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Archiv "Arzneimitteldaten: Das Drama der späten Lieferung" (08.12.2000)

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D

ie Krankenkassen erfassen nach

§ 84 Abs. 2 SGB V die Arznei- mittel-Ausgaben nicht versicher- tenbezogen und übermitteln die An- gaben an die jeweilige Kassenärztli- che Vereinigung (KV), der die Ärzte angehören, die die Ausgaben veran- lasst haben. Nach Absatz 3 sollen zur Frühinformation der Vertragsärzte un- geprüfte Verordnungsdaten für Arznei- und Verbandmittel bis spätestens Ende der zwölften Woche, für Heilmittel ge- prüfte Verordnungsdaten bis Ende des sechsten Monats jeweils nach Quar- talsende zur Verfügung gestellt wer- den. Die KVen geben die Informatio- nen „insgesamt alsbald in geeigneter Weise“ ihren Vertragsärzten bekannt.

Sie sollen den Ärzten einen Überblick über ihre Verordnungstätigkeit ver- schaffen und sie dabei unterstützen, ih- re Richtgrößen nicht zu überschreiten.

Für die eigentliche Wirtschaftlichkeits- prüfung nach Richtgrößen übermitteln die Verbände der Krankenkassen die Informationen bis zum 30. Juni des vom Budget her folgenden Jahres als geprüf- te Verordnungsdaten.

Lange Wege

Für den Arzt kommen selbst die un- geprüften Daten somit zu einem sehr späten Zeitpunkt (zwei bis drei Mo- nate nach Quartalsende), sodass eine Orientierung daran praktisch unmög- lich ist. Als Grund werden die langen Wege angegeben. Die Verordnungsda- ten gehen vom Apotheker über die Apothekenrechenzentren an die Ab- rechnungszentren der Kassen, weiter über die Krankenkassen und die Spit- zenverbände der Krankenkassen hin zum Bundesgesundheitsministerium. Es

bietet sich daher an, die Daten mög- lichst früh auf dem Übermittlungsweg abzugreifen. Das praktiziert die Bun- desvereinigung Deutscher Apotheker- verbände (ABDA), deren Frühinfor- mationen etwa vier Wochen nach Ende des Einlösungsmonats bei der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den KVen eintreffen. Grundlage der Daten sind die Abrechnungser- gebnisse der Apothekenrechenzentren, hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Apotheken. Die Zahlen umfassen die effektiven Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen an die Apotheken, in- klusive Mehrwertsteuer, aber nach Ab- zug des Krankenkassenrabattes und der Patientenzuzahlung.

Die Krankenkassenausgaben für Heilmittel sind in den Zahlen nicht ent- halten. Andererseits enthalten sie die Hilfsmittel aus Apotheken, die nicht ins Budget einfließen. Nach der Kranken- kassenstatistik KV 45 gleichen sich bei- de Positionen in etwa aus. Vergleicht man Ausgabenmeldungen der einzel- nen KVen mit den ABDA-Zahlen, so liegen die Daten der Frühinformation im Schnitt um fünf Prozent höher als die tatsächlichen budgetrelevanten Zahlen.

Leider enthält die ABDA-Frühinfor- mation bislang nur kumulierte Daten und keine Subgruppenauswertungen für Ärzte, ATC-Gruppen (Anatomisch- therapeutisch-chemisches Klassifikati- onssystem) oder einzelne Medikamen- te. Außerdem erfolgt die regionale Zu- ordnung der Zahlen nicht nach dem Sitz des Kassenarztes, sondern nach dem Sitz der Apotheke. Da der ABDA bisher keine aktuellen und validen re- gionalen Ausgabendaten der Kranken- kassen vorliegen, kann nicht beurteilt werden, inwieweit dies zu Verzerrun- gen bei den regionalen Hochrechnun-

gen führt. Der Grenzgängereffekt über Bundesländer- und damit auch KV- Grenzen hinweg wird jedoch ausgegli- chen, da die Rechenzentren entspre- chende Rezepte austauschen.

