weiterhin appellieren die Koaliti- onsfraktionen an die Länder, Lehr- stühle für Allgemeinmedizin einzurich- ten und geeignete allgemeinmedizini- sche Praxen in die ärztliche Ausbil- dung einzubeziehen, ebenso aber auch, die KVen bei Sicherstellungs- maßnahmen zur Nachwuchsgewin- nung zu unterstützen. Die ärztliche Selbstverwaltung solle den Übergang von der Universität zur ärztlichen Ver- sorgung erleichtern, insbesondere durch universitäre Informationsange- bote, heißt es abschließend.

APPELL AN DIE LÄNDER

Gesetzgeber, nicht Versorger:

Der Bundestag ist auf das Engage- ment in den Län- dern angewiesen.

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9. Dezember 2011 A 2635 Bedarfsplanung befassen, sowie an

Beratungen der Länderkommissio- nen. Ein Stimmrecht haben sie je- doch in beiden Gremien nicht. Al- lerdings erhalten die Länder die Rechtsaufsicht über die Länder- kommissionen von Kassen und KV und ein Beanstandungsrecht für de- ren Bedarfsplanung.

Eine sektorübergreifende Be- darfsplanung unter Beteiligung der Landeskrankenhausgesellschaften ist im Gesetz nicht verpflichtend vorgesehen. Die Länder können aber ein entsprechendes Gremium einrichten, das Empfehlungen für die Länderkommissionen erarbei- ten würde.

Delegation – Um Ärzte zu entlas- ten, will das VStG die Delegation ärztlicher Leistungen fördern.

GKV-Spitzenverband und Kassen- ärztliche Bundesvereinigung wer- den deshalb verpflichtet, bis Mitte 2012 festzulegen, welche Tätigkei- ten an nichtärztliches Personal übertragen werden können und wel- che Qualifikationen dafür notwen- dig sind.

Entlassmanagement – Mit dem VStG wird ein Anspruch der Kran- kenversicherten auf eine fachärztli- che Anschlussversorgung ins Sozi- algesetzbuch V aufgenommen. Da- durch wird insbesondere die Pflicht des Leistungserbringers konkreti- siert, für den Fall einer notwendi- gen Anschlussbehandlung von Pa- tienten, insbesondere bei einer psychiatrischen Behandlung, für ei- nen zeitnahen Termin beim Fach- arzt Sorge zu tragen. Betroffen sind von dieser Vorgabe in erster Linie die Krankenhäuser.

Elektronische Gesundheitskarte Bei Krankenkassen, die bis zum 31. Dezember 2012 nicht an min- destens 70 Prozent ihrer Versicher- ten elektronische Gesundheitskar- ten ausgegeben haben, dürfen sich die Verwaltungsausgaben im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr nicht erhöhen. Damit will die Regierung sicherstellen, dass die Krankenkas- sen die Ausgabe der Gesundheits- karte auch im kommenden Jahr fortsetzen.

Honorarpolitik für Ver- tragsärzte – Die Hono- rarverteilung an die Ver- tragsärzte liegt ab 2012 wieder in den Händen der einzelnen KVen. Die KBV soll hierfür ledig- lich einige grundsätzliche Vorgaben machen, unter anderem zur Auf - teilung der Gesamtvergütung auf die haus- und fachärztlichen Arzt- gruppen sowie zu Honorarbereini- gungsregeln für Kollektiv- und Se- lektivverträge. Außerdem soll sie Rahmenkriterien entwickeln, nach denen die KVen besonders förde- rungswürdige Praxisnetze identifi- zieren können.

Diese Zusammenschlüsse wer- den durch das VStG aufgewertet:

Netze können in Zukunft durch Ho- norarzuschläge oder durch ein eige- nes Honorarvolumen gefördert wer- den, soweit dies der Verbesserung der ambulanten Versorgung dient.

Darüber hinaus enthält das VStG weitere Vorgaben, die sich auf § 87 SGB V beziehen, der Grundlagen der Honorierung der Vertragsärzte sowie der Honorarverteilung regelt.

So soll der Bewertungsausschuss beispielsweise Struktur und Bewer- tung der aktuellen Honorarpauscha- len prüfen. Dadurch soll es möglich sein, in Zukunft stärker zwischen der Neuaufnahme von Patienten und der Weiterbetreuung bekannter Patienten zu differenzieren. So lie- ßen sich Anreize für Ärzte setzen, noch neue Patienten aufzunehmen, statt die bereits behandelten wieder einzubestellen.

