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Wahrnehmung emotionaler Prosodie bei M. Parkinson

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Academic year: 2022

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Neurophysiologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Wahrnehmung emotionaler Prosodie bei M. Parkinson

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Martin Schütze aus Hildesheim

Hannover 2009

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am: 30.10.2009

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover Präsident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. med. Reinhard Dengler

Referent: Prof. Dr. med. Fedor Heidenreich Korreferent: PD Dr. rer. biol. hum. Ulrich Brinkmeier

Tag der mündlichen Prüfung: 30.10.2009

Promotionsausschussmitglieder:

Prof. Dr. med. Christoph Gutenbrunner PD Dr. med. Gerald Küther

Prof. Dr. med. Matthias Zumkeller

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Inhaltsverzeichnis ... 1

1 Einleitung ... 3

1.1 Einführung in die Thematik ... 3

1.2 M. Parkinson ... 4

1.2.1 Diagnose ... 4

1.2.2 Klinische Symptomatik des M. Parkinson ... 5

1.2.2.1 Motorische Symptome ... 5

1.2.2.1.1 Akinese ... 6

1.2.2.1.2 Rigor ... 6

1.2.2.1.3 Tremor ... 7

1.2.2.1.4 Posturale Instabilität ... 7

1.2.2.2 Nicht-motorische Symptome (NMS) ... 7

1.2.2.2.1 Vegetative Symptome ... 8

1.2.2.2.2 Neuropsychiatrische Symptome ... 8

1.2.2.2.3 Sensorische Symptome ... 9

1.2.3 Epidemiologie ... 9

1.2.4 Ätiologie und Pathogenese ... 10

1.2.5 Verlauf ... 11

1.2.6 Therapie ... 12

1.2.7 Wahrnehmung emotionaler Prosodie bei M. Parkinson ... 14

1.3 Aktuelle Datenlage zur Verarbeitung emotionaler Prosodie ... 17

1.3.1 Lateralisationshypothesen ... 22

1.3.1.1 Funktionelle Lateralisationshypothese ... 22

1.3.1.2 Differentielle Lateralisationshypothese ... 22

1.3.1.3 Akustische Lateralisationshypothese ... 23

1.3.1.4 Valenzhypothese der Lateralisation ... 23

1.4 Elektrophysiologische Untersuchungsmethoden in der Kognitionsforschung ... 24

1.4.1 Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) ... 24

1.4.1.1 Mismatch Negativity (MMN) ... 27

1.4.1.1.1 Evozierung der MMN ... 27

1.4.1.1.2 Generatoren der MMN ... 28

1.4.1.1.3 Interpretation der MMN ... 28

1.4.1.1.4 Zusammenfassung der MMN ... 29

1.4.1.2 Positivity 300 (P3) ... 29

1.4.1.2.1 Evozierung der P3b ... 30

1.4.1.2.2 Generatoren der P3b und ihre Lokalisation ... 30

1.4.1.2.3 Einflussfaktoren der P3b ... 31

1.4.1.2.3.1 Johnsons Modell ... 31

1.4.1.2.4 Interpretation der P3b ... 33

1.4.1.2.5 Klinische Bedeutung der P3b ... 33

1.4.1.2.6 Zusammenfassung der P3 ... 34

1.5 Zusammenfassung der Einleitung und Zielsetzung dieser Arbeit ... 36

2 Material und Methoden ... 37

2.1 Stimulusbewertung ... 37

2.1.1 Versuchspersonen der Stimulusvalidierung ... 37

2.1.2 Stimuli ... 37

2.1.3 Szenario und Aufgabenstellung ... 40

2.2 Experiment ... 41

2.2.1 Versuchspersonen im Experiment ... 41

2.2.2 Stimuli ... 42

2.2.3 Szenario und Aufgabenstellung ... 43

(4)

2.3 Datenaufnahme ... 44

2.3.1 Aufzeichnung des EEG ... 44

2.3.2 Aufzeichnung der Verhaltensdaten... 45

2.4 Datenverarbeitung ... 46

2.5 Statistische Auswertung ... 46

2.5.1 Auswertung der Verhaltensdaten ... 46

2.5.2 Auswertung der EKP ... 46

3 Ergebnisse ... 48

3.1 Ergebnisse der Stimulusbewertung ... 48

3.2 Ergebnisse des Experiment ... 52

3.2.1 Passive Bedingung ... 52

3.2.2 Aktive Bedingung ... 57

3.2.2.1 Verhaltensdaten ... 57

3.2.2.1.1 Trefferquoten ... 57

3.2.2.1.2 Reaktionszeiten ... 59

3.2.2.1.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Verhaltensdaten ... 60

3.2.2.2 EKP der aktiven Bedingung ... 60

3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 66

4 Diskussion ... 67

4.1.1 Präattentive Verarbeitung ... 67

4.1.2 Attentive Verarbeitung ... 69

4.2 Weiterer Ausblick ... 71

4.3 Zusammenfassende Diskussion ... 72

5 Zusammenfassung der vorliegenden Arbeit ... 74

6 Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen ... 77

7 Literaturverzeichnis ... 78

8 Lebenslauf ... 94

9 Erklärung nach §2 Abs. 2 Nr. 5 und 6 PromO ... 95

10 Danksagung ... 96

(5)

1 Einleitung

1.1 Einführung in die Thematik

Es ist etwa 200 Jahre her, dass James Parkinson erstmals den nach ihm benannten M.

Parkinson beschrieb. Seither stehen die Kardinalsymptome „Tremor, Rigor und Akinese“ für diese Erkrankung. Es mag daran liegen, dass diese motorischen Symptome der Beobachtung besonders gut zugänglich sind, dass sie auch heute noch im Mittelpunkt klinischer Therapie und wissenschaftlicher Forschung stehen.

Dennoch legen in jüngerer Zeit mehr und mehr Forschungsprojekte nahe, dass sich der Symptomenkomplex der Erkrankung auch auf kognitive Funktionen, das Erleben und die Kommunikation von Emotionen erstreckt. Bedenkt man, dass im täglichen Leben annähernd ununterbrochen Emotionen über Sprachinhalte und – melodie sowie durch Gestik zwischen Menschen kommuniziert werden, stellt eine Einschränkung dieser emotionalen Kommunikationsfähigkeit einen großen Einschnitt in die Lebensqualität der betroffenen Menschen dar.

Immer mehr wird daran gezweifelt, dass die eingeschränkte emotionale Ausdrucksfähigkeit der Parkinsonpatienten mit einer eher monotonen, wenig modulierten Sprache, allein auf die beschränkte motorische Funktionalität des Sprechapparats zurückgeführt werden kann.

Vielmehr scheinen darüber hinaus Veränderungen der Wahrnehmung und des Ausdrucks von Emotionen über die Sprache für eine eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit verantwortlich zu sein. Jedoch ist die Natur dieser Veränderungen bis heute nahezu unbekannt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Verarbeitung emotionaler Sprachmelodie, d.h. emotionaler Prosodie, bei Parkinsonpatienten zu untersuchen.

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1.2 M. Parkinson

1.2.1 Diagnose

Die Diagnose eines allgemeinen Parkinsonsyndroms erfolgt klinisch. Erforderlich ist das Leitsymptom der Akinese und wenigstens eines der folgenden: Ruhetremor (4-6Hz), Rigor, posturale Haltungsinstabilität (Wojtecki L et al 2007).

Des weiteren erfolgt die Einteilung der Parkinsonsyndrome nach ihrer Ätiologie in sekundäre (symptomatische), atypische und das idiopathische (synonym: IPS, M. Parkinson) Parkinsonsyndrom. Die Syndrome können klinisch sehr ähnlich imponieren, was eine Abgrenzung z.T. sehr schwierig macht.

Sekundäre Parkinsonsyndrome sind u.a. das vaskuläre Parkinsonsyndrom (apoplektiformer Verlauf und vaskuläre Enzephalopathie in der cerebralen Bildgebung), der Normaldruckhydrozephalus (klinische Trias mit Gangstörung, Inkontinenz, kognitiven Störungen sowie Hydrozephalus in der cerebralen Bildgebung) und die medikamentös- induzierten Parkinsonsyndrome (Neuroleptika- oder Antiemetika-Einnahme).

Zu den atypischen Parkinsonsyndromen zählen weitere neurodegenerative Erkrankungen wie die Lewy-Körperchen-Demenz (Halluzinationen, Demenz), die progressive supranukleäre Blickparese (vertikale Blickparesen, häufig frühe Stürze), die Multisystematrophie vom cerebellären (MSA-C) und parkinsonoiden (MSA-P) Typ (symmetrischer Beginn, ausgeprägte vegetative Störungen, cerebelläre Ataxie) und die kortikobasale Degeneration (CBD) (Apraxie, Fremdheitsgefühl einer Extremität [„alien limb“], Pyramidenbahnzeichen, starke Asymmetrie der Bradykinese ohne gutes Ansprechen auf L- Dopa).

Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)(Oertel WH et al 2005) sollte für die Diagnosestellung des idiopathischen Parkinsonsyndroms (IPS) zunächst das Vorliegen eines Parkinsonsyndroms im Allgemeinen nach eingangs genannten Kriterien festgestellt werden. Ferner werden zum Ausschluss o.g. Symptome eruiert, die auf das

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Vorliegen eines sekundären oder atypischen Parkinsonsyndroms hinweisen könnten. Des weiteren wird zur Diagnosestützung auf folgende, für das IPS typische Begebenheiten untersucht:

1) Einseitiger Beginn und im Krankheitsverlauf persistierende Asymmetrie (Gelb DJ et al 1999)

2) Progression der Erkrankung mit einem Verlauf von länger als 10 Jahren 3) Ruhetremor

4) Gutes Ansprechen auf L-Dopa für länger als 5 Jahre 5) L-Dopa-induzierte Dyskinesien

Für die Differentialdiagnostik können eine cerebrale Bildgebung (cCT oder cMRT), ein standardisierter L-Dopa-Test, Tests auf autonome Funktionsstörungen, neuropsychologische Zusatzuntersuchungen sowie sonografische und funktionelle nuklearmedizinische bildgebende Methoden sinnvoll sein (Oertel WH et al 2005).

