A1360 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 25⏐⏐20. Juni 2008
A K T U E L L
Derzeit liegen keine gesicherten Hinweise darauf vor, dass Mobil- telefone oder Sendemasten Kopf- schmerzen, Müdigkeit oder Schwin- delgefühl hervorrufen können.
Auch Vermutungen, dass Funk- frequenzfelder das Erinnerungs- und Lernvermögen beeinträchti- gen, ließen sich wissenschaftlich bislang nicht bestätigen. Dies geht aus einem aktuellen Bericht eines internationalen Expertengremiums (Scenhir) hervor. Die Gruppe berät die Europäische Kommission in Fragen zu möglichen, bislang un- bekannten gesundheitlichen Risi- ken, zum Beispiel durch moder- ne Technologien oder Medizinpro- dukte.
Zwar wiesen einige Studien auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem langjährigen Ge- brauch von Mobiltelefonen und ei- nem erhöhten Risiko für einen gut- artigen Tumor des Gehörnervs hin, so Scenhir. Belege dafür, dass Menschen, die jahrelang Handys benutzen, bösartige Gehirntumoren oder andere Krebsarten entwickel- ten, gäbe es bislang jedoch nicht.
Allerdings sei die jetzige Erkennt-
nislage nicht ausreichend, um ab- schließende Schlussfolgerungen zu ziehen, so die Wissenschaftler.
Gleiches gelte für Untersuchungen über den etwaigen Einfluss von elektromagnetischen Feldern auf
die Durchlässigkeit der Blut-Ge- hirn-Schranke.
Die Experten weisen zudem dar- auf hin, dass sich bislang nur wenige Studien mit möglichen gesundheit- lichen Auswirkungen von Funkfre- quenzfeldern auf Kinder beschäftigt hätten, obwohl diese aufgrund ih- res noch nicht vollständig entwickel- ten Nervensystems möglicherweise empfindlicher auf den Einfluss von elektromagnetischen Feldern rea- gieren könnten als Erwachsene. Das Gremium empfiehlt daher, die Wir- kung von Funkfrequenzfeldern, ins- besondere deren langfristige Aus- wirkungen auf die Gesundheit von Kindern weiter zu erforschen, um die bestehenden Wissenslücken zu
schließen. ps
Heftige Diskussionen hat ein inter- nes Papier des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirt- schaft (GDV) ausgelöst, das der
„Financial Times Deutschland“ zu- gespielt wurde.
Demnach plädieren Allianz, AXA und Ergo für einen radikalen Um- bau des Gesundheitssystems ein- schließlich einer Einheitsversiche- rung mit Grundschutz für alle Bür- ger. Die Einheitsprämien würden dann unabhängig vom Alter und Geschlecht gelten. Ziel der drei Branchenriesen ist es, dass gesetzli- che und private Krankenversicherer dieselben Leistungen zu gleichen Tarifen anbieten und die Trennung zwischen den beiden aufgehoben wird. Die bisherige private Voll- kostenversicherung als Alternative zur gesetzlichen Krankenversiche- rung würde durch eine solche Re- form de facto abgeschafft. Um die Lücken der Grundversorgung ab- zudecken, könnten die privaten Ver-
sicherer Zusatzversicherungen an- bieten.
Der Verband der privaten Kran- kenversicherung (PKV) bemühte sich, entsprechende Meldungen her- unterzuspielen. „Die Gerüchte, dass sich einzelne Versicherer für eine Einheitsversicherung aussprechen, gehen auf ein nicht beschlossenes Arbeitspapier einer vom GDV ein- gesetzten Arbeitsgruppe zurück“, stellte der PKV-Vorsitzende Rein- hold Schulte klar. Das Arbeitspapier enthalte allenfalls skizzenhaft nie- dergelegte Ideen und habe nie Gre- mienreife erlangt. Schulte: „Es gibt im Verband der privaten Kranken- versicherung kein einziges Gremi- um, das sich diese Ideen zu eigen
macht.“ JF
Zitat der Woche
„ Eigentlich basiert in unserer Demokratie vieles auf Einzelverträgen. Das fängt bei der Ehe an. “
Dr. Michael Philippi, Vorstandsmitglied der Sana-Kliniken AG, auf dem Hauptstadtkongress bei einer Veranstaltung zum Thema Einzelverträge
Ein Verzicht auf das Handywäre für viele Nutzer un- vorstellbar – trotz möglicher Gefah- ren.
„Allenfalls skiz- zenhaft nieder- gelegte Ideen.“
Der PKV-Vorsitzen- der Reinhold Schulte versuchte, die Lage zu beruhigen.
PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG
Radikaler Vorschlag aus den eigenen Reihen
MOBILFUNKSTRAHLUNG
Gefahren nicht hinreichend bewiesen
Foto:ddp
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