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Archiv "Bovine spongiforme Enzephalopathie: Ein Jahr danach" (30.11.2001)

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as Ende der Krise ist noch nicht erreicht, lediglich ein Krisenab- schnitt. Die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) ist in Europa weiterhin ein Problem. In Deutschland wird sie nur nicht mehr in dem Maße wahrgenommen wie vor einem Jahr, als am 26. November der erste BSE-Fall in Schleswig-Holstein offiziell bestätigt wurde. Zu diesem Fazit kamen Exper- ten und Politiker bei dem Berliner Sym- posium „Ein Jahr danach: BSE – Leh- ren und Folgen“*.

Marktforschungsberichten zufolge hat der Rindfleischverzehr der deut- schen Bevölkerung wieder zugenom- men und erreicht fast die alten Werte.

Zeigten sich Mitte Januar noch mehr als 70 Prozent der Bevölkerung in Hinblick auf BSE besorgt, so waren es in der letz- ten Juliwoche nur noch 35 Prozent. BSE dürfe jedoch nicht verharmlost werden, betonte Dr. Gerald Thalheim, Parla- mentarischer Staatssekretär im Bundes- ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Trotz der Entwarnung für die Verbraucher stiege die Zahl der an BSE erkrankten Rinder immer noch. Bisher wurden in Deutschland 124 Fälle bestätigt, etwa die Hälfte davon in Bayern. Da die mei- sten Tiere bereits klinisch auffällig wa- ren, seien nur 33 Rinder erst in der Fleischhygiene-Untersuchung als posi-

tiv getestet worden. Nur diese hätten theoretisch in die Nahrungskette gelan- gen können: ein Risiko von 1 : 60 000.

Von der BSE-Erkrankung sind vor allem die Rinder-Jahrgänge 1995/96 be- troffen. „Aufgrund der mit fünf Jahren zu veranschlagenden Inkubationszeit der BSE müssen wir bis zum Jahr 2006 noch mit neuen BSE-Fällen rechnen“, erklärte Dietmar Schulz, Staatssekretär im Ministerium für Ernährung, Land- wirtschaft und Forsten des Landes Nie- dersachsen.

Künftige Entwicklung unklar

Die Prognosen darüber, wie sich die Zahl der BSE-Fälle entwickeln wird, gehen auseinander. „Anzeichen einer Epidemie gibt es in Deutschland nicht“, sagte Prof. Dr. Thomas C. Mettenlei- ter, Leiter der Bundesforschungsan- stalt für die Viruserkrankungen der Tiere, Riems. Dennoch sei es unklar, ob der Gipfel der Erkrankungshäufigkeit bereits in der Vergangenheit war, über- schritten ist oder noch bevorsteht.

Großbritannien verzeichnete 1992 den Höhepunkt bei den BSE-Erkran- kungen. Damals wurden dort 36 000 BSE-Fälle festgestellt, heute sind es

„nur noch“ 800 pro Jahr. „Das Verfütte- rungsverbot von Tiermaterialien zeigt seine Wirkung“, bewertete Mike Atten- borough, Technischer Leiter der „Meat and Livestock Commission“, Großbri- tannien, den Rückgang. In diesem Jahr sei noch kein BSE-Fall bei einem Rind unter drei Jahren festgestellt worden.

Auch das Vertrauen der Bevölkerung sei wieder hergestellt, der Pro-Kopf- Verbrauch von Rindfleisch fast wieder auf normalem Niveau. „Trotzdem ha- ben wir immer noch ein ernst zu neh- mendes Problem“, sagte Attenborough.

„Wir haben bittere Erfahrungen ma- chen müssen, vielleicht können andere daraus lernen.“ Eine enge Zusammen- arbeit auf EU-Ebene sei deshalb nötig.

Die Europäische Kommission will künftig die Maßnahmen gegen BSE noch verstärken. „Wir gehen davon aus, dass BSE bei Tieren innerhalb der EU P O L I T I K

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A3164 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 48½½½½30. November 2001

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Ereignisse nach dem ersten BSE-Fall in Deutschland Quelle: aid 26. November 2000 Erstmals wird bei einem in Deutschland geborenen Rind BSE festgestellt.

