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P 91 - 102 Ein Jahr Umfragen in den Neuen Bundesländern - Themen und Tendenzen Christian Holst

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P 91 - 102

Ein Jahr Umfragen in den Neuen Bundesländern - Themen und Tendenzen

Christian Holst

AG Sozialberichterstattung Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

Berlin, September 1991

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Ein Jah r Umfragen in den Neuen Bundesländern - Themen und Tendenzen

Christian Holst

1. Einleitung, Methode und Probleme

Die „Wende“ 1989 bescherte der DDR schon im November eine Reihe von Meinungsumfragen, die - trotz zunächst zweifelhafter Qualität - einerseits auf ein vorhandenes Informationsbedürfnis reagierten, es andererseits auch weckten. Dieses konnte sowohl im Westen wie im eigenen Land vorher nicht befriedigt werden, da In­

formationen über die Zufriedenheit, Sorgen und Ängste, Vorlieben und Abneigungen der Bevölkerung vom Staat argwöhnisch gehortet wurden - sie hätten aus der Sicht der damaligen Machthaber dem Klassenfeind als Propagandamaterial gegen die eigene Bevölkerung dienen können. Inzwischen ist das Gebiet der ehemaligen DDR fest in das Untersuchungsnetz der westlichen Meinungsforschungsin­

stitute einbezogen, und wohl selten zuvor sind in der Presse soviele Ergebnisse von Umfragen veröffentlicht worden: das Thema hieß Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Deutschlands.

Der hier vorliegende Bericht verfolgt ein doppeltes Interesse:

Zum einen soll er versuchen, über die Fülle der Untersuchungen, die in den letzten eineinhalb Jahren auf dem Gebiet der DDR durch­

geführt wurden, einen Überblick zu gewinnen. Als Datengrundlage dienen vor allem Zeitungsartikel, in denen über Umfragen in der DDR, bzw. den neuen Bundesländern berichtet wird. Darüberhinaus sollen aber auch die Ergebnisse dieser Umfragen zusammengefaßt werden. Im Vordergrund stehen dabei Indikatoren subjektiven

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Wohlbefindens, d.h. Maße, die darüber Auskunft geben, wie gesell­

schaftlicher Wandel von den Betroffenen subjektiv wahrgenommen und bewertet wird. Um Entwicklungen des subjektiven Wohlbefin­

dens in der Bevölkerung Ostdeutschlands beschreiben zu können, wurde in der Auswahl der Indikatoren versucht, aus verschiedenen Umfragen zu unterschiedlichen Zeitpunkten Fragen mit ähnlichen Fragestellungen zusammenzutragen. Dies bot sich an, da zwar bis­

lang nur wenige Umfragen mit demselben Fragebogen wiederholt wurden, andererseits sich aber das Interesse der Meinungsfor­

schungsinstitute (bzw. derer Auftraggeber) auf wenige Felder be­

schränkte, unter denen subjektive Indikatoren einen breiten Raum einnahmen. Der Nachteil dieses Vorgehens ist, daß damit nicht nur auf unterschiedliche Stichprobengrößen und -ziehung der Mei­

nungsforschungsinstitute zurückgegriffen werden mußte, sondern daß teilweise auch die Fragestellungen leicht variieren. Für die In­

terpretation dieser Zahlenreihen bedeutet dies, daß keine metho­

disch sauber erhobenen Zeitreihen vorgelegt werden können, daß aber immerhin ein Eindruck von der relativen Höhe der Verteilun­

gen und der Richtung des Wandels gegeben werden kann.

Zum großen Teil von journalistischer Neugier geprägt („Wer weiß im Westen, was ein 'Broiler' ist?“) haben diese Umfragen dort, wo sie auf subjektive Einschätzungen und objektive Indikatoren der unterschiedlichen Lebensverhältnisse eingehen, auch für die Wis­

senschaft einen Informationswert: sie können Auskunft geben über die Struktur der Lebensverhältnisse, soziale Ungleichheiten, Wert­

vorstellungen. Voraussetzungen dafür sind aber Repräsentativität und Vergleichbarkeit der Erhebungsbedingungen, Vergleichbarkeit der Fragestellungen, sowie ein Mindestmaß an Differenzierung der Ergebnisse nach sozio-ökonomischen Kategorien, wenn man nicht in Stereotype vom „Ostdeutschen“ bzw. „Westdeutschen“ verfallen will.

Die hier referierten Veröffentlichungen von Meinungsumfra­

gen entsprechen in der Regel diesen Minimalkriterien.

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1.1 Datenlage1

Als Grundlage für diese Untersuchung dienen vor allem Zei­

tungsartikel, in denen über Meinungsumfragen berichtet wird.

Diese sind im Zeitraum vom Dezember 1989 bis Juli 1991 gesammelt worden. Quellen waren Tageszeitungen aus dem Berliner Raum (Tagesspiegel, Berliner Zeitung), überregionale Zeitungen (Frank­

furter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung), Der Spiegel sowie Fachzeitschriften und Mitteilungsblätter. Daraus ergibt sich, daß die Auswahl der Umfragen weder den Anspruch auf Vollständig­

keit noch auf Repräsentativität erheben kann. Unter den gesammel­

ten Artikeln sind Darstellungen von Studien als Service der Zeitung, die von den jeweils durchführenden Instituten selbst geschrieben wurden (z.B. für das Institut für Demoskopie Allensbach: E. Noelle- Neumann, R. Köcher), teilweise auch Studien, zu denen Zeitungen den Auftrag gaben (Berliner Zeitung, Spiegel). Diese sind dann von den Zeitungen selbst redaktionell bearbeitet worden. Daneben wur­

den Ergebnisse von Studien in Kommentaren verwandt, um im öffentlichen Diskurs bestimmte Punkte herauszustellen, bzw. Mei­

nungen zu belegen. Die Folge ist, daß das, was interessant ist, in der Regel die jeweilige Redaktion selbst bestimmt hat. Das bedeutet, daß die Meinungsumfragen nach Nachrichten- und Verkaufswert aus­

gewertet wurden, und damit nicht immer die Informationen enthal­

ten sind, die für wissenschaftliche Zwecke gebraucht werden könn­

ten. In der Arbeit mit solchen Artikeln schlägt sich eine solche Vor­

auswahl oft darin nieder, daß Differenzierungen z.B. nach sozio- ökonomischen Kriterien selten ausgewiesen werden können.

Neben den gesammelten Umfragen aus der Tagespresse sind zum Teil aber auch Forschungsdokumentationen gesammelt wor­

den. Dementsprechend variiert auch der Umfang der Dokumenta­

tionen und die Differenzierung der Fragestellungen: der Umfang

1 Soweit nicht anders angegeben, beziehen sich die referierten Meinungsum­

fragen auf in der DDR, bzw. den fünf neuen Bundesländern durchgeführte Untersuchungen.

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reicht von kurzen, einspaltigen Berichten von Meinungsumfragen über Sonderhefte (SPIEGEL SPEZIAL) bis zu Forschungsdokumentatio­

nen mit Fragebögen und Grundauszählungen.

Der untersuchte Zeitraum reicht vom Dezember 1989 bis Juli 1991. Insgesamt liegen 41 Studien vor, die Anspruch auf Repräsen­

tativität für die gesamte DDR, bzw. die neuen Bundesländer erhe­

ben, sowie 4 regionale Untersuchungen, die sich auf Ost-Berlin be­

schränken.

Die überregionalen Studien sind mindestens repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren (Ausnahmen sind die erste Spiegelun­

tersuchung vom Dezember 1989 mit erheblichen SED-bias, die Marplan-Untersuchung, sowie die BISS-Untersuchung, die keine ausreichende Repräsentativität erzielten). Einige der Studien sind auf Problemgruppen zugeschnitten: 2 beschäftigen sich mit Jugend­

lichen im Alter von 12-18 Jahren, eine mit Rentnern, eine weitere mit Ost-Berliner Arbeitslosen. Eine Reihe der Studien (vor allem die des Leipziger Zentralinstituts für Jugendforschung ZIJ) erheben sowohl Anspruch auf Repräsentativität unter der Bevölkerung zwi­

schen 15 (bzw. 18 ) und 65 Jahren, wie auch ein besonderes Gewicht auf Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren. Die Marplan-Studie wie auch eine der Untersuchungen, die in „SPIEGEL SPEZIAL: Das Profil der Deutschen“ dokumentiert sind, geht über einen deutsch-deut­

schen Vergleich hinaus und fragt auch Einstellungen des europäi­

schen Auslands, bzw. der französischen Bevölkerung zum Prozeß der deutschen Einigung ab.

