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Kombinationstherapien bei M. Alzheimer?

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UW E BE I S E

Offenbar gar nicht so selten werden bei Alzheimer-Patien- ten mehrere Medikamente eingesetzt, darunter auch sol- che, die dafür nicht zugelas- sen sind. Das gilt zumindest für die USA. Für die meisten Kombinationstherapien gibt es zurzeit aber keine hinrei- chende Evidenz.

Im Frühsommer vergangenen Jahres sorgte die AD 2000 Collaborative Study für einige Aufregung. Zur Erinnerung: In der Untersuchung hatte es der Acetylcho- linesterasehemmer Donepezil (Aricept®) zwar wie erwartet vermocht, die Gedächt- nisleistungen und die Funktionsfähigkeit der Alzheimer-Patienten zu verbessern, die Endpunkte Pflegeheimeinweisung, Kognition und Verhaltensparameter blie- ben von der Therapie aber weit gehend unbeeinflusst. Die im «Lancet» publizierte Studie hatte auch deshalb besondere Auf- merksamkeit erzeugt, weil sie unabhän- gig von Pharmafirmen konzipiert wurde.

Stattdessen war eine andere Interessen- gruppe, nämlich eine staatliche Versiche- rung, als Geldgeber aufgetreten. Die Publikation erzeugte in einschlägigen Kreisen ein mittleres Beben, dessen Aus-

läufer bis heute spürbar sind. Der eme- ritierte Basler Geriatrie-Professor Hannes B. Staehelin sah sich noch vor wenigen Monaten veranlasst, im «Schweizerischen Medizinischen Forum» (2005; 5: 805–806) vehement für die medikamentöse Alzhei- mer-Therapie einzutreten. Unter dem Titel:

«Arzneimittel zur Behandlung der Alz- heimer-Krankheit sind berechtigt!» be- kräftigte er die Wirksamkeit der Acetyl- cholinesterasehemmer Aricept®, Exelon® und Reminyl® und des NMDA-Rezeptor- antagonisten Memantin, der als Axura® und Ebixa® im Handel ist. In der «nega- tiven Berichterstattung» sieht Staehelin sogar «Züge von Altersdiskriminierung», ohne dies allerdings näher auszuführen.

Die Stellungnahme unterzeichnete eine Reihe weiterer Schweizer Geriater.

Wie immer man nun die Wirksamkeit der Alzheimer-Medikamente beurteilen mag, unstrittig ist, dass mit der bisher verfügba- ren Pharmakotherapie noch nicht der ge- wünschte und erhoffte grosse Wurf ge- lungen ist. «Von Anfang an war klar, dass es sich um eine symptomatische, den Ver- lauf höchstens verlangsamende Therapie handelt», schreiben Staehelin et al. Den- noch dürfe man den Kranken das Poten- zial der medikamentösen Therapie nicht vorenthalten.

Unterdessen werden Acetylcholinesterase- hemmer nicht selten mit anderen Medika- menten kombiniert, um die therapeuti- sche Ausbeute zu verbessern. Diese Strategie erscheint, nach Auskunft der amerikanischen Alzheimer-Spezialisten Glen Xiong und P. Murali Doraiswamy, zu- nächst durchaus sinnvoll. Denn das Acetylcholindefizit ist bei weitem nicht das alleinige Problem: Oxidativer Stress, metabolische Störungen, veränderte Neu- rotransmitter, das alles spielte zusätzlich zu den Ablagerungen von Beta-Amyloid

und den entstehenden neurofibrillären Bündeln eine gewichtige Rolle im Krank- heitsprozess, meinen die Autoren in einem Beitrag für «Geriatrics». Die Kombina- tionstherapie habe den theoretischen Vor- teil, dass sie an verschiedenen Stellen an- greife. Zudem bestünde die Hoffnung, die kombinierten Substanzen in verringerter Dosis einsetzen zu können. Dem stehen, wie die Autoren betonen, allerdings auch Bedenken gegenüber. Im Blickfeld stehen dabei potenziell erhöhte Nebenwirkungs- raten, ausserdem könnte die Therapie- treue bei Polytherapie leiden.

