Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 21|
25. Mai 2012 A 1105 Die Autobiografie eines Chirurgenaus der Volksrepublik China soll für einen deutschen Arzt interes- sant und lesenswert sein? Ja! Und das ist so: Qiu Fazu kam als Stu- dent und Humboldt-Stipendiat nach München, wurde dort Facharzt für Chirurgie und Oberarzt bei Profes- sor Bronner. In seiner Zeit in Bad Tölz rettete er KZ-Häftlinge auf dem sogenannten Todesmarsch und kehrte 1946 mit seiner deut- schen Frau nach Schanghai an die deutsche Tongji-Universität zu- rück. Diese ist gerade von ihrer 10 000 Kilometer langen Flucht vor den japanischen Aggressoren nach Schanghai heimgekehrt. Qiu Fazu baut als einer der jüngsten Lehrstuhlinhaber seines Faches die Chirurgie in Schanghai und (nach Umsiedlung auf Befehl Maos) in Wuhan jeweils nach deutschem Vorbild auf. Heute ist sie eine in- AUTOBIOGRAFIE
Exzellente Übersetzung
ternational anerkannte Medizini- sche Fakultät von landesweiter Be- deutung in China und vielfältigen Beziehungen nach Deutschland.
Viele Jahre vor seinem Tod be- ginnt Qiu Fazu mit seiner Autobio- grafie, hält dann aber inne, be- schreibt die Zeit nach der Kulturre- volution nur sporadisch. Hier aber sind seine größten Verdienste für China – in seiner chinesischen Be- scheidenheit kann er diese nicht für sich selbst beschreiben. So haben ihn Paul Gerhardt, Wu Zaide, Feng Youmei, Wolfgang Höpker und Rü- diger Siewert jeweils aus ihrer Sicht gewürdigt.
Das Ergebnis ist ein reich bebil- dertes und lebendig geschriebenes Buch, wobei die exzellente Über- setzung der eigentlichen Autobio- grafie aus dem Chinesischen ins Deutsche besonders hervorzuhe- ben ist (hierauf hat der Herausge- ber größten Wert gelegt). Es ist ein ansprechendes und gar spannend geschriebenes Lesebuch.
Christian Ohrloff
Dietrich Götze (Hrsg.): Qiu Fazu. Über mich selbst. In meinen eigenen Worten. Autobiogra- fie. Akademische Verlagsgesellschaft, Heidelberg 2011, 298 Seiten, gebunden, 25 Euro Ein wenig Idylle zu Beginn des
Fotobands – ein Weiher, ein Schleusentor, die Fabriklandschaft entlang des Bachs. Doch dann geht es mit grober Körnung rasch hin - ein ins dunkle Fabrikgeschehen, an dessen geschichtlichen Ursprung die gebändigte Kraft des Wassers stand. Wuchtig kommt der wort- karge Fotoband mit seinen schwarz- weißen Impressionen aus dem Reich der Arbeit daher. „Fabrik.
Ein Bildepos der Technik“ lautete der Titel dieses 1943 in der Schweiz erschienenen Werkes von Jak Tuggener, von dem nun eine Faksimileausgabe vorliegt.
Tuggener schrieb keine ausführ- lichen Bildlegenden, es gibt ledig- lich ein „Tafelverzeichnis“ der 95 Fotografien. „Wenn es auch seine Absicht war, das ,Gesicht der Ar- beit‘ zu malen, das für sich selbst
spricht, so werden kurze Hinweise nicht unnütz sein“, heißt es dort.
„Arbeiter“ lautet die knappe Bild- beschreibung zur Nummer 20, die auch den Bucheinband schmückt – ein markanter Kopf, mit direktem Blick in die Kamera, herausgelöst aus dem Fabrikgeschehen um ihn herum.
Es gibt einige dieser Großauf- nahmen von Menschen in diesem Fotoband, Momente der Ruhe in einer von industrieller Dynamik geprägten Bildabfolge, bei der die Menschen Bestandteil einer von Maschinen geprägten Kompositi- on werden. Die Abfolge der Bil- der gleicht einem expressionisti- schen Stummfilm, die Macht des Einzelnen scheint begrenzt ange- sichts einer von Menschen selbst in Gang gesetzten Technik.
Thomas Gerst Jak Tuggener: Fabrik. Ein Bildepos der Technik. Reprint der Publikation
von 1943. Steidl, Göttingen 2011, 106 Seiten, gebunden, 65 Euro Jak Tuggener: Fabrik Ein Bildepos der TechnikReprintder Publikation
FOTOBAND/REPRINT