1.2.2 Klinische Symptomatik des M. Parkinson

1.2.2.1 Motorische Symptome

Der äußeren Beobachtung gut zugänglich sind die motorischen Symptome des M.

Parkinson. Sie bestehen aus den Kardinalsymptomen Ruhetremor, Rigor und Akinese. Erst im späteren Verlauf kommt es auch beim IPS zur posturalen Instabilität mit Stürzen.

Abhängig von den vorherrschenden Symptomen werden bei den Patienten ein akinetisch- rigider Typ – Steifigkeit und Minderbewegung stehen im Vordergrund, ein Tremor-Dominanz- Typ – Tremor steht im Vordergrund – und bei ausgeglichener Symptomkonstellation ein Äquivalenz-Typ unterschieden.

Patienten des Tremor-Dominanz-Typs erkranken häufig früher („young onset“ vor dem 40.

Lebensjahr) als die des akinetisch-rigiden Typs, weisen regelmäßig einen insgesamt langsamer progredienten Verlauf auf, entwickeln seltener eine Demenz, dafür häufiger Komplikationen der dopaminergen Therapie. So sind schon häufig in den ersten Jahren einer

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L-Dopa-Monotherapie medikamentös induzierte Dyskinesien und Wirkfluktuationen zu beobachten (Quinn N et al 1987).

1.2.2.1.1 Akinese

Der Begriff der Akinese wird zumeist unscharf gebraucht und umfasst streng genommen einen Komplex aus den unterschiedlichen Symptomen Akinese, Bradykinese und Hypokinese.

Während die Akinese Schwierigkeiten und Verzögerungen beim Bewegungsstart beschreibt, steht die Bradykinese für eine Verlangsamung der Bewegungsabläufe. Die Hypokinese hingegen umfasst dann die in der Häufigkeit herabgesetzten Spontanbewegungen sowie die verminderten Bewegungsamplituden. Sie fällt vor allem durch eine Hypomimie und verminderte Mitbewegung z.B. der Arme beim Gehen mit dem typischen kleinschrittigen Gangbild auf. Typisch für den M. Parkinson ist das zunächst einseitige Auftreten der Symptome, welche sich später auf beide Körperseiten ausbreiten können, aber eine charakteristische Halbseitenbetonung beibehalten (siehe Kapitel 1.2.1).

1.2.2.1.2 Rigor

Als Rigor wird der erhöhte Muskeltonus bezeichnet, der von den Patienten subjektiv als Steifigkeit empfunden wird. Nicht selten kommt es zu schmerzlichen Missempfindungen in den betroffenen Gliedmaßen, was bei häufig proximalem Beginn auch zu einer Fehldeutung als rheumatische oder orthopädische Beschwerden, z.B. als „Schulter-Arm-Syndrom“, führen kann.

Bei der Untersuchung imponiert ein zäher, gleichmäßiger Widerstand, der häufig mit dem Biegen eines Bleirohres verglichen wird. Im Gegensatz zur Spastik kommt es zu keinem plötzlichen Nachlassen des Widerstands im Sinne des häufig zitierten „Klappmesser- Phänomens“. Allerdings kann der Widerstand periodisch für Sekundenbruchteile aussetzen, was als sog. „Zahnradphänomen“ bezeichnet wird.

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1.2.2.1.3 Tremor

Es handelt sich um einen Ruhetremor, der vor allem die Supinatoren und Pronatoren betrifft.

Weitere Merkmale sind sein grobschlägiger Charakter und dass agonistisch und antagonistisch wirkende Muskeln abwechselnd mit deiner Frequenz von 4-6 Hertz aktiviert werden, was als Antagonistentremor bezeichnet wird.

1.2.2.1.4 Posturale Instabilität

Obwohl eine frühzeitige Beeinträchtigung der Stellreflexe mit Stand- und Gangunsicherheit eher als Hinweis auf ein nicht-idiopathisches Parkinsonsyndrom gilt (siehe Kapitel 1.2.1), tritt die posturale Instabilität mit Stürzen im späteren Verlauf auch beim M. Parkinson auf. Dabei benötigen die Betroffenen häufig mehrere Ausgleichsschritte, um das Gleichgewicht zu stabilisieren, was als Pro- und Retropulsion bezeichnet wird. Kommt es bei vorn- übergebeugtem Gangbild zu einer Beschleunigung mit raschen kleinen Schritten – oft auch mit Stürzen, wird dieses als Festination bezeichnet (lat.: festinare – sich beeilen).

1.2.2.2 Nicht-motorische Symptome (NMS)

Nicht-motorische Symptome (engl.: non motor symptoms, NMS) sind in allen Stadien der Parkinsonerkrankung verbreitet (Chaudhuri KR et al 2006). Sie umfassen u.a. vegetative, neuropsychiatrische und sensorische Symptome (siehe unten). In einer Studie mit 545 Patienten kann mit Hilfe des NMSQuest-Fragebogens gezeigt werden, dass NMS-Scores fest mit der Erkrankungsschwere nach Hoehn und Yahr korrelieren. Des weiteren ergeben sich hohe Scores auch für Patienten mit einer langen Krankheitsdauer von über 15 Jahren (Martinez-Martin P et al 2007). Bei diesen Patienten wird das Krankheitsbild von NMS sogar dominiert (Hely MA et al 2005). Aber auch im frühen Stadium der Erkrankung sind NMS relevant. So tragen sie bei vielen Patienten, die nach der Diagnosestellung unbehandelt

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bleiben, zu einer Verminderung der Lebensqualität bei, obwohl die motorischen Fähigkeiten stabil erscheinen (Grosset D et al 2007). Entgegen weitläufiger Annahmen sind NMS bei frühzeitiger Erkennung zum Großteil behandelbar (Olanow CW et al 2001), und die Vernachlässigung von NMS stellt in der klinischen Praxis ein Problem dar (Shulman LM et al 2002).

1.2.2.2.1 Vegetative Symptome

Das Auftreten von autonomen Dysfunktionen wie einer symptomatischen orthostatischen Hypotension, Potenzstörungen oder auch Blasenentleerungsstörungen mit und ohne Inkontinenz spricht im frühen Krankheitsverlauf eher für das Vorliegen eines nicht- idiopathischen Parkinsonsyndroms z.B. im Rahmen einer Multisystematrophie. Nach Gelb (Gelb DJ et al 1999) ist das Auftreten vegetativer Störungen erst 3 Jahre nach Auftreten der motorischen Symptome noch mit der Diagnose des M. Parkinson vereinbar. Dann jedoch finden sich vor allem Nykturie (ca. 61,9%) und Harndrang (55.8%) häufig. Kardiovaskuläre Symptome treten vermehrt beim Frauen und Potenzstörungen häufiger bei Männern auf (Martinez-Martin P et al 2007).

1.2.2.2.2 Neuropsychiatrische Symptome

Ungefähr 40% der Parkinsonpatienten werden von Depressionen betroffen, was die häufigste psychiatrische Störung darstellt. In Kombination mit Angststörungen ist dies unabhängig von den motorischen Defiziten ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität der Patienten (Kuopio AM et al 2000). Dabei ist die akinetische Verlaufsform häufiger mit schweren Depressionen assoziiert als der klassische Äquivalenztyp oder die tremordominante Verlaufsform (Starkstein SE et al 1998). Das Auftreten von Dysthymien war in der vorgenannten Studie bei der akinetischen Variante vergleichbar mit dem Äquivalenztyp. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass affektive Symptome den motorischen Defiziten z.T. viele Jahre vorausgehen können (Leentjens AF et al 2003, Schuurman AG et al 2002). Bei Parkinsonpatienten äußert sich die Depression häufig mit einer Dysphorie, Gereiztheit, Irritabilität, Traurigkeit, Pessimismus sowie häufigen Suizidgedanken; selten dagegen sind Schuldgefühle, Bestrafungsgefühle,

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Versagensgefühle, inhaltliche Denkstörungen mit Wahn, Wahrnehmungsstörungen mit Halluzinationen oder tatsächliche Suizidhandlungen (Lemke MR et al 2002).

Für die Entwicklung einer Demenz bei Parkinsonpatienten streuen die Ziffern der Prävalenz zwischen 10 und 80%. Dabei schließt eine früh im Vordergrund stehende Demenz einen M.

Parkinson aus. Die Demenz wird erst 1 Jahr nach Beginn der motorischen Symptome als mit der Diagnose des M. Parkinson vereinbar angesehen (Gelb DJ et al 1999). Im Mittelpunkt stehen Funktionsstörungen des Frontalhirns (Exekutivfunktionen) mit Defiziten beim raschen Wechsel zwischen alternativen Problemlösungsstrategien, mit herabgesetzter Generierung von internen Handlungsplänen und Perseverationsneigung. Mit testpsychologischen Verfahren sind schon frühzeitig Defizite vor allem der Aufmerksamkeit, des Gedächtnis, der optisch-räumlichen Fähigkeiten und der kognitiven Geschwindigkeit zu messen (Growdon JH et al 1998).

