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Diversifikation - das Gebot der Stunde | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Wirtschaftspolitische Stellungnahmen

44 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 3-2006

Die 60%-ige Erdölabhängigkeit der Schweiz ist je nach Bereich höchst unter- schiedlich: Bei der Stromproduktion spielt Öl gar keine Rolle. Im Wärmemarkt gibt es neben dem immer noch dominierenden Heizöl mit Erdgas, Strom, Holz und Fern- wärme eine ganze Reihe von Alternativen, die überdies laufend Marktanteile gewin- nen. Im Bereich der Prozessenergie für die Industrie ist Erdgas ebenfalls von hoher Be- deutung – soweit ein Erdgasnetz vorhanden ist. Dramatisch hingegen ist die Abhängig- keit vom Erdöl bei den Motorfahrzeugen, und bei den Flugtreibstoffen muss man schlicht von einem Monopol sprechen.

Schweizer Erdgasanteil unter europäischem Durchschnitt

In den meisten dieser Bereiche bietet Erd- gas die Möglichkeit, zu technisch und kom- merziell guten Bedingungen Öl zu substituie- ren und mittels Diversifikation die Risiken der Abhängigkeit abzufedern. Weshalb aber setzt denn die Schweiz mit 12% nur halb soviel Erdgas als Primärenergie ein als die umliegen- den Länder?

– In der Schweiz ist der Bau von Erdgasnet- zen aus topografischen Gründen deutlich aufwändiger.

– Die Schweiz hat keine «Kohletradition», weshalb historisch kein Druck zur Substi- tution dieses als «schmutzig» betrachteten Energieträgers bestand.

– Die Schweiz produziert (noch?) keinen Strom mittels Gaskombi-Kraftwerken:

Während in anderen Ländern die Strom- produktion mit Erdgas als Klimaschutz- Massnahme gilt, weil Schweröl und Kohle substituiert werden, stellen solche Kraft- werke in der Schweiz angesichts heute weit gehend CO2-freier Stromproduktion ein – wenn auch nicht unlösbares – Klimaprob- lem dar.

– Last but not least hat es die Schweizer Politik immer noch nicht fertig gebracht, die im Vergleich zur EU dreimal so hohe Besteuerung von Erdgas als Treib- stoff zu reduzieren. Bei den flüssigen Treibstoffen gilt unser Land hingegen immer noch als Eldorado für ausländi- sche Tanktouristen.

Geografisch breit diversifiziertes Beschaffungsportfolio

Die Abhängigkeit von Erdöl-Nationen ist das eine. Doch auch Erdgas wird zu 100% in die Schweiz importiert. Immerhin wird die westeuropäische Erdgasnachfrage zu über 60% durch eigene Produktion abgedeckt. Die statische Reichweite der sicher gewinnbaren Erdgastreserven ist mit 67 Jahren über 50%

höher als beim Erdöl. Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat allerdings ge- zeigt, dass es ein geografisch breit diversifizier- tes Beschaffungsportfolio mit langfristigen Verträgen bei langjährigen, zuverlässigen Partnern in politisch stabilen Ländern braucht, um Engpässe zu verhindern.

Die Lieferanten der Schweiz verfügen über grosse Untertagspeicher, wie sie in der Schweiz aus geologischen Gründen nicht möglich sind. Diese können auch eine temporäre Ver- sorgungseinschränkung überbrücken. Die umliegenden Lieferländer übernehmen so- mit für die Schweiz auch eine Puffer-Funk- tion. Insgesamt 12 verschiedene Einspeisun- gen versorgen die Schweiz an ihren Grenzen zu Deutschland, Frankreich und Italien mit Erdgas.

Emissionen und Abhängigkeit reduzieren Die Risikoexposition der Schweiz ist beim Erdöl im Mobilitätsbereich am gravierends- ten. Hier gilt es deshalb in erster Linie anzuset- zen, wenn die Abhängigkeit reduziert werden soll. Auch dafür bietet Erdgas – vor allem zu- sammen mit einheimischem, CO2-neutralem Biogas – eine kommerziell und technisch aus- gereifte Substitutionsmöglichkeit. Gemessen an der Zahl von rund 3,5 Mio. immatrikulier- ten Fahrzeugen in der Schweiz haben die in- zwischen 2000 Erdgasfahrzeuge die Promille- Grenze noch nicht erreicht. Die Schweizer Erdgaswirtschaft war auf eigene Kosten für den Ausbau des Tankstellennetzes auf inzwi- schen über 60 Stationen besorgt. Rund 100 sollten es bis 2007 sein. Es liegt nun an der Politik, den Gastreibstoffen durch die schnelle Revision des Mineralölsteuergesetzes zum Durchbruch zu verhelfen – zur Reduktion der Emissionen wie auch zur Reduktion der Erdölabhängigkeit im Treibstoffbereich.

Diversifikation – das Gebot der Stunde

Die Abhängigkeit unseres Landes von Erdölprodukten ist mit einem Anteil von knapp 60% gefährlich hoch. Erdgas stellt für viele An- wendungen eine kommerziell und technisch mindestens ebenbür- tige Alternative mit ökologischem Mehrwert dar. Umso bedauerli- cher ist der «Rückstand» der Schweiz beim Erdgas, denn auch Umweltaspekte sprechen für die- sen Energieträger. Nach der För- derung braucht Erdgas keine Emissionen verursachenden Um- wandlungsprozesse in Raffine- rien. Erdgas ist ungiftig für Mensch und Tier sowie für Boden und Gewässer, ist frei von orga- nisch gebundenem Stickstoff und Schwefel. Bei der Verbrennung er- zeugt Erdgas keinen Russ und gibt keine Schwermetalle an die Um- welt ab. Die CO2-Emissionen sind um 25% geringer als beim Heizöl.

Jean-Marc Hensch Direktor Verband der Schweizerischen Gas- industrie (VSG), Zürich.

www.erdgas.ch

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