Angesichts solcher Überlegungen sei es wichtig, Kombinationen nur dann zu empfehlen, wenn entsprechende evidenz- basierte Studienergebnisse den Einsatz rechtfertigten. Bis jetzt mangelt es daran aber weit gehend. Die Studienlage ist mo- mentan auf diesem Feld noch allzu über- schaubar. Und: Die vorhandenen Resul- tate, so die Autoren, haben uneinheitliche Ergebnisse zu Tage gefördert, vor allem aber haben sie gemeinsam, dass es ihnen an der hinreichenden Aussagekraft man- gelt. Zum Zeitpunkt der Analyse im Jahr 2004 war überhaupt «erst eine randomi- sierte und kontrollierte Prospektivstudie

Kombinationstherapien bei M. Alzheimer?

Nur Memantin plus Acetylcholinesterasehemmer sind nach EBM-Kriterien punkto Wirksamkeit belegt

A R S M E D I C I 2 02 0 0 5 9 1 9

B E R I C H T R A P P O R T

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

s ä t z e s ä t z e

●Bis heute ist nur die Kombi- nation aus Acetylcholinesterase- hemmer und Memantin als wirksam ausgewiesen.

●Vitamin-E-Präparate und Östro- gene verbessern die therapeu- tische Ausbeute offenbar nicht.

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publiziert worden, die eine Überlegenheit einer Kombinationstherapie gegenüber einer Monotherapie zeigt», schreiben die amerikanischen Autoren. Es handelt sich dabei um das Medikamententandem aus dem Cholinesterasehemmer Donepezil und dem NMDA-Antagonisten Meman- tin. Die Kombination erwies sich bei Alz- heimer-Patienten mit fortgeschrittener bis schwerer Erkrankung als deutlich wirksam in Bezug auf verschiedene primäre und se- kundäre Endpunkte; unter anderem ver- besserten sich die Parameter Kognition und Tagesaktivitäten deutlich. Die Unter- suchung, an der rund 400 Patienten teil- nahmen, dauerte 24 Wochen. Die Teil- nehmer(innen) erhielten zusätzlich zu Donepezil Memantin titriert bis 10 mg zweimal täglich oder aber Plazebo. Die Kombination erwies sich als insgesamt gut verträglich. Nach Angaben der Auto- ren handelt es sich bei dieser «eindeutig positiven Studie» um die am besten kon- zipierte Untersuchung auf diesem Gebiet.

Allerdings lasse sie die Frage noch offen, ob das Hinzufügen von Memantin besser sei als ein Wechsel von Donepezil auf den NMDA-Antagonisten.

Helfen Vitamine?

Eine vom NIH finanzierte Studie unter- suchte bei Patienten mit moderater Alz- heimer-Krankheit die Wirksamkeit des antioxidativen Vitamins E. Die Patienten erhielten, je nach Gruppenzugehörigkeit, entweder den MAO-Hemmer Selegelin, Vitamin E oder Plazebo in Monotherapie.

In einer weiteren Gruppe kamen Selegelin und Vitamin E kombiniert zum Einsatz.

Diese Kombination erwies sich zwar nach zweijähriger Studiendauer als wirksam, schnitt aber schlechter ab als die Mono- therapien. Die aktiven Behandlungen ver- zögerten den Eintritt des primären End- punkts Tod, Heimunterbringung, Verlust der Tagesaktivität und das Fortschreiten zu schwerer Demenz. Die Endpunkte wur- den unter Plazebo nach 440 Tagen, nach 670 Tagen bei alleiniger Vitamin-E-Gabe, nach 655 Tagen bei Selegelin-Therapie und nach 585 Tagen bei der Kombina- tionstherapie erreicht.

Allerdings hatte die Studie einen Schön- heitsfehler. Nach Randomisierung stimm- ten die Ausgangswerte im MMS-Test (Mini-Mental State Examination) der ein- zelnen Patientengruppen nicht ganz über- ein. Die ermittelten WIrksamkeitsunter- schiede kamen erst durch nachträgliche rechnerische Angleichung zustande. Se- kundäre Outcomes wiesen zum Teil Vor- teile der Verumbehandlungen aus, aber keine Überlegenheit der Kombination ge- genüber der Monotherapie. In einem Edi- torial wurden die Schwächen der Studie deutlich hervorgehoben. Fazit der Auto- ren: Die Studie macht es schwer, verläss- liche Schlüsse zu ziehen.

