A3292 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 48⏐⏐1. Dezember 2006
S T A T U S
verschiedenen Hierarchieebenen?
Welche Entscheidungsstrukturen gibt es? Welcher Mitarbeiter gehört zu welchem Team? Gibt es ein Organi- gramm? Welche Meetingstrukturen sind vorhanden? Wer ist für die Pati- entenzufriedenheit zuständig?
>Prozesse: Wann wurden die standard operating procedures (SOP) zum letzten Mal kritisch in Bezug auf ihre Umsetzung überprüft und gege-
benenfalls Veränderungen eingelei- tet? Wie systematisch wird die Perso- nalentwicklung betrieben – von der Auswahl über die Qualifizierung bis hin zur Aufstiegsentwicklung? Wird sich kontinuierlich und effizient um die Zufriedenheit der Patienten gekümmert? Wie steht es um die Ar- beitszufriedenheit der Mitarbeiter?
Welche Führungskultur liegt vor?
>Finanzen: Welche Investitio- nen sind notwendig? Werden die fi- nanziellen Mittel auf das Wesentliche
konzentriert? Wie viel Geld wird wofür ausgegeben? Wo gibt es Ein- sparpotenziale? Durch welche Marke- tingmaßnahmen kann die Erlös- und Gewinnsituation verbessert werden?
> Aufgaben: Welche Aufgaben ergeben sich daraus? Wer macht was mit wem bis wann (Maßnah- menplan entlang der Zeitachse)?
Wenn Führungskräfte dafür Sorge tragen, dass diese und andere Fragen gemeinsam mit allen Mitarbeiter dis- kutiert, bearbeitet und beantwortet werden, ist die wesentliche Basis für das Gelingen eines nachhaltigen Ver- änderungsprozesses gelegt. Allen Be- teiligten wird klar, „wohin die Reise gehen soll“. Die Qualitäten und Wer- te der Klinik werden klar herausge- arbeitet und sind auch in turbulenten Zeiten gegenwärtig. Zudem können sich die Mitarbeiter mit ganzer Kraft auf die Veränderungen konzentrie- ren, denn sie kennen ihren Beitrag und die daraus resultierenden Ziele und Aufgaben. Gleichzeitig wissen sie, was für sie stabil bleibt. Das zusammen motiviert mitzumachen.
Der Veränderungsprozess ist für sie klar, transparent und verbindlich.
Um Klinikstrukturen und -prozes- se erfolgreich zu verändern, ist es wichtig, mit dem Widerstand und nicht gegen den Widerstand zu arbei- ten. Dazu werden zunächst im Lei- tungskreis Fixpunkte bestimmt, die für alle Beteiligten erkennbar, nach- vollziehbar und verbindlich sind. Im weiteren Vorgehen sind die Mitarbei- ter einzubinden. So bleiben Verän- derungsprozesse berechenbar. Mit- tel- und langfristig können Chef- und Oberärzte den notwendigen Wandel souverän und erfolgreich gestalten.
Im gesamten Veränderungspro- zess sind ärztliche Leitungskräfte be- sonders gefordert: Veränderungsma- nagement verlangt Führungskompe- tenzen, auf die Ärzte in der Regel weder im Rahmen ihrer Ausbildung noch während ihrer beruflichen Laufbahn ausreichend vorbereitet werden. Obgleich die Leitung und Abwicklung des ärztlichen Arbeits- alltages gut gelingen mag, ist die gleichzeitige Steuerung eines kom- plexen Veränderungsprozesses eine enorme Herausforderung. I Werner Fleischer Internet: www.arztcoach.com
GOÄ-RATGEBER
Urologie (2) – Radikale Prostatektomie
Für einige moderne operative und/oder endoskopische Verfahren gibt es in der Amtlichen Gebühren- ordnung für Ärzte (GOÄ) für den Bereich der Urologie keine passen- den Gebührenpositionen. Der Zen- trale Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer hat elf Be- schlüsse zu verschiedenen urolo- gischen Leistungen gefasst (Be- kanntgaben DÄ, Heft 41/2006).
Im letzten GOÄ-Ratgeber wur- den die Beschlüsse zur Endopye- lotomie, zur transurethral-endo- skopischen intrakorporalen Harn- leitersteinzertrümmerung und zur perkutan intrakorporalen Nieren- steinzertrümmerung erläutert. Im Folgenden werden die veröffent- lichten Beschlüsse zur radikalen Prostatektomie erklärt.
Insgesamt wurden vier Be- schlüsse (A 1870, A 1871, A 1872 und A 1873) zur radikalen Prostatektomie gefasst, die nur al- ternativ und nicht nebeneinander berechnungsfähig sind.
Die A 1870 beinhaltet neben der Entfernung von Prostata (Vor- steherdrüse) und Samenblasen die Rekonstruktion des Blasenhal- ses und des Schließmuskels und die Entfernung der regionalen Lymphknoten. Die (mikrochirurgi- sche) Rekonstruktion von Blasen- hals und Harnröhrenschließmus- kel stellt ein neuartiges Verfahren dar, welches einerseits dem Erhalt beziehungsweise der Wiederher- stellung der Harnkontinenz dient und andererseits die Wahrschein- lichkeit einer postoperativen Ste- nose (Enge) an der Anastomose (Verbindung) vom Blasenhals zur Urethra (Harnröhre) deutlich senkt.
Fakultative Bestandteile des ab-
laufbezogenen Leistungskomple- xes nach A 1870 (wie auch A 1871, A 1872 und A 1873) sind das Legen von Drainagen und eines suprapubischen und/oder transurethralen Blasenkatheters.
Selbstverständlich sind das Abset- zen und Unterbinden der notwen- digen Strukturen wie beispielswei- se der Samenleiter und die not- wendige Entnahme von Schnell- schnitten sowie das Spülen Be- standteil des ablaufbezogenen Leistungskomplexes. Die Berech- nung erfolgt analog der Nr. 1845 GOÄ (4490 Punkte).
Die A 1871 ist bis auf die zu- sätzliche (ein- oder beidseitige) Präparation der Nervi erigentes in- haltsidentisch mit der A 1870. Die Neurolyse der Nervi erigentes per Lupenbrille oder mittels Mikroskop ist eine Weiterentwicklung der (radikalen) Prostatektomie, die nur beim lokal begrenzten Prostatakar-
zinom infrage kommt und in erster Linie dem Erhalt der Erektions- fähigkeit des Patienten dient. Die Berechnung der aufgeführten Leis- tungen nach A 1871 erfolgt analog Nr. 1860 GOÄ (6500 Punkte).
Die A 1872 unterscheidet sich von der A 1870 nur durch das Fehlen der Lymphknotenentfer- nung. Diese Leistung kommt ins- besondere dann vor, wenn die Lymphknotenentfernung zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt wurde. Der ablaufbezogene Leis- tungskomplex nach A 1872 wird analog der Nr. 1843 GOÄ (4160 Punkte) bewertet.
Die A 1873 ist bis auf die zu- sätzliche (ein- oder beidseitige) Präparation der Nervi erigentes in- haltsidentisch mit der A 1872. Die Berechnung für diesen ablaufbe- zogenen Leistungskomplex erfolgt analog der Nr. 3088 GOÄ (5600 Punkte). Dr. med. Anja Pieritz