Die ZIJ-Studien legen aufgrund ihres bisherigen Arbeitsgebie­

tes einen größeren Wert auf Jugendliche. Besonders in den Veröf­

fentlichungen dokumentiert ist die Untersuchung STUDENT 90, die auch als eine Vergleichsstudie mit der Universität Marburg durch­

geführt wurde. Die Angaben für die bundesdeutsche Studenten­

schaft sind allerdings nicht repräsentativ, sondern können nur als Hintergrundsfolie für die Leipziger Daten dienen. Bemerkenswert ist bei den ZIJ-Studien, daß dort teilweise auch Daten (leider nur für Jugendliche) dokumentiert werden, die bis in die siebziger Jahre zu-

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rückreichen und zumindest für diese Bevölkerungsgruppe auch langfristige Entwicklungen beobachten lassen.

Aus der Datenlage ergeben sich im wesentlichen drei Pro­

bleme:

eine oft schlechte Dokumentation von Anzahl der Befragten, Be­

fragungszeitraum und Stichprobenverfahren: teilweise mußte anhand des Erscheinungsdatums geschätzt werden, in wel­

chem Monat eine solche Untersuchung durchgeführt wurde;

Probleme mit der Stichprobe selber, die - gerade zu Beginn der Untersuchungen westlicher Institute - zu großen Verzerrun­

gen und damit mangelhafter Repräsentativität geführt hat: So weist die Spiegel-Umfrage vom Dezember 1989 einen überpro­

portional hohen Anteil an SED-Mitgliedern auf, während die BISS-Studie vom Oktober 1990 unter einem ungenügenden Rücklauf leidet;

eine Vielzahl von unterschiedlichen Frageformulierungen, die zwar auf ähnliche Themen ansprechen, aber dadurch nur be­

dingt miteinander vergleichbar sind. Dies ergibt sich aus der Vielzahl von Instituten, die mit den Untersuchungen beauf­

tragt sind: zum einen sind darunter bekannte westdeutsche In­

stitute wie EMNID oder Allensbach, zum anderen neugegrün­

dete ostdeutsche Institute wie INFO, EMM&EMM, Institut für Sozialdatenanalyse, BISS etc., sowie das etabliertere ZIJ.

Darüberhinaus werden unterschiedliche Populationen befragt - während in der einen Untersuchung wahlberechtigte Bürger angesprochen wurden, bezog die andere auch Jugendliche mit ein. Auch hier ist die Folge nur eine eingeschränkte Vergleich­

barkeit der jeweiligen Ergebnisse.

1.2 Themenkomplexe

Die Untersuchungen lassen sich einteilen in Fragen zur Wirt­

schaft, Politik zu sozialen Verhältnissen und Journaille.

Wirtschaft'. Fragen zu Preisen, Mieten, Zukunft der Betriebe und der wirtschaftlichen Entwicklung.

Politik'. Demokratieverständnis, Wahl verhalten, Sonntagsfrage, Sympathieskalen für Politiker, Staatenfrage.

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Soziale Verhältnisse', eigene wirtschaftliche Lage, Arbeitslosigkeit, Zukunftsaussichten, Konsulnverhalten, persönliche Sorgen, Gesundheit, Wohnen, Haushaltsausstattung, Freizeit, Le­

bensqualität, Werte.

Journaille'. Allgemeines Wissen (Broiler vs. MacDonald), Vergleich BRD/DDR, Vermutungen über Charaktereigenschaften,

nationale Stereotypen.

2. Übersicht über bisher erschienene Berichte von Umfragen

In Übersicht 1 werden die im Verlauf der letzten eineinhalb Jahre gesammelten Berichte über in der DDR, bzw. den fünf neuen Ländern durchgeführten Umfragen aufgeführt. Die Auflistung kann natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, gibt aber einen Eindruck von der Anzahl der bisher durchgeführten Meinungsumfragen. Die Berichte über Umfragen sind chronolo­

gisch nach dem Erhebungszeitraum geordnet, wo dies nicht mög­

lich war, nach dem Erscheinungsdatum des Berichts über diese Umfrage. Wurden in einem Bericht mehrere Umfragen verwendet, so ist sie nach dem Datum der frühesten Umfrage eingeordnet.

Nach dem Verfasser und Titel ist das durchführende Institut ange­

geben, die Fallzahl und - soweit ersichtlich - die Stichprobe der Be­

völkerung sowie der Erhebungszeitraum. Soweit nicht anders ange­

geben, beziehen sich die Umfragen auf in der DDR, bzw. den fünf neuen Bundesländern durchgeführte Untersuchungen. Übersicht 2 führt - zur besseren Orientierung - die im Text zitierten Umfragen und Untersuchungen auf.

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Übersicht 2: Erfaßte Umfragen in der DDR/Ostdeutschland

11/89 Meinungsprofile Blitzumffage DDR. In: Journal für Sozialforschung, Jg. 30, 1990, H. 1, S. 110-116. Institut für Soziologie und Sozialforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR, N=618 (Ostberlin).

"87% der Befragten: Ich bleibe hier", in: Neues Deutschland v. 14.11.1989, Blitzumfrage der Akademie der Wissenschaften an 4 Grenzübergängen und 2 Ostberliner Wohngebieten.

Zentralinstitut für Jugendforschung (ZU), "Jugend zwischen Wende und Vereinigung", Dokumentation von 7 Umfragen zwischen 20.11.1989 und 16.8.1990, repräsentativ für Bevölkerung der DDR ab 15 Jahren.

"Übergroße Mehrheit für sozialistische DDR", in: Neues Deutschland v.

25.11.1989, Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, N=

844.

"Wer zurückfährt ist willkommen" in: Der Spiegel Nr. 47/1989, EMNID.

12/89 "98% gegen Funktionäre", in: Der Spiegel Nr. 51/1989. ISS, Emnid, FG Wahlen, N=1032 Wahlberechtigte DDR, Umfrage vom 1.-8.12.1989.

"VEB in Privateigentum?", in: Der Spiegel Nr. 52/1989, SS, Emnid, FG Wahlen, N=1032 Wahlberechtigte DDR, Umfrage vom 1.-8.12.1989.

1/90 "Mehrheit gegen Deutschland, einig Vaterland", in: Berliner Zeitung v. 4.1.1990, Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED.

2/90 "Einheit? Ja, aber bitte billig!", in: Die Zeit, N r .ll, v. 9.3.1990. Institut für Demoskopie Allensbach, N=1109, Bundesbürger 14 Jahre und älter, Umfrage vom 14.-19.2.1990.

3/90 "Rechte nicht zum Spielball der Privatwirtschaft machen", in: Neues Deutschland v. 17.3.1990. Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, N =1100 erwachsene DDR-Bürger, Umfrage vom Februar 1990.

Gibowski, W.G. "Demokratischer Neubeginn in der DDR". Manuskript. FG Wahlen, Analyse der Volkskammerwahlen, Umfragen vom März 1990.

4/90 Klingemann, H.D. et al., "Was wird mit Berlin? Eine Befragung zur politischen und sozialen Entwicklung Berlins." WZB, Forschungsschwerpunkt Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse. Codebuch (erste Version), August 1990. INTERSOFIA, USUMA, N= 1378 (West-Berlin), N= 868 (Ost- Berlin), Umfragen: West-Berlin April 1990 - Mai 1990, Ost-Berlin: April 1990 - Juli 1990.

Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig (ZIJ), "Ausgewählte Ergebnisse", Dokumentation von vier Umfragen, N=1500 -1600, repräsentativ für Bevölkerung der DDR ab 15 Jahren.

"Deutschland, einig Vaterland", in: Inter/esse, Nr. 6/90 (Bundesverband Deutscher Banken). Marplan, N= 1700 BRD, N=808 (DDR), N=1000 (EG), Umfrage vom April/Mai 1990.

5/90 Jung, M.: "Parteiensystem und Wahlen in der DDR". In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. B27/90 v. 29.6.1990.

Noelle-Neumann, E. "Die Stimmung in Deutschland", in: FAZ v. 19.6.1990.

Institut für Demoskopie Allensbach, Umfrage von Mai 1990, Befragte aus BRD und DDR.