1.2.2.2.3 Sensorische Symptome

Bei 40% der Parkinsonpatienten können durch gezielte Befragung somatosensorische Symptome zumeist im Sinne von Schmerzen, Parästhesien und Hypästhesien auf der motorisch betroffenen Seite festgestellt werden. Nach einer Untersuchung in der Positronenemissionstomographie und mit somatosensibel evozierten Potentialen muss von einer sensorischen Verarbeitungsstörung in den Basalganglien ausgegangen werden (Boecker H et al 1999). Weitere sensorische Symptome entziehen sich oft der Befragung und sind nur speziellen Testverfahren zugänglich. Dazu gehören z.B. Veränderungen der Sehschärfe, der Kontrastsensitivität und der Farbdiskrimination oder Geruchsstörungen wie eine selektive Anosmie (Doty RL et al 1988).

1.2.3 Epidemiologie

Der M. Parkinson ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen mit einer Prävalenz von 1-2/1000 Einwohner. Letztere nimmt mit steigendem Alter zu und liegt in der Altersgruppe über 65 Jahre bei 1,8% bis hin zu 2,6% bei den 85- bis 89-Jährigen (de Rijk

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MC et al 2000). Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung ist mit einer weiteren Erhöhung der Prävalenz zu rechnen. Die Zahl der Neuerkrankungen (Inzidenz) liegt vor dem 40. Lebensjahr („young onset“) mit anteiligen 10% niedrig. In der 4. Lebensdekade kommen weitere 20% hinzu, und die meisten Neuerkrankungen (40%) werden im Alter zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr registriert (Tanner 1994).

1.2.4 Ätiologie und Pathogenese

Der M. Parkinson scheint zumeist sporadisch aufzutreten. Dennoch werden familiäre Varianten der Erkrankung beschrieben, und eine genetische Disposition wird zunehmend beforscht. Seit 1997 sind mehrere Genloci beschrieben (PARK 1 bis 13), welche mit einer erhöhten Disposition für die Erkrankung in Verbindung gebracht werden. Hierunter finden sich autosomal-dominante Punktmutationen und Gendupli- oder Gentriplikationen im α- Synuclein-Gen, Punktmutationen im UCH-L1-Gen (Ubiquitin-C-Terminal-Hydrolase-L1) und im LRRK2-Gen (leucine-rich repeat kinase 2) sowie autosomal-rezessiv vererbte Mutationen in den Genen von Parkin, PINK1, DJ-1 und der ATPase13A2 (Schulz JB 2008). Bei Betrachtung der biochemischen Funktionen der Produkte vorgenannter Gene und Mutationen lassen sich 3 zugrunde liegende pathophysiologische Pfade identifizieren: die veränderte Kontrolle der Proteinqualität, eine mitochondriale Dysfunktion und eine veränderte Kinase-Aktivität (Schulz JB 2008). Somit tragen erbliche Formen des IPS immer mehr zum grundlegenden Verständnis der Pathogenese bei, obwohl sie (nach derzeitigem Erkenntnisstand) nur einen geringen Anteil der Erkrankungen begründen.

Histologisch findet sich beim M. Parkinson ein Untergang dopaminerger Neurone der Pars compacta der Substanzia nigra (Wojtecki L 2007), aber auch von Neuronen im Locus coeruleus (noradrenerg), dem dorsalen Vaguskern, der Substanzia innominata (beide cholinerg) und den serotonergen Raphekernen. In überlebenden Nervenzellen finden sich runde, eosinophile, konzentrische zytoplasmatische Einschlüsse, die Lewy-Körperchen.

Diese finden sich auch bei 10% gesunder, älterer Menschen im Hirnstamm und der Hirnrinde und bei anderen Hirnerkrankungen und sind somit mehr als quantitatives denn als qualitativ- spezifisches Merkmal der Parkinsonerkrankung zu betrachten.

Pathophysiologisch kommt es durch den Untergang der dopaminergen Neurone in der Substantia nigra zu einem striatären Dopaminmangel, welcher für die motorischen

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Kardinalsymptome, Rigor, Tremor und Akinese, verantwortlich gemacht wird. Weitere Zusammenhänge werden zwischen einem Acetylcholinmangel und Demenz, sowie einem Serotoninmangel und Depression vermutet.

Insgesamt muss von eine multifaktoriellen Genese der Erkrankung ausgegangen werden.

1.2.5 Verlauf

Der M. Parkinson zeichnet sich durch einen langsam-progredienten Verlauf aus, der jedoch individuell sehr unterschiedlich sein kann. Unter Therapie dauert es durchschnittlich 20 Jahre bis zur Pflegebedürftigkeit der Patienten (Hoehn MM 1992). In der Zeit vor dopaminergen Therapiemöglichkeiten wird hierfür lediglich eine mittlere Dauer von 14 Jahren angegeben (Hoehn MM et al 1967). Die Progredienz verläuft in den ersten 9 Jahren meist rascher als in der sich anschließenden Zeit. Eine durchgehend rasche Progredienz zeigen vor allem Patienten mit hohem Manifestationsalter, akinetischer Symptomatik und begleitender Demenz. Die mittlere Überlebensdauer liegt weit über dem Durchschnitt anderer neurodegenerativer Erkrankungen.

Bei Erkrankungsbeginn stehen die motorischen Symptome im Vordergrund (Wojtecki L et al 2007), während das klinische Bild nach einem langjährigen Verlauf über 15 Jahre von den nicht-motorischen Symptomen (NMS) dominiert wird (Hely MA et al 2005). Im Verlauf treten auch häufiger Therapiekomplikationen auf. Nach 5 Jahren L-Dopa-Therapie zeigen ca. 30%

der Patienten motorische Wirkfluktuationen („wearing off“) und L-Dopa-induzierte Dyskinesien (Schrag A et al 2000). Erforderliche Dosissteigerungen bergen die erhöhte Gefahr von Halluzinationen. Es werden hypokinetische Wirkungsfluktuationen bei Nachlassen der Medikationswirkung („wearing off“, „end of dose“, „sudden off“) und plötzliche Blockaden des Gehens („freezing“) von hyperkinetischen Wirkungsfluktuationen („peak dose“-Dyskinesien, Plateau-Dyskinesien, „off“-Dystonien, biphasische Dyskinesien) unterschieden.

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1.2.6 Therapie

Es existiert heute weiterhin keine kausal-kurative Therapie. Lediglich dem MAO-B-Hemmer Rasagiline wird eine schwach neuroprotektive Wirkung zugeschrieben (Hauser RA 2008).

Angestrebt wird eine an die individuellen Beschwerden angepasste symptomatische Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität. Hierzu steht ein breites Arsenal an Medikamenten, unterschiedlichen Darreichungsformen und nicht-medikamentösen Therapieoptionen zur Verfügung.

Bei Diagnosestellung stehen in der Regel die motorischen Symptome im Vordergrund, welche durch eine dopaminerge Monotherapie behandelt werden können. Da unter Dopaminagonisten im Vergleich zu L-Dopa erst später Dyskinesien auftreten (Rascol O et al 2000), es jedoch häufiger zu Halluzinationen kommt (Goetz CG et al 2001), eignen sich Dopaminagonisten für Patienten unter 70 Jahre. Bei unzureichendem Ansprechen kann auch L-Dopa hinzugegeben werden. Für multimorbide Patienten und Patienten älter als 70 Jahre wird die L-Dopa-Monotherapie empfohlen. Bei sehr gering ausgeprägten Beschwerden kann bei allen Altersstufen eine Monotherapie mit Amantadin oder MAO-B-Hemmern probiert werden.

Treten im Verlauf motorische Wirkungsfluktuationen auf (in der Regel nach 5 Jahren), zielt die Behandlung auf eine möglichst kontinuierliche dopaminerge Stimulation. Dieses wird zunächst durch die optimale Anpassung der Einnahmezeiten, kürzere Dosisintervalle, langwirksame Dopaminagonisten, zusätzliche Gabe von COMT- und MAO-B-Hemmern und retardiertem L-Dopa zur Nacht versucht. Für „sudden off“-Zustände gibt es schnell wirksame Medikation in Form subkutaner Apomorphingabe oder wasserlöslicher L-Dopa-Trinktablette.

Lassen sich die Fluktuationen dadurch nicht kontrollieren, stehen die kontinuierliche Gabe über Pumpensysteme von subkutanem Apomorphin, L-Dopa über eine Duodenalsonde oder die Tiefe Hirnstimulation zur Verfügung.

Eine besondere Herausforderung kann die Therapie des Tremors darstellen. Spricht er nicht gut auf dopaminerge Medikation an, empfehlen die Leitlinien der DGN unter Berücksichtigung des Nebenwirkungsprofils eine der folgenden Medikationen (Oertel WH et al 2005): Anticholinergika (cave kognitive Defizite), Budipin (cave fatale Herzrhythmusstörungen), Betablocker, Primidon, Clozapin (cave Agranulozytose).

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Vegetative Störungen wie Detrusorhyperaktivität, Erektionsstörungen, Magen-, Darmmotilitätsstörungen verlangen oft ein interdisziplinäres Therapiekonzept. Die häufig beobachtete (Pseudo-)Hypersalivation kann z.B. durch Schlucktraining, (lokale) Anticholinergika oder letztlich durch Botulinumtoxin-Injektion in die Speicheldrüse behandelt werden.

Depressionen können reaktiv durch die eingeschränkte Motorik auftreten und sind dann in erster Linie durch den Versuch, die Beweglichkeit zu verbessern, zu behandeln. Ansonsten stehen generell alle Möglichkeiten der Depressionsbehandlung offen. Wegen fehlender anticholinerger Nebenwirkungen mit dem Risiko kognitiver Defizite erscheinen selektive Serotonin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSRI) günstig (cave möglichst keine Kombination mit MAO-B-Hemmern).