IMS Health in Frankfurt am Main versucht, in seinen Statistiken mögliche Fehlerquellen der ABDA-Zahlen zu bereinigen. Zudem gibt IMS einen Ver- schreibungsindex für Pharmazeutika heraus, der auf einem Stichprobenplan von 2 220 Berichtsärzten in West- deutschland basiert, die während einer Woche pro Quartal fortlaufend sowohl verordnete Präparate als auch zu- gehörige Diagnosen und Angaben zu den Patienten erfassen. Die Zahlen stellen die Grundlage für viele Analy- sen dar und werden von der Pharma- industrie, von Universitäten, KVen und der KBV gekauft. Parallel dazu erstellt IMS einen OTC-Bericht, der auf den Verkaufszahlen von rund 2 000 Apo- theken basiert und neben rezeptfreien OTC-Präparaten auch rezeptpflichtige Medikamente auflistet, die zulasten von PKV und GKV abgegeben werden.

Detailanalysen problematisch

Mit einer Zeitverzögerung ähnlich der der Krankenkassendaten erscheint der GKV-Arzneimittelindex, der vom Wis- senschaftlichen Institut der Ortskran- kenkassen im Auftrag seiner Projektträ- ger (Kassen, KBV und ABDA) erstellt wird und die Grundlage für den jähr- lichen Arzneiverordnungsreport dar- stellt. Die Auswertungen erscheinen et- wa drei Monate nach Quartalsende.

Datenbasis sind rund 500 Millionen Rezepte, die zulasten der GKV ausge- stellt wurden. Daraus wird eine Vier- Promill-Stichprobe gezogen, sodass die Analyse letztlich auf rund 3,7 Millionen Verordnungen basiert. Der GKV-Arz- neimittelindex spiegelt nicht unmittel- bar die Entwicklung der GKV-Ausga- ben für Arzneimittel wider. Praxisbe- darf und Kassenrabatt (fünf Prozent) sowie Eigenanteile, Rezepturen, Ver- bandstoffe und Ähnliches werden nicht berücksichtigt. Aufgrund des Stichpro- bencharakters sind Subgruppenanaly- sen für selten verordnete Medikamente und Detailanalysen für einzelne KVen

problematisch. ✁

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000 AA3321

Arzneimitteldaten

Das Drama der späten Lieferung

Datenschutz und politische Interessen verhindern Datensammel-

stellen und den zeitnahen Zugang zu den wenigen Datenpools.

(2)

Als weitere relevante Datenquelle ist die Statistik KV 45 der Krankenkas- sen zu nennen. Diese melden auf der Grundlage von § 79 SGB IV regelmäßig Rechnungs- und Geschäftsergebnisse an das Bundesministerium für Gesund- heit (BMG). Die Daten werden vom BMG aufbereitet und als kumulierte Verbandsdaten veröffentlicht. Dies ge- schieht nach Angaben des Ministeriums

„zeitnah“ im Teil „Arbeits- und Sozial- statistik“ des Bundesarbeitsblattes, das das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgibt. Tatsächlich erscheint die Statistik jedoch jeweils erst drei Monate nach Quartalsende.

Der Jahresbericht 1999 erreichte die KBV in der zweiten Maihälfte 2000.

Budgetüberschreitungen

Da Praxisbesonderheiten, Rabatte, KV- individuelle Interventionsgrenzen für Regressforderungen und Sonstiges erst im Rahmen der Richtgrößenprüfungen zum Tragen kommen, sollte ein schlich- tes Gegenrechnen von Budget- und Ausgabensumme zur Höhe der Bud- getüberschreitung führen. In der Praxis funktioniert dies jedoch nicht. So melde- te der BKK-Bundesverband am 5. Mai

„Überschreitungen des Budgets in Höhe

von 250 Millionen DM“. Die AOK zitierte in einer Pressemitteilung vom 25. Mai Norbert Schleert, Leiter der Abteilung Arzneimittel des AOK-Bun- desverbandes: „Das Arzneimittelbudget wurde im letzten Jahr bundesweit um 410 Millionen DM überschritten.“

Wie kommt es zu solchen Diskrepan- zen? Oft wird auf Fehler bei der Daten- übermittlung hingewiesen. Der Rücklauf von fehlerhaften Rezepten seitens der Krankenkassen an die Rechenzentren liegt jedoch bei unter 0,1 Prozent. Die Kassen nennen eine Fehlerquote von drei Prozent. Wie hoch diese Zahl auch sei, Fehler werden rückwirkend über- wiegend mit den Apothekenrechenzen- tren ausgeglichen und beeinflussen so- mit nicht die Ausgabenwerte.