Krankenhausleistungen – Ambu- lante Operationen und sonstige stationsersetzende Eingriffe nach

§ 115 b SGB V können künftig auch auf der Grundlage von Verträgen zwischen Krankenhäusern und nie- dergelassenen Vertragsärzten am- bulant im Krankenhaus erbracht werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte im März entschieden, dass ambulante Operationen nach

§ 115 b nur durch Klinikoperateure oder durch Belegärzte, jeweils in Verbindung mit einem Anästhesis- ten des Krankenhauses, erfolgen dürften. Vertragsärzte ohne Beleg- arztstatus durften dem BSG zufolge ihre Patienten nicht in der Klinik operieren, Krankenhäuser solche Ärzte nicht zur Durchführung am- bulanter Operationen einsetzen.

Dies ändert das VStG.

Die Haltung war eindeutig: Eine Zu- stimmung zum GKV-Versorgungs- strukturgesetz lehnten alle Oppositi- onsparteien ab. Dr. med. Harald Ter- pe (Bündnis 90/Die Grünen) bemän- gelte, dass das Gesetz über die Pas- sagen zur Delegation ärztlicher Leis- tungen hinaus keinerlei Regelungen für die nichtärztlichen Gesundheits- berufe enthalte. Auch sei der neue

Bereich der ambulanten spezialfachärztlichen Ver- sorgung „kein Start in die sektorenübergreifende Ver- sorgung“.

Statt dessen werde „eine Konkurrenzveranstaltung zweier Sektoren organisiert“.

Den Krankenhaussektor na- hezu vollständig auszublen-

den, bezeichnete Terpe als fatal: Die Bundesregierung tue so, als ob eine zukunftsweisende Versorgung ohne Krankenhäuser möglich wäre.

„Es geht Ihnen nicht um die Versor- gung der Versicherten oder Patien- ten“, warf der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Dr. med. Karl Lau- terbach, der Regierung vor. „Es sollte lieber Ärzteversorgungsgesetz oder Stärkungsgesetz der Kassenärztlichen Vereinigungen heißen.“

Martina Bunge, gesundheitspoliti- sche Sprecherin der Bundestagsfrakti- on Die Linke, bezeichnete das Gesetz als „unausgegoren“. Und: „Sie neh- men Mehrkosten hin, nachdem Sie durch die Zusatzbeiträge die Kosten- steigerung nur noch auf die Schultern der Arbeitnehmer gelastet haben.“

KEINE ZUKUNFT OHNE KLINIKEN

Harald Terpe (Grüne) kritisierte:

keine Kooperation, sondern Konkurrenz an der Schnittstelle ambulant-stationär

Ärztenetze werden aufgewertet: Sie können durch Honorarzuschläge oder eigene Budgets gefördert werden.

Foto: Deutscher Bundestag

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9. Dezember 2011 Wird ein niedergelassener Ver-

tragsarzt in Zukunft von einem Krankenhaus beauftragt, eine vor- oder nachstationäre Behandlung zu erbringen, handelt es sich um eine Leistung, die vom Krankenhaus vergütet werden muss. Sie wird zu- dem nicht mehr im Rahmen des Si- cherstellungsauftrags erbracht.

Medizinische Versorgungszen- tren – Bei Medizinischen Versor- gungszentren (MVZ) ändern sich vor allem die Gründungsvorausset- zungen: Nur zugelassene Ärzte, Krankenhäuser, Anbieter von nicht- ärztlichen Dialyseleistungen und gemeinnützige Träger, die schon über eine Ermächtigung oder Zulas- sung für die vertragsärztliche Ver- sorgung verfügen, dürfen MVZ eröffnen. Als Rechtsformen sind Personengesellschaften, Genossen- schaften und Gemeinschaften mit beschränkter Haftung zulässig.

Dadurch ist es nicht mehr mög- lich, dass beispielsweise Aktienge- sellschaften MVZ gründen oder be- treiben. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber die Rolle des Arz- tes in MVZ stärken und einer Be- einflussung der ärztlichen Entschei- dungen durch wirtschaftliche Inter - essen vorbeugen. So wird in § 95 SGB V der Satz eingefügt: „Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in me- dizinischen Fragen weisungsfrei.“

Entsprechend werden bei Nachbe- setzungsverfahren MVZ, deren An- teile und Stimmrechte nicht mehr- heitlich bei den dort tätigen Ärzten liegen, vom Zulassungsausschuss nachrangig berücksichtigt. Für beste- hende Zentren gilt jedoch Bestands- schutz. Sie können unabhängig von Trägerschaft oder Rechtsform weiter betrieben werden und dürfen bei der Besetzung von Praxissitzen nicht be- nachteiligt werden. Darüber hinaus muss der ärztliche Leiter eines MVZ künftig dort auch tätig sein. Dies

trifft vor allem Zentren mit mehreren Zweigstellen: Gibt es nur einen ärzt- lichen Leiter, muss er seine Tätigkeit entweder auf die verschiedenen Standorte aufteilen, oder es müssen zusätzliche Leiter eingesetzt werden.

