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Archiv "Entbürokratisierung in der Pflege: Konkrete Projekte versprechen Entlastung" (02.05.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 18

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2. Mai 2014 A 773 ENTBÜROKRATISIERUNG IN DER PFLEGE

Konkrete Projekte versprechen Entlastung

Viele Pflegekräfte empfinden ihre Dokumentationspflichten als Belastung. Mit Hilfe eines neuen Systems will das Bundesgesundheitsministerium den Aufwand reduzieren. Zudem wollen Heimaufsicht und Krankenkassen bei der Prüfung von Pflegeheimen künftig besser kooperieren.

E

s bewegt sich etwas in der Pflege. Nachdem es seitens der Politik jahrelang bei Ankündi- gungen und Absichtserklärungen geblieben ist, folgt derzeit ein Vor- haben dem nächsten. Anfang April hat Bundesgesundheitsminister Her- mann Gröhe (CDU) einen Referen- tenentwurf für den ersten Teil der Pflegereform vorgelegt; zugleich gab er zusammen mit der Vor- standsvorsitzenden des GKV-Spit- zenverbandes, Dr. rer. pol. Doris Pfeiffer, den Startschuss für die Er- probung des neuen Pflegebedürftig- keitsbegriffs. Mitte April dann ei- nigten sich Bund und Länder dar - auf, Anfang kommenden Jahres sowohl ein Gesetz zur besseren Ver- einbarkeit von Pflege und Beruf auf den Weg zu bringen als auch das lang erwartete Gesetz zur Vereinheit - lichung der Pflegeausbildung.

Und nun hat ebenfalls die Om- budsfrau zur Entbürokratisierung der Pflege, Elisabeth Beikirch, ih- ren Abschlussbericht zu einem Mo- dellprojekt vorgelegt, mit dem Do- kumentationspflichten in der Pflege reduziert werden sollten. Ziel war es, heute verwendete Dokumentati- onsmodelle, allen voran die Struk- turierungshilfe „Aktivitäten und existenzielle Erfahrungen des Le- bens“, durch eine „Strukturierte In- formationssammlung“ (SIS) abzu- lösen (Kasten).

Dieses neue Konzept wurde zwi- schen Oktober 2013 und Januar 2014 in 26 stationären Pflegeein- richtungen sowie von 31 ambulan- ten Pflegediensten in fünf Testre- gionen in den Ländern Branden- burg, Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein- Westfalen erprobt. Ergebnis: „Die Pflegedokumentation wird mehr- heitlich nunmehr nicht mehr als Be- lastung erlebt, sondern als ein pra- xistaugliches Instrument zur Si-

cherstellung der Information unter- einander sowie zur Darlegung und der Weiterentwicklung qualitativ guter Pflege“, heißt es in dem Ab- schlussbericht. Vor dem Projekt hätten die Teilnehmer angegeben, dass „die umfangreichen Doku- mentationen kaum noch wirklich gelesen würden“. Im Anschluss er- klärten vier von fünf Teilnehmern, SIS habe zu einer Erleichterung der eigenen Arbeit geführt. Als Gründe dafür wurden angegeben: „Steige- rung von Motivation und Zufrie- denheit sowie Effizienz durch Re- duzierung auf wesentliche Inhalte (Zeitersparnis)“, „Erleichterung durch Maßnahmenpläne“, „Aus- tausch im Team über Pflegeplanung angeregt“ und „Betonung der eige- nen Fachlichkeit“.

Insgesamt könne festgestellt werden, dass die erprobte Grund- struktur eine „sehr gute Grundlage zur Ausrichtung einer standardisier-

ten Pflegedokumentation biete und trotzdem vielfältige Varianten zu- lasse“, heißt es resümierend im Ab- schlussbericht. Ein weiteres, „breit angelegtes“ Modellvorhaben sei nun nicht mehr nötig. Stattdessen wird eine „bundes- und landesweite Implementierungsstrategie“ emp- fohlen, die über einen Zeitraum von zwei Jahren auf diesen beiden Ebe- nen zentral gesteuert und begleitet werden soll.