2. Dezember 2000 Ein generelles Verfütterungsverbot von Tiermehl, Fischmehl, Nebenerzeugnissen der Geflügelschlachtereien und tierischen Fetten tritt in Kraft.

6. Dezember 2000 Die Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung auf BSE von geschlachteten Rindern, die älter als 30 Monate sind, tritt in Kraft.

20. Dezember 2000 Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer leitet eine Rückrufaktion für mit Risikomaterialien hergestellte Fleischprodukte ein.

5. Januar 2001 Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke legt ein Achtpunkteprogramm für eine verbraucher- und umweltorientierte Agrarwirtschaft vor.

9. Januar 2001 Gesundheitsministerin Fischer und Landwirtschaftsminister Funke treten zurück.

Zehn BSE-Fälle sind amtlich bestätigt.

10. Januar 2001 Renate Künast übernimmt das neue Verbraucherschutzministerium, Ulla Schmidt wird neue Gesundheitsministerin.

29. Januar 2001 Ministerin Künast senkt die Altersgrenze für die BSE-Schnelltests von 30 auf 24 Monate.

7. Februar 2001 Ministerin Künast bekräftigt die festgelegte Herdentötung beim Auftreten eines BSE-Falls.

19. Februar 2001 Das Gesetz zur Änderung futtermittelrechtlicher, tierkörperbeseitigungsrechtlicher und tierseuchenrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit der BSE-Bekämp- fung (BSE-Maßnahmegesetz) tritt in Kraft.

23. Mai 2001 Die Bundesregierung verabschiedet ein nationales Forschungskonzept zu BSE, Scrapie und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.

1. Juli 2001 EU-weit müssen alle Rinder über 30 Monate einem BSE-Test unterzogen werden.

16. Juli 2001 Der Bundesrat verabschiedet eine Verordnung über die Tötung von Rindern. Die Länder können nun statt der Herden- die Kohortentötung veranlassen.

1. Januar 2002 Die zweite Stufe der europäischen Rindfleischetikettierungs-Verordnung wird in Kraft treten. Danach müssen zusätzlich zu der schon obligatorischen Angabe des Ortes der Schlachtung und Zerlegung (Name des Mitgliedstaates) auch Geburts- und Mastland angegeben werden.

Bovine spongiforme Enzephalopathie

Ein Jahr danach

Es besteht noch Forschungs- und Handlungsbedarf, um die Folgen der BSE-Krise in den Griff zu bekommen.

* veranstaltet von den Gewerkschaften Nahrung–Ge- nuss–Gaststätten, Bauen–Agrar–Umwelt, der Roche Diag- nostics GmbH und des Auswertungs- und Informations- dienstes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (aid)

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in fünf Jahren ausgerottet ist“, sagte Eric Pudelet, Leiter der Abteilung

„Biologische Risiken“ bei der Europäi- schen Kommission. Geplant seien eine veränderte Betäubung der Rinder (Elektrobetäubung statt Bolzenschuss) wegen der Gefahr der Kreuzkontami- nierung durch verletztes Gehirn, verän- derte Standards für die Gelatineherstel- lung und eine Ausweitung der Liste der Risikomaterialien. Auch Schafe sollen demnächst in den EU-Mitgliedstaaten auf transmissible spongiforme Enze- phalopathie (TSE) getestet werden.

Denn die Entstehung von BSE und der Unterschied zu TSE sei immer noch nicht vollständig geklärt; es existierten lediglich mehrere Theorien.

Nicht viel Neues gibt es bei den BSE- Schnelltests. Sie sind wie bisher nur am toten Tier einsetzbar, da sie auf dem Nachweis der Prionen (durch eine ver- änderte Struktur proteinasefeste zel- luläre Proteine) im Gehirn basieren.

Künftig sollen sie sensitiver werden und zwischen BSE und TSE differenzieren können. Ein Test am lebenden Tier käme ebenfalls „in absehbarer Zeit“

auf den Markt, kündigte Dr. Matthias Pohlmeier, Konzernmanager BSE der Roche Diagnostics GmbH, an.