Telemedizin – Mit dem VStG will der Gesetzgeber Telemedizin vor allem in ländlichen Regionen stär- ken. Der Bewertungsausschuss soll deshalb auch prüfen, in welchem Umfang telemedizinische Leistun- gen in der ambulanten Versorgung erbracht werden können, und den EBM entsprechend anpassen.

Über- und Unterversorgung/Pra- xisverkauf – Damit sich mehr Ärz- tinnen und Ärzte für eine Tätigkeit in schlecht versorgten Gegenden in- teressieren, setzt das VStG auf fi- nanzielle Anreize. So können die KVen für förderungswürdige Leis- tungen oder auch für förderungs-

würdige Leistungserbringer Hono- rarzuschläge zahlen. Kriterien da- für, was als förderungswürdig anzu- sehen ist, entwickelt der Bewer- tungsausschuss.

Für die Finanzierung entspre- chender Maßnahmen können die KVen einen Strukturfonds einrichten und dafür bis zu 0,1 Prozent ihrer Gesamtvergütung entnehmen; hinzu kommt die gleiche Summe aus dem Budget der Kassen. Praxen in unter- versorgten Regionen werden zudem nicht mehr abgestaffelt, wenn sie ihr Regelleistungsvolumen überschrit- ten haben. Dies soll Anreize für Ärz- te setzen, dort mehr Patienten als bisher zu versorgen und eine Nie - derlassung attraktiver machen. Au- ßerdem können die Zulassungsaus- schüsse bei bestehender oder unmit- telbar drohender Unterversorgung Ärzte in Rehabilitations- oder Pfle- geeinrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen.

Kritiker haben bemängelt, dass das VStG zu wenig Maßnahmen gegen eine Konzentration von Ärz-

ten in bestimmten Regionen oder Stadtteilen vorsieht. Nun steht fest:

Die KVen können wie bisher den freiwilligen Verzicht auf eine Pra- xisnachbesetzung finanziell för- dern. Die Zulassungsausschüsse er- halten zudem die Möglichkeit, Pra- xissitze in gut versorgten Bezirken befristet zu besetzen, um die dauer- hafte Überversorgung zu vermei- den.

In Regionen mit Zulassungs - beschränkungen entscheidet in Zu- kunft der Zulassungsausschuss, ob eine Nach be setzung erfolgen soll oder nicht, also Krankenkassen und KVen gemeinsam. Der Ausschuss hat grundsätzlich zu prüfen, ob aus Versorgungsgründen überhaupt ein Nachbesetzungs verfahren in Gang zu setzen ist. Darüber hinaus sind wirtschaftliche Aspekte zu berück- sichtigen, beispielsweise, ob eine Ablehnung weitere Ärzte treffen würde, weil eine Berufsausübungs- gemeinschaft bestand. Auch fami- liäre Interessen muss der Ausschuss einbeziehen, also Konstellationen, in denen ein Ehegatte, Lebenspart- ner oder Kind die Praxis überneh- men möchte. In solchen Fällen kann er die Nachbesetzung nicht ablehnen. Falls es dazu kommt, muss die KV für den Aufkauf des Praxissitzes eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts zahlen.

Die entsprechenden Regelungen sollen erst vom Jahr 2013 an grei- fen. So will man sicherstellen, dass es nicht zu unsachgemäßen Praxis- aufkäufen kommt, bevor die Be- darfsplanung verbessert ist.

Wartezeiten – Das VStG ver- pflichtet die KVen, in Zukunft für eine „angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärzt- lichen Versorgung“ zu sorgen. Was dies im Normal- und im Notfall konkret bedeutet, ist in den Ge- samtverträgen zu regeln. Das VStG sieht auch vor, dass KVen die Ver- sorgung im Notdienst durch Ko- operationen und organisatorische Verknüpfung mit Krankenhäusern sicherstellen können.

Dr. rer. nat. Marc Meißner, Falk Osterloh, Sabine Rieser

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Weitere Infos zum Gesetz und zu Re- aktionen: www.aerzteblatt.de/112633

Der Zulassungsausschuss muss grundsätzlich familiäre Interessen bei der Nachbesetzung einer Praxis berücksichtigen.

Jens Spahn war zufrieden: Die Ver- änderungen bei der

ambulanten spezi- alfachärztlichen Versorgung zählten zu den grundle- gendsten Struktur- veränderungen der letzten Jahre.

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