Bei Entwicklung von Aufmerksamkeitsstörungen, Störungen der Exekutivfunktionen und schließlich einer Demenz zeigt sich Rivastigmin als Cholinesterase-Inhibitor moderat wirksam, ohne eine signifikante Verschlechterung der Motorik zu verursachen (Lmre M et al 2004).

Unter Therapie entwickelt etwa ein Drittel der Patienten zumeist optische Halluzinationen.

Generell können alle Parkinson-Medikamente Halluzinationen und paranoide Psychosen auslösen, was vor allem mit hohen Dosierungen bei fortgeschrittener Erkrankung vorkommt (Wojtecki L et al 2007). Die psychotische Potenz der einzelnen Substanzklassen weicht jedoch deutlich auseinander, so dass nach Sanierung etwaiger internistischer Psychose- begünstigender Faktoren (Exsikkose, Infekt) die Medikation unter Berücksichtigung der Beweglichkeit in nachstehender Reihenfolge vorsichtig ausgeschlichen werden sollten:

Anticholinergika, MAO-B-Hemmer, Amantadin, Budipin, Dopaminagonisten, COMT-Hemmer.

Die Reduktion von L-Dopa auf die niedrigstmögliche Dosis sollte die letzte Maßnahme sein.

Eine weitere Therapieoption stellt die Gabe von Clozapin dar (cave Agranulozytose), welches seine Wirksamkeit in einer kontrollierten Studie zeigte (Parkinson Study Group 1999). Alternativ kann Quetiapin eingesetzt werden, wobei die Datenlage bezüglich der Wirksamkeit weniger evident ist. Von anderen Präparaten, auch anderen atypischen Antipsychotika, wird in den Leitlinien der DGN wegen der Gefahr akinetisch-rigider Nebenwirkungen abgeraten (Oertel WH et al 2005).

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Letztlich stellen adjuvante Therapieverfahren eine wichtige Säule im Therapiekonzept des IPS dar. Krankengymnastik kann nicht nur den Medikationsbedarf verringern, sondern trägt maßgeblich zur Erhaltung der Mobilität bei. Logopädisches Schluck- und Sprechtraining erhöht die Lebensqualität bei der Therapie der Hypersalivation und durch Verbesserung der kommunikativen Kompetenz (Atemtechnik, Stimmvolumen, Artikulation) mit sukzessiv einfacherer Erhaltung sozialer Kontakte. Bestimmte Übungen können helfen, motorische Blockaden („freezing“) zu überwinden oder präventiv Stürze verhindern.

1.2.7 Wahrnehmung emotionaler Prosodie bei M. Parkinson

Die derzeitige Datenlage zur Wahrnehmung emotionaler Prosodie bei M. Parkinson ist widersprüchlich.

Eine Vielzahl der vorhandenen Studien weist darauf hin, dass es im Rahmen der Parkinsonerkrankung zur Beeinträchtigung der Verarbeitung emotionaler Sprache kommt (s.

u.). Es schließt sich die Frage an, auf welcher Ebene diese Beeinträchtigung zu finden ist.

So sind für die Erkennung emotionaler Prosodie zunächst einmal die akustische Verarbeitung des Signals nötig, sowie das Halten des Gehörten im Arbeitsgedächtnis und ein Abgleich mit den Repräsentationen emotionaler Sprache, um letztlich zu dem Schluss kommen zu können, in welcher Emotion das Gesagte erklang. Aktuelle Studien legen nahe, dass emotionale Prosodie schon sehr frühe akustische Verarbeitungsschritte beeinflusst, was dann zu einer Bahnung der weiteren Wahrnehmungsprozesse führt (Scott GG et al 2008).

Eine Zahl von Autoren sucht die Beeinträchtigung der Verarbeitung emotionaler Prosodie bei Parkinsonpatienten auf der Ebene der höheren kognitiven Funktionen und befindet die initiale akustische Verarbeitung des Signals als intakt. So zeigen Parkinsonpatienten beispielsweise eine normale Diskriminationsfähigkeit von Sätzen mit nicht-emotional unterschiedlicher Prosodie („I can run.“ vs „I can run.“), können jedoch nicht angeben, ob sich die Sätze in ihrer Bedeutung unterschieden oder ihren emotionalen Gehalt beurteilen (Scott S et al 1984). In einem anderen Experiment sollen halbseitig betroffene Patienten auditorisch präsentierte Sätze nach ihrem emotionalen (fröhlich, traurig, neutral, verwundert, ärgerlich) und linguistischen (z.B. aussagende oder fragende Intonation) Charakter

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einordnen und schneiden in beiden Aufgaben schlechter ab als die zugehörigen gesunden Kontrollen. Ein Unterschied zwischen rechts- und linksseitig betroffenen Patienten zeigt sich hierbei nicht (Blonder LX et al 1989). Pell beschreibt einen Unterschied zwischen der Diskrimination und dem Verstehen emotionaler Prosodie, wobei erstere normal möglich, letzteres jedoch gestört ist (Pell MD 1996). Dies deckt sich mit den vorgenannten Ergebnissen von Scott und wird durch weitere Studien gestützt. Lloyd schlussfolgert beispielsweise, dass die Beeinträchtigung der Verarbeitung emotionaler und nicht- emotionaler Prosodie bei Parkinsonpatienten nicht auf eine gestörte Funktion früher auditorischer Systeme sondern auf gestörte höhere kognitive Funktionen wie z.B. der Schnittstelle zwischen prosodischer, affektiver und semantischer Repräsentation zurückzuführen sei (Lloyd AJ 1999). Auch in einem visuellen Wahrnehmungsexperiment stuften Parkinsonpatienten Bilder mit emotionalem Inhalt im Vergleich zu Gesunden als weniger aufregend ein, wobei die parallel abgeleiteten ereigniskorrelierten Potentiale (EKP) keinen Hinweis auf Defizite der frühen visuellen Verarbeitung geben konnten (Wieser MJ et al 2006). Dementsprechend konnte Benke zeigen, dass nur die Patienten mit Einschränkung höherer kognitiver Funktionen auch Defizite beim Erkennen emotionaler Prosodie aufweisen.

Des weiteren wird vermutet, dass diese eingeschränkte Verarbeitung emotionaler Prosodie ein frühes Zeichen für die beginnende Einschränkung höherer kognitiver Funktionen sein könnte, das unabhängig von anderen Faktoren wie z.B. der Krankheitsdauer oder dem motorischen Status ist (Benke T et al 1998).

Wie Scott, Pell, Lloyd und Benke untersucht auch Breitenstein bei Parkinsonpatienten die Defizite der Verarbeitung emotionaler Sprache und die Ebene auf der diese anzusiedeln sind (Breitenstein C et al 2001). Die Ergebnisse zeigen, dass Parkinsonpatienten Beeinträchtigungen frontal exekutiver Funktionen (Listening Span Task, Wisconsin Card Sorting Test, Verbal Fluency Test) aufweisen. In einer weiteren Aufgabe werden den Probanden gesprochene Sätze präsentiert, die sich in ihrer emotionalen Prosodie und Semantik unterscheiden. Aufgabe der Versuchsperson ist es, die emotionale Prosodie zu beurteilen. Hierbei haben die Parkinsonpatienten Schwierigkeiten, die emotionale Prosodie bei abweichendem semantischen Inhalt richtig zu benennen. Des weiteren wählen die Patienten die Emotion nicht beliebig, wenn sie die Prosodie verkennen, sondern greifen in ihrer Wahl mehr als die gesunden Kontrollprobanden auf den semantischen Sprachinhalt zurück. Dies legt eine fehlende Unterdrückung des semantischen Inhaltes bei Parkinsonpatienten nahe und weist ebenfalls auf ein Defizit frontal exekutiver Funktionen hin.

Soweit liegt Breitenstein im Einklang mit den vorgenannten Autoren.

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Bezüglich der akustischen Verarbeitung untersucht Breitenstein im zweiten Teil der vorgenannten Studie die Verarbeitung der akustischen Parameter Sprachgeschwindigkeit und Tonhöhenvariation, die für den Ausdruck emotionaler Prosodie wichtig sind. Tatsächlich zeigt sich, dass die Anzahl der emotional richtig eingeschätzten traurigen und fröhlichen Sätze bei verlangsamter Sprachgeschwindigkeit bei den gesunden Kontrollprobanden stärker ansteigt als in der Patientengruppe. Des weiteren schätzen die Patienten Sätze mit langsamer und schneller Sprachgeschwindigkeit der Kategorien „traurig“, „fröhlich“,

„ärgerlich“, und „neutral“ öfter als die gesunden Kontrollen fälschlicher Weise als

„verängstigt“ ein. Breitenstein kommt zu dem Schluss, dass die Patienten weniger von zeitlichen Hinweisen des Sprachrhythmus bei ihrer Einschätzung der emotionalen Prosodie profitieren als die gesunden Kontrollprobanden, was im Einklang mit einem früheren Studienergebnis von Rammsayer über die gestörte Verarbeitung von kurzen Zeitintervallen bei Parkinsonpatienten liegt (Rammsayer TH et al 1990).

Somit findet Breitenstein, dass es bei Parkinsonpatienten zu Veränderungen sowohl der akustischen Analyse insbesondere von zeitlichen Strukturen im Sprachsignal als auch der frontalen exekutiven Funktionen kommt und beide beteiligt sind an der defizitären Verarbeitung emotionaler Prosodie. Die gefundenen Defizite in der Analyse des akustischen Signals widersprechen den Ergebnissen von Scott, Pell, Lloyd und Benke, die den Parkinsonpatienten eine normale akustische Signalverarbeitung zuschreiben.

Diese Kontroverse bedarf weiterer Untersuchung. Vor allem die zeitliche Abfolge der einzelnen Verarbeitungsschritte sollte in einem Experiment transparent gemacht werden.