Die Apotheker weisen ihrerseits dar- auf hin, dass die Kassenrechenzentren in den Prüfungen für Arzneimittel nicht den Preis zugrunde legen, der zum Ab- gabetag tatsächlich gültig war. Da die Lauertaxe vierzehntäglich aktualisiert wird, die Daten bei den Kassenrechen- zentren jedoch oft mit mehrwöchiger Verzögerung verarbeitet werden, tut sich hier eine wichtige Fehlerquelle auf.

Sie hilft jedoch nicht, die Widersprüch- lichkeiten zu erklären.

Im Heilmittelbereich ist die Situati- on noch desolater als bei den Arznei-

mitteln. Einzelnen Kassen gelingt es zwar gelegentlich, für bestimmte Regio- nen und Teilbereiche des Heilmit- telsektors Ausgabenzahlen zu liefern (zum Beispiel AOK-Rheinland zu phy- sikalischer Therapie). Valide, zeitnahe Zahlen fehlen jedoch, obwohl die gro- ßen deutschen Heilmittelrechenzentren die Heilmittelverordnungen analog zu den Arzneimittelrezepten verarbeiten und an die Kassen weiterreichen.

Zeitnähe ist lediglich zwischen Zah- lenmeldungen und politischer Argu- mentation zu erkennen: „Beleg von Wirtschaftlichkeitsreserven“ „pünktlich zu den regionalen Verhandlungen über die Arzneibudgets“. Das Opportunitäts- prinzip scheint die verschiedensten Kunstgriffe zu rechtfertigen. So wer- den arztbezogene Ausgabenzahlen von 1998 unter Berücksichtigung von Preis- entwicklung und Zuzahlungsentwick- lung extrapoliert oder auch Haftungs- grenzen von fünf Prozent auf das Bud- get bereits eingerechnet. Wenn derarti- ge Berechnungen auch als politische Schachzüge toleriert werden können, muss dennoch auf einer transparenten Darstellung der Berechnungsmethode bestanden werden.

Eine Verbesserung der Lage gestaltet sich schwierig. So sollte die Datenbasis des GKV-Arzneimittelindex von der T H E M E N D E R Z E I T

A

A3324 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000

´ Tabelle CC´

Widersprüchliche Aussagen zu Budgetüberschreitungen und Ausgabenvolumen in 1999 (Budget 1999: 38,768 Mrd. DM)

Analyst Datenquelle Datum Erläuterung Budgetüberschreitung Ausgabenvolumen 1999

ABDA Frühinformation 26. 1. 2000 Apothekenumsätze nach Standort 35,57 Mrd. DM

inklusive Mehrwertsteuer;

abzüglich Kassenrabatt und Arzneikostenbeteiligung

BKK Bundesverband Pressemitteilung 14. 3. 2000 Schätzungen 36,1 Mrd. DM

BMG KV 45; vorläufige 5. 5. 2000 Arznei- und Verbandmittel 34,71 Mrd. DM

Rechenergebnisse aus Apotheken;

der Gesetzlichen nur vertragsärztliche

Krankenversicherung Versorgung

BKK Bundesverband Pressemitteilung 5. 5. 2000 Hochrechnungen der 250 Mio. DM Ausgaben 1998

ABDA Deutsche Apotheker- 11. 5. 2000 36,2 Mrd. DM

zeitung

AOK-Bundesverband Pressemitteilung 25. 5. 2000 Hochrechnung der 410 Mio. DM Ausgaben 1998

BKK Bundesverband Ärztliche Praxis 2. 6. 2000 33,6 Mrd. DM

BKK Bundesverband Pressemitteilung 26. 9. 2000 Abschluss der Budgetfeststellung 917 Mio. DM

(3)

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000 AA3325

Vierpromill- auf eine Vier-Prozent-Stich- probe ausgeweitet werden. Dies schei- terte jedoch an der Finanzierung. Ein Datenmanagementsystem der ABDA, das sowohl allgemeine Budgetdaten als auch individuelle Verordnungsdaten lie- fern soll, befindet sich im Aufbau; wird jedoch derzeit auf seine rechtliche Grundlage hin geprüft. Die Kranken- kassen diskutieren ähnliche Systeme. In der Entwicklung und Anwendung befin- den sich auch Controllingkonzepte pri- vater Firmen, die dem einzelnen Arzt durch ein Netz oder eine KV gegen eine Gebühr zur Verfügung gestellt werden und ihm seine individuellen Verord- nungsdaten aufbereiten.

