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Klarheit zum Industriesponsoring

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Bayerisches Ärzteblatt 5/2003 227

Leitartikel

Im vergangenen Jahr hat der Bayerische Ärz- tetag richtungsweisende Änderungen unserer Berufsordnung (BO) zu Gunsten einer Libe- ralisierung des Berufsrechts im Hinblick auf eine Erweiterung der ärztlichen Informa- tionsmöglichkeiten beschlossen. Im Leitartikel des Juli-Heftes 2002 des Bayerischen Ärzte- blattes habe ich darauf hingewiesen, dass un- sere BO eine Dauerbaustelle ist. Dies ist bei einer immer wieder sich ändernden, zum Teil durchaus überraschenden Rechtsprechung not- wendig. Die BO soll unter anderem ärztliches Verhalten ordnen, arztethischen Grundsätzen Ausdruck verleihen und den Patienteninteres- sen dienen. In dem Artikel vor einem Jahr, habe ich darauf hingewiesen, dass das weite Feld des Pharmasponsorings einer kritischen Analyse bedarf. Wir haben zwar derzeit klare Regelungen in der BO, denen jedoch die Fülle der Tatbestände nicht mehr eindeutig zugeord- net werden kann, sodass laufend Ärzte und Pharmaindustrie mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert werden.

Massive Einschränkungen

Die Pharmaindustrie selbst bemüht sich mit einem Ehrenkodex, die materiellen Zuwen- dungen einzuschränken, bzw. Transparenz in das Sponsoring zu bringen. Hier wäre auch eine gesetzliche Regelung zur Offenlegung der diesbezüglich angewandten Mitteln im Sinne eines Publizitätsgesetzes denkbar. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Ärzte- kammern mit der Pharmaindustrie längst konstruktive Gespräche geführt haben, um dieses Problemfeld zu bearbeiten. Dies geschah, bevor von der Politik Handlungsbedarf gese- hen wurde.

Die Selbstverwaltung wurde, trotz klarer Be- kenntnisse in Eigenverantwortung diese Pro- bleme lösen zu wollen, von den derzeitigen Regierungsplänen zum so genannten Gesetz zur Modernisierung des Gesundheitssystems (GMG) überholt. Jetzt droht uns eine Rege- lungsorgie, die neben der massiven Einschrän-

kung eines individuellen Arzt-Patienten-Ver- hältnisses auch die bisherige Vielfalt der Fortbildungsmöglichkeiten betrifft.

Unsere BO hat den berufstätigen Arzt schon immer verpflichtet, sich in dem Umfang fort- zubilden, wie er es zur Erlangung und Entwicklung seiner Berufsausübung benötigt.

Wir wissen alle, dass viele Fortbildungs- veranstaltungen sowohl von den ärztlichen Körperschaften allein, den ärztlichen Verbän- den auch in Zusammenarbeit mit der Indus- trie landesweit allen Ärztinnen und Ärzten, ein kontinuierliches Lernen ermöglicht haben.

Jetzt schreibt die Regierung im Entwurf zum GMG eine obligate berufliche Fortbildung vor, die nur in „industrieunabhängigen Veran- staltungen“ vermittelt werden darf. Der Nachweis ist durch Fortbildungszertifikate der Kammer oder der KV zu führen. Das so ge- nannte „Deutsche Zentrum für Qualität in der Medizin“ hat künftig gemäß § 139 b GMG Empfehlungen abzugeben, welche Fort- bildungsmaßnahmen anerkannt werden, nach dem zuvor der Bundesausschuss entsprechende Richtlinien erlassen hat. Das heißt im Klar- text: Staatliche Institutionen, ggf. durch Krankenkassen majorisierte Einrichtungen, werden der Ärzteschaft ihre ureigene pro- fessionelle Kompetenz in unseren wesentlichen, ureigenen Angelegenheiten übernehmen. Ver- fassungsrechtlich ist dies wohl kaum haltbar, liegen doch die vorgesehenen Regelungen der ärztlichen Fortbildung in der Kompetenz der Bundesländer in ihrer Zuständigkeit über die Berufsausübung der Heilberufe. Diese Ent- wicklung belegt den politischen Wunsch nach völliger Kontrolle und Überwachung unseres ärztlichen Berufsstandes bzw. den Übergang in eine Staatsmedizin.

