DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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Neue Fondsgesellschaften beleben die Konkurrenz
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apitalanlagegesell- schaften (KAGs) be- wegen — von der Öf- fentlichkeit weitgehend un- beachtet — Geldbeträge, die Milliarden-Volumina ausma- chen. Das in Form von Publi- kums- oder Spezialfonds ver- waltete Vermögen der deut- schen Investgesellschaften betrug 1982 noch vergleichs- weise magere 49 Milliarden Mark. Nur fünf Jahre später summiert sich das angesam- melte Kapital auf respektable 137,51 Milliarden Mark.Zweistellige Zuwachsraten werden der Branche auch zu- künftig zugetraut. Die Invest- mentfonds, die den strengen
Anlegerschutzvorschriften des Gesetzes über Kapitalan- lagegesellschaften (KAGG) genügen müssen, sind entwe- der als Aktien-, Renten- oder gemischte Fonds konzipiert;
eine Ausgestaltung als offe- ner Immobilienfonds ist ebenso möglich.
1111111111M111111111111181111111K 34 Gesellschaften teilen sich den Markt
Konkret ist die Rede von 34 in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen
Investmentgesellschaften (Stand Ende 1986), die mitt- lerweile 1065 Einzelfonds auf sich vereinigen. Zahlenmäßig haben die Spezialfonds einen Anteil von 85 Prozent gegen- über 15 Prozent der Publi- kumsfonds; wertmäßig ste- hen sich die beiden Arten et- wa im gleichen Verhältnis ge- genüber. Bei den Marktver- hältnissen herrschen oligopo- listische Strukturen vor, ha- ben doch die Branchenfüh- rer, besonders die Großban- ken, mehr als zwei Drittel des gewinnträchtigen Geschäfts auf sich vereinigt.
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Die Konkurrenz wacht auf
Doch seit kurzem macht sich in der Branche Unruhe breit: Etwa zwanzig neue Ka- pitalanlagegesellschaften sind derzeit im Gespräch, die sich
allesamt mehr oder minder große Teile am Fondsauf- kommen sichern wollen. Bis Mitte Juni erteilte das in Ber- lin ansässige Bundesauf- sichtsamt für das Kreditwe- sen bereits vier KAG die Ge- nehmigung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit (Alte Leipziger Trust, Metzler In- vestment, Euroinvest und Kapital-Invest). Bei der Auf- sichtsbehörde stapeln sich die diesjährigen Anträge sowohl alter als auch neuer Gesell- schaften, die Investments- fonds auflegen wollen — mitt- lerweile wurde die stolze Zahl von 130 erreicht.
Bei den 907 Spezialfonds
— dem Privatanleger nicht zu- gänglich — legen die Gesell- schaften das Geld von Kapi- talsammelstellen an, unter anderem sind das institutio- nelle Anleger, wie Pensions- und betriebliche Unterstüt- zungskassen oder Sozialversi- cherungsträger. Das Vermö- gen dieser Spezialeinrichtun- gen hat mit einem Kapital- stand von 62,59 Milliarden Mark gegenüber 18,44 Mil- liarden Mark 1982 enorme Wachstumsraten hinter sich gebracht, und wohl noch hö- here Zuwächse stehen dieser Sparte bevor. Alleine für das laufende Jahr sollen weitere 18 Milliarden hinzukommen.
Grund genug also, in diesem lukrativen Geschäft mitzumi- schen.
Die KAG des Bankhauses Metzler B. seel. Sohn & Co.
hat vor kurzem ihre Tätigkeit aufgenommen; ebenso sieht die Warburg Investment KAG in diesem Geschäfts- zweig Chancen. Aber auch Auslandsbanken — deren Ak- tivitäten die Etablierten hier- zulande wohl mißtrauisch be- äugen — befassen sich nach- haltig mit Gründungsüberle- gungen. Als konkrete Adres- se sei hier die in Frankfurt domizilierende Citibank ge- nannt. Die deutsche Nieder-
lassung der amerikanischen Chase Manhattan Bank will sich vorläufig noch zurück- halten, ihr sind die strengen Publizitätsvorschriften des KAGG und die hohen An- laufkosten zu problematisch für ein Einsteigen in dieses Segment.
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Jedermann zugänglich:
Publikumsfonds
Die Anteile der 158 Publi- kumsfonds, die dem breiten Sparerpublikum zugänglich sind, belaufen sich aktuell auf den hohen Kapitalstand von 74,9 Milliarden Mark, fast siebzig Prozent davon sind in festverzinslichen Wertpapie- ren angelegt. Marktführer ist der von der DWS gemanagte Fonds Inter-Renta (Deutsche Bank) mit 11,24 Milliarden Mark Gesamtvermögen. Die Wertentwicklung der letzten fünf Jahre beträgt beacht- liche 69,2 Prozent; auf Sicht der letzten 12 Monate jedoch nur noch enttäuschende 0,9 Prozent.
Das Geschäft mit soge- nannten Versicherungsab- lauffonds — hier werden Be- träge aus fälligen Lebensver- sicherungen angelegt — wird für die Branche zusehends in- teressant. Der Umfang dieser Fonds, die per Ende 1986 be- reits 4,4 Milliarden Mark ver- walteten, wird in den näch- sten Jahren beträchtlich an- steigen.
• Im Jahre 2000 steht wahrscheinlich die giganti- sche Summe von zweihundert Milliarden Mark aus freiwer- denden Lebensversicherun- gen zu Anschlußanlagen be- reit.
Die alte Leipziger Trust Investment GmbH reagierte schnell und brachte bereits im Mai dieses Jahres zwei neue Ablauffonds für die Versicherungskundschaft un- ter die Leute. Der alte Leip-
ziger Trust Fonds A legt in deutschen Qualitätsaktien an, während im gleichnami- gen Fonds R inländische Renten-Kurzläufe gesammelt werden. „Der Einlauf der Zeichnungen entsprach voll unseren Erwartungen," äu- ßert sich befriedigt der zu- ständige Portfolio Manager Paul Wolfsturm. Die Anteile werden nach Wolfsturms An- gaben ausschließlich über die Gesellschaften der alten Leipziger Versicherungs- gruppe vertrieben.
Bei der Euroinvest hat die Bank in Liechtenstein mit 52 Prozent das Sagen, vier wei- tere Partner (darunter LVM, Hanse Merkur und die Quandt Vermögensverwal- tung) sind mit je 12 Prozent dabei. Vorwiegend soll das Geschäft mit Spezialfonds betrieben werden, daneben sieht man in der Einrichtung von Ablauffonds — der Ver- trieb soll über Versicherun- gen sichergestellt werden — und der Installierung von Hausfonds für den internen Kundenkreis ebenfalls gute Chancen.
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überlegen noch
Sibyllinisch gibt sich Karl R. Meyer von der deutschen Dependance des Schweizeri- schen Bankvereins zu den In- vestmentplänen des Hauses:
„Wir werden die Möglich- keiten des KAGG voll aus- nutzen!" Es steht zu erwar- ten, daß der SBV damit die mögliche Bandbreite von Spezialfonds und alle Varian- ten der Publikumsfonds (Ak- tien, Renten sowie Immobi- lien) komplett auf den Markt bringen wird.
Auch die Schweizerische Kreditanstalt (Deutschland) hat beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen eine KAG angemeldet. Das dritte helvetische Bankhaus in Deutschland, die Schweizeri- sche Bankgesellschaft (SBG), befindet sich noch in der Überlegungsphase.
Reinhold Rombach, Rudolfweg 3, 5000 Köln 50 Dt. Ärztebl. 84, Heft 40, 1. Oktober 1987 (85) A-2641