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Köcher, R. "Veraltete Produktionsanlagen, planwirtschaftliche Erblast", in: FAZ v. 14.9.1990. Institut für Demoskopie Allensbach, Umfragen vom Mai bis ca.

August 1990.

TrendReport Ost, Infratest Burke, Nr. 2, Juni 1991. Umfragen vom 8.5-7.6.1990, N=1009, 18jährige und älter; 10.12.-7.1.1991, N=926; 15.4.-21.5.1991, N=932.

Projekt "Sozialstruktur und Lebensqualität”. Institut für Sozialdatenanalyse (ISDA), N=1623, Umfrage vom Mai 1990.

6/90 "Wer sympathisiert mit welcher Partei?", in: Neues Deutschland v. 15./16.9.1990, BISS (Berliner Institut für sozialwissenschaftliche Studien), N=1305, Umfrage vom Juni 1990.

DIW-Wochenbericht Nr. 37/90"Arbeitsmarktstrukturen in der DDR" v.

12.9.1990. Umfrage: Sozio-Ökonomisches Panel (SOEP) der DDR vom Juni 1990.

Wagner, Gert / von Rosenbladt, Bernhard / Blaschke Dieter (Hrsg.), An der Schwelle zur Sozialen Marktwirtschaft. Ergebnisse aus der Basiserhebung des Sozio-ökonomischen Panels in der DDR im Juni 1990. Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 143. Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, 1991.

Forschungsgruppe Internationale Beziehungen "Materialien zu den Wahlen in der DDR", WZB, August 1990.

7/90 "Neue Bundesbürger, neue Leser, neue Konsumenten". Institut für Demoskopie Allensbach. Dokumentation dreier Umfragen: AWA '90/91 (Ost): Bevölkerung ab 14 Jahre, N=2014, Umfrage vom 7.11.1990-13.12.1990; DDR-AWA:

Bevölkerung ab 14 Jahre, N=1505, Umfrage vom 12.7.1990-10.8.1990; AWA '90:

Bevölkerung ab 14 Jahre der "alten" Bundesrepublik einschl. West-Berlin, N=15.418, Umfragen vom 6.3.1989-22.5.1989, 12.11.1989-31.1.1990, 10.4.1990-15.06.1990.

"Planziel verfehlt", in: Der Spiegel Nr. 42/90, Zentralinstitut für Jugendforschung (ZU), Umfrage unter 2280 Neuntklässlem.

Noelle-Neumann, E. "Premiere des demoskopischen Vergleichs zwischen Ost- und Westdeutschland", Vortrag vom 20. und 21.9.1990, Institut für Demoskopie Allensbach, Markt-Media-Analyse, N=1500, Umfrage vom 12.7.1990-10.8.1990.

"Aktiv auf neue Bedingungen eingestellt", in: Berliner Zeitung v. 5.10.1990, Institut für Marktforschung (Leipzig), Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (Berlin), N=400 Rentnerhaushalte, Umfrage vom Juli 1990.

"Stimmung in der DDR nach der Währungsunion", Infratest-Kommunika­

tionsforschung, N=1003 wahlberechtigte DDR-Bürger, Umfrage vom 25.7.1990- 17.8.1990.

8/90 "Nur vier Prozent der Bürger sind gegen die deutsche Einheit", in: Süddeutsche Zeitung v. 18/19.8.1990, Umfrage vom Sommer 1990 in der DDR.

Köcher, R. "Wachsende Beunruhigung - unbeirrtes Festhalten", in: FAZ v.

14.9.1990, Umfrage wahrscheinlich vom August 1990.

Noll, H.H. "Lebensbedingungen in der DDR", in: FAZ v. 22.8.1990, Umfragen aus: Sozialreport der DDR 1990.

9/90 Murck, M. "Transformation und Unsicherheit. Über die erwartbaren Nebenfolgen einer gewollten Entwicklung", in: PFA (Schriftenreihe der Polizei- Führungsakademie), Transformation. Zur Entwicklung in den neuen Bundesländern, 1/91, S. 5-10. Institut für Demoskopie Allensbach, Umfragen vom

15.-22.9.1990 und 10.-17.11.1990.

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Kölner Institut für empirische Psychologie, N= jeweils 960 Jugendliche zwischen 16 und 24 Jahren in BRD und DDR.

"Sorgen um Preise, Mieten, Arbeitsplatz", in: Neues Deutschland v. 8.10.1990.

Umfrage wahrscheinlich September 1990.

"Vom raschen Wandel der Werte", in: Junge Welt v. 5.10.1990, EMM & EMM, N=800 12-18jährige, Umfrage wahrscheinlich Ende September.

"Den Neuen fehlt Selbstvertrauen", in: Der Spiegel, Nr. 46/1990, Emnid: N=2000 (Ost und West), ZU: N=1200 (Ost), Umfragen vom September/Oktober 1990.

Spiegel-spezial: Das Profil der Deutschen. Was sie vereint, was sie ttennt. Emnid:

N= 2208, Bevölkerung der neuen Bundesländer ab 15 Jahre, Umfrage vom 6.- 28.9.1990; N= 2097, Bevölkerung der alten Bundesländer ab 15 Jahre, Umfrage vom 13.9.-2.10.1990; ZU: N=1209, Bevölkerung der neuen Bundesländer ab 15 Jahre, Umfrage vom 19.-27.9.1990.

10/90 "Mit verhaltener Hoffnung in die deutsche Einheit", in: Berliner Zeitung v.

23.10.1990, BISS (Berliner Institut für sozialwissenschaftliche Studien), N=252.

Brämer, R./Heublein, U., "Studenten in der Wende?", in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B44/90, v. 26.10.1990, ZIJ, Universität Marburg, N= 522 (West), N= 1462 (Ost).

"Pessimismus in Grenzen", in: Neues Deutschland v. 4.10.1990. Institut für empirische Psychologie, Köln.

"Deutschland 2000: Den Staat, den wir uns wünschen", in: SZ-Magazin Nr. 1 v.

4.1.1991. Infratest, N= 1008 (West), N= 928 (Ost), deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahre, Umfrage vom Oktober/November 1990.

Köcher, R. "Im Osten überwiegt die wirtschaftliche Skepsis", in: FAZ v.

7.11.1990, Institut für Demoskopie Allensbach, N= 1000 (Ost), 1000 (West), Umfrage vom 20.-27.10.1990.

11/90 "Sicherheit des Arbeitsplatzes bleibt im Osten Priorität", in: Berliner Zeitung v.

17./18.11.1990, Marplan, Concret, N=1947 Wahlberechtigte (West), N=846 Wahlberechtigte (Ost), Umfrage vom Oktober 1990.

ROSES-CNRS (Reforme et Ouvertüre des Systemes Economiques Socialistes, Universite Grenoble II): Panel sur la Populations Est-Allemande. Premiere Vague:

Novembre 1990. Dokumentation. USUMA, N= 2087 Personen über 18 Jahren, Umfrage vom 10.-20.11.1990.

"Im Osten überwiegt die wirtschaftliche Skepsis", in: FAZ v. 7.11.1990, N=1000 (West), N=1000 (Ost), Umfrage vom 20.-27.10.1990.

Landua, D./Spellerberg, A./Habich, R. "Der lange Weg zur Einheit - Unter­

schiedliche Lebensqualität in den "alten" und "neuen" Bundesländern". Berlin:

Arbeitsgruppe Sozialberichterstattung, WZB, P 91 - 101. Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, N=735, Bevölkerung ab 18 Jahre, Umfrage vom 29.10.1990 bis Mitte Dezember 1990. (Wohlfahrtssurvey Ost).

Landua, D. "Methodenbericht zum Wohlfahrtssurvey 1990-Ost", Berlin:

Arbeitsgruppe Sozialberichterstattung, WZB, März 1991. Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, N=735, Bevölkerung ab 18 Jahre, Umfrage vom

29.10.1990 bis Mitte Dezember 1990.

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Habich, R./Landua, D./Seifert, W./Spellerberg, A. '"Ein unbekanntes Land' - Objektive Lebensbedingungen und subjektives Wohlbefinden in Ostdeutschland", in: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 32/91 v. 2.8.1991. Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig, N=735, Bevölkerung ab 18 Jahre, Umfrage vom

29.10.1990 bis Mitte Dezember 1990. (Wohlfahrtssurvey Ost).

