A 1598 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 28–29|
18. Juli 2011 Team, im Meeting, im Gesprächmit mir und im Patientengespräch.“
Bei Precht heißt es: „Gruppen- verhalten und shifting baselines ge- hören häufig eng zusammen. (. . .) Wenn der Glaube vorherrscht, dass die anderen kooperieren, dann ist die Kooperation jedes einzelnen hoch; wenn der Glaube vorherrscht, dass die anderen nicht kooperieren,
dann kooperiert tatsächlich keiner.“
Mit anderen Worten: Wenn der Arzt die partnerschaftlich-kooperative Haltung vorlebt, wird er auf Mitar- beiterseite Nachahmer finden, ja, sogar bei Personaleinstellungen eher Bewerber anziehen, die wie er auf Kooperation und Partnerschaft- lichkeit im Umgang setzen.
Bacman geht noch einen Schritt weiter und achtet darauf, mit ver- schiedenen Mitarbeitern verschie- den zu kommunizieren, also seinen Kommunikationsstil konsequent auf
den Gesprächspartner auszurichten – dies gilt übrigens wiederum auch für das Patientengespräch. Seine Begründung. „Bei der Mitarbeiter- motivation zum Beispiel erreiche ich mehr, wenn ich meine Argumen- tation auf die Persönlichkeitsstruk- tur des Gesprächspartners abstim- me. Der dominanten Mitarbeiterin etwa billige ich mehr Eigenverant-
wortung zu, der kreative Mitarbeiter erhält neue Gestaltungsspielräume.“
Precht nennt einen weiteren Fall von shifting baselines: „Wenn die anderen gegen die guten Sitten ver- stoßen, dann tue ich das auch.“ Für den Dermatologen Bacman heißt das im Umkehrschluss: „Ich ver- deutliche meinem Team wo immer möglich meine Führungsgrundsät- ze, damit alle verlässlich und nach- vollziehbar wissen, nach welchen Prinzipien die Zusammenarbeit in der Praxis abläuft.“ So kann jeder
einschätzen, woran er ist. In einem Klima der Verlässlichkeit können sich die Teammitglieder und auch die Chefs entfalten.
Nach dem Gesetz der shifting baselines setzt sich ein sich selbst verstärkender Prozess in Gang: Die Praxismitarbeiter beobachten, dass ein Klima des Vertrauens und der Verlässlichkeit existiert, und setzen diesbezüglich eine hohe Erwar- tungshaltung an. Das Gefühl dafür, was als Vertrauensklima bezeichnet werden kann, verschiebt sich im- mer weiter nach oben – bereits klei- nere Vertrauensverstöße werden dar - um negativ be- und schließlich ver- urteilt. Natürlich gilt das Gesetz auch mit umgekehrtem Vorzeichen.
Herrscht Misstrauen vor, werden sich die Praxisatmosphäre und das Betriebsklima immer mehr in diese eher destruktive Richtung entwi- ckeln. Bacman stellt fest: „Es kommt auf uns an, es liegt in der Hand der Führungskraft als Vorbild, wohin das Pendel ausschlägt.“
Dr. Anna Martini Martini@StimmRhetorik.com
Die Abrechnung des Zuschlags A nach der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist zunehmend Grund für gebührenrechtliche Auseinandersetzungen. Der Zuschlag A soll die zusätzliche Zeitaufwendung für „. . . außerhalb der Sprechstunde erbrachte Leistungen“ ver- güten, wenn noch keine Zuschläge für ‚Unzei- ten‘“ greifen.
Der Begriff der Sprechstunde wird in Ab- grenzung zu dem Begriff Sprechzeiten (Praxis- schild) in den Kommentaren zur GOÄ von Brück (Deutscher Ärzte-Verlag) und Hoffmann (Kohlhammerverlag) wie folgt ausgelegt „[es]
gelten diejenigen Zeiten, in denen der Arzt üb- licherweise in seiner Praxis erreichbar ist. . .“.
Der Kommentar von Lang (Thieme Verlag) lau- tet: „Zuschlag A kann nur berechnet werden, wenn die Sprechstunde (unabhängig von den auf dem Praxisschild angegebenen Zeiten) tat- sächlich beendet und die Praxis für Patienten geschlossen ist. Ist die Beratung beziehungs- weise Untersuchung mit dem Patienten außer- halb der Sprechstunde zuvor vereinbart wor- den, so kann der Zuschlag A nur berechnet werden, wenn Arzt und Praxispersonal eigens
für die vereinbarte Beratung beziehungsweise Untersuchung nach Abschluss des regulären Sprechstundenbetriebs in der Praxis verblei- ben und die Beratung nicht direkt im An- schluss an den Sprechstundenbetrieb erfolgt.“
Als Beispiel wird angeführt: „Abschluss der Sprechstunde um 18 Uhr. Anruf des Patienten und Beratung um 19 Uhr. Rechnung: Nr. 1 GOÄ, Zuschlag A“. Die Auslegung, dass jede Anwesenheit des Arztes in seiner Praxis (aus welchem Grund auch immer) gegen die Be- rechnung des Zuschlages A spräche, wird von den drei genannten Kommentierungen dem- nach nicht gestützt.
Eine häufige Frage ist in diesem Zusam- menhang, ob der Zuschlag A neben dem Hausbesuch nach Nr. 50 GOÄ berechnet wer- den könne. Unstreitig scheint hierbei die Ab- rechnung des Zuschlages A neben der Nr. 50 GOÄ am Mittwochnachmittag zu sein, wenn zusätzlich zum Besuch nach Nr. 50 GOÄ eine Leistung nach den Nrn. 6, 7 oder 8 erbracht wurde. Der Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bundesärztekammer hat diese denkbare Vari- ante am 13.März 1996 diskutiert und als ge-
bührenrechtlich zulässig angesehen (Be- schluss veröffentlicht DÄ, Heft 36/1999).
Bei der Erbringung des Hausbesuches an anderen Tagen, an denen laut der Kommentare von Brück und Hoffmann üblicherweise ganz- tags von montags bis freitags (außer mitt- wochs nachmittags) Sprechzeiten angeboten werden, ist der Zuschlag A neben den Nrn. 6, 7 oder 8 GOÄ nicht berechnungsfähig.
Festzuhalten bleibt, dass der Zuschlag A in erster Linie den zeitlichen Aufwand des Arztes für eine Beratung und/oder Untersuchung des Patienten nach den Nrn. 1, 3, 4, 5, 6, 7 oder 8 GOÄ vergüten soll, wenn der Arzt außerhalb der Sprechstundenzeiten seine Praxis extra hierfür aufsucht oder eigens zu diesem Zweck in der Praxis verbleibt.
Der Zuschlag A ist vom Verordnungsgeber primär nicht für die zusätzliche Vergütung zu Untersuchungsleistungen neben dem Hausbe- such gedacht. Die akzeptierte Ausnahme für den Mittwochnachmittag ist oben beschrieben.
Zu den Besonderheiten für Beleg- und Kran- kenhausärzte wird auf den GOÄ-Ratgeber
„Zuschläge A bis D: Besonderheiten, Beleg- und Krankenhausärzte“ (DÄ, Heft 21/2006) verwiesen. Dr. med. Anja Pieritz
GOÄ-RATGEBER
Wann ist Zuschlag A berechnungsfähig?