Gröhe: Die Erfahrungen nun in die Fläche bringen

Im Anschluss an das Modellprojekt haben der GKV-Spitzenverband so- wie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundes- ebene ein Beschlussverfahren einge- leitet, mit dem die Ergebnisse des Berichts umgesetzt werden sollen.

„Nun geht es darum, die Erfahrun- gen aus dem Projekt in die Fläche zu tragen“, sagte Bundesgesundheits- Der bürokratische

Aufwand in der Pflege soll sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich mit dem neuen Dokumenta- tionssystem SIS verringert werden.

Foto: mauritius images

P O L I T I K

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A 774 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 18

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2. Mai 2014 minister Hermann Gröhe (CDU).

„Ich freue mich über die große Be- reitschaft aller Beteiligten, den be- gonnenen Prozess fortzusetzen.“

Neben einer überbordenden Do- kumentation wurde in der Vergan- genheit häufig auch kritisiert, dass sich die Aufsichtsinstanzen von Pflegeeinrichtungen bei ihren Kon- trollen zu wenig absprechen. Schon die Liste der prüfberechtigten Insti- tutionen ist lang: Sie reicht vom Medizinischen Dienst der Kranken- versicherung (MDK) über die staat- liche Heimaufsicht und die Unfall- versicherungsträger bis hin zur Ge- werbeaufsicht und dem Gesund- heitsamt.

Zwei Drittel der geprüften Qualitätskriterien sind gleich

Die am weitesten gehenden Prüf- aufträge haben der MDK und die Heimaufsicht. Der Paritätische Landesverband Baden-Württem- berg hat im Jahr 2012 die entspre- chenden gesetzlichen Prüfkriterien miteinander verglichen. Ergebnis:

Zwei Drittel der Qualitätskriterien sind nahezu identisch. Im Bereich der Strukturqualität gab es mit fast 90 Prozent die meisten Überein- stimmungen. Die einzelnen Fragen seien in den Prüfanleitungen ledig- lich anders formuliert und struktu- riert, so der Paritätische Landesver- band. Bei der Ergebnisqualität sei- en zudem 75 Prozent der Kriterien

gleich, bei der Prozessqualität etwa 40 Prozent. Und auch mit ande- ren Aufsichtsbehörden ließen sich Überschneidungen finden.

Bereits 2005 hat die Arbeitsgrup- pe Entbürokratisierung des Runden Tisches Pflege nachdrücklich emp- fohlen, die Prüfinhalte der Auf- sichtsinstanzen eindeutig abzugren- zen und aufeinander abzustimmen.

So sollten die Bereiche Hygiene, Brandschutz, Arbeitsschutz, Sicher- heitstechnik und Trinkwasser bei einer Behörde zusammengefasst oder zumindest von der Heimauf- sicht koordiniert werden. Passiert ist seitdem wenig. Dennoch gibt es einzelne Initiativen, die eine Ko- operation der Prüfinstanzen in Gang bringen wollen.

So starteten etwa die Berufsge- nossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und der Medizinische Dienst des Spit- zenverbandes Bund der Kranken- kassen (MDS) 2011 einen Ge- sprächsprozess zu Kooperationen von Aufsichts- und Prüfinstitutio- nen in der Pflege. Diese Gespräche mündeten 2012 in die Gründung ei- nes Arbeitskreises „Kooperatives Aufsichtshandeln“. „Das Ziel ist unter anderem, an einem gemeinsa- men Prüf- und Beratungsverständ- nis zu arbeiten, Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation zu über- prüfen und thematische Schnittstel- len zu identifizieren. Auch durch

Kooperationen im Tagesgeschäft können wir zur Entbürokratisierung beitragen“, erklärte Erhard Weiß, BGW-Beauftragter für gesund - heitspolitische Kooperationen, dem Deutschen Ärzteblatt.