„Gläserner Praxisinhaber“

Die Black Box in der Datenlandschaft wird auch von neuen Unternehmen ge- nutzt, um dem Arzt zuzüglich einer Prä- mie von 700 bis 900 DM jährlich seine Verordnungsdaten in einer monatli- chen Auflistung zur Verfügung zu stel- len. Diese Angebote sind verlockend, sollten jedoch gut bedacht werden.

Durch „Kooperation“ wird der Arzt zum gläsernen Praxisinhaber. Arzt- und Versorgungsdaten werden verknüpft und für viele Millionen DM beispiels- weise an Pharma-Unternehmen ver- kauft. Diese werden damit in die Lage versetzt, gezielt Referentenbesuche zu organisieren, Marketingaktionen zu steuern, im Hinblick auf eine Mitwir- kung als Manager in Praxisnetzen ein exaktes Bild der Praxisstruktur sowie ein Leistungs- und Persönlichkeitsprofil des Arztes zu erstellen.

Derzeit gibt die ABDA die zeit- und realitätsnächsten Zahlen zu den Brut- toüberschreitungen des Budgets her- aus, jedoch nur auf KV-Ebene. Davon abweichende Zahlen sind vorwiegend auf politische Strategien und einen möglichen Datenverlust zurückzufüh- ren. Solange die Krankenkassen die Ärz- te jedoch nicht zeitnah über die Aus- schöpfung ihrer Richtgrößen informie- ren, kann das Arznei- und Heilmittel- budget keinen Bestand haben.

Dr. rer. nat. Eva Susanne Dietrich Kassenärztliche Bundesvereinigung Herbert-Lewin-Straße 3

50931 Köln

J

eder Patient hat ein Anrecht auf ernährungsmedizinische Versorgung nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft. Dies wird Inhalt des Ab- schlussberichts der Kommission sein, die derzeit im Auftrag des Europarats Richt- linien für die ernährungsmedizinische Versorgung im Krankenhaus erarbeitet.

Damit entsteht ein Bedarf an ernäh- rungsmedizinisch qualifizierten Ärztin- nen und Ärzten, die in der Lage sind, die- se Richtlinien umzusetzen (1). Zusam- men mit der Bundesärztekammer haben Landesärztekammern gute Vorausset- zungen für die ernährungsmedizinische Weiter- und Fortbildung geschaffen.

Hinsichtlich der Inhalte ist inzwischen ein weitgehender Konsens erreicht, hin- sichtlich der Zertifizierung noch nicht.

Curriculum:Über lange Zeit fehlte ein allgemein akzeptiertes Konzept, welche Kenntnisse vermittelt werden sollten, um die ernährungsmedizinische Patienten- versorgung in Klinik und Praxis sicherzu- stellen. Dies änderte sich erst 1998 mit der Herausgabe des „Curriculum Ernäh- rungsmedizin“ durch die Bundesärzte- kammer (2). Das Curriculum richtet sich an Ärztinnen und Ärzte nahezu aller Teildisziplinen in der Medizin. Es hat die Bewahrung, Verbesserung und Wieder-

herstellung von Gesundheit durch Nah- rungsmittel und Nährstoffe zum Inhalt.

Im Mittelpunkt stehen Prävention und Therapie der zahlreichen ernährungsab- hängigen Krankheiten sowie der krank- heitsbedingten Mangelernährung. Die im Curriculum detailliert aufgeführten Themen sind derzeit bundesweit die Ba- sis für eine nach einheitlichen Qualitäts- kriterien durchgeführte ernährungsme- dizinische Qualifizierung.

Zertifizierung: Für die Sicherstellung der ernährungsmedizinischen Versor- gung in Klinik und Praxis müssen weitere Anreize geschaffen werden, damit die neu geschaffene Qualifizierungsmöglich- keit von ausreichend vielen Ärztinnen und Ärzten wahrgenommen wird. Die Ärztekammern haben dies durch Zertifi- zierung der Teilnahme am Curriculum Ernährungsmedizin getan.

Die Überlegungen zur angemesse- nen Zertifizierung finden in einem schwierigen Umfeld statt, das heißt, zu einer Zeit, in der um die beste Strategie für eine generelle Neuordnung der ärzt- lichen Weiter- und Fortbildung noch ge- rungen wird. Da ist es nicht verwunder- lich, wenn die Ärztekammern noch kein einheitliches Konzept erarbeitet haben, um ein bisheriges Randgebiet der Medi- zin angemessen in die ärztliche Weiter- bildungsordnung und Fortbildungsord- nung zu integrieren.