Böltken, F. "Lebens- und Wohnverhältnisse in den alten und neuen Ländern aus Sicht und im Urteil der Bürger", in: BfLR-Mitteilungen 1/März 1991. N=2000 (West), N=1800 (Ost), Umfrage vom November/Dezember 1990.

12/90 Koch, A. "Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft im Osten hoch im Kurs", in: ISI Informationsdienst Soziale Indikatoren Nr. 6, Juli 1991. ZUMA, Umfrage vom Dezember 1990.

Dietzel, D. "Jung, qualifiziert und arbeitslos", in: Berliner Zeitung v. 5.12.1990.

INFO-Umfrage, repräsentative Umfrage im Bereich der vier Ostberliner Arbeitsämter, N=819.

2/91 Hausstein, B. "Leben '91" Institut für Soziologie und Sozialpolitik. Empirisch- Methodische Arbeitsgruppe. Daten und Feldbericht. Umfrage vom 25.2.- 18.3.1991, N= 1466, repräsentativ für Bevölkerung ab 18 Jahre.

3/91 "Frauen trifft die soziale Misere stärker", in: Berliner Zeitung Nr. 69/1991 (o.Datum), Concret, Umfrage vom März 1991.

"Kommt die Zwei- oder die Ein-Drittel-Gesellschaft?", in: Neues Deutschland v.

20.3.1991.

4/91 "Erdrutsch im Osten: SPD klar vom - Die politische Situation im Mai", in: Der Spiegel, Nr. 20/1991, Emnid, Umfrage aus zweiter April-Hälfte.

5/91 Winkler, A.R. "Lebensstile in den neuen Bundesländern". GfK Ver­

braucherforschung, Mai 1991.

6/91 "Nur noch so beliebt wie die Russen", in: Der Spiegel, Nr. 30/1991, Emnid, N=

1000 (West), N= 1000 (Ost), Umfrage vom Juni/Juli 1991.

"Zehn Jahre bis zum Wohlstand?", in: Der Spiegel, Nr. 31/1991, Emnid, N= 1000 (West), N= 1000 (Ost), Umfrage vom Juni/Juli 1991.

"Ein Drittel der Ostdeutschen liebäugelt öfter mit Vergangenem", in: Der Tagesspiegel v. 7.6.1991.

7/91 "Gemischte Gefühle in Ostdeutschland", in: Berliner Zeitung v. 10.7.1991. Institut für Marktforschung Leipzig, N=ca. 1000 ostdeutsche Haushalte, Umfrage vom Juni 1991.

Gensicke, Th. "Die soziale Psyche und die Mentalität der Ostdeutschen vor und nach der Wende", Manuskript, o.D.

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Übersicht 2: Im Text verwendete Untersuchungen

Allensbach (20.-27.10.90), "Im Osten überwiegt die wirtschaftliche Skepsis", Institut für Demoskopie Allensbach, N=1000 (West), N=1000 (Ost).

AWA 7-8/90,"Neue Bundesbürger, neue Konsumenten", In stitu t für Demoskopie Allensbach, Bevölkerung ab 14 Jahre, N=1505,

Umfrage vom 12.7.1990-10.8.1990.

AWA 11-12/90, "Neue Bundesbürger, neue Konsumenten", Institut für Demoskopie Allensbach, Bevölkerung ab 14 Jahre, N=2104, Umfrage vom 7.11.1990-13.12.1990.

Böltken, F."Lebens- und Wohnverhältnisse in den alten und neuen Ländern aus Sicht und im Urteil der Bürger", Bundesanstalt für Landes- und

Raumplanung, N=2000 (West), N=1800 (Ost), Umfrage vom November/Dezember 1990.

Concret/Marplan 10/90, "Sicherheit des Arbeitsplatzes bleibt im Osten Priorität", N=1947 Wahlberechtigte (West), N=846 Wahlberechtigte (Ost),

Umfrage vom Oktober 1990.

Der Spiegel 1/91; 6-7/91: Umfragen vom Jan u ar und Juni/Juli 1991

(dokumentiert: Umfrage vom Juni/Juli 1991): Emnid, N=1000 (West), N=1000 (Ost), in: Der Spiegel Nr. 30/91 und 31/91.

Dietzel, D. "Jung, qualifiziert und arbeitslos", INFO-Umfrage, repräsentative Umfrage im Bereich der vier Ostberliner Arbeitsämter, N=819.

DIW-Wochenbericht 37/90 "Arbeitsm arktstrukturen in der DDR" v. 12.9.1990.

Umfrage: Sozio-ökonomisches Panel (SOEP) der DDR vom Ju n i 1990.

"Ein Drittel liebäugelt öfter m it Vergangenem" (Bericht über Pressekonferenz W.G. Gibowski, auf der Ergebnisse mehrer Umfragen vorgestellt wurden), ohne weitere Angaben.

"Gemischte Gefühle im Osten", Institut für Marktforschung Leipzig, N ca. 1000 ostdeutsche Haushalte, Umfrage vom Juni 1991.

Gensicke, T. "Die soziale Psyche und die M entalität der Ostdeutschen vor und nach der Wende", M anuskript.

Infratest 1(7-8/90), "Stimmungen in der DDR nach der Währungsunion", Infratest-Kommunikationsforschung, N=1003 Wahlberechtigte DDR- Bürger, Umfrage vom 12.7.1990-17.8.1990.

Infratest II (11/90), "Deutschland 2000: Der Staat, den wir uns wünschen", N=1008 (West), N=928 (Ost), deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahre, Umfrage vom November/Dezember 1990.

Infratest TrendReport Ost Nr. 2, Juni 1991, Umfragen vom 8.5.-7.6.1990, N= 1009, 18jährige und älter; 10.12.1990-7.1.1991, N=926; 15.4.-21.5.1991, N=932.

Institut für Marktforschung (Leipzig), Institut für angewandte W irtschafts­

forschung (Berlin), "Aktiv auf neue Bedingungen eingestellt", N=400 Rentnerhaushalte, Umfrage vom Juli 1990.

Koch, A. "Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft im Osten hoch im Kurs", ZUMA, Umfrage vom Dezember 1990.

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Köcher, R. "Wachsende Beunruhigung - unbeirrtes Festhalten", Institut für Demoskopie Allensbach, Umfrage wahrscheinlich vom August 1990.

Murck, M., "Transformation und Unsicherheit". In stitu t für Demoskopie Allensbach, Umfragen vom 15.-22.9.1990 und 10.-17.11.1990.

Noelle-Neumann, E. "Premiere des demoskopischen Vergleichs", In stitu t für Demoskopie Allensbach, Markt-Media-Analyse, N=1500, Umfrage vom 25.7.1990-17.8.1990 (Vgl. AWA 7-8/90).

Schober, K. "Berufsstart: Ausgangslage und Zukunftserwartungen Jugend­

licher", Sozio-ökonomisches Panel DDR, Umfrage vom Juni 1990.

SOEP-Basiserhebung DDR (Sozio-ökonomisches Panel), Umfrage vom Juni 1990.

N=4.000 Haushalte, alle Personen über 16 Jahre. Organisiert von der Projektgruppe Das Sozio-ökonomische Panel am DIW, Berlin; Feldarbeit Infrate st-Sozialforschung, München.

Sozialreport 1990, hrsg. von G. Winkler, Berlin 1990; auch zitiert nach Noll, H.H. "Lebensbedingungen in der DDR"'.

Spiegel-Spezial: Das Profil der Deutschen. Was sie vereint, was sie trennt.

Emnid: N= 2208, Bevölkerung der neuen Bundesländer ab 15 Jahre, Um­

frage vom 6.-28.9.1990; N= 2097, Bevölkerung der alten Bundesländer ab 15 Jahre, Umfrage vom 13.9.-2.10.1990; ZIJ: N=1209, Bevölkerung der neuen Bundesländer ab 15 Jahre, Umfrage vom 19.-27.9.1990.

Stephan, R., "Mehrheit gegen ein 'Deutschland einig Vaterland", Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED.

SZ-Magazin "Deutschland 2000: Der Staat, den wir uns wünschen", Infratest, N=1008 (West), N=928 (Ost), deutschsprachige Bevölkerung ab 14 Jahre, Umfrage vom November/Dezember 1990.

USUMA, ROSES-CNRS, N=2097 über 18jährige, Umfrage vom 10.-20.11.1990.