Trotz der letztlich geringen Evidenz wird seither Vitamin E anscheinend oft mit einem Acetylcholinesterasehemmer kom- biniert, wohl auch, wie die Autoren an- merken, wegen der mutmasslich geringen Toxizität des Vitamins.

Eine Beobachtungsstudie immerhin konnte die Wirksamkeit einer Donepezil-Vitamin E-Kombination zeigen. Hier sind aber zu- sätzliche Untersuchungen erforderlich, da mit dieser Studienmethode die geforder- ten Evidenzkriterien nicht zu erfüllen sind, meinen die Autoren.

Mit Östrogen kombinieren?

Die Kombination aus Cholinesterasehem- mer und Östrogen wurde immerhin in zwei randomisierten und kontrollierten Studien untersucht. So wurde beispiels- weise in einer 28 Wochen dauernden ran- domisierten Studie eine Kombination aus Rivastigmin und Hormonersatztherapie bei 117 Patienten mit leichter bis mittel- schwerer Alzheimer-Krankheit getestet (MMSE 10-26). Verglichen mit Rivastigmin und Plazebo schnitt die Verumkombina- tion in den zahlreichen Prüfkriterien nicht besser ab. Zudem war die Studie wegen der geringen Teilnehmerzahl in ihrer Aus- sagekraft limitiert.

Retrospektivstudien hatten teilweise bes- sere Ergebnisse zu Tage gefördert. Gerade die Östrogen-Geschichte zeigt aber nach Ansicht der Autoren, dass solche Unter- suchungen oft nicht in kontrollierten Untersuchunen bestätigt werden und

deshalb mit grosser Zurückhaltung inter- pretiert werden müssen. Das zeigte sich hier beispielhaft anhand der prospektiven Women‘s Health Study, die zu dem Er- gebnis kam, dass die Hormonersatzthera- pie womöglich sogar das Demenzrisiko erhöht.

Statine und NSAR als weitere Kandidaten?

Weil entzündliche Vorgänge und Athero- sklerose auch eine Rolle bei Alzheimer spielen dürften, sind auch Statine und NSAR als therapeutische Optionen getes- tet worden. Epidemiologische Studien hatten vor allem für NSAR gewisse Hoff- nungen aufkommen lassen. Verschiedene kontrollierte Studien sind seither mit COX-2-Hemmern durchgeführt, bis jetzt aber nicht veröffentlicht worden.

Der Nutzen von Statinen als Zusatzthera- pie liess sich bisher ebenfalls noch nicht sichern, ohne dass dieses Kapitel beendet scheint. Verschiedene Studien sind hier auf dem Weg. Eine Pilotstudie bei 64 Pa- tienten unter Atorvastatin zeigte viel ver- sprechende Ergebnisse in MMSE und ADAS-Cog.

Daneben werden andere Strategien in Stu- dien geprüft, einschliesslich Vitamine, Mi- fepriston, Antiamyloid-Substanzen, Wachs- tumsfaktoren, Antidepressiva und Neuro- leptika.

Da es absehbar in nächster Zeit keine kausale Therapie geben wird, werden multiple Interventionen notwendig wer- den, meinen die Autoren. Derzeit seien nur Acetylcholinesterasehemmer und Me- mantin eine wirksame Kombination. ●

Glen Xiong, P. Murali Doraiswamy: Com- bination drug therapy for Alzheimer’s disease. What is evidence-based, and what is not? Geriatrics 2005; 60: 22–26.

Uwe Beise

Interessenlage: Glen Xiong gibt an, keine Inter- essenkonflikte zu haben, Murali Doraiswamy hat Honorare und Forschungsgelder von Pfizer, Janssen und Novartis erhalten.

Kombinationstherapien bei M. Alzheimer?

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