Derzeit besteht die verwirrende Si- tuation, dass die Teilnahme am Curricu- lum Ernährungsmedizin unterschied- lich zertifiziert wird. Die Ärztekam- mern erteilen dafür entweder Weiter- bildungs- oder Fortbildungszertifikate.

Daneben werden von sonstigen Organi- sationen, die Veranstaltungen auf der

Ernährungsmedizin

Steigender Bedarf an qualifizierten Ärzten

Wie Bundesärztekammer und Landesärztekammern die Voraussetzungen schaffen, um europäische Richtlinien im Bereich Ernährungsmedizin für deutsche Ärzte umzusetzen.

Peter Schauder, Ursula Auers-

wald, Eggert Beleites, Walter

Brandstädter, Andreas Crusius,

Heyo Eckel, Dieter Everz, Hen-

ning Friebel, Friedrich-Wilhelm

Kolkmann, Jan Schulze, Udo

Wolter

(4)

Basis des Curriculum Ernährungsmedi- zin anbieten, Zertifikate („Qualifikatio- nen“) vergeben, die nicht in der ärztli- chen Weiterbildungs- und Fortbildungs- ordnung verankert sind.

Der Stellenwert dieser drei Kategori- en von Zertifikaten ist aus berufsrechtli- cher Sicht jeweils unterschiedlich. Es liegt im Interesse der Ärztinnen und Ärzte, die sich ernährungsmedizinisch qualifizieren wollen, diese Unterschiede zu kennen (3).

Weiterbildung: Derzeit ist die Er- nährungsmedizin nur in der Weiterbil- dungsordnung der Ärztekammer Nie- dersachsen verankert. Im Herbst 1998 hat die Kammerversammlung die Kam- mersatzung geändert und eine Fachkun- de Ernährungsmedizin eingeführt (4).

Zwar soll im Zuge der Weiterentwick- lung der geltenden (Muster-)Weiter- bildungsordnung von 1992 der Begriff

„Fachkunde“ entfallen, dies wird aber nichts daran ändern, dass die Ernäh- rungsmedizin in der Weiterbildungsord- nung verankert bleibt. Die Möglichkeit einer gebietsbezogenen, nicht obligatori- schen Qualifikation soll beispielsweise nicht angetastet werden (5). Da mit Er- gebnissen vermutlich nicht vor 2003 zu rechnen ist, verbleibt reichlich Zeit, dar- über nachzudenken, was die „Fachkun- de Ernährungsmedizin“ in einer novel- lierten (Muster-)Weiterbildungsordnung ablösen könnte, beziehungsweise wie die Ernährungsmedizin weiter aufgewertet werden muss, damit die erwähnten ge- sundheitspolitischen Forderungen um- gesetzt werden können.

Fortbildung:Im Gegensatz zur Weiter- bildung ist Fortbildung für jeden prakti- zierenden Arzt Pflicht. Die ärztliche Be- rufsordnung verpflichtet jeden praktizie- renden Arzt dazu, sich in einer für die Ausübung seines Berufes angemessenen Form fortzubilden und dies gegenüber der Ärztekammer nachweisen zu kön- nen. Nach Vorstellung des 97. Deut- schen Ärztetages sind geeignete Fort- bildungsveranstaltungen unter anderem Kongresse sowie Fortbildungsveran- staltungen der Ärztekammern, Berufs- verbände, wissenschaftlichen Fachgesell- schaften und Ärztevereine (3).

Da die Verankerung der Ernährungs- medizin in die (Muster-)Weiterbildungs-

ordnung noch die Ausnahme ist, und die Teilnahme am Curriculum Ernährungs- medizin in der Regel als Fortbildung gilt, vergeben die Ärztekammern dafür ein Fortbildungszertifikat. Es belegt, dass der ärztlichen Berufsordnung Genüge gelei- stet wurde. Den Ärztekammern wurde

empfohlen, es gegenseitig anzuerkennen (2). Die Nomenklatur dieser Zertifikate kann von Ärztekammer zu Ärztekam- mer unterschiedlich sein. So vergibt die Ärztekammer Hamburg beispielsweise ein „Zertifikat Ernährungsmedizin“.