Wohlfahrtssurvey Ost: Arbeitsgruppe Sozialberichterstattung WZB, Zentral­

institut für Jugendforschung, N=735, Bevölkerung ab 18 Jahre, Umfrage vom 29.10.1990 bis Mitte Dezember 1990.

Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig (ZIJ), "Ausgewählte Ergebnisse", Dokumentation von vier Umfragen, N=1500 - 1600, repräsentativ für Bevölkerung der DDR ab 15 Jahren.

(14)

Im folgenden inhaltlichen Teil werden Ergebnisse aus den oben angeführten Untersuchungen referiert. Das Augenmerk wird darauf gerichtet sein, wie die Bevölkerung in Ostdeutschland den anhaltenden Prozess des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbaus subjektiv wahrnimmt. Im einzelnen soll auf die Zufrieden­

heit, bzw. Unzufriedenheit der Menschen mit einzelnen Bereichen ihres Lebens eingegangen werden, desweiteren soll dargestellt wer­

den, welche Erwartungen diese Menschen für ihre persönliche Zu­

kunft und die Ostdeutschlands hegen, schließlich wird auf die An­

sprüche, die die Bevölkerung an den Staat stellt, eingegangen wer­

den. Im Vordergrund steht dabei immer die Bevölkerung der neuen Bundesländer, wo es sich aber anbietet, werden auch Daten für die alte Bundesrepublik präsentiert - vor allem, um auf die tiefen Unter­

schiede hinzuweisen, wie der Prozeß des Zusammenwachsens der beiden Teile Deutschlands hüben und drüben erlebt wird.

3. Lebensbereiche

3.1 Bedeutung von Lebensbereichen

Die Wichtigkeit von verschiedenen Lebensbereichen durch die Befragten kann einerseits Auskunft darüber geben, welchen Berei­

chen im Leben der Befragten besondere Bedeutung beigemessen wird, in der zeitlichen Reihung kann zusätzlich darüber Auskunft gegeben werden, ob und welche Bereiche an Bedeutung gewonnen oder verloren haben. Dabei zeigt sich, daß in der Bevölkerung der neuen Bundesländer die Wertehierarchie zwar auf der Ebene der Lebensbereiche relativ stabil ist, aber Veränderungen offenbart, wenn die Höhe der Verteilungen betrachtet wird. Im Vergleich zur westdeutschen Bevölkerung entsprechen sich die Wertehierarchien im wesentlichen: abgesehen vom „Schutz der natürlichen Umwelt“

als Wert entspricht die Rangordnung der Werte der der Bürger der

(15)

Seite 14

alten Bundesrepublik, wenn auch im Osten auf einem wesentlich höherem Anspruchsniveau2.

Tab. 1: Wichtigkeit von Lebensbereichen

SOEP (6/90)

Wohlfahrtssurvey (10-11/90)

Arbeit 45 60

Gesundheit 91 80

Freizeit 36 36

Familie 82 83

Freundeskreis 25 43

Einkommen

Einfluß auf pol. 64 58

Entscheidung 10 10

Erfolg im Beruf

Schutz d. natürlichen 29 32

Umwelt 62 67

Liebe u. Zuneigung

Glaube 8 71

SOEP: Welche der nachfolgenden Bereiche sind für Ihr Wohlbefinden und Ihre Zufriedenheit sehr wichtig, wichtig, weniger wichtig oder unwichtig?

(Ausgewiesen "Sehr wichtig")

Wohlfahrtssurvey: Die Bereiche, über die wir bisher gesprochen haben, können für das

Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Menschen unterschiedlich wichtig sein. Sagen Sie mir bitte für die nachfolgenden Bereiche, ob sie für Ihr Wohlbefinden und Ihre Zufriedeneheit sehr wichtig, wichtig, weniger wichtig oder unwichtig sind.

(Ausgewiesen: "Sehr wichtig")

Tabelle 1 zeigt, daß es im Prinzip zwischen Juni 1990 und Ok- tober/November 1990 nur wenig Veränderungen in der Wichtigkeit der Lebensbereiche gegeben hat: „Gesundheit“ und „Familie“ teilen sich in der Rangfolge die ersten beiden Plätze, den vierten und fünf­

ten Platz nehmen „Schutz der natürlichen Umwelt“ und „Arbeit“

ein. Interesanterweise ist aber in diesen vier Monaten die Bedeutung des "Einkommens" (auf dem dritten Rang im Juni) auf den sechsten Rang im Oktober/November abgerutscht, während im Oktober/No- vember stattdessen der Bereich „Liebe und Zuneigung“ den dritten Rang einnahm. Die Wertehierarchie scheint auf der Ebene der

2 Vgl. dazu: Datenreport 1989, S. 371; D. Landua / A. Spellerberg / R.Habich 1991, S. 6.

(16)

Lebensbereiche relativ stabil zu sein. Veränderungen zeigen sich aber, wenn die Höhe der Verteilungen betrachtet wird: So haben die Werte „Arbeit“, und „Freundeskreis“ deutlich an Wichtigkeit ge­

wonnen, „Erfolg im Beruf' und „Schutz der natürlichen Umwelt“

hat etwas dazu gewonnen, während vor allem der Wert „Gesund­

heit“ deutlich und „Einkommen“ etwas an Wichtigkeit verloren haben. Insgesamt könnte dies noch als eine Dominanz privater Werte (Familie, Gesundheit, Liebe und Zuneigung) gedeutet werden, wobei aber die Bedeutung der Lebensbereiche, die äußeren Anforde­

rungen unterliegen, für die Befragten im Steigen begriffen sind.

Wird nach der Wichtigkeit von Werten gefragt, die das eigene Handeln leiten können (so in den Umfragen des Zentralinstituts für Jugendforschung ZIJ, Tabelle 2), so zeigt sich hier eine vergleich­

bare Veränderung wie oben: Stand unter den fünf wichtigsten Wer­

ten im April und im August 1990 noch „Selbsterfüllte Arbeit“ als Wert obenan, so wurden zwischen April und August 1990 nur die Rangplätze 2 und 3 vertauscht („Menschen in Not helfen“ und „Frei­

heit und Unabhängigkeit“), danach folgt „Alles genießen“ und „Sich aktiv für eine menschenwürdigere Gesellschaft einsetzen“. Aber ebenso wie oben zeigt sich die Verschiebung in der Verteilung: Deut­

lich zugelegt haben individualistische Werte wie „Freiheit und Un­

abhängigkeit“ und „Alles genießen“. Etwas anders verhält es sich mit dem Lebensziel „Arbeit, die erfüllt“: Angesichts einer sowohl zu­

nehmenden Arbeitslosigkeit wie auch dem Gefühl, daß der eigene Arbeitsplatz bedroht sei (s.u. Kap. 3.2.2.) scheint selbsterfüllte Arbeit als Luxus betrachtet zu werden, welches als Lebensziel zwar noch an prominenter Stelle steht, aber möglicherweise an Bedeutung ver­

liert. Ebenso haben solidarische Werte wie „Sich aktiv für eine menschenwürdige Gesellschaft einsetzen“ und „Menschen in Not helfen“ abgenommen. Damit zeigt sich hier die entsprechende Ent­

wicklung zur Wichtigkeit von Werten: die zunehmende Bedeutung von Lebensbereichen, die äußeren Anforderungen unterliegen, geht in Hand mit der zunehmenden Bedeutung von individualistischen Lebenszielen.

(17)

Tab. 2: Wichtigkeit von Lebenszielen (Anteile in Prozent)

Sozialreport ZIJ SOEP AWA ZU Spiegel Spezial W ohlfahrtssurvey

(1/1990) (a) (4/1990) (b) (6/1990)(c) (7-8/1990) (d) (8/1990) (e) (9/1990) (f) (10-11/1990) (g) sehr wichtig" "sehr große/ "sehr wichtig" "besonders "sehr große/große "sehr wichtig" "sehr wichtig”

große Bedeutung" wichtig" Bedeutung"

AWA (11-12/1990) (h)

"besonders wichtig"

Recht und Ordnung i Sichcrheit/Gcborgenheit

Soziale Gerechtigkeit Reinlichkeit/Sauberkeit Für Frieden einsetzen Ganz für Familie da sein

Menschen in Not helfen 75

82 Sparsamkeit

Freiheit u. Unabhängigkeit Leistungsbereitschaft Gepflegte? Aussehen...