Heimaufsicht und MDK stimmen Prüftermine ab

Der Arbeitskreis soll die Erfahrun- gen einzelner Initiativen sammeln und neue regionale Kooperationen anstoßen – beispielsweise im Bo- denseekreis. „Zunächst haben die einzelnen Instanzen ihren jeweili- gen Prüfauftrag genau erfasst und bei einem Treffen im Februar 2014 den anderen Beteiligten vorge- stellt“, erläuterte Patricia Gallé- Moßmann, Sachbearbeiterin bei der Heimaufsicht im Bodenseekreis.

Dabei seien einige Schnittstellen- themen deutlich zutage getreten.

Um einen Dialogprozess mit an- sässigen Unternehmen zu starten und deren Anregungen und Wün- sche an die Aufsichtsinstanzen auf- zunehmen, soll im Mai ein weiteres Treffen stattfinden. Geplant ist zu- dem eine Online-Plattform, die den Austausch zwischen den Behörden verbessern soll. Auf dieser Platt- form könnten die einzelnen Instan- zen beispielsweise ihre Termine oder ihre Prüfergebnisse sichtbar machen. Ein genaues Konzept wird laut Gallé-Moßmann derzeit noch erarbeitet.

Eine Kooperation zwischen Heimaufsicht und MDK finde je- doch bereits heute statt, zum Bei- spiel bei der Abstimmung der Prüf- termine. „Wir haben vereinbart, dass wir möglichst einen Abstand von vier Monaten zwischen den Prüfungen einhalten, so dass es zu keiner übermäßigen Belastung in den Einrichtungen kommt“, betonte die Vertreterin der Heimaufsicht.

Bei Überschneidungen in den Prüf- verfahren seien den Institutionen aber oftmals die Hände gebunden.

„Prüfkataloge haben eine gesetzli- che Grundlage. Eine Institution kann nicht einfach auf einen Teil mit der Begründung verzichten, dass es eine andere Instanz macht“, erläuterte Gallé-Moßmann. An die- ser Stelle sei die Politik gefragt.

Eugenie Ankowitsch, Falk Osterloh Die Strukturierte Informationssammlung (SIS) wird

von den Pflegekräften während des Erstgesprä- ches mit den Pflegebedürftigen vorgenommen.

Diese werden zunächst gebeten, ihre Wünsche und Vorstellungen zu einem selbstbestimmten Le- ben sowie die Wahrnehmungen ihrer individuellen Situation zu schildern. Die erhaltenen Informatio- nen werden von den Pflegekräften „ungefiltert“

und „im Originalwortlaut“ festgehalten. Anhand von „pflegerelevanten Kontextkategorien“ (zum Beispiel „Kognition und Kommunikation“ oder

„Mobilität und Bewegung“) nehmen die Pflege- kräfte im Anschluss eine fachliche Einschätzung der erhaltenen Informationen vor und dokumen- tieren die individuellen „pflegesensitiven Risiken und Phänomene“ der Pflegebedürftigen.

Idee des Modells ist es, „sich grundsätzlich von dem schematischen Ankreuzverfahren bei der Maßnahmen- und Pflegeplanung zu lösen so- wie pflege- und betreuungsrelevante biografische Daten integrativ zu erfassen“, wie es in dem Ab- schlussbericht der Ombudsfrau für die Entbüro- kratisierung in der Pflege heißt. Auf der Grundla- ge der erfassten Informationen erfolgt im An- schluss die „individuelle Maßnahmenplanung“.

Diese umfasst – entweder in Form einer Tages- strukturierung im stationären Sektor oder mit Hilfe von Leistungskomplexen im ambulanten Sektor – die regelmäßig wiederkehrenden und routinemä- ßigen Versorgungsabläufe. Auf dieser Grundlage sollen im Pflegebericht dann nur noch die Abwei- chungen von der Routine dokumentiert werden.

STRUKTURIERTE INFORMATIONSSAMMLUNG

P O L I T I K

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