Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FEUILLETON
Arzt — und Poet dazu
Gerhardt Dodt
In 586 Iserlohn, Friedrichstraße 47, wohnt der Internist Gerhardt Dodt.
Er ist dort am 21. September 1924 geboren, erlebte von 1942 bis 1945 Wehrdienst und Gefangenschaft, studierte von 1946 bis 1952 Philoso- phie und Pädagogik in Köln, 1955 bis 1961 Medizin in Bonn.
„Gedichte schreibe ich im wesentli- chen erst seit 1969, weil seither die Zeit für Erzählungen nicht mehr reicht. Meine Grundlinie ist trotz des fortschrittlichen Zeitalters mit sei- nen unbegrenzten pluralistischen Möglichkeiten der Glaube an Jesus Christus. Ich stehe dabei Gedanken- gängen Teilhard de Chardins nahe."
Dodt legt fünf in schöner klarer Anti- qua gedruckte Pappbände mit Ge- dichten vor („Zyklus X/Xl" usw.), aus denen hier einige Proben folgen.
mein wort ist zaubervogel sein scharlachruf in paradiesen die schon vor aller zeit aus einem ruderschlag geschnitten tief in der spätvölker sehnsucht
blühten mein wort ist stille um die erinne- rung an königsgräber die in der wächter schlaf verborgen sind und eine krone über die künftigen reiche träumen.
du schufest den schmerz und drohtest seinem geschrei mit den leibern der tiere das wiegen des ginsters hüllest du
in meine zauderhände
deiner trauer
bin ich ein flüchtiger schrein geworden
meine gebete rinnen wie Jahrhunderte
durch die fugen deiner tempel du balltest
stufe um stufe deines thrones mir zu ratlosen schritten schwer brach ich aus dem schmelzfluß zu meinem lachen auf deine kriege froren du fügtest meinen mund um ihrer erstarrten schlachten der abendsee wich
um ein lautenlied
vor mir wie vor seinem schicksal zurück.
ich aß
von deinem flügelschlag wie von meiner herkunft ich wurde leere
die deinen thron umgibt
ich wurde nachhall von schritten die vor aller zeit
zu den stufen deines grenzenlosen thrones
gewandert sind ich träume meinen tag deine erlösung
aus den büchern der ältesten kriege verwundet klafft ein fremder morgen durch dein lachen
meine unversöhnliche schwermut.
ich bin
das lachen gottes in seinem tiefsten schlaf seine lider ein garten
die traumberankte müdigkeit der andern
sie wissen
von der weglosen leere die ich wandern muß nichts
als ihren atem
der in fremden mündern dämmert
ihre toten sommer das geringe innehalten in der stille
die ich bin weit vor den toren der ewigen stadt rinnen wir
untrennbar ineinander.
Die Deutsche Tagespost, Würzburg, spricht von der „großen gezügelten Sprachbegabung Dodts". Dort wer- den dem Autor zwei ausführlichere Besprechungen gewidmet, als es hier möglich ist. Für mich ist zum Beispiel eine Frage: Was bedeutet für Dodt das Lachen?
„schwer brach ich / aus dem schmelzfluß / zu meinem lachen auf" ...verwundet klafft ein frem- der morgen / durch dein lachen / meine unversöhnliche schwer- mut . .." / „ich bin / das lachen got- tes..."
Steht „das Lachen" für das eigentli- che geistige Ziel, die Befreiung aus Angst und Zwang? Wächst die „un- versöhnliche Schwermut" dort, wo er selbst noch nicht zum Lachen be- freit wird? Wie stark schwingen hier Erinnerungen an das Homerische Lachen mit? Jedenfalls scheint es mir einen Gedanken wert, Lachen als oberstes Ziel geistiger Befreiung anzustreben.
Edith Engelke