Ein Lebendtest könnte gleichzeitig Ansatzpunkte für Tests auf die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krank- heit (vCJD) beim Menschen liefern.

Prognosen über deren Auftreten, nach- dem BSE-Erreger mit der Nahrung auf- genommen wurden, sind schwieriger als beim Rind. Es werde eine Inkubations- zeit von zehn Jahren vermutet, erklärte Prof. Dr. med. Adriano Aguzzi vom In- stitut für Neuropathologie des Univer- sitätskrankenhauses Zürich. Wenn dies der Fall sei, wäre jetzt in Großbritanni- en der Höhepunkt der Erkrankungs- häufigkeit erreicht. Inzwischen seien 120 britische Patienten an vCJD gestor- ben. Einige Wissenschaftler gingen von höchstens 1 000 bis 2 000 Erkrankten aus; neuere, in Druck befindliche, Pu- blikationen stimmten jedoch wieder pessimistischer. „Möglicherweise sind zwar viele Menschen infiziert, befinden sich aber im präklinischen Stadium oder erkranken sogar nie“, vermutet Aguzzi. Eine Antwort darauf werde eventuell erst in 30 bis 40 Jahren zu ge- ben sein. Dr. med. Eva A. Richter

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A3166 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 48½½½½30. November 2001

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ange genug haben wir Männer uns das Lamentieren der Frauen über die mangelhafte Gesundheitsversor- gung ihrer spezifischen Wehweh- chen anhören müssen. Landauf, landab Kongresse, auf denen wir mit

den neuesten Erkenntnissen über die Benachteiligung von Frauen drangsaliert wurden. Sogar bis zu ei- ner Anhörung im Bundestag hat es das schwache Geschlecht geschafft.

Doch damit ist nun Schluss. Wer lebt denn im Durchschnitt sieben Jahre weniger als die Frauen? Wer trinkt mehr, raucht mehr, ist übergewich- tig, geht nicht zu Vorsorgeuntersu- chungen und ist sogar zu blöd, zum Arzt zu gehen, wenn er wirklich krank ist? Das starke Geschlecht ist sehr viel schwächer, als wir jemals zugeben würden. Schon die Säug- lingssterblichkeit liegt bei Jungen höher als bei Mädchen. Inzwischen wissen wir, dass auch die Wechsel- jahre kein Privileg der Frauen mehr

sind und dass wir genauso anfällig sind für die typisch weibliche De- pression.

Und dann gibt es noch die Proble- me der ganz besonderen Art, über die mann schon gar nicht reden möchte. Tröpfelt es nach, müssen Sie Nacht für Nacht raus, können Sie nicht so, wie Sie wollen? „Leiden Sie nicht still!“ fordert der Berufsver- band der Deutschen Urologen (BDU). Gemeinsam mit der Deut- schen Gesellschaft für Urologie hat er die bundesweite Veranstaltungsse- rie „Männergesundheitstage 2001:

Prostata und Potenz“ ins Leben ge- rufen, damit „Männer jetzt die Fragen stellen, die sie nie wagten zu stellen“. Die erste Staf- fel der Veranstaltungs- serie unter der Schirmherrschaft von Ex-Bundespräsident Roman Herzog führt durch elf Städte.

Nach Angaben von BDU-Präsi- dent Dr. med. Klaus Schalkhäuser lei- den fünf bis sechs Millionen deutsche

Männer unter der erektilen Dysfunk- tion, fast drei Millionen Männer be- finden sich wegen Prostatavergröße- rung oder -krebs in ärztlicher Be- handlung – Grund genug für ihn, die Bundesregierung aufzufordern, „die ,Wechseljahre des Mannes‘ verfas- sungsrechtlich der Menopause gleich- zustellen“ und die Prostataerkran- kungen als neue Volkskrankheit in ei- nes der geplanten Disease-Manage- ment-Programme aufzunehmen.

Und auch in anderer Beziehung wollen wir nicht mehr hinter den Frauen zurückstehen. Gebt uns end- lich den „Männerarzt“, damit ein für allemal klar ist, an wen wir uns zu wenden haben, wenn wir ein be- stimmtes Problem haben. Thomas Gerst

GLOSSE

Männergesundheit

Nachgetröpfelt

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