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Archiv "Medizinische Obduktion: Aufklärung tut not" (27.12.1999)

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aum waren die Meldungen über die englischen Vor- kommnisse aus den Schlag- zeilen verschwunden, präsentierte das ARD-Magazin „Panorama“ den entsprechenden deutschen Skandal.

Offenbar ohne hinreichende Auf- klärung der Eltern sind die Herzen von Kindern, die am plötzlichen Kindstod verstorben waren, zum Gegenstand wissenschaftlicher For- schung gemacht worden. Das Ergeb- nis der öffentlichen Untersuchung in England steht noch aus. Diese kon- zentriert sich vor allem auf die Fra- ge, ob die Einwilligung der An- gehörigen zur Obduktion zugleich als Zustimmung zur Entnahme und weiteren wissenschaftlichen Nut- zung der Organe angesehen werden kann. Die geltenden rechtlichen Be- stimmungen in Großbritannien sind in dieser Hinsicht unklar und bedür- fen nach Ansicht des Vorsitzenden der Untersuchungskommission ei- ner gründlichen Überarbeitung.

Auch in Deutschland ist die Rechtslage alles andere als eindeutig.

Im Gegensatz zum Transplantations- gesetz ist das Obduktionsrecht nicht bundeseinheitlich geregelt. Lediglich in Berlin gibt es ein Gesetz zur Rege- lung des Sektionswesens; das sächsi- sche Bestattungsgesetz läßt die inne- re Leichenschau zu, sofern sie „durch ein beachtliches Interesse an der vor- herigen Diagnose oder durch ein ge- wichtiges medizinisches Forschungs- interesse gerechtfertigt ist“. Hier wie in Berlin muß der Verstorbene zu Lebzeiten der Obduktion zuge-

stimmt haben, oder aber die nächsten Angehörigen müssen sich mit einer solchen Maßnahme einverstanden erklären. Die gesetzlichen Regelun- gen beschränken sich in den übrigen Bundesländern im wesentlichen auf Obduktionen gemäß Bundesseu- chengesetz oder Strafprozeßordnung (bei Verdacht auf Fremdverschul- den) ohne Widerspruchsmöglichkeit.

Rechtliche Grundlage für die Durch- führung der medizinischen Sektion sind hier die Obduktionsklauseln in den Aufnahme- und Behandlungs- verträgen der Krankenhäuser.

Diese sind mehr oder weniger hervorgehoben in den Allgemeinen Vertragsbedingungen abgedruckt.

Sie unterscheiden sich in Nuancen – was manchmal entscheidend sein kann – hinsichtlich der Zustim- mungsbedingungen.

Wissen schadet nicht

Nach den Skandalen um illega- len Handel mit Organteilen Mitte der 90er Jahre hat sich in der Pa- thologie mit wenigen Ausnahmen eine „Skandalvermeidungshaltung“

durchgesetzt. Zumeist wird auch dort, wo die Obduktionsklausel an- deres zuläßt, eine klinische Obduk- tion nur dann durchgeführt, wenn die Zustimmung der nächsten An- gehörigen dokumentiert ist und eine gegenteilige Bestimmung des Ver- storbenen nicht bekannt ist. Die Un- terschrift unter den Behandlungs- vertrag wird in der Regel nicht mehr

als ausreichend erachtet; sind keine direkten Angehörigen vorhanden, sieht man zumeist grundsätzlich von einer Obduktion ab.

Wie weit die Aufklärung über das Obduktionsverfahren im Detail gehen sollte, ist nicht festgelegt – durchaus verständlich angesichts der Trauer und psychischen Bela- stung, die der Tod eines nahen An- gehörigen ohnehin mit sich bringt.

Wer einer medizinischen Obduktion zustimmt, weiß oft nicht, daß dabei auch Organe entnommen werden und daß diese nicht in den Leichnam zurückgelegt werden müssen. Im Runderlaß des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. März 1994 heißt es dazu aller- dings unmißverständlich: „Eine Ob- duktion ist regelmäßig mit der Ent- nahme der erkrankten Organe ver- bunden. . . . Wer eine Obduktion ge- stattet bzw. ihr nicht widerspricht, gestattet damit auch die Entnahme einzelner Leichenteile zum Zweck der näheren Untersuchung und De- monstration in den klinisch-patholo- gischen Besprechungen.“ Der Pa- thologe ist für die entnommenen Or- gane verantwortlich; er hat dafür zu sorgen, daß diese die Klinik nicht verlassen. Nicht mehr benötigte Organe oder Organteile werden vorschriftsgemäß der Hochtempera- turverbrennung ohne Aschereste zugeführt. Einer dauerhaften Auf- bewahrung als Lehr- und Anschau- ungsmaterial stehen keine Vor- schriften entgegen. ! A-3281

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 51–52, 27. Dezember 1999 (13)

Medizinische Obduktion

Aufklärung tut not

Nicht nur in England, auch in Deutschland wurden toten Kindern Organe entnommen, ohne daß die Eltern über den Sachverhalt genau aufgeklärt waren.

