Bayerisches Ärzteblatt 4/2008 213
Blickdiagnose
„Dicker“ Hals: Was ist hier die Ursache?
Ein 66-jähriger Patient stellte sich zur Oberbauch- und Schilddrüsensonogra- phie vor. An Vorerkrankungen bestand eine aethyltoxische Leberzirrhose. Kar- diologisch litt der Patient an Vorhofflimmern, ein Jahr vor Vorstellung erfolgte ein operativer Mitralklappenersatz. Bei der klinischen Untersuchung impo- nierte ein deutlich umfangsvermehrter Hals.
Diagnose
Die Sonographie der Schilddrüse ergab eine normal große Organgröße ohne den Nach- weis von Knoten. Hingegen stellte sich sono- graphisch eine deutliche Verbreiterung des Halsfettgewebes (mit Septierungen) um die Schilddrüse herum dar. Bei dem Patienten lag im Halsbereich eine „benigne symmetrische Li- pomatose“ (Morbus Madelung) vor.
Der „Madelung-Fetthals“ wurde erstmals 1846 vom englischen Chirurgen Sir Benjamin Brodie beschrieben und nach dem Rostocker Chirurgen Otto W. Madelung benannt, der 1888 über drei eigene sowie 30 weitere Fälle aus der Literatur berichtete. Die Erkrankung ist vergleichsweise selten und wird fast ausschließlich in Form von Einzelkasuistiken mitgeteilt. Die Pathophysio- logie davon wird auch 150 Jahre nach der Erst- beschreibung nur unzureichend verstanden.
Abbildung 1.
Abbildung 2.
Der Madelung Fetthals tritt vor allem bei Män- nern zwischen dem 35. und 60. Lebensjahr auf.
Ein Zusammenhang mit der chronischen Al- koholkrankheit wird diskutiert, da bei über 60 Prozent aller Fälle über exzessiven Alkoholge- nuss berichtet wird. Auch Lebererkrankungen, Diabetes und Darmerkrankungen wurden in Zusammenhang mit der Madelungschen Er- krankung berichtet; diese könnten jedoch auch Folge des Alkohols sein, wie in manchen Publi- kationen vermutet wird. Eine Alkoholabstinenz normalisierte zwar teilweise die metabolischen Störungen der Patienten, ließ die Lipome aber unbeeinflusst.
Bei dringendem Patientenwunsch oder Wachs- tum mit Verdrängung oder Kompression kann eine palliative, chirurgische Entfernung des lipomatösen Gewebes erfolgen und wird man-
gels konservativer Therapie im Einzelfall – nach Risikoabwägung – als Methode der Wahl be- schrieben.
Literatur:
Ruzicka T., Vieluf D., Landthaler M., Braun Falco O. (1987), Benign symmetric lipomatosis, J Am Acad Dermatol 17:663-674.
Zeidler R., Lang S., Rasp G., (2002), Der Made- lung-Fetthals, HNO, 50:1075-8.
Dr. Konrad Friedrich Stock,
II. Medizinische Klinik, Ultraschallabtei- lung, Klinikum rechts der Isar der Tech- nischen Universität München, Ismaninger Straße 22, 81675 München
Professor Dr. Dietrich Abeck, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Bergmannstraße 7, 80339 München