Hierzu bietet sich die Untersuchung mittels der Methode der Ableitung ereigniskorrelierter Potentiale (EKP) an, die eine zeitliche Auflösung von 4ms ermöglichen und darüber hinaus gut beschriebene Komponenten enthalten, die mit den frühen, vor der bewussten Wahrnehmung (präattentiv) stattfindenden und den späten, der bewussten Wahrnehmung zuzuordnenden (attentiv) Verarbeitungsschritten verknüpft werden können.

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1.3 Aktuelle Datenlage zur Verarbeitung emotionaler Prosodie

Pihan beleuchtet in einer aktuellen Übersichtsarbeit die generelle Verarbeitung von affektiver und linguistischer Prosodie mit Hilfe von EKP-Experimenten (Pihan H 2006). Wichtig seien hierbei die Extraktion von erstens Frequenz-bezogenen Informationen (Grundfrequenz, deren Verlauf und Variabilität), zweitens zeitbezogenen Informationen (Sprachgeschwindigkeit und Rhythmus) und drittens Lautstärke-Informationen aus den akustischen Signalen. Für fröhliche Intonationen sei z.B. eine hohe Variabilität der Tonhöhe (Grundfrequenz) und zeitlich der Vokallänge typisch, während sich traurige Äußerung durch eine schwache Modulation auszeichnen. Auch findet die Extraktion bestimmter Informationen aus der Prosodie auf unterschiedlichen Zeitebenen statt. So wird der Erregungsgrad (Arousal) des Redners schon verlässlich nach den ersten zwei Worten eines gesprochenen Satzes erkannt, die Valenz entwickelt sich jedoch über den gesamten Verlauf (Tischler B 1993). Pihan folgert daraus, dass die Beurteilung von Prosodie ein kontinuierlicher Prozess ist, in dem der subjektive Eindruck fortlaufend aktualisiert wird (Pihan H 2006). Dies deckt sich gut mit der Vorstellung von den abgeleiteten EEG-Komponenten. Auf präattentiver Ebene wird für die MMN ein akustischer Stimulusstandard gespeichert und ggf. aktualisiert.

Dieser Standard kann auch aus abstrakten Regeln unter Einbezug aller physikalischen Eigenschaften des akustischen Reizes (Frequenz, Rhythmus, Lautstärke und deren Kombinationen) bestehen (siehe Kapitel 1.4.1.1). Auf attentiver Ebene wird die P3b als elektrophysiologisches Korrelat der fortlaufenden Aktualisierung des Arbeitsgedächtnisses aufgefasst, in dem ein inneres Modell der Umwelt vorgehalten wird (Donchin E et al 1988, siehe Kapitel 1.4.1.2).

In einer Studie mit gesunden Versuchspersonen findet Scott Evidenz dafür, dass emotionale Prosodie bereits zu einem frühen Zeitpunkt ihre weitere Verarbeitung beeinflusst und vermutlich dann schon die Bereitstellung weiterer kognitiver Ressourcen für die emotionale Wahrnehmung triggert (Scott GG et al 2008). Folgende Frage verlangt Beantwortung: Zu welchem Zeitpunkt und nach welchen Kriterien beeinflussen die akustischen Signale ihre weitere Verarbeitung und kanalisieren sie entlang spezifischer cerebraler Verarbeitungspfade?

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Schirmer und Kollegen stellen ein Modell vor, dass die Verarbeitung emotionaler Prosodie in drei Phasen aufteilt (Schirmer A et al 2006):

1) Verarbeitung des akustischen Signals: auf dieser frühen Ebene, werden Informationen aus den physikalischen Eigenschaften des akustischen Reizes (Frequenz, Rhythmus, Lautstärke) extrahiert. Dabei werden spezielle Seitendominanzen der Hirnhemisphären beobachtet. Hypothesen zu den Lateralisationseffekten bei der Verarbeitung linguistischer und affektiver Prosodie sind in einem eigenen Kapitel dargestellt (siehe Kapitel 1.3.1).

2) Integration wichtiger akustischer emotionaler Hinweise zu einer emotionalen „Gestalt“

3) Aus- und Bewertung des emotionalen akustischen Inputs

Ein vergleichbares Modell wird auch von Wildgruber und Kollegen propagiert (Wildgruber D et al 2006). In Studien mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) werden o.g.

Verarbeitungsschritten die entsprechenden Lokalisationen zugeordnet. Analog zu 1) besteht der erste Schritt in der Extraktion „suprasegmentaler akustischer Information“. Diese verlangt eine Analyse von eher langsamen Veränderungen des akustischen Signals (>100ms), welche nach der akustischen Lateralisationshypothese (siehe Kapitel 1.3.1.3) prädominant in der primären und in höheren Hörregionen und auch der anterioren Insel der rechten Hemisphäre (RH) stattfindet (Ackermann H et al 2001; Reiterer SM et al 2005). Speziell der mittlere Sulcus temporalis superior (STS) zeigt eine wachsende rechtsdominante Aktivierung in Abhängigkeit von der emotionalen Stimulusintensität sowohl bei expliziter Beurteilung der emotionalen Prosodie oder des semantischen Wortinhalts als auch bei impliziter Verarbeitung der emotionalen Prosodie, was als Hinweis für die Bedeutung des mittleren STS bei der Entschlüsselung salienter, emotionaler akustischer Stimuli gedeutet wird (Ethofer T et al 2006; Grandjean D et al 2005). Zusammengefasst findet der erste Schritt der

„Extraktion suprasegmentaler Information“ bei der Verarbeitung emotionaler Prosodie überwiegend rechtshemisphärisch in der primären sowie in höheren Hörregionen inklusive dem mittleren STS und der anterioren Inselrinde statt.

Der zweite Schritt besteht – analog zu 2) – in der „Repräsentation bedeutsamer akustischer Sequenzen“ des akustischen Signals. Hierfür finden sich bei der emotionalen Kategorisierung kurzer Sätze von neutraler Semantik, aber emotionaler Prosodie Aufgaben- spezifische jedoch Stimulus-unabhängige Aktivierungen vornehmlich im rechten posterioren STS sowie dem rechten inferior-frontalen Kortex (Wildgruber D et al 2005), die als Lokalisation für den zweiten Verarbeitungsschritt angegeben werden (Wildgruber D et al

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2006). Spezifische Aktivierungsmuster in Abhängigkeit der verschiedenen Emotionen zeigen sich dabei nicht, was gegen die Valenzhypothese der Lateralisation spricht (siehe Kapitel 1.3.1.4).

Im dritten Verarbeitungsschritt wird – analog zu 3) – die explizite Beurteilung der emotionalen Prosodie postuliert. Ein zur Lokalisation entworfenes fMRT-Experiment vergleicht die cerebralen Aktivierungsmuster beim Erkennen emotionaler versus linguistischer Prosodie (Wildgruber D et al 2004) und zeigt ein signifikant stärkeres hämodynamisches Signal im linken inferior-frontalen Gyrus (Broca-Zentrum) bei Verarbeitung der linguistischen Prosodie im Gegensatz zur Erkennung der emotionalen Prosodie, die zu einer beidseitigen orbitofrontalen Mehrbelegung führt. Dieses Ergebnis spricht für die funktionelle Lateralisationshypothese (siehe Kapitel 1.3.1.1), nach der das akustische Signal in Abhängigkeit von seiner Funktion verarbeitet wird. Für das Verstehen von linguistischer Prosodie sind demnach die linksseitigen perisylvischen Areale von besonderer Bedeutung, während für die explizite Beurteilung der emotionalen Prosodie die beidseitigen orbitofrontalen Regionen wichtig erscheinen (Wildgruber D et al 2006).

Jedoch erstreckt sich die Bedeutung des beidseitigen orbitofrontalen Kortex über die akustische Modalität hinaus. Aufgrund neuroanatomischer Überlegungen wird für ihn bei reziproken neuronalen Verbindungen in den sensiblen Kortex und ins limbische System eine generelle, Modalitäten-unabhängige Rolle im Rahmen emotionaler Wahrnehmung postuliert (Price JL 1999). Unterstützt wird diese These durch die Beobachtung beidseitiger orbitofrontaler Aktivierung nach emotionaler Intonation (George MS et al 1996; Wildgruber D et al 2002), bei emotionalen Gesichtsausdrücken (Blair RJR et al 1999; Nakamura K et al 1999) und emotionaler Geschmacksbeurteilung (Small DM et al 2001), wohingegen in diesem Bereich einseitig läsionierte Probanden Defizite bei der Erkennung emotionaler Gesichts- und Stimmausdrucke bei weiterhin intakter nicht-emotionaler Diskrimination aufweisen (Hornak J et al 1996; Hornak J et al 2003).

Im Anschluss stellt sich die Frage des Signalweges zwischen den Lokalisationen der verschiedenen Verarbeitungsstufen emotionaler Prosodie. Nach der Extraktion suprasegmentaler Information im Bereich der rechten Hörregionen – 1) – wird eine direkte Faserverbindung zum rechten posterioren STS vermutet (Wildgruber D et al 2006), wo die Repräsentation bedeutungsvoller akustischer Sequenzen stattfindet – 2). In einem weiteren fMRT-Experiment zeigt Wildgruber mit Hilfe der Technik der dynamisch-kausalen Modellerstellung (Friston KJ et al 2003), dass das Signal vom rechten posterioren STS

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wahrscheinlich über parallele Verbindungen in die beiden orbitofrontalen Kortices gelangt und somit der dritten – 3) – Verarbeitungsstufe zugeführt wird. Modelle mit seriellen oder vollständig reziproken Signalwegen erscheinen weniger wahrscheinlich (Wildgruber D et al 2006). Auch könnten die Basalganglien in diese Verbindung mit eingeschaltet sein. So zeigen Patienten mit linksseitiger Schädigung der Basalganglien in einer (impliziten) EKP- Studie intakte Verarbeitungsstufen eins und zwei in Form einer mit gesunden Kontrollprobanden vergleichbaren rechtslateralisierten PEP-Komponente (Engl.: prosodic expectancy positivity; Kotz SA et al 2007), aber eine gestörte dritte Stufe, die sich in der defizitären (expliziten) Beurteilung der emotionalen Prosodie widerspiegelt (Paulmann S et al 2008). Bildgebend können in der ereigniskorrelierten fMRT bei Kategorisierung emotionaler Prosodie neben kortikalen Aktivierungsmustern bilateral temporal und inferior-frontal auch beidseitige Signale in den Basalganglien, d.h. im Putamen, Thalamus und Kopf des Nucleus caudatus, nachgewiesen werden (Kotz SA et al 2003).