Hohes Einkommen/

M aterieller Wohlstand

74

Sozialer Aufstieg Techn. Wiss. Fortschritt

Christi. Glauben leben Teilnahme am pol. Leben

24

10

Löhne/IVeise 85 64

Umwelt 62

Rechtssystem 79

Soziale Sicherheit . . 77 K

Arbeit 70 45

Partnerschaft 67

Gesundheit 62 91

Demokratie 59

Kinder 54

Wohnung 49

Freizeit 45 36

Bildung 44 S

73 73 73 73 64 63

63 73 . 33

i l l l Ä

54

62 83

51 58

50 . 41 36 31

5

16 25 8

17 ' 14 10

... 58 : 67

60 80

36 33

Seite 16

Offen u. ehrlich Meinung vertreten

Disziplin u. Zuverlässigkeit eigene Bereitschaft zu Umweltschutz Vielseitiges u. abwechs­

lungsreiches Leben

70 56 45 32

Fortsetzung nächste Seite

79 78 78 78 68 68 68 57 56 56 56 47 41 35 17 17

(18)

"sehr wichtig" "sehr wichtig" "besonders wichtig'

"große Bedeutung" wichtig" Bedeutung"

Arbeit mit viel Geld 29

Kreativität 22

Alles genießen 53 60 19

Risikobereitschaft 14

Angenehmes Leben 7

Gößerer Besitz 11 5

Arbeit, die erfüllt 91 85

Aktiv f. menschenwürdige

Gesellschaft einsetzen 67 ? \ 59

Freundeskreis 25 43

beruflicher Erfolg 29 32

Liebe und Zuneigung 71

(a) : nicht ausgewiesen (b) : ab 15 Jahren (c) : ab 16 Jahren (d) : ab 14 Jahren

(e) : ab 18 Jahren (f) : ab 15 Jahren (g) : ab 18 Jahren (h) : ab 14 Jahren

CO

-a

(19)

Seite 18

3.2 Zufriedenheit mit Lebensbereichen

Neben der Bedeutung spielt vor allem die Zufriedenheit mit bestimmten Lebensbereichen eine Rolle für das Gefühl subjektiven Wohlbefindens: Aus Differenzen zwischen der Bedeutung, die die Befragten einem Lebensbereich zumessen, und der subjektiv emp­

fundenen Zufriedenheit können Ansprüche gegenüber dem Staat oder sich selber erwachsen.

3.2.1 Allgemeine Lebenszufriedenheit

Die Frage, wie zufrieden man zur Zeit, alles in allem, mit sei­

nen Lebensumständen sei, wird als Gesamtbewertung der gegen­

wärtigen Lebensumstände eines Individuums aufgefaßt und soll als Maß subjektives Wohlbefinden erfassen. Der Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschen ist dabei aufschlußreich: sowohl im No­

vember 1990 als auch im Juni/Juli 1991 unterscheiden sich beide Be­

fragtengruppen stark voneinander. Nach den Umfragen im Auftrag des Spiegels vom Juni/Juli 1991 ist nur eine geringfügige Minderheit der Westdeutschen mit ihren Lebensumständen unzufrieden (9%),

„teils-teils“ geben 22% an, die Mehrheit aber der Westdeutschen ist zufrieden oder völlig zufrieden (68%). Ganz anders sieht dagegen die Lebenszufriedenheit unter den Ostdeutschen aus: zwar ist auch hier nur eine Minderheit (19%) „überhaupt nicht“ oder „nicht zufrieden“, knapp die Hälfte der Befragten aber (46%) sind unentschieden in ih­

rer Lebenszufriedenheit, und nur 34% geben an, völlig zufrieden oder zufrieden zu sein.3 Eine solch unterschiedliche Verteilung - die Mehrheit ist im Westen zufrieden, die relative Mehrheit im Osten

3 Der Spiegel Nr. 31/1991, S. 41.

(20)

zeigt eine gedämpfte Zufriedenheit - zeigte sich schon in ähnlichen Relationen im November 1990.4 In dem halben Jahr zwischen diesen Zeitpunkten hat sich demnach bezüglich der allgemeinen Lebenszu­

friedenheit keine Veränderung des Verhältnisses zwischen Ost- und Westdeutschen ergeben.

Ist das Verhältnis in der Lebenszufriedenheit zwischen der Be­

völkerung der alten und neuen Bundesländer relativ stabil geblie­

ben, hat sich allerdings unter der Bevölkerung der neuen Bundes­

länder die allgemeine Lebenszufriedenheit zwischen Juni und Okto- ber/November 1990 leicht verschlechtert: lag auf einer Skala von 0 bis 10 der Mittelwert der Lebenszufriedenheit im Juni 1990 noch bei 6,7 so sank er bis zum Herbst auf 6,5 ab5. Zum Vergleich: 1988 betrug dieser Wert auf derselben Skala gemessen in den alten Bundeslän­

dern 7,9.6 Diese Verschlechterung hat auch Einfluß auf die Wahr­

nehmung der Vergangenheit: gefragt nach der Lebenszufriedenheit vor 5 Jahren zeigen sich zwischen Juni und Herbst 1990 Verände­

rungen in derselben Richtung wie die Wahrnehmung der Gegen­

wart (Juni: 6,5; Oktober/November: 6,2). Die gegenwärtige Lebenszu­

friedenheit beeinflußt die Sicht auf die Vergangenheit, so daß sich eine Rückkopplung zwischen der Niveauabsenkung der aktuellen Lebenssituation und der früheren Lebenssituation ergibt: Anstatt die Vergangenheit angesichts der eigenen wirtschaftlichen Schwierig­

keiten rosig zu verklären, wird sie entsprechend der gegenwärtigen Lage eingetrübt. Überraschenderweise gilt dieser Effekt aber nicht für die Sicht auf die Zukunft: der Mittelwert auf die Frage, wie denn die allgemeine Lebenszufriedenheit in 5 Jahren eingeschätzt würde, liegt zu beiden Zeitpunkten bei 7,5. Die Sicht auf die Zukunft ist hier von der Sicht der Gegenwart und der Vergangenheit abkoppelt und stellt einen eigenen Zeithorizont dar. Mit sinkender Lebenszufrie­

denheit bedeutet dies allerdings auch, daß sich eine immer größer

4 Spiegel-spezial, S. 68.

5 Für Juni 1990: G. Wagner / B. v. Rosenbladt/ D.Blaschke 1991, Tab, 1130 (Sozio-ökonomisches Panel); für Oktober/November 1990: D. Landua / A,Spellerberg / R, Habich 1991, S. 10; 19 (Wohlfahrtssurvey Ost).

6 Vgl. dazu: Datenreport 1989, S. 377.

(21)

Seite 20

werdende Schere zwischen gegenwärtiger Lebenssituation und der erwarteten zukünftigen - besseren - Situation öffnet.

3.2.2 Wohnen und Arbeit: Zufriedenheit trotz Defiziten

Wenn es auch einen relativ breiten Konsens gibt, welche Berei­

che für das eigene Wohlbefinden wichtig sind, so kann trotzdem nicht nicht davon ausgegangen werden, daß die Menschen mit allen Lebensbereichen gleich zufrieden oder unzufrieden sind. Die Le­

bensbereiche „Arbeit“ und „Wohnen“ sind die Bereiche, mit denen die Menschen in Ostdeutschland noch im Vergleich zu anderen Le­

bensbereichen am zufriedensten sind, wenn auch die Defizite in die­

sen Bereichen nicht übersehen werden. Am untersten Ende der Rangfolge der Zufriedenheiten findet sich dagegen der Bereich „Um­

weltschutz“.

Tabelle 3 zeigt die Rangordnung der Zufriedenheit in verschie­

denen Lebensbereichen, wie sie in mehreren Umfragen erhoben wurde. Zwar stellt sich auch hier wieder das Problem der Ver­

gleichbarkeit, da in den Umfragen nicht immer dieselben Lebensbe­

reiche angesprochen wurden. Es zeigt sich aber, daß sobald „Arbeit“

und „Wohnen“ in der Antwortenliste angegeben wurden, vor allem die Zufriedenheit mit der Wohnung und der Arbeit im Vordergrund standen. Die Ursache für die relativ hohe Zufriedenheit mit der Wohnung wird in der geringen Höhe der Miete zu finden sein: mit einem Anteil von 4% am Haushaltsnettoeinkommen ist dieser nur ein Viertel dessen, was im Westen für die Miete aufgebracht werden muß.7 So waren denn auch im Oktober 1990 knapp zwei Drittel (63%) der Befragten in Ostdeutschland mit der Höhe der Miete zufrieden, im Westen waren es nur 24%8. Doch auch wenn die Zufriedenheit mit der Wohung an erster Stelle steht, verbergen sich dahinter große

7 8

R. Habich et al. 1991, S. 17.

"Sicherheit des Arbeitsplatzes bleibt im Osten Priorität", in: Berliner Zeitung v. 17./18.11.1990.

