• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Liberales Gesundheitsforum: FDP setzt auf Wettbewerb und Flexibilisierung" (19.05.1995)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Liberales Gesundheitsforum: FDP setzt auf Wettbewerb und Flexibilisierung" (19.05.1995)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

POLITIK LEITARTIKEL

Liberales Gesundheitsforum

FDP setzt auf Wettbewerb und Flexibilisierung

Auch die Freien Demokraten haben sich aktiv in die Reform- debatte zur Strukturreform im Gesundheitswesen und der an- gekündigten Krankenversicherungsreform eingeschaltet.

Nach Bekundungen des Bundesgesundheitsministeriums soll die nächste Reformetappe zum 1. Juni 1996, spätestens aber zum 1. Januar 1997 in Kraft treten, wie Staatssekretär Baldur Wagner vor dem jüngsten Hospitalkongreß in Hannover

ankündigte. Welche Marschzahlen die FDP-Bundestagsfrakti- on der nächsten Reformstufe vorgeben will, verdeutlichten so- wohl FDP-Parteivorsitzender Dr. Klaus Kinkel als auch die bei- den gesundheitspolitischen Experten der FDP-Bundestagsfrak- tion, Dr. rer. pol. Dieter Thomae und Jürgen W. Möllemann, an- läßlich eines Expertenkongresses unter dem Motto „Freiheit und Wettbewerb statt Bürokratie und Dirigismus" in Bonn.

F

ür die Liberalen stehen die Entstaatlichung und Deregu- lierung des Gesundheitswe- sens und die Fortführung struktureller Erneuerungen „in klei- nen Schritten" ganz obenan auf der Agenda. Die Freien Demokraten wollen auch als Juniorpartner der Bonner Regierungskoalition der Re- form ihren (liberalen) Stempel auf- drücken. Es bestehe allerdings kein Anlaß, das System völlig umzukrem- peln und eine Neukonzeption am Reißbrett zu entwerfen. Vieles des gegliederten, traditionellen Systems habe sich bewährt und eine auch im internationalen Vergleich beachtli- che Position erworben. Allerdings müsse der Kostendämpfungsbüro- kratismus beendet werden. Die Selbstgestaltungskräfte, insbesonde- re die Selbstverwaltung von Lei- stungserbringern und Krankenkas- sen, müßten gestärkt und dürften nicht im Keim erstickt werden. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Dr. Hermann Otto Solms, gab im Bonner Wasserwerk die Lo- sung aus: Weg von der bisher staatli- chen, immer mehr interventionistisch ausgerichteten Gesundheitspolitik, konsequente Kehrtwendung in Rich- tung einer marktwirtschaftlich-wett- bewerblich und sozial austarierten Gesundheitspolitik. Dabei müßten allerdings auch die allgemeinen wirt- schaftlichen Rahmenbedingungen

und die Prioritäten in anderen wichti- gen gesellschaftspolitischen Berei- chen berücksichtigt werden.

Der gesundheitspolitische Spre- cher der FDP-Fraktion, Jürgen W.

Möllemann, übte sich in seiner „Jung- fernrede" als Gesundheitspolitiker auch im „fishing for compliments". Er setzte sich dafür ein, die Finanzie- rungsfähigkeit des Systems zu erhal- ten und den Teufelskreis zwischen wachsender Beitragsbelastung einer- seits, begrenzten Ressourcen und un- gezügelter Inanspruchnahme ande- rerseits zu durchbrechen.

Gesundheitspolitik mit liberalem Profil

Möllemann versicherte: Die FDP setzt sich für eine konsequente Ent- larvung von Halbwahrheiten und Wi- dersprüchlichkeiten ein. Möllemann, vom FDP-Generalsekretär Dr. jur.

Guido Westerwelle als „starker Mann mit Durchsetzungskraft" gelobt, will der Gesundheitspolitik ein liberales Profil geben. Vielfach sei auch bei den Leistungserbringern Verdrossenheit, Resignation und Verunsicherung ent- standen — nicht zuletzt wegen Doppel- bödigkeiten und Unredlichkeiten, die das freie Gesundheitswesen erschüt- tert hätten. Die Liberalen wollen alles daransetzen, die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Jürgen W. Mölle-

mann geißelte Mißstände, die längst erkannt und auch von den Heilberu- fen angeprangert werden: Die Nie- derlassungsdrosselung und der für 1999 avisierte totale Zulassungsstopp im Bereich der ambulanten Versor- gung, auch der Zickzack-Kurs in der Hochschulpolitik seien alles Elemen- te der Planwirtschaft, die weltweit bankrott sei.