Schließlich wird noch der Einfluss der Aufmerksamkeit – implizite versus explizite Wahrnehmung – auf die Verarbeitung emotionaler Prosodie untersucht. Hier finden sich mögliche Erklärungen für die Diskrepanzen der Valenzhypothese der Lateralisation (siehe Kapitel 1.3.1.4). So könnte die implizite Wahrnehmung von Emotionen, die zu physiologischen Reaktionen wie der Modulation der Herzfrequenz und der elektrischen Hautleitfähigkeit führt, von emotionsspezifischen subkortikalen Strukturen abhängen, während die explizite Verarbeitung von Emotionen, die den Vergleich mit dem emotionalen Gedächtnis benötigt, wie oben dargestellt von Typ und Valenz der Emotion unabhängig bilateral im inferioren frontalen Kortex stattfindet (Wildgruber D et al 2006). Bezüglich der impliziten Wahrnehmung ängstlicher Stimmen wird eine spezifische Bedeutung der Amygdala in Läsions- (Scott SK et al 1997) und PET-Studien (Phillips ML et al 1998; Morris JS et al 1999) postuliert. Dabei zeigt sich die Aktivierung der Amygdala bei passivem Zuhören, während die explizite Beurteilung emotionaler verbaler und mimischer Ausdrücke sogar zu einer Deaktivierung führen (Morris JS et al 1999; Critchley H et al 2000; Adolphs R 2002). Des weiteren zeigt sich in fMRT-Studien zur Wahrnehmung von Gesichtsausdrücken von Ekel eine spezifische Beteiligung der anterioren Inselrinde (Sprengelmeyer R et al 1998;

Phan KL et al 2002; Wicker et al 2003). In einem Modalitäten-kombinierenden fMRT- Experiment, bei dem Probanden ängstliche und fröhliche Gesichtsausdrücke beurteilen, während zeitgleich passiv die akustische Präsentation von ängstlich und fröhlich gesprochenen, kurzen Aussagesätzen stattfindet, werden ängstliche und neutrale Gesichtsausdrücke verstärkt als ängstlich eingestuft, wenn zeitgleich ein ängstlich gesprochener Satz präsentiert wird. Dieser Einfluss der impliziten Verarbeitung ängstlicher Prosodie findet sich jedoch nicht bei der Beurteilung fröhlicher Gesichtsausdrücke

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(Wildgruber D et al 2006). Zusätzlich zeigt sich bei der Beurteilung der Gesichter mit begleitender ängstlicher im Gegensatz zu fröhlicher Prosodie eine Aktivierung des mittleren Bereichs des rechten Gyrus fusiformis. Diese Region wird als fusiformes Gesichtsfeld bezeichnet, da ihr eine besondere Bedeutung bei der Erkennung von Gesichtern zugeschrieben wird (Puce A et al 1995; Kanwisher N et al 1997; Barton JJS et al 2002).

Insbesondere lösen hier Stimuli, die Gefahr signalisieren, eine Reaktion aus (Surguladze SA et al 2003). In der o.g. Modalitäten-kombinierenden Studie wird die Aktivierung des fusiformen Gesichtsfeld dahingehend interpretiert, dass die akustischen Stimuli, die Angst und damit ggf. eine Bedrohung bedeuten, eine erhöhte Aufmerksamkeit für gleichsame Hinweise bei der Interpretation der Gesichtsausdrücke erzeugen, was sich – wie oben beschrieben – in der Kategorisierung widerspiegelt (Wildgruber D et al 2006). Des weiteren zeigt sich in der Studie auch eine Aktivierung der linksseitigen Amygdala sowie des periamygdaloiden Kortex bei passiver Ko-Stimulation mit den ängstlich gesprochenen Sätzen. Dolan propagiert, dass diese Region audiovisuelle angstbezogene Information zu einer Gesamtwahrnehmung integriert (Dolan RJ et al 2001).

Zusammenfassend wird konstatiert, dass emotionale Information über diverse Kommunikationswege vermittelt werden kann, z.B. akustisch mittels emotionaler Prosodie oder auch mit Hilfe des semantischen Inhaltes sprachlicher Botschaften und optisch über emotionale Gesichtsausdrücke. In einem ersten Schritt findet die Extraktion des kommunikativen Signals in den Modalitäts-spezifischen primären Hirnregionen statt, während die nachgeschalteten höheren Hirnregionen bedeutsame emotionale Informationen herausfiltern. Dies findet für emotionale Prosodie im rechten STS, für Gesichtsausdrücke im fusiformen Gesichtsfeld der RH und für emotionale Hinweise in der Semantik im linken hinteren Gyrus temporalis superior (STG) statt. Im dritten Schritt wird die explizite Beurteilung der Emotionen, die vermutlich eine Assoziation mit dem emotionalen Gedächtnis beinhaltet, Modalitäts-unabhängig in den beidseitigen inferioren frontalen Kortices lokalisiert.

Die implizite Verarbeitung emotionaler Information scheint dagegen andere Signalwege zu benutzen und zeigt emotionsspezifische Aktivierungsmuster in subkortikalen Strukturen, z.B.

Angst in der Amygdala und Ekel in der anterioren Inselrinde. Des weiteren werden implizit physiologische Reaktionen wie die Änderung der Herzfrequenz und der Hautleitfähigkeit initiiert. Beide Verarbeitungsarten beeinflussen das Verhalten, und bei der impliziten Verarbeitung emotionaler Informationen kann eine Interaktion mit der expliziten aufgezeigt werden (Wildgruber D et al 2006).

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1.3.1 Lateralisationshypothesen

1.3.1.1 Funktionelle Lateralisationshypothese

Die funktionelle Lateralisationshypothese geht davon aus, dass die linke Hirnhemisphäre (LH) speziell die linguistische Prosodie verarbeitet, d.h. die Intonationen, die Einfluss auf den semantischen Inhalt des Gesagten haben. Die melodischen Eigenschaften der affektiven Prosodie werden dagegen in der rechten Hemisphäre (RH) verarbeitet, wobei es sich mehr um eine relative als um eine strikte Trennung der Seitenzuständigkeit handeln soll. Nach Van Lancker hängt die Stärke des Einbezugs der LH vom Ausmaß des Einflusses der linguistischen Prosodie auf den semantischen Inhalt ab (Van Lancker D 1980). Die Diskrimination von „hot“ „dog“ versus „hotdog“ erfolge demnach in der LH, während die intonierte Unterscheidung zwischen Frage und Aussage „hotdog?“ versus „hotdog!“ die RH beschäftige. Unterstützt wird die Hypothese von Läsions- und bildgebenden Studien (Pell MD et al 1997; Wildgruber D et al 2004; Wong PC et al 2004).

1.3.1.2 Differentielle Lateralisationshypothese

Die differentielle Lateralisationshypothese besagt, dass die Frequenzanalyse vornehmlich in der RH und die Analyse der hochvariablen Zeitstruktur in der LH stattfindet. Die Lateralisation geschehe unabhängig von der linguistischen und affektiven Bedeutung aus dem Bedarf heraus, die Prozessierung sowohl für die frequenzabhängige als auch zeitabhängige Analyse zu optimieren (Zatorre RJ et al 2002). Dementsprechend können eine rechtshemisphärische Aktivierung bei der Frequenzverarbeitung (Zatorre RJ et al 1992) und eine erhöhte Diskriminationsschwelle für Frequenzunterschiede bei Patienten nach partieller Resektion der primären und sekundären Hörrinde (Johnsrude IS et al 2000) aufgezeigt werden. Dagegen findet sich eine prädominant linkshemisphärische Aktivierung bei der Verarbeitung schneller Frequenzwechsel, die beispielweise für die Identifikation von Konsonanten notwendig sind (Zatorre RJ et al 1992; Belin P et al 1998; Tervaniemi M et al 2003).

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1.3.1.3 Akustische Lateralisationshypothese

Diese Hypothese besagt, dass langsame Veränderungen des akustischen Signals (>100ms) tendenziell in der RH und rasche Veränderungen (<50ms) mehr in der LH verarbeitet werden. Zu den langsamen Veränderungen zählen sog. suprasegmentale Parameter wie die Sprachmelodie, während die unterschiedlichen Sprechgeräusche auf segmentaler Ebene, z.B. Silben und Phoneme, zu den schnellen Veränderungen gehören (Belin P et al 1998;

Zatorre RJ 2001; Zatorre RJ et al 2001; Zatorre RJ et al 2002; Poeppel D et al 2004).

Unterstützt wird die Hypothese u.a. durch ein fMRT-Experiment, bei dem gesunden Probanden Sequenzen von „Klick“-Geräuschen mit unterschiedlichen Wiederholungsfrequenzen zwischen 2 und 6 Hz vorgespielt werden. Dabei zeigt sich eine Aktivierung der anterioren Inselrinde, die mit steigender Wiederholungsfrequenz auf der rechten Seite abnimmt und auf der linken Seite zunimmt (Ackermann H et al 2001).