K

(2)

Der Pathologe, der nach schriftlich dokumentierter Zustimmung zur Ob- duktion ein Organ entnimmt, handelt rechtmäßig. Ob dies bei nur mangelhaf- ter Aufklärung über das Wesen einer Obduktion ethisch zu verantworten ist, steht auf einem anderen Blatt. Die Auf- klärungspflicht gegenüber dem Patien- ten und dessen Angehörigen sollte auch in bezug auf Obduktionen so ver- standen werden, daß nicht mit dem Be- griff „Entnahme von Gewebeproben“

euphemistisch ein Sachverhalt ver- schleiert, sondern vielmehr offen um Verständnis für die beabsichtigten Maßnahmen geworben wird. Ein Bei- spiel für den offeneren Umgang mit dem prekären Thema ist der Aufnah- me- und Behandlungsvertrag der Städ- tischen Kliniken Dortmund. Hier wird zweimal fettgedruckt auf die mögliche Entnahme von Organen bei Obduktio- nen hingewiesen. Mögliche Kommuni- kationsprobleme können so von vorn- herein ausgeräumt, einer reißerischen Berichterstattung in den Medien die Grundlage entzogen werden.

Zu wenige Obduktionen

Die qualitätssichernde Funktion der Obduktion in der Medizin ist un- umstritten. Gerade für die interne Qualitätssicherung in Krankenhäusern scheint sie unverzichtbar. Von der dafür notwendigen Obduktionsrate ist man inzwischen sehr weit entfernt. Ge- messen an der Gesamtzahl aller Ver- storbenen wird die Obduktionsrate in Deutschland derzeit auf ein Prozent ge- schätzt; im Jahr 1985 lag diese Rate noch bei 5,6 Prozent. Zum Teil bereitet es bereits Probleme, angehende Patho- logen mit der Obduktion vertraut zu machen. Trotz aller Fortschritte in der klinischen Diagnostik geht man auch heute noch davon aus, daß klinische und pathologisch-anatomische Dia- gnose in den Krankenhäusern bei rund 40 Prozent der Todesfälle nicht über- einstimmen. Vor diesem Hintergrund wäre eine öffentliche, nicht nur inner- halb der Ärzteschaft geführte Diskussi- on über Sinn und Nutzen medizinischer Obduktionen wünschenswert. Auch medizinische Laien würden dann sicher verstehen, was „Hic mors vivos docet“

– „Hier lehrt der Tod die Lebenden“ – bedeutet. Dr. Thomas Gerst A-3282

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(14) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 51–52, 27. Dezember 1999

ie „Arzneiverordnungen“ wer- den seit 1925 von der Arznei- mittelkommission der deut- schen Ärzteschaft (AkdÄ), Köln, her- ausgegeben. Das Kompendium soll die Ärzte bei der pharmaunabhängi- gen Auswahl der Arzneimittel unter- stützen und zur „Qualitätssicherung im Sinne einer rationalen Arzneithe- rapie“ beitragen – so Dr. med. Karl- Heinz Munter, Geschäftsführer der AkdÄ bei der Vorstellung der Neu- auflage auf der Medica ’99. Die 19. Auflage des Buches, das auch als CD-ROM erhältlich ist, behandelt 722 empfohlene Wirkstoffe, denen rund 30 Prozent der am deutschen Markt verfügbaren Einzelsubstanzen entsprechen. Ausgespart sind in dem Werk homöopathische und zum über- wiegenden Teil pflanzliche Arznei- mittel.

Um neue Nutzungsmöglichkei- ten für die Anwender dieser umfas- senden Informationen zu erschließen, wurden die Arzneiverordnungen im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Scholz-Verlag, München, Anbie- ter eines Arzneimittelinformationssy- stems für Arztprogramme, dem Deut- schen Ärzte-Verlag, Köln, und der AkdÄ über eine Schnittstelle in die Scholz-Datenbank integriert. Der nie- dergelassene Arzt, der mit einem Pra- xis-EDV-System arbeitet, in das die Scholz-Datenbank eingebunden ist, kann künftig per Knopfdruck auf die intelligent verknüpften Informatio- nen beider Informationsquellen, der Arzneimitteldatenbank und der Arz- neiverordnungen, zugreifen. Die Vor- teile:

c Zusammenfassende Bewer- tungen von Wirkstoffen und Wirk- stoffgruppen geben dem Arzt eine

schnelle Entscheidungshilfe bei der Präparateauswahl.

c Für die detailliert beschriebe- nen Wirkstoffe der Arzneiverordnun- gen können die Fertigpräparate über die Scholz-Datenbank abgefragt, im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit ver- glichen und direkt in das elektroni- sche Rezeptformular eingetragen werden.

c Zu den wichtigen Erkrankun- gen lassen sich unter anderem Defini- tion, Behandlungsindikation, Thera- pieziele, Sofortmaßnahmen und gege- benenfalls Hinweise zur nichtmedika- mentösen Therapie abrufen.

c Darüber hinaus steht dem Arzt eine Volltextsuchfunktion zur Verfü- gung, die auch mehrdimensionale Verknüpfungsmöglichkeiten beinhal- tet, beispielsweise Wirkstoff, UAW (unerwünschte Arzneimittelwirkun- gen) und Wechselwirkungen.

Durch die kombinierte, inter- agierende Anwendung wird der Arzt verstärkt darin unterstützt, schnell, qualitätsgesichert und zugleich unter Einbezug von ökonomischen Krite-

rien zu verordnen. KBr

Arzneiverordnungen plus Arzneimitteldatenbank

Gesicherte Arzneitherapie mit EDV-Unterstützung

Auf die neue Auflage der „Arzneiverordnungen“ kann über die Integration in ein Arzneimittelinformationssystem künftig aus Praxis-EDV-Systemen heraus direkt zugegriffen werden.

D

Arzneiverord- nungen: Rat- schläge für Ärz- te und Studie- rende. Hrsg. von den Mitgliedern der Arzneimittel- kommission der deutschen Ärz-

teschaft. 19. Auflage, Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln, 2000, 78 DM

Arzneiverordnungen CD-ROM, Deutscher Ärz- te-Verlag, Köln, 2000, 118 DM

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