Soviel, um den Handlungsbedarf für erneute Änderungen unserer BO im Umgang mit der Pharmaindustrie zu belegen! Die Chance, selbst über Regelungen für unsere ärztliche Be- rufsausübung entscheiden zu können, muss ge- nützt werden. Wir müssen raus aus der De- fensive bei Vorwürfen der Bestechlichkeit durch die Pharmaindustrie oder Medizintech- nik und statt dessen in die Offensive gehen!

Die Berufsordnungsgremien schlagen vor, die Regelungen im Umgang mit Zuwendungen Dritter zu präzisieren. Gleichzeitig erwarten wir aber auch von der Industrie die Erstellung und Einhaltung eines verbindlichen Kodex’,

der Grundregeln für nötige (zum Beispiel Drittmitteleinwerbung) Geldflüsse an Ärzte und Kliniken festlegt und zur Veröffentlichung dieser Zahlungen verpflichtet (transparency international). Pharmafrei braucht und kann die Information der Ärzteschaft als erster An- sprechpartner einer hoch stehenden, qualitäts- gesicherten Versorgung unserer Bevölkerung nicht zu sein, solange sie sachbezogen erfolgt.

Keine neuen Torturen

Unsere Vorschriften in der BO in dem § 30 bis 35 waren bisher zu schwache Hebel in der Si- cherung der ärztlichen Unabhängigkeit. Den- noch oder gerade deshalb brauchen wir klare Bestimmungen. So soll zum Beispiel der Text des § 32 der BO um die Passage ergänzt wer- den, dass nicht nur passive Zuwendungen, sondern auch Forderungen der ärztlichen Seite unzulässig sind. Der § 33 (1) der BO erhält die Ergänzung, dass Verträge über die Zu- sammenarbeit mit der Industrie schriftlich ab- geschlossen werden und auf Verlangen der Ärztekammer vorzulegen sind. Als rechtlich einwandfrei gilt auch, wenn eine finanzielle Unterstützungsleistung zur Teilnahme an ei- ner Fortbildungsveranstaltung gewährt wird, sofern die Veranstaltung von der Ärztekam- mer zertifiziert ist oder es sich um eine berufs- bezogene produktneutrale Fortbildung han- delt. Die Unterstützungsleistung muss ange- messen sein, die Kammer kann entsprechende Genehmigungen erteilen. Damit sind gerade die bisher nicht definierten Voraussetzungen für finanzielle Zuwendungen für Fortbil- dungsveranstaltungen in Zukunft geregelt.

Wir wollen und können die Kammern aber keinesfalls als obligates Kontrollinstrument für finanzielle Zuwendungen installieren. Auch in dem neuen § 34 der BO wird nochmals klar definiert, dass es dem Arzt nicht gestattet ist, sich Vorteile für sich oder Dritte versprechen zu lassen, anzunehmen oder einzufordern.

Ich wollte darstellen, dass wir keine neuen Torturen gegen die Ärzteschaft vorhaben. Es geht ausschließlich um unsere Glaubwürdigkeit des ärztlichen Berufsstandes, unsere Patienten unabhängig von Einflüssen von außen zu be- handeln und es geht auch um mehr Transpa- renz in unserer bewusst gewollten und sachge- rechten Beziehung zur Industrie. Die er- wähnten Ergänzungen sollen die Position der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit und ganz be- sonders gegenüber der Politik verbessern.

Klarheit zum Industriesponsoring

Dr. Klaus Ottmann, Vizepräsident der BLÄK

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