Möllemann setzt sich dafür ein, den Leistungskatalog der Kranken- kassen im Hinblick auf Obsoletes, Entbehrliches und Überschießendes zu durchforsten, damit die wirklich si- cherungsbedürftigen Krankheitsrisi- ken über die Krankenversicherung abgedeckt werden können. Das Soli- darsystem GKV müsse wie alle übri- gen Sozialleistungssysteme vor Mißbrauch geschützt werden.

Wie bisher schon setzen sich die Liberalen dafür ein, die staatlichen In- terventionen und den bürokratischen Aufwand zurückzustutzen. Als „Mittel der Wahl" werden flexiblere Regelun- gen und kassenindividuelle Vertrags- gestaltungen empfohlen. Zumindest sollten solche Regelungen im Probe- lauf getestet werden, ehe sie allge- meinverbindlich gesetzlich verankert werden. Die FDP dringt darauf, die für den ambulanten und stationären Sek- tor bis Ende 1995 befristete Budgetie- rung zu beenden und keine faulen Kompromisse einzugehen (inzwischen hat die SPD dafür plädiert, die Budge- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 20, 19. Mai 1995 (15) A-1417

(2)

POLITIK LEITARTIKEL/AKTUELL

D

ie Krankenkassen machen keinen Hehl daraus, daß die neuerliche Initiative ganz im Zusammenhang mit der soge- nannten Herzklappen-Affäre und den bisher noch nicht mit „Roß und Rei- ter" bewehrten Vorwürfen gegen ein- zelne Hersteller und Vertreiber von Medizinprodukten, Klinikärzten und Krankenhausverwaltungen steht. Die Krankenkassen wollen jedenfalls nicht so lange zuwarten, bis ihnen möglicherweise die Oberstaatsan- waltschaft in Wuppertal und die loka- len Gerichte beispringen und in Sa- chen Herzklappen-Affäre Satisfakti- on erteilen. Auch hat man alles daran- gesetzt, die erste Entwurfsfassung oh- ne Einschaltung und Anhörung der ärztlichen Körperschaften und Ver- bände und der hauptbetroffenen Fachgesellschaften zu konzipieren.

Allein die Deutsche Krankenhausge- sellschaft e. V. (DKG) hatte am 6.

April 1995 Gelegenheit, den Entwurf des Kodex zu inspizieren.

Thema beim Ärztetag Ungeachtet dessen wird der 98.

Deutsche Ärztetag (23. bis 27. Mai in der Liederhalle zu Stuttgart) unter Tagesordnungspunkt III „Medizini- sche Forschung und Fortbildung: Fi-

nanzierung durch Drittmittel?" dezi- diert auf der Basis der Rechtsord- nung, insbesondere der Berufsord- nung für die deutschen Ärzte, zum Gebaren und Agieren auf dem Sektor der Medicalprodukte, insbesondere der Herzklappen, Stellung beziehen.

Die Entwurfsfassung des Kassen- Kodex gibt vor, lediglich auf den gülti- gen Rahmenbedingungen und den ge- setzlichen Vorschriften aufzubauen, um die Hersteller und Vertreiber von Medizinprodukten ebenso wie die Leistungserbringer und -bezieher (insbesondere Krankenhäuser, Ver- waltungen, Ärzte und Techniker) zu veranlassen, strikte Wettbewerbsre- geln einzuhalten, die Produktpreise transparent zu gestalten und bei der Forschungsförderung „sauber" zu bleiben. Insbesondere soll der Kas- senkodex dazu beitragen, „Fehlent- wicklungen und Irritationen vorzu- beugen und zu vermeiden".

Der Kodex geht von der Begriffs- abgrenzung des geltenden Medizin- produktgesetzes (vom 2. August 1994) aus. Darin werden Hilfsmittel zusam- mengefaßt, die von Ärzten verordnet und in Sanitätshäusern oder in Apo- theken gekauft werden; darüber hin- aus von Gebrauchs- und Verbrauchs- gütern des medizinischen Bedarfs so- wie von Investitionen in der Beschaf- fung durch Krankenhäuser und Arzt- tierung um mindestens zwei Jahre zu

verlängern). Der (liberale) Sachver- ständige Prof. Dr. rer. pol. Eberhard Wille, Universität Mannheim, plädiert zumindest für eine Fristverlängerung um sechs Monate.