Außerdem steigt die rechtsseitige Prädominanz der Aktivierung des temporalen Kortex in einer Diskriminationsaufgabe sowohl bei der Unterscheidung von Stimuluslänge als auch Stimulusfrequenz mit dem Unterschied zwischen den Stimuli an; bei Diskrimination der Stimuluslänge findet sich zusätzlich eine überwiegend rechtsseitige Aktivierung des Sulcus temporalis superior (Reiterer SM et al 2005). Dies widerspricht der differentiellen Lateralisationshypothese, die lediglich die Frequenz- nicht jedoch die zeitliche Strukturanalyse in die Zuständigkeit der RH einordnet.

1.3.1.4 Valenzhypothese der Lateralisation

In einigen Studien zur Wahrnehmung emotionaler Information werden Lateralisationseffekte in Abhängigkeit von der Valenz der Emotion berichtet (Canli T et al 1998; Davidson RJ et al 1999; Murphy FC et al 2003). Nach der Valenzhypothese zeigt die Verarbeitung emotionaler Prosodie eine rechtsseitige Lateralisation für negative Emotionen wie Traurigkeit, Angst, Ärger, Ekel, während positive Emotionen wie Freude der LH zugeordnet werden.

Die Valenzhypothese muss als umstritten angesehen werden, da andere klinische Läsionsstudien die Lateralisationseffekte nicht reproduzieren können (Pell MD 1998; Baum SR et al 1999; Borod JC et al 2002; Kucharska-Pietura K et al 2003). Auf der anderen Seite

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zeigen sich in der funktionellen Bildgebung emotionsspezifische Aktivierungsmuster bei der Erkennung emotionaler Gesichtsausdrücke. So findet sich bei ängstlichen Gesichtsausdrücken Aktivität in der Amygdala (Morris JS et al 1996; Morris JS et al 1998;

Adolphs R 2002; Phan KL et al 2002), während der Gesichtsausdruck von Ekel ein Signal in der anterioren Insel auslöst (Phillips ML et al 1998; Sprengelmeyer R et al 1998; Calder AJ et al 2000; Phan KL et al 2002). Bei verbaler Stimulation zeigt sich dasselbe Muster in der Amygdala (Phillips ML et al 1998; Morris JS et al 1999), während sich die Aktivierung der anterioren Insel bei verbaler Stimulation für Ekel in einer PET-Studie nicht findet (Phillips ML et al 1998). Eine mögliche Lösung des Widerspruchs besteht in der unterschiedlichen Art der Wahrnehmung (implizit versus explizit). Wie Eingangs im Kapitel beschrieben findet die explizite Wahrnehmung von Emotionen unabhängig von ihrem Typ statt, während die implizite Wahrnehmung emotionsspezifische subkortikale Aktivierungsmuster zeigt (Wildgruber D et al 2006).

1.4 Elektrophysiologische Untersuchungsmethoden in der Kognitionsforschung

1.4.1 Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP)

Bei den ereigniskorrelierten Potentialen (EKP, engl.: Event Related Potentials, ERP) handelt es sich um elektrische Potentialschwankungen im Gehirn, die im zeitlichen Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen auftreten und durch das EEG messbar sind. Die zeitliche Abhängigkeit von einem Ereignis unterscheidet die EKP von der EEG-Hintergrundaktivität, dem sog. „Rauschen“.

EKP lassen sich für sensorische, motorische und kognitive Vorgänge nachweisen (Heinze HJ et al 1992).

Im Vergleich mit der reizunabhängigen Hintergrundaktivität des EEG mit Amplituden zwischen –100 und +100 µV und Frequenzen bis 40 Hz haben die EKP wesentlich kleinere Amplituden zwischen –10 und +10 µV bei einem ebenfalls kleineren Frequenzbereich zwischen 1 und 10 Hz. Demzufolge bedarf es einer besonderen Aufbereitung des Spontan-

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EEGs, um die darin maskierten EKP zu isolieren und in einem Spannungs-Zeit-Diagramm aufzutragen.

Zunächst werden aus dem aufgezeichneten EEG die durch Augenbewegung und Lidschlag verursachten Artefakte markiert und herausgeschnitten. Man darf das Auge als Dipol betrachten, der sich über die Kopfhaut ausbreitende elektrische Felder generiert, die im EEG registriert werden. Diese nicht vom Gehirn stammende Aktivität befindet sich im selben Frequenzbereich wie die wichtigen Bestandteile der EKP, was ihre Elimination zwingend erforderlich macht (Rugg MD et al 1995).

Für die Analyse der EKP wird das EEG in Fragmente gleicher Dauer zerteilt, wobei jedes Fragment in einer festen zeitlichen Abhängigkeit zur Präsentation eines Stimulus (stimulus- locked) – wie in der vorliegende Studie - oder einer Probandenantwort (response-locked) steht. Diese zeitliche Verknüpfung wird durch das parallele Aufzeichnen von Event-Codes ermöglicht, die einen Stimulus oder eine Probandenantwort in ihrer Art und im Zeitpunkt des Auftretens eindeutig festhalten. Des Weiteren ermöglichen die Event-Codes die Berechnung von Trefferquoten und Reaktionszeiten.

Durch die digitale Mittelung (Averaging) der Amplituden aller EEG-Abschnitte für jeden einzelnen Zeitpunkt innerhalb derselben Abschnitte wird letztlich das EKP-Signal isoliert.

Grundlage dieses Vorgehens ist die Annahme, dass das EKP ein beständiges Signal darstellt, welches in das veränderliche Hintergrundrauschen eingebettet ist. Es ist davon auszugehen, dass die Amplitudenschwankungen des Rauschens in keiner zeitlichen Abhängigkeit vom Stimulus oder der Probandenantwort stehen und einer zufälligen Verteilung unterliegen. Folglich geht der Mittelwert der Amplituden ausreichend vieler EEG- Abschnitte für jeden Zeitpunkt dieser Abschnitte gegen null (Heinze HJ 1985). Aufgrund der im Vergleich kleinen Amplituden der zeitlich abhängigen Amplitudenschwankungen ist die Mittelung zwischen 50 und 1500 EEG-Segmente notwendig, um die EKP isolieren zu können. Zur weiteren Bearbeitung bieten sich Filtermethoden an, die Frequenzbereiche des EEG außerhalb der zu untersuchenden EKP-Signale abschwächen (Scholz M et al 1989).

Die erhaltenen EKP bestehen aus der Abfolge von einzelnen, zum Teil sich zeitlich überschneidenden positiven und negativen Amplitudenschwankungen. Diese auch als Komponenten bezeichneten Amplitudenschwankungen werden bspw. von den

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physikalischen Eigenschaften der Stimuli sowie von Faktoren der Probanden wie z.B. deren Aufmerksamkeit und Motivation beeinflusst.

Die an der Kopfoberfläche abgeleiteten EKP-Komponenten sind als elektrische Summenaktivität von im Gehirn gelegenen Generatoren zu verstehen, deren Einzelaktivitäten durch das Hirngewebe als Volumenleiter fortgeleitet werden. Somit können die an der Kopfoberfläche registrierten Potentiale ihren Ursprung in mehreren Orten des Gehirns nehmen und sich die EKP-Komponenten partiell überlappen.

Die Komponenten werden durch ihre Amplitude und den Zeitpunkt ihres Auftretens, der Latenz, charakterisiert.

Es existieren zwei Methoden zur Bestimmung der Amplitude: die Messung kann „peak to peak“ erfolgen, d.h. im Vergleich zu anderen EKP-Bestandteilen oder durch die Bezugnahme auf eine „base line“. Letztere stellt die mittlere Amplitude eines der Präsentation des Stimulus oder der Probandenantwort vorangehenden, im Vorhinein festgelegten Zeitabschnittes dar.

Die Latenz ergibt sich aus dem zeitlichen Abstand zwischen dem Amplitudenmaximum der EKP-Komponente und dem Zeitpunkt der Stimuluspräsentation oder der Probandenantwort.

Zur graphischen Darstellung der EKP werden die Amplituden in µV auf der Ordinate gegen die Zeit in Millisekunden auf der Abszisse aufgetragen. Dabei werden negative Potentiale oberhalb und positive unterhalb der Abszisse abgebildet. EKP-Komponenten bezeichnet man nach der Polarität ihrer Amplituden mit „N“ für negative und „P“ für positive Polarität.

Eine nachfolgende Zahl gibt in Millisekunden die Zeitdauer zwischen dem auslösenden Stimulus und dem Amplitudenmaximum an. So erhält z.B. ein positives Amplitudenmaximum, welches 300ms nach einem Stimulus registriert wird, die Bezeichnung

„P300“.

Die mit einem Ereignis verknüpften EKP können in exogene und endogene Komponenten eingeteilt werden.

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Dabei gelten die bis ca. 100ms nach dem auslösenden Stimulus auftretenden Potentiale als in ihrer Morphologie, d.h. in Amplitude, Latenz, Dauer und in ihrer Lokalisation abhängig von den physikalischen Eigenschaften des Stimulus; sie werden exogene Komponenten genannt.

Demgegenüber stehen die etwa ab 100ms nach Reizpräsentation auftretenden endogenen Komponenten. Ihre Beschaffenheit ist in erster Linie abhängig von der Motivation und Aufmerksamkeit der Probanden und weiterhin von der Relevanz, die dem Stimulus beigemessen wird, als auch von dem Verarbeitungsprozess, der durch den Stimulus angestoßen wird.

Zu beachten gilt, dass die vorgenannte Einteilung in endogene und exogene Komponenten eine Vereinfachung darstellt, da sowohl frühe Komponenten durch die Aufmerksamkeit der Probanden und auch späte Komponenten durch physikalische Eigenschaften z.B. der Modalität des Stimulus mit beeinflusst werden (Rugg MD et al 1995).