(22)

wahrgenommene Defizite - vor allem in Bezug auf die Umweltbedin­

gungen im Wohnumfeld - die sich in einer im Vergleich zu den Westdeutschen wesentlich niedrigeren Zufriedenheit niederschla- gen.9 29% der Befragten geben an, daß die Wohnungsgröße nicht ausreiche, mit den Umweltbedingungen im Wohnumfeld sind nur

12% der Befragten zufrieden.

Ebenso trägt wohl die Tatsache, noch einen Arbeitsplatz zu ha­

ben, gleichfalls dazu bei, daß der Arbeit in der Rangfolge der Zufrie­

denheiten ein oberer Platz eingeräumt wird. Waren im Sommer 1990 5% der Befragten selber von Arbeitslosigkeit betroffen, so befürchte­

ten doch 54% aller Befragten, innerhalb von 6 Monaten ihren Ar­

beitsplatz zu verlieren10 11. Dazu kommen noch die skeptischen Ein­

schätzungen, nach dem Verlust des Arbeitsplatzes einen neuen, mindestens gleichwertigen zu finden: 64% sahen dies als

„schwierig“ an, 18% als „praktisch unmöglich“ 11. Vergleicht man die Zufriedenheit mit der Bedeutung, die verschiedenen Lebensbe­

reichen beigemessen wird, so heißt dies, daß hier zumindest in zwei Bereichen eine Deckung von Anspruch und Zufriedenheit festzustel­

len ist - auch wenn bei weiterem Nachfragen zum Teil erhebliche Defizite zu beobachten sind.

9 Lebens- und Wohnverhältnisse in den alten und neuen Ländern aus Sicht und im Urteil der Bürger, BfLR-Mitteilungen 1/März 1991.

10 Renate Köcher, "Wachsende Beunruhigung - unbeirrtes Festhalten", in:FAZ v. 14.9.1990, S. 9.

11 G.Wagner / B. v. Rosenbladt / D. Blaschke 1991, Tab. 1115.

(23)

Tab. 3: Zufriedenheit mit einzelnen Lebensbereichen nach Rängen

CO

CD

ff

t oto

Sozialreport ZU SOEP ZU Spiegel spezial Concret/Marplan Wohlfahrtssurvey

(1/1990) (a) (4/1990) (b) (6/1990) (c) (8/1990) (d) (9/90) (e) (10/90) (f) (10-11/1990) (g)

"sehr zufrieden/ "zufrieden/ eher "sehr zufrieden/ "zufrieden/ eher "sehr gut/gut" "zufrieden mit..." "eher zufrieden"

zufrieden" zufrieden" eher zufrieden" zufrieden"

1 5 1 3 10

6 9

12 Leben insgesamt

Lebensstandard Löhne/Preise finanzielle Lage

eigene wirtschaftliche Lage

H aushaltseinkommen 7 12

persönliches Einkommen 4

Preisentwicklung 5

Angebot an Dienstleistungen 2

wirtschaftliche Situation in DDR 7 4

SozialeSicherheit 5 12

Demokratie 10

politische Situation

politische Beteiligung 6 11

Partnerschaft : .l'C"<,?. 1

Familienleben 2

Möglichkeiten zur Kinderbetreuung

Kinder 5

Gesundheit 8 : ? :5,:

Arbeitsteilung im Haushalt 3

Wohnung 3 1 8

Wohngegend 3 ... 7

Höhe der Miete

Arbeit 3 2 2 4

Sicherheit d. Arbeitsplatzes 3

Freizeit 7 6 6

Bildung //.■ '':x 5 ;

Umwelt 11 7 8 14

Rechtssystem 9

öffentliche Sicherheit 13

(a) : nicht ausgewiesen (b) : ab 15 Jahren (c) : ab 16 Jahren (d) : ab 18 Jahren

(e) : ab 15 Jahren (f) : nicht ausgewiesen (g) : ab 18 Jahren

* zufrieden/völlig zufrieden

** zufrieden (Werte 1 und 2 auf sechsstufiger Skala)

(24)

3.2.3 Unzufriedenheit: Umwelt

Ganz anders sieht es aber bei der Frage nach den geringsten Zufriedenheiten - oder umgekehrt: den größten Unzufriedenheiten - aus. Wird Umwelt und Umweltschutz in der Bedeutung der Lebens­

bereiche weit oben angesiedelt, liegt er hier in der Zufriedenheit an letzter Stelle. Schon vor der Wende im November 1989 wurden Um­

welt und Umweltschutz von über 80% der Befragten als äußerst dringliche Aufgabe vor allen anderen Bereichen für die DDR ange­

sehen, gleichzeitig waren aber nur etwas über 20% der Hoffnung, daß bis zum Jahr 2000 erhebliche Verbesserungen zu erwarten wä­

ren12. Eine größere Diskrepanz zwischen Bedeutung eines Lebens­

bereiches und geäußerter Zufriedenheit läßt sich wohl kaum darstel­

len.

3.2.4 Die eigene wirtschaftliche Situation: Zunehmende Polarisie­

rung und sinkende Stimmung

Für alle Lebensbereiche besonders wichtig ist die persönliche wirtschaftliche Situation: Die Zufriedenheit mit dem Haushaltsein­

kommen oder der sozialen Sicherung ebenso wie Bedrohung durch Arbeitslosigkeit und der damit verbundene Verlust der eigenen wirtschaftlichen Existenz. Die Einschätzung der eigenen wirtschaft­

lichen Lage weist eine zunehmende Polarisierung zwischen denje­

nigen auf, die sich seit der Wende materiell verbessert haben, und jenen, die sich seitdem verschlechtert haben. Gleichzeitig zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Stimmung in der Bevölkerung

12 T. Gensicke: Die soziale Psyche und die M entalität der Ostdeutschen vor und nach der Wende, Grafik 1.

(25)

Seite 24

und Wahrnehmung der eigenen materiellen Situation: Je weiter die Zeit voranschreitet, desto schlechter wird die Stimmung unter der Bevölkerung der neuen Bundesländer und desto schlechter wird auch die eigene materielle Situation wahrgenommen.

Tab. 4: Entwicklung der persönlichen wirtschaftlichen Situation

Infralest (I) eher verbessert gleich eher verschlechtert

Spiegel Spezial besser genauso schlechter

Allensbach heute besser kein Unterschied schlechter

Infratest (H) besser gleich schlechter

Der Spiegel viel/etwas besser genauso etwas/viel schlechter

(7-8/1990) 16 36 48

(9/1990) 29 47 24

(10/1990) 34 45 21

(11/90) 18 51 31

(5/1991) 40 28 30

Infratest (I): Entwicklung persönlicher finanzieller Situation nach Währungsunion? (7-8/90) Spiegel-spezial: eigene wirtschaftliche Lage im Vergleich vor einem Jahr? (9/90)

Allensbach: eigene wirtschaftliche Lage vor einem Jahr? (20.- 27.10.90)

Infratest (II): eigene wirtschaftliche Lage im Vergleich zu November 1989? (11/90) Der Spiegel: eigene wirtschaftliche Lage im Vergleich zur Wende? (5/91)

Gaben im Herbst 1990 noch 29% der Befragten aus den neuen Bundesländern an, daß sie sich finanziell verbessert hätten, und war es noch ungefähr die Hälfte der Befragten, bei denen sich die wirtschaftliche Situation nicht verändert hatte, so verringerte sich bis zum Mai 1991 der Anteil in der mittleren Kategorie und der An­

teil derjenigen, die sich verschlechtert hatten, nahm zu {Tabelle 4).

