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Archiv "Kippenberger: Nichts ist peinlich, nichts banal" (18.05.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 20⏐⏐18. Mai 2007 A1415

K U LT U R

trischer Einrichtungen und Autor.

Schreber senior wird in den Ausein- andersetzungen mit autoritären Er- ziehungsmethoden zum Inbegriff schwarzer Pädagogik und zum fins- ter-tyrannischen Gegenpol seines fantasierenden Sohnes stilisiert. Die- ser soll Opfer der orthopädischen Apparate („Kinnband von weichem Leder“) sein. Schriften wie „Die Verhütung der Rückgratsverkrüm- mung oder des Schiefwuchses“

(Leipzig 1846) oder gar „Das Tur- nen vom ärztlichen Standpunkte aus, zugleich als eine Staatsangele-

genheit betrachtet“ (Leipzig 1846) bieten sich in der Tat für kritische Erziehungsdiskussionen an.

Eine Auswahl der Zeichnungen und das Objekt sind in der Ausstel- lung „Deutsche Geschichten“, der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig, bis zum 20. Januar 2008 zu

sehen. I

Heidi Stecker

lage seiner Werke und die Kunst- szene der 70er-, 80er- und der 90er- Jahre des vorigen Jahrhunderts. Man erfährt auch, wie Kippenbergers Produktivität möglich war: Er ließ andere Ideen ausführen, griff auch Ideen anderer auf, ließ lesen und sich zuarbeiten. Die Gruppenarbeit mit verteilten Rollen erlaubte so einen exzessiven „Ausstoß“.

Susanne Kippenberger vermeidet die Plauderei aus dem Nähkästchen und die Schlüssellochperspektive.

Es bereitet indes nahezu Pein zu le- sen, wie Kippenberger mit Men- schen, insbesondere Frauen, um- ging. Erwähnt wird auch, dass ihm Rassismus und Antisemitismus vor- geworfen wurden.

Aber was macht man mit sol- chem Wissen? Findet man nun die Kunst schlecht, weil man den Men- schen ablehnt? Immerhin legte Kip- penberger wie kaum ein anderer in der zeitgenössischen deutschen Kunst den Finger auf die wunden Punkte der deutschen Gesellschaft.

Das ist sicher ein Grund, warum er heute gerade für Ausstellungen, die solche Brennpunkte thematisieren,

interessant ist. I

Heidi Stecker

Susanne Kippenberger: Kippenberger.

Der Künstler und seine Familien. Berlin Verlag, Berlin, 2007, 576 Seiten, gebunden, 22 Euro lich sein, der Alltag in die – deut-

sche – Kunst gebracht werden. Kip- penberger ist häufig selbst oder durch ein Alter Ego Protagonist sei- ner Gemälde und Skulpturen. Er konfrontiert mit Stereotypen künst- lerischer Existenz, dem Christus gleich Leidenden, Wahnsinnigen und Außenseiter. Bissig reflektierte er den Kunstbetrieb und die Erwar- tungen, die an Kunst gestellt werden. Sarkas- tisch und selbstzerstö- rerisch ging er mit seiner Position um und lebte die Bohemien- Attitüde in einer an- dauernden Live-Perfor- mance, inklusive der gesundheitsschädlichen Konsequenzen.

Susanne Kippenber- ger, die jüngste der vier Schwestern, hat Freun- de, Kollegen, Familien- mitglieder, Wegbeglei- ter befragt, und das wa- ren bei Kippenberger ziemlich viele.

Ihr Buch ist keine kunsthistorische Darstellung, keine Künstlerbiogra- fie, die die Wechselwirkungen von Person und Werk, historischem Kon- text und Gesellschaft auslotet. Es in- formiert dennoch aufschlussreich über Kippenbergers Leben als Grund-

B

is jetzt wurden die biografi- schen Daten des 1953 in Dortmund geborenen Martin Kip- penberger eher tabellarisch resü- miert. Nun legt seine Schwester eine Biografie vor. Kippenbergers enor- me künstlerische Produktivität war durch ein radikales, schnelles, sich selbst und andere ausbeutendes Le- ben möglich. Er war vielfacher (Mit-)Begründer: des „Kippenber- ger Büros“, der Punkband „Die Gru- gas“, der „Lord Jim Loge“ (mit dem Motto „Keiner hilft keinem“), des

„MOMAS“ (Museum of Modern Art, Syros). Er war Betreiber des Clubs „SO 36“ in Berlin-Kreuzberg und richtete eine U-Bahn-Station auf der griechischen Insel Syros ein, wo es keine U-Bahn gibt. Seine Werke sind heute weltweit in Mu- seen und Ausstellungen präsent.

Martin Kippenberger arbeitete mit beinahe sämtlichen künstleri- schen Medien. Er kreierte für ihn ty- pische Bildmotive und Objekte: Der Weihnachtsmann, der betrunkene Laternenpfahl, das Ei und der Eier- mann bilden eine eigene Ikonogra- fie. Nudeln, ein Lieblingsessen, der hässliche Frosch, der zum Prinzen werden kann – nichts ist zu peinlich, nichts zu banal. Nichts aus der mit- unter dunklen Breite des Lebens sollte abgewertet und kunstuntaug- KIPPENBERGER

Nichts ist peinlich, nichts banal

ohne Titel

aus: über das über (Schreber junior/Schre- ber senior), 1994–1995, Stiftung Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig

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