7. Substitutionen an Aromaten und Heterocyclen www.ioc-praktikum.de
Versuch 7.4.3, Rev. 1.0 1
7.4.3 Phenolverkochung von 3-Nitroanilin zu 3-Nitrophenol (3)
NH2 NO2
C6H6N2O2 (138.1)
C6H5NO3 (139.1) 1.NaNO2 / H2SO4
2. H2O / H2SO4 / 160°C
NO2
OH
NaNO2 (69.0) H2SO4 (98.1)
3
Arbeitsmethoden: Feststoffdestillation
Chemikalien
3-Nitroanilin Schmp. 112–113 °C. Giftig.
Konz. Schwefelsäure 95–98proz., d = 1.84 g/ml. Verursacht schwere Verätzungen. Sofort mit viel Wasser abspülen.
Natriumnitrit Giftig, brandfördernd.
Wasser
Durchführung
Vor Beginn Betriebsanweisung erstellen.
In einem angeklammerten 250-ml-Erlenmeyerkolben legt man 30 ml Wasser und 55 g zerstoßenes Eis vor und gibt 22 ml konz. Schwefelsäure und anschließend 100 mmol (13.8 g) fein gepulvertes 3-Nitroanilin dazu.
Man rührt unter Kühlung im Eisbad, bis sich eine klare Lösung gebildet hat. Hierauf lässt man eine Lösung von 100 mmol (6.90 g) Natriumnitrit in 16 ml Wasser unter Rühren so zutropfen, dass die Innentemperatur 5
°C nicht überschreitet (etwa 10 min). Nach beendeter Zugabe wird noch weitere 10 min bei 5 °C gerührt und anschließend 5 min gewartet, bis sich ein Teil des Diazoniumsalzes als Niederschlag abgesetzt hat.
Während der Diazotierung wird in einem 1-l-Dreihalskolben mit KPG- Rührer, Rückflusskühler und Tropftrichter eine Lösung aus 67 ml konz.
Schwefelsäure und 50 ml Wasser (Schwefelsäure zum Wasser geben!) zum Sieden erhitzt (Ölbadtemperatur ca. 160 °C). Erst jetzt wird die über- stehende Flüssigkeit der kalten Diazoniumsalz-Lösung in den Tropftrich- ter dekantiert und innerhalb von 20 min in die siedende Mischung getropft (Vorsicht: heftige Gasentwicklung!). Anschließend gibt man das ausge- fallene, feuchte Diazoniumsulfat mit einem Hornlöffel in kleinen Portio- nen zu (wiederum heftige Gasentwicklung!) und lässt 5 min weiter sieden.
Isolierung und Reinigung
Man kühlt die Reaktionsmischung unter kräftigem Rühren im Eisbad, wobei sich ein gelbbrauner Niederschlag bildet. Er wird abgesaugt, mit 30 ml eiskaltem Wasser (→ E1) gewaschen und auf Filterpapier getrocknet (→ E2). Die Reinigung erfolgt durch Feststoffdestillation, der Siedepunkt ist bei 160–170 °C / 16 hPa zu erwarten (→ E3). Man bestimme Ausbeute und Schmelzpunkt des Reinprodukts. Kleine Mengen können auch aus heißer 2 M Salzsäure umkristallisiert werden. Ausbeute an 3: 60–70%, Schmp. 95–96 °C.
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Versuch 7.4.3, Rev. 1.0 2
Hinweise zur Entsorgung (E)
E1: Wässriges, saures Filtrat: Neutralisation mit Natronlauge → Entsorgung (H2O mit RH).
E2: Filterpapier → Entsorgung (Org. Feststoffe).
E3: Destillationsrückstand und verunreinigte Fraktionen in wenig Aceton aufnehmen → Entsorgung (RH).
Auswertung des Versuchs
1H-NMR-Spektrum von 3 (300 MHz, DMSO-d6): δ = 7.13–7.20 (1 H), 7.34–7.43 (1 H), 7.50–7.54 (1 H), 7.56–
7.62 (1 H), 10.38 ( 1 H).
6.0 2.0 0.0
10.0
11.0 8.0 4.0 [ppm]
7.5 7.0
7.0
9.0 5.0 3.0 1.0
13C-NMR Spektrum von 3 (75.5 MHz, DMSO-d6): δ = 109.45 (CH), 113.54 (CH), 122.12 (CH), 130.22 (CH), 148.48 (C), 158.10 (C).
100 80 60 40 20 [ppm] 0
120 140
160
LM
IR-Spektrum von 3 (KBr):
100
50
0 T [%]
4000 3000 2000 1500 1000 ν~[cm-1]
3110
1625
3390
3090
1525 1350
* Formulieren Sie den zu 3 führenden Reaktionsmechanismus.
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Versuch 7.4.3, Rev. 1.0 3
Weitere denkbare Reaktionsprodukte:
A B C
NO2
N H
NO
NO2 NO2 NO2
O
* Mit welchen spektroskopischen Daten lassen sich A–C ausschließen?
* Diskutieren Sie die denkbaren Reaktionsmechanismen mit allen Zwischenstufen.
Literatur, allgemeine Anwendbarkeit der Methode
Die Reaktion von Diazoniumsalzen mit Wasser unter Stickstoffabspaltung wird als Phenolverkochung bezeichnet. Die Reaktion kann unabhängig vom Gegenion des Salzes durchgeführt werden. Üblicherweise werden jedoch Hydrogensulfate gegenüber Chloriden oder Nitraten bevorzugt, da letztgenannte als Nucleophile in Konkurrenz treten können.