A 1908 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 39|
28. September 2012 Die dritte Ausgabe 2012 des „Bul-letin zur Arzneimittelsicherheit“
vom Bundesinstitut für Arzneimit- telsicherheit und dem Paul-Ehrlich- Institut widmet sich den Themen:
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Brivudin und 5-Fluoropyrimi- dine – eine potenziell tödliche In- teraktion●
Qualitätsmangel beim Notfall - arzneimittel Anapen®ARZNEIMITTELSICHERHEIT
Neues Bulletin erschienen
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Wirksamkeit und Risiken von Paracetamol●
Falldefinition für die progres- sive multifokale Leukenzephalopa- thie nach Therapie mit monoklona- len Antikörpern●
Daten zur Pharmakovigilanz von Impfstoffen aus dem Jahr 2010.Mehr Informationen unter: www.
pei.de/bulletin-sicherheit EB Der Organisation „Internationale
Ärzte für die Verhütung des Atom- krieges“ (IPPNW) gehen die Kon- sequenzen aus der atomaren Kata- strophe von Fukushima im vergan- genen Jahr nicht weit genug. Sie appelliert deshalb an die Bundesre- gierung, sich gegenüber UNSCEAR, dem wissenschaftlichen Komitee der UNO, und bei der Weltgesund- heitsorganisation dafür einzusetzen, die medizinische Forschung über die Gesundheitsfolgen auszuwei- ten. „Wir können noch keine Ent- warnung geben“, sagte IPPNW- Ärztin Dr. med. Angelika Claußen, die gemeinsam mit einer internatio- FUKUSHIMA
IPPNW fordert mehr Forschung
nalen Expertengruppe die Präfektur von Fukushima besuchte.
Im Sommer habe die japanische Zentralregierung mit der Dekonta- minierung und der Sanierung der ra- dioaktiv verseuchten Böden begon- nen und werbe nun bereits für die baldige Rückkehr der evakuier- ten Bevölkerung einschließlich der Kinder, berichtete Claußen. Trotz hoher Verstrahlung würden große Gebiete für risikolos erklärt. Die Expertengruppe konnte jedoch zehn Meter von einer Messstelle entfernt hohe Strahlenwerte messen, die den
Jahresgrenzwert von einem Milli- sievert überschreiten. Verstrahlter Müll sowie Erdschichten würden einfach umgelagert, sagte Claußen.
Unzufrieden ist die IPPNW auch mit einer von UNSCEAR geplanten Studie: Sie solle lediglich grobe Abschätzungen japanischer und in- ternationaler Experten berücksich- tigen, aus denen Gesundheitseffekte theoretisch abgeleitet werden sollen.
Notwendig seien jedoch unabhän- gige epidemiologische Studien so- wie die Einrichtung eines umfassen- den Registers, meinte Claußen. ER
Foto: picture alliance
Aufräumarbeiten in Fukushima:
Die langfristigen gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung sind unklar.
Nach Todesfällen von Besuchern des Yosemi- te-Nationalparks, die sich mit dem Sin-Nom- bre-Hantavirus infiziert hatten, empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) bei symptomatischen Reiserückkehrern differenzialdiagnostisch früh- zeitig eine gezielte virologische Diagnostik zu veranlassen. Hierzu sind die in Deutschland üblichen Hantavirus-Tests geeignet.
Erste Symptome einer Infektion mit dem Sin-Nombre-Hantavirus sind Müdigkeit, Fieber und Muskelschmerzen, die in der Regel zwi- schen ein und sieben Wochen nach Infektion auftreten. Darüber hinaus kann es auch zu Kopfschmerzen, Schwindel, Schüttelfrost, aber auch Erbrechen, Durchfall und Bauchschmer- zen kommen.
Vier bis zehn Tage nach der ersten Krank- heitsphase können zusätzlich die Symptome des Hantavirus-induzierten pulmonalen Syn-
droms (HPS) auftreten. Hierzu gehören Husten, Kurzatmigkeit und zunehmende Atembe- schwerden. HPS verläuft rasant und kann töd- lich sein (Sterblichkeitsrate 30 bis 40 Prozent).
Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfü- gung, aber eine frühzeitige Diagnose und Be- handlung auf einer Intensivstation verbessern die Prognose der Erkrankung erheblich.
HPS wird durch eine Infektion mit Hantavi- ren hervorgerufen, die nur auf dem nordameri- kanischen Kontinent verbreitet sind. Dieses Sin- Nombre-Virus ist weitaus gefährlicher als die Hantaviren, die in Deutschland vorkommen.
In den USA sind vor allem Hirschmäuse Trä- ger des Virus. Die Nager scheiden den Erre- ger mit Urin, Kot und Speichel aus. Das Virus kann insbesondere durch Einatmen von Staub, der mit Exkrementen von Nagern verunreinigt ist, auf den Menschen übertragen werden.
Das Virus wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen.
In Deutschland kommen Hantavirus-Typen vor, die bei schweren Verläufen die Nieren- funktion einschränken, aber fast nie tödlich verlaufen. Ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht in Baden-Württemberg und Bayern. Bereits jetzt gilt 2012 als „Hantavirus-Rekordjahr“, da am RKI bereits 2 216 Krankheitsfälle registriert worden sind.
Wissenschaftlern der Charité – Universi- tätsmedizin Berlin und der Labor Berlin GmbH ist es kürzlich gelungen, die molekulare Signa- tur dieser Viren aufzuklären. Dadurch ist es jetzt möglich, die Erbinformation des jeweiligen Virusstammes, der bei einem Patienten nach- gewiesen wurde, mit dem neu geschaffenen Register der in Deutschland kursierenden Han-
taviren zu vergleichen. zyl