Ein Uraltprogrammpunkt der FDP ist die Empfehlung, in der ge- setzlichen Krankenversicherung ei- nen Systemwechsel von der Sachlei- stung hin zum Kostenerstattungsver- fahren zu wagen. Allerdings könnte diese Reformoption auch schrittweise unternommen werden, eventuell nur für den Kreis der freiwillig Versicher- ten oder in einem gesplitteten Grund- und Wahlleistungskatalog erprobt werden. Für die FDP sind Selbstge- staltung, Selbstverantwortung, Trans- parenz und mehr risikogerechte Beiträge sowie Selbstbeteiligungsele- mente (sofern sie steuern) eine un- trennbare Einheit. Mehr Kompetenz, Entscheidungsbefugnisse der Versi- cherten und Patienten, Kosten- und Leistungstransparenz, Kostenkon- trolle sind für die FDP allesamt Regu- lative, die die Nachfrage und Inan- spruchnahme in Schach und Proporti- on halten können.

Auch die FDP erkennt an, daß das Thema der Verzahnung und Inte- gration von ambulantem und sta- tionärem Sektor ein zentrales Anlie- gen in der Reformetappe sein müsse.

Unter der Devise, die Transpa- renz zu erhöhen, schlägt die FDP vor, die lohnbezogenen Arbeitgeber- beiträge zur Krankenversicherung umzubuchen und dafür einmalig die Löhne und Gehälter um den Arbeit- geberanteil zur Krankenversicherung zu erhöhen. Die Versicherten hätten dann ihren Beitrag künftig allein zu zahlen (die Freibeträge bei der Ein- kommensteuer sollten entsprechend erhöht werden). Dieser Vorschlag ist inzwischen sowohl von den Arbeitge- berverbänden (BDA) als auch von der DAG, der CDA und von der IG Metall zurückgewiesen worden. Zu sehr befürchten die Arbeitgeber, bei einer Abschaffung des Arbeitgeber- beitrags auch aus den Selbstverwal- tungsorganen hinauskomplimentiert zu werden — mit d'er Folge, daß sie keinen Einfluß auf die Lohnneben- kosten und die Gestaltung der sozia- len Sicherungseinrichtungen nehmen könnten. Dr. Harald Clade

Gesetzliche Krankenkassen

Verhaltenskodex

„Medizinprodukte"

soll disziplinieren

Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung beabsichtigen, einen „Kodex Medizinprodukte" für den Markt der Medizinprodukte zu erlassen und zumindest mit den Krankenhausträgern abzustimmen. Konzipiert wurde die Entwurfsfassung unter Feder- führung des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e. V. (VdAK), Siegburg, und unter Beteiligung des ehemaligen Geschäftsführers des AOK-Bundesverbandes, Dr. jur. Franz Josef Oldiges, Bonn. In der Entwurfsfassung finden sich Wünsche und Forderungen, die die Kran- kenkassen bereits im Zusammenhang mit der sogenannten Herzklappen-Affäre Ende Mai 1994 publik gemacht und die sie im Zusammenhang mit Ermittlungen der Oberstaatsanwalt- schaft Wuppertal Anfang 1995 erneut auch in die politische Diskussion eingebracht haben.

A-1418 (16) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 20, 19. Mai 1995

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Änderungen der Gesamtkosten oder des Gemeinschaftsbeitrags bei einem Förderschwerpunkt oder einer Jahrestranche des gesamten EPPD durch Übertragung auf einen anderen

Ironie, auf die sich Vilmar durchaus versteht, ist nicht unbedingt Sache von Hörfunk und Fernsehen.. Karsten Vilmar hat seine Sache – und das ist die Vertretung von Patien-

Der Wunsch der jungen Ärzte nach einer guten Ausbildung wird von der Landesregie- rung schamlos ausgenutzt, in- dem die zwangsläufig anfal- lenden Überstunden weder bezahlt noch

Auch in der westlichen De- mokratie ist es nicht unbe- dingt opportun, auf Mißstän- de hinzuweisen, wenn die Verantwortlichen von der Materie nichts verstehen und

In vielen Gesprächen mit Lehrern klagten dieselben, daß sie gar nicht dazu kämen, den Unterrichtsstoff den Kin- dern beizubringen, da ja Strafarbeiten nicht ausge- führt

Zu den dringlichsten Aufgaben der Poli- tiker gehöre eine grundlegende Re- form der Krankenhausfinanzierung und der Sozialversicherung sowie die Schaffung eines