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Archiv "„Pille danach„: Kein Freibrief" (21.01.2000)

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Se eiitte e e eiin nss

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 3, 21. Januar 2000

Blick nach vorn

D

ie Gesundheitsreform 2000 trifft wie alle vorangegan- genen Reformen seit dem ersten Kostendämpfungsgesetz vor allem die Kassenärzte. Die Er- klärung ist schlicht und bekannt:

Der Bundesgesetzgeber hat hier die meisten, unmittelbar wirken- den Eingriffsmöglichkeiten. Er hat sie weidlich genutzt.

Proteste der Kassenärzte ha- ben wenig gefruchtet. Im Gesetz- gebungsverfahren wurden deren Vertreter allenfalls routinemäßig gehört. Das daraus resultierende Gefühl der Ohnmacht hat erheb- lich zu der Unruhe innerhalb der Kassenärzte beigetragen. Die Hilflosigkeit gegenüber einer sich uneinsichtig gebenden Politik schlug sich in den letzten Monaten in heftigen internen personellen Querelen nieder, nach dem Motto:

Wenn man die Ministerin nicht zu fassen bekommt – die eigenen Leute können nicht ausweichen.

Mit der überraschend gut ge- glückten Neuwahl eines Vorsitzen-

den der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) – Dr. Manfred Richter-Reichhelm, dazu der Leit- artikel – besteht die Chance, mit dem Personalhickhack Schluss zu machen und mit Blick nach vorn in die Politik wieder einzusteigen.

Bei der Vertreterversammlung der KBV, am 15. Januar in Berlin, war jedenfalls viel die Rede davon, Po- litik könne man nicht mit dem Blick in den Rückspiegel betrei- ben. Die Vergangenheitsbewälti- gung müsse ein Ende haben. Die KBV müsse exakte politische Zie- le definieren, darüber verhandeln und, wenn Verhandlungen nichts fruchteten, notfalls zur Aktion schreiten.

In diesem Sinne hat sich auch Richter-Reichhelm unmissverständ- lich geäußert, selbst punktuelle Praxenschließungen hält er für möglich. Richter-Reichhelm setzt vor allem aber auf die Kraft guter Argumente. Der Argumentation soll ein Morbiditätsindex dienen, der innerhalb des nächsten halben

Jahres von der KBV erarbeitet werden soll. Mit diesem Instru- ment will die KBV nachweisen, wie viele Mittel für eine ärztlich- medizinisch angemessene Versor- gung der Bevölkerung nötig sind und wie unzulänglich (möglicher- weise) die Finanzierung ist.

Es wird eine Kunst sein, die Argumente, so gut sie auch belegt sein mögen, in die Öffentlichkeit zu transportieren und die Politik zu gewinnen.

Das politische Spiel wird auf absehbare Zeit dadurch beein- trächtigt, dass die größte Oppositi- onspartei, die CDU, praktisch aus- fällt. Diese Partei beschließt zwar weiterhin nicht unbeachtliche po- litische Beiträge. Aber das alles geht unter in dem Morast aus du- biosen Spenden und mafiösen Fi- nanzierungsmethoden. Auch die Ärzteschaft wird darunter leiden, dass ihr die Opposition als An- sprechpartner zwar zur Verfügung stehen, aber fürs Erste wenig nüt- zen wird. Norbert Jachertz

Kassenärzte

Kein Freibrief

A

n Frankreichs Schulen wird seit Beginn des Jahres die

„Pille danach“ kostenlos verteilt. Der Vorschlag einiger Po- litikerinnen von SPD und Grünen, dem französischen Vorbild zu fol- gen, sorgt nun für Aufregung – auch in den eigenen Reihen. Die Gegner des Vorstoßes befürchten, dass damit einem falschen, verant- wortungslosen Umgang mit der Sexualität Vorschub geleistet, Ab- treibung verharmlost und der Stel- lenwert des ungeborenen Lebens weiter herabgesetzt würde. Statt- dessen fordern sie eine umfangrei- che Wertevermittlung sowie Vor- rang für Aufklärung und Verhü- tung – Forderungen, mit denen man offene Türen einrennt, die das Problem aber nicht lösen.

Sicher kann man das französi- sche Modell nicht einfach auf deut-

sche Verhältnisse übertragen. An den meisten Schulen Frankreichs arbeiten Krankenschwestern, de- nen allein es vorbehalten bleibt, Schülerinnen, die eine Schwanger- schaft befürchten, aufzuklären, zu beraten und gegebenenfalls die

„Pille danach“ auszuhändigen.

Grund für die Liberalisierung ist, dass trotz Aufklärung und relativ unbeschränktem Zugang zu Ver- hütungsmitteln allein im letzten Jahr in Frankreich rund 6 700 Schülerinnen abgetrieben haben.

Auch die Briten haben – mit einer ähnlich hohen Zahl von Teenager-Schwangerschaften be- ziehungsweise -Abtreibungen kon- frontiert – den Zugang zur „Pille danach“ erleichtert. Seit Jahresbe- ginn können Engländerinnen das Medikament ohne Rezept bei ihrem Apotheker erhalten. An ei-

nem Pilotversuch in der Region Manchester nehmen 16 Apothe- ken teil.

Niemand zweifelt wohl ernst- haft daran, dass ein verantwortli- cher Umgang mit der eigenen Se- xualität an erster Stelle stehen soll- te. Es wäre jedoch weltfremd, anzu- nehmen, es sei damit getan, Werte zu vermitteln. Weder in England noch in Frankreich wird die „Pille danach“ als alternative Verhü- tungsmethode eingesetzt. Sie dient als „Notfallmedikament“, das in beiden Ländern von medizini- schem Personal abgegeben wird.

Für viele Mädchen ist der relativ anonyme Zugang zu dem Mittel si- cherlich hilfreich, wenn er mit ei- ner kompetenten Beratung auch über Wirkung, Risiken und Ne- benwirkungen des Präparats ver- bunden ist. Heike Korzilius

„Pille danach“

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