Andere Angebote:Ärztekammern be- sitzen kein Monopol für die Durch- führung von Veranstaltungen auf der Ba- sis des Curriculum Ernährungsmedizin.

Ärztinnen und Ärzte können inzwischen aus einem wachsenden Angebot sonsti- ger Anbieter auswählen, die Zertifika- te außerhalb der ärztlichen Weiterbil- dungs- und Fortbildungsordnung ver- geben. Aus berufsrechtlicher Sicht sind solche Zertifikate bedeutungslos.

Beispiele für derartige Qualifikatio- nen sind der „ernährungsbeauftragte Arzt“ oder die „Zusatzqualifikation Er- nährungsmedizin“ der Deutschen Aka- demie für Ernährungsmedizin (6). Im Interesse der Ärztinnen und Ärzte, de- nen solche Angebote unterbreitet wer- den, sollte über diesen Punkt Klarheit herrschen, zumal wenn die Angebote von irreführenden Aussagen begleitet sind, wie „Die Regelung gilt vorüberge- hend, bis die Landesärztekammern ei- ne entsprechende Qualifikation zertifi- zieren“ (6).

Warum sollten sie? Ärztekammern zertifizieren die Teilnahme am Curricu- lum doch bereits, entweder im Rah-

men der Weiterbildungsordnung oder der ärztlichen Berufsordnung (Fortbil- dungsordnung). Darin ist eine „Zusatz- qualifikation Ernährungsmedizin“ nicht vorgesehen. Es ist auch irreführend, wenn rein kommerzielle Anbieter des Curriculums den Eindruck erwecken, als sei die Teilnahme an ihrer Veran- staltung eine Garantie für die Ver- leihung der Fachkunde Ernäh- rungsmedizin durch eine Ärzte- kammer.

Ausblick:Zur Umsetzung der Eu- roparat-Initiative bedarf es außer ernährungsmedizinischer Weiter- und Fortbildung konzeptioneller und struktureller Verbesserungen.

Wir werden in Kürze entsprechen- de Vorschläge unterbreiten. Ein wichtiger Aspekt wurde bereits vom Deutschen Ärztetag 2000 an- gesprochen. Er forderte die für die ambulante und stationäre Behand- lung verantwortlichen Vertragspartner und Gesundheitspolitiker auf, „die Vor- aussetzungen zu schaffen, dass ernäh- rungsmedizinischer Sachverstand effi- zient eingesetzt und adäquat vergütet wird“ (7).

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 3325–3326 [Heft 49]

Literatur

1. Schauder P, Auerswald U, Brandstädter W, Crusius A, Eckel H, Friebel H, Kolkmann FW, Schulze J, Wolters U:

Europarat-Initiative. Mangelernährung – ein zuneh- mendes Problem. Dt Ärztebl 2000; 97: A-354 [Heft 7].

2. Curriculum Ernährungsmedizin: Texte und Materiali- en der Bundesärztekammer zur Fortbildung und Wei- terbildung. Band 19. Bundesärztekammer (Hrsg.), 1.

Auflage 1998.

3. Bundesärztekammer, Geschäftsführung: Nomenkla- tur in der ärztlichen Weiterbildung und Fortbildung.

An die wissenschaftlich-medizinischen Fachgesell- schaften und Berufsverbände. Az.: 650, 11. 11. 1994.

4. Mitteilungen der Ärztekammer Niedersachsen. Ände- rung der Kammersatzung. Niedersächsisches Ärzte- blatt 1999; 72: 46–47.

5. Korzilius H: Weiterbildung à la carte. Dt Ärztebl 2000;

97: A-1189–1190 [Heft 18].

6. Zusatzqualifikation „Ernährungsmedizin“ geschaf- fen. Dt Ärztebl 1999; 96: A-2868 [Heft 45].

7. Ernährungsberatung – eine ärztliche Aufgabe: Be- schluss des 103. Deutschen Ärztetags 2000 in Köln. Dt Ärztebl 2000; 97: A-1392 [Heft 20].

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Peter Schauder

Akademie für Ernährungsmedizin Hannover Berliner Allee 20

30175 Hannover T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 49½½½½8. Dezember 2000 AA3326

„Weniger ist mehr“ von Dr. Rita Böing, Korschenbroich, Aeskulap-malt-Ausstellung, Mai 2000

Foto: G. Pohl-Boskamp GmbH

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