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ZUR PROBLEMATIK DER ORIENTALISTISCHEN
STUDIENHEFTE FRIEDRICH SCHLEGELS (Resümee)
Von Ursula R. Struc-Oppenburg, Calgary, Canada
Geboten wwde zunächst ein kurzer Überblick über den handschriftli¬
chen Nachlaß Friedrich Schlegels zu seinen orientalistischen Studien. Von
diesen Manuskripten wurden seine Orientalistischen Studienhefte vor¬
gestellt, die im Zusammenhang mit seinem Werk ÜBER DIE SPRACHE
UND WEISHEIT DER INDIER (1808) entstanden. Sie sollen noch in die¬
sem Jahr im Rahmen der KRITISCHEN FRIEDRICH SCHLEGEL-AUS¬
GABE erscheinen. Mein Referat enthielt einige der wichtigsten Punkte aus
der Einleitung dazu.
Von diesen Handschriften stammen zwei aus der Zeit der Vorbereitung
des erwähnten Werkes. Sie sind datiert von November 1805 bis Sommer
1807. Das dritte Ms. sollte der Neubearbeitung des Indischen Werkes die¬
nen und wurde 1823 begonnen. Es fällt also in die Zeit des späten Schlegel.
Die Hss. enthalten außer Aufzeichnungen aus orientalischen Sprachen,
zur grammatischen Struktur und zur historischen Verwandtschaft der indo¬
germanischen Sprachen vor allem wichtiges Material zur Kulturge¬
schichte. Aufschlußreich für Schlegels Begegnung mit orientalischen Kiü-
turen, hauptsächlich der Sanskrit-Literatur, sind seine sich wandelnden
Ansichten zu Mythologie und Religion.
Ausgehend von den christlich-humanistischen Tendenzen, die ihm von
Lessing und Herder überliefert waren, und ausgerüstet mit der gängigen
idealistischen Philosophie, die vor allem von Schelling vertreten wurde,
erscheint Schlegel durch eine wachsende Voreingenommenheit für die
Mosaische Offenbarung charakterisiert.
Daß der späte Schlegel mit der scholastischen Tradition des katholi¬
schen Glaubens ebensowenig im Einklang war wie mit den neuscholasti¬
schen Tendenzen des 19. Jh. , steht seit Jahren fest. Aus den Hss. gelang es
mir zu erweisen, daß die Entwicklung seines Denkens über die Kirchenvä¬
ter, den Neuplatonismus zur Mystik der Christlichen Kabbala führte.
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DEUTSCHE INDIEN-BERICHTE DER FRÜHEN NEUZEIT.
ÜBERLEGUNGEN ZU GENESE UND GEHALT DES
DEUTSCHEN INDIENBILDES (Resümee)
Von Gita Dharampal, Regensburg
Historische Existenz und kulturwissenschaftlicher Wert der empiri¬
schen Indien-Berichte des 16. bis 18. Jh.s, die eine Vorstufe der Indologie
darstellen, sind bis jetzt fast übersehen worden. Im Wege ihrer Erfor¬
schung war daher eine gründliche archivalische Erschließung der Druck¬
werke und des hs. Materials unabdingbar. (Eine Bibliographie von ca. 350
gedruckten Werken erscheint in der ZDMG 1984.) Die Verfasser des Mate¬
rials unterteilen sich in weltliche (Seefahrer, Kaufleute, Militärs,
Gesandte, Privatreisende, Gelehrte u.a.) und geistliche (Missionare,
überw. Jesuiten und Lutheraner) Autoren; inhaltlich und im stüistischen
Duktus läßt sich zwischen narrativ-deskriptiven Berichten und quasi „vds-
senschaftlichen" Abhandlungen unterscheiden. Zu Beginn des dt. Kon¬
takts mit Indien wirken die Informationen punktuell und wenig systema¬
tisch, z. B. in Hans Schiltbergers Reisen in Europa, Asia und Afrika (Anfang
des 15. Jh.s); Balthasar Sprengers ausführlicher Augenzeugenbericht von
der Malabarküste (Merfarl, 1509) bleibt für das ganze 16. Jh. ein dt. Son¬
derfall im Kontext des portug. Informationsmonopols. Mit dem Eintritt dt.
Kaufleute und Soldaten in die holl. Verenigde Oostindische Companie
steigt die Zahl deutschsprachiger Veröffentlichungen über Indien im
17. Jh. steil an. Wirtschaftliche Beobachtungen über die Küstemegionen
treten in den Vordergrund; die Beschreibung der ind. Gesellschaft bleibt
infolge des nur kurzfristigen Kontakts mit der einheimischen Bevölkerung oberflächlich, vor allem unterliegt die Beurteilung politischer Verhältnisse - auch bedingt durch die koloniale Konstellation - starken Schwankungen.
- Privatreisende wie Mandelslo, Andersen, Poser oder Gelehrte wie Bondt
oder Kaempfer liefem detailliertere Auskünfte über ind. Geographie,
Gesellschafts- und Herrschaftsformen bzw. über Arzneikunde und Botanik.
- Von Seiten der Jesuiten hegen früh astronomische Werke vor (u. a. Kir-
witzer und Schall von Bell, 1620); aufgmnd intensiver Beschäftigung mit
mündlichen und schriftlichen Zeugnissen entstehen sprach- und religions¬
wissenschaftliche Abhandlungen, die teils berühmt werden (Roth, Kircher,
Hanxleden), großenteils aber bis heute unbekannt bleiben. - Unter den
Beiträgen lutherani scher Provenienz sind Bartholomäus Ziegenbalgs
Arbeiten über Kultur, Religion und Sprache Südindiens z.T. bekannt; wei¬
tere Leistungen von hohem Niveau stellen u.a. die medizinischen For¬
schungen J. E. Gründlers, die philosophisch-kulturhistorischen Arbeiten
Ch. Th. Walthers (veröffentlicht durch den Petersburger Gelehrten
ITi. S. Bayer, 1738) sowie linguistische Werke von B. Schultze (Telegu)
und P. Fabricius (Tamil) dar.
In der Analyse des Materialkorpus sind Konstanz bzw. Varianz der The¬
men im Untersuchungszeitraum aufzuklären, desgleichen individuelle und
kontextuelle Gründe für Präferenz und Auswahl von Aspekten der ind. Kul-