Bis zum Mai 1991 hatte sich für weniger als die Hälfte der Befragten nach eigener Einschätzung ihre materielle Lage verbessert, aber insgesamt waren es mehr Menschen, für die sie sich verschlechtert hatte, als daß sie zumindest gleichgeblieben war. Gleichzeitig gaben immer mehr Personen an, daß sie sich finanziell einschränken müssten: waren dies vor der Währungsunion noch 30% (Juni 1990), so mußte sich schon im Januar 1991 die Hälfte der Bevölkerung fi­

nanziell einschränken, im Mai 1991 war dieser Anteil auf 57% ge­

(26)

stiegen.13 Diese Entwicklung wird umso eindrücklicher, wenn man das gleichbleibend hohe Niveau der Zufriedenheit mit der eigenen wirtschaftlichen Lage in den alten Bundesländern dagegenhält.

Zwei Drittel der Befragten sahen sowohl im Herbst 1990 wie auch im Sommer 1991 ihre eigene Lage als „sehr gut“ oder „gut“ an, ambiva­

lent waren 30%, und nur 5% betrachteten ihre Lage als „schlecht“

oder „sehr schlecht“. In derselben Zeit ging das ohnehin niedrigere Niveau in den neuen Bundesländern noch weiter zurück: von 37%

auf 31% derjenigen, die ihre eigene wirtschafliche Lage als „sehr gut“ oder „gut“ ansahen; der Anteil derjenigen, die ambivalent wa­

ren, bzw. ihre Lage als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ einschätzten, stieg um jeweils drei Prozentpunkte auf nun 53%, bzw. 16%.14 Je weiter die Zeit voran schreitet, desto schlechter wird die Stimmung unter der Bevölkerung in den neuen Bundesländern, und desto schlechter wird auch die eigene materielle Situation wahrgenom­

men.

Genauso war im August 1990 für knapp die Hälfte der Befrag­

ten (48%) direkt nach der Währungsunion die persönliche finan­

zielle Situation gleich geblieben, nur 16% hatten sich dadurch ver­

bessert, und über ein Drittel hatte sich finanziell verschlechtert.

Überdurchschnittlich verschlechtert hatte sich die Einkommenssi­

tuation der LPG/PGH Mitglieder (57% im Vergleich zu durch­

schnittlich 36%), überdurchschnittlich profitiert hatten die Rentner - zumindest kurzfristig, solange die Renten zwar erhöht wurden, Preis- und Mietpreisbindung aber noch bestehen blieb (36% der Rentner im Vergleich zu durchschnittlich 16%)15.

13 Infratest TrendReport Ost Nr. 2, Juni 1991, S. 6.

14 Der Spiegel Nr. 30/91, S. 25.

15 Infratest, August 1990, Schaubild 8.

(27)

Seite 26

3.2.5 Die wirtschaftliche Situation der anderen: Das Gefühl, abge­

hängt worden zu sein

Die Zufriedenheit mit dem eigenen wirtschaftlichen Wohlstand beruht nicht nur auf der absoluten Höhe des Einkommens, sie ist auch abhängig vom Vergleich des eigenen Wohlstandes mit dem der Nachbarn, Kollegen etc. Für die Bevölkerung der neuen Bundeslän­

der zeigt sich aber in diesem Vergleich untereinander, daß, wenn das Ausmaß des Aufschwungs geschätzt werden soll, sich in der Fremdeinschätzung und der Selbsteinschätzung solche Unter­

schiede auftun, daß der Eindruck entsteht, den meisten anderen würde es besser gehen, nur einem selber nicht.

Wird nach der Fremdeinschätzung gefragt, d.h. wievielen es denn gegenwärtig besser ginge16, so sind im April 1991 51% Min­

derheit oder kaum jemanden zuträfe, 48% (Juni/Juli: 51%) meinten aber, daß es mindestens der Hälfte, den meisten oder fast allen bes­

ser ginge. Verglichen mit den 40%, die selber angeben, daß es ihnen materiell besser ginge, zeigt sich hier in der Fremdeinschätzung eine Überschätzung des Ausmaßes des Aufschwungs. Dadurch, daß immer mehr meinen, den anderen ginge es besser, schlägt sich die negative Entwicklung in der Stimmung nieder. Damit deutet sich ein neues, wachsendes Unzufriedenheitspotential an - ein Teil der Bevölkerung glaubt, vom Auf-schwung der Nachbarn abgehängt zu werden. Gleichzeitig offenbart sich auch eine starke unterschiedli­

che Wahrnehmung zwischen den Menschen aus Ost- und West­

deutschland: Von letzteren sind sogar 61% der Befragten der An­

sicht, daß es mindestens der Hälfte der ostdeutschen Bevölkerung in der Zwischenzeit besser ginge. Solch unterschiedliche Perzeptionen können - wenn sie sich verfestigen - dann zu Auseinandersetzungen

16 Der Spiegel Nr. 20/91, S. 69; Der Spiegel 31/91, S. 48.

(28)

führen, wenn es um weitere materielle Unterstützung für die Län­

der der ehemaligen DDR geht.

Nahezu unverändert über die Monate zeigt sich in der Ein­

schätzung der ostdeutschen Bevölkerung die allgemeine wirtschaft­

liche Lage ihrer Bundesländer (Tabelle 5). Von Juli 1990 bis Juli 1991 hat sich in der überwiegenden Einschätzung der Lage als „schlecht“

oder „sehr schlecht“ (78%) fast nichts geändert, ebenso in den ande­

ren Kategorien „teils/teils“ und „sehr gut/gut“.

Tab. 5: Zufriedenheit mit der allgemeinen wirtschaftlichen Lage

ZU sehr gut/gut teils/teils schlecht/sehr schlecht

Spiegel spezial sehr gut/gut teils/teils schlecht/sehr schlecht Der Spiegel sehr gut/gut teils/teils schlecht/sehr schlecht

(7-8/1990) 1 19 80

(9/1990) 2 19 78

(1/1991) 3 18 78

(6-7/1991) 3 19 78

ZIJ: heutige wirtschaftliche Lage in der DDR? (7-8/90) Spiegel-spezial: allgemeine wirtschaftliche Lage? (9/90)

Der Spiegel: wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland? (1/91; 6-7/1991)

Möglicherweise stellt dies aber das Stimmungstief dar, zumin­

dest in der Wirtschaft scheinen, gefragt nach den Geschäftserwar­

tungen der nächsten 6 Monate, die Optimisten wieder die Mehrzahl zu gewinnen17. Gleichzeitig offenbart sich aber im Vergleich zur persönlichen wirtschaftlichen Situation eine deutliche Diskrepanz:

erste wird im Vergleich zur allgemeinen wirtschaftlichen Situation als deutlich überhöht - bzw. umgekehrt, die allgemeine wirtschaftli­

17 Globus Kartendienst, Nr. Bb-8968, v. 3.6.1991.

(29)

Seite 28

che Situation als deutlich schlechter als die eigene - wahrgenom- men.

Insgesamt zeigt sich, daß in der Bevölkerung der fünf neuen Länder

eine Differenz zwischen Ansprüchen an Lebensbereiche und der Zufriedenheit ihrer Realisierung besteht;

sich in der Wahrnehmung der Menschen eine zunehmende Polarisierung zwischen denjenigen, deren materielle Lage sich verbessert, und denjenigen, deren Lage sich seit der Wende ver­

schlechtert hat, entwickelt;

mit der Konsequenz, daß ein Teil der Bevölkerung den Eindruck gewinnt, von der wirtschaftlichen Entwicklung der Nachbarn abgehängt zu werden;

deutliche Wahrnehmungsunterschiede zwischen West- und Ostdeutschen bestehen, wodurch die bislang erreichten Ergeb­

nisse in den Augen der Westdeutschen größer ausfallen als in den Augen der Ostdeutschen.

4. Zukunftserwartungen

4.1 Zukunftserwartungen wirtschaftliche Entwicklung: Der Zeit­

horizont der Anpassung

Wie aber stellen sich die Zukunftserwartungen für die eigene wirtschaftliche Entwicklung dar? Daß es mit der wirtschaftlichen Entwicklung der DDR nach der Wende bergauf gehen würde, schien dem größten Teil der Bevölkerung fest ausgemacht, gleichzeitig nahm aber auch die Zahl derjenigen, die eine Stagnation oder Ver­

schlechterung ihrer Situation befürchten, zu.

Im Dezember 1989 erwarteten 43% der Befragten, daß sich im Jahre 1990 ihr Lebensstandard verbessern werde, 49% glaubten, daß er zumindest gleich bleiben würde, und nur 7% waren pessimistisch und gingen von einer Verschlechterung ihres Lebensstandards

Referenzen

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