1.4.1.1 Mismatch Negativity (MMN)

Die Mismatch Negativity stellt die elektromagnetische Antwort auf eine hörbare Änderung einer regelmäßigen, z.B. wiederholten, akustischen Stimulation dar. Sie erreicht ihr Amplitudenmaximum gewöhnlich 150-200ms nach Einsetzen der akustischen Stimulusänderung und wird auch dann hervorgerufen, wenn die Stimuli nicht bewusst beachtet werden (Näätänen R et al 1978). Dabei steigt ihre Amplitude und verkürzt sich ihre Latenz, wenn sich die Abweichung vom Standardstimulus vergrößert (Näätänen R 1992).

1.4.1.1.1 Evozierung der MMN

Neben Änderungen der physikalischen Eigenschaften eines Standardstimulus kann die MMN auch durch das Ausbleiben eines akustischen Stimulus in einer sonst regelmäßigen Reihe hervorgerufen werden, wenn die Stimuli kürzer als 200ms hintereinander beginnen (Näätänen R et al 2001).

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Sogar Verletzungen abstrakter Regeln in der Stimuluspräsentation können eine MMN auslösen: z. B. ein steigender oder gleicher Ton in einer stets fallenden Reihe (Tervaniemi M et al 1994); ein fallendes Tonpaar unter ansteigenden Tonpaar-Standards mit gleichem Frequenzverhältnis auf fünf unterschiedlichen Frequenzniveaus (Paavilainen P et al 1998);

ein lauter, tiefer oder ein hoher, leiser Ton, wenn der „Standard“ durch die Regel „je höher desto lauter“ etabliert wurde (Paavilainen P et al 2001).

1.4.1.1.2 Generatoren der MMN

Die MMN wird hauptsächlich im primären auditorischen Kortex oder der direkten Umgebung erzeugt, wie sich in magnetenzephalographischen (Alho K et al 1996), Positronen-emissions- tomographischen (Tervaniemi M et al 2000) und funktionellen Kernspinstudien (fMRI) nachweisen lässt (Opitz B et al 1999a; Opitz B et al 1999b; Opitz B et al 2002).

1.4.1.1.3 Interpretation der MMN

Es wird davon ausgegangen, dass die MMN von einem automatischen Detektionsprozess generiert wird, der die Inkongruenz zwischen dem abweichenden akustischen Input und dem Gedächtniskorrelat der vorangegangenen, regelmäßigen akustischen Stimulation feststellt (Näätänen R et al 1999; Näätänen R 2001).

Dieser Detektionsprozess findet vorbewusst (präattentiv) und automatisch im auditorischen Kortex statt und stößt weitere Prozesse im frontalen Kortex an, die schließlich mit an der Generierung der P3a Komponente beteiligt sind (Alho K et al 1998). Dieser Ablauf wird mit einer zunächst präattentiven Aufmerksamkeitsausrichtung (MMN) in Einklang gebracht, die, wenn die Abweichung stark genug ist, zu einer automatischen Orientierungsreaktion führt (P3a) (Giard MH et al 1990; Näätänen R et al 1979; Näätänen R 1990; Rinne T et al 2000).

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1.4.1.1.4 Zusammenfassung der MMN

Die MMN ist eine viel beschriebene EKP-Komponente, deren Eigenschaften in zahlreichen Studien untersucht wurden. Ausgelöst wird sie durch die Änderung einer regelmäßigen akustischen Stimulation. Die MMN wird präattentiv generiert und ist insofern unabhängig von der Aufmerksamkeit des Probanden. Sie eignet sich sehr gut zur Untersuchung der frühen präattentiven Verarbeitungsschritte akustischer Stimuli, wie auch in der vorliegenden Studie beim Vergleich der Verarbeitung emotionaler Prosodie von Parkinsonpatienten und Kontrollprobanden.

1.4.1.2 Positivity 300 (P3)

Die prominenteste und meist beforschte EKP-Komponente ist die P3 oder P300, die 3.

positive Welle oder die Positivität mit einer Latenz von 300-500ms. Sie wurde zuerst von Sutton beschrieben (Sutton S et al 1965). Die P3 setzt sich aus mehreren positiven Komponenten zusammen, der P3a, P3b und der positiven Slow Wave. Die P3a erreicht ihr Maximum frontozentral. Sie spiegelt eine automatische Orientierungsreaktion auf einen salienten, diskrepanten und nicht Aufgaben-relevanten Reiz, einen sogenannten Ausreißer, wider (Polich J 2003). Die P3b wird mit den Verarbeitungsschritten der bewussten Zielreizerkennung in Zusammenhang gebracht. Die positive Slow Wave tritt auf, wenn dem Zielreiz eine komplizierte Aufgabe folgt. Diskutiert wird ihre Bedeutung für den Entscheidungsprozess, bei der Vorbereitung der Antwort und bei der Evaluation der Richtigkeit der Antwort. Außerdem wird sie mit dem Informationsabruf aus dem Arbeitsgedächtnis oder ganz allgemein mit der Vollendung jeglicher Arbeitsschritte nach dem Zielreiz in Verbindung gebracht (Garcia-Larrera L et al 1998). Da die physikalischen Eigenschaften des Stimulus weder die Morphologie, die Amplitude noch die Latenz der P3 beeinflussen, wird sie auch als endogenes Potential bezeichnet (Polich J 1998; Polich J 1999).

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1.4.1.2.1 Evozierung der P3b

Die P3b wird mit einem sogenannten Oddball Paradigma hervorgerufen, bei dem einer Testperson eine Serie des gleichen, häufigen Stimulus präsentiert wird. Zusätzlich wird ein anderer, seltener Stimulus, der sog. Zielreiz, präsentiert (Squires K 1976), auf den die Testperson mit einer motorischen Antwort, z.B. einem Tastendruck, oder auch nur mit stillem Mitzählen reagieren soll. Die P3b wird mit der Zielreizerkennung und –verarbeitung in Zusammenhang gebracht. So konnte gezeigt werden, dass sich die Latenz der P3b mit dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabe verlängert (Polich J 1998).

Praktisch alle sensiblen Modalitäten können zum Evozieren der P3b genutzt werden. Mit absteigender Bedeutung handelt es sich um akustische, visuelle, somato-sensible, olfaktorische und sogar gustatorische Reize. Morphologie und Latenz der P3b differieren zwischen den einzelnen Modalitäten. Beispielsweise ist die Latenz der akustisch gegenüber der visuell evozierten P3b kürzer (Katayama J et al 1999), so dass Johnson dies als Hinweis auf in Abhängigkeit von der Stimulusmodalität unterschiedliche Generatoren der P3b deutete (Johnson R 1989).

1.4.1.2.2 Generatoren der P3b und ihre Lokalisation

Für die Entstehung der P3b wird heute der Kortex im temporo-parietalen Übergang für besonders wichtig erachtet. Entsprechend erreicht die P3b ihr Maximum zumeist über der parietalen Mittellinienelektrode (Pz). So fand Ford in einer kombinierten elektrophysiologischen Studie mit fMRT einen Zusammenhang zwischen Kortex- Substanzverlust gerade in dieser Region bei Schizophrenie und einer verringerten P3b- Amplitude (Ford JM 1994). Läsionen in dieser Region führen zu einer verzerrten Topographie der Komponente (Yamaguchi S et al 1991).

Halgren postuliert einen Beitrag des Hippokampus zur P3b (Halgren E 1995), jedoch finden sich bei Patienten nach temporaler Lobektomie keine wesentlichen P3b-Veränderungen

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(Lutzenberger W 1987; Polich J et al 1993). Diese Ergebnisse sind konform mit Tierexperimenten mit bilateral temporal lobektomierten Affen (Paller KA 1992).

Für die Entstehung der P3b ist also der Kortex im temporo-parietalen Übergang besonders wichtig, ein Beitrag des Hippokampus wird kontrovers diskutiert.

1.4.1.2.3 Einflussfaktoren der P3b

Auf die Amplitude und Latenz der P3b nehmen verschiedenste Faktoren Einfluss. Im Gegensatz zu den exogenen Komponenten handelt es sich hierbei nicht in erster Linie um physikalische Unterschiede der auslösenden Zielreize, sondern insbesondere um endogene Faktoren der den Zielreiz verarbeitenden Person.

So nehmen die Erwartung des Stimulus und die Relevanz der Aufgabe (Wickens C 1983), die Selektivität der Aufmerksamkeit (Johnson Jr. R 1986) und die emotionale Verbundenheit und Motivation (Carillo-de-la Pena MT et al 2000) Einfluss auf die Amplitude der P3b.

Letztlich haben auch schwankende Aufmerksamkeit, periodische Veränderungen wie zirkadiane, saisonale und menstruelle Rhythmik, Müdigkeit, Medikation, Sättigung, Alter der Probanden u.a. Einfluss auf die Amplitude und Latenz der P3 (Polich J et al 1995).

Insgesamt müssen die Einflüsse auf die Morphologie der P3b in der Tat als vielfältig bezeichnet werden.

1.4.1.2.3.1 Johnsons Modell

In seinem Modell versucht Ray Johnson Jr. die vielseitigen Einflüsse auf die P3b Amplitude zusammenzufassen. Er reduziert diese Einflüsse dabei auf drei Dimensionen: Subjektive Wahrscheinlichkeit, Stimulus-Bedeutung und Informationsübermittlung (Johnson Jr. R 1986).

Die subjektive Wahrscheinlichkeit besteht wiederum aus der globalen Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses und der Erwartung des Ereignisses, die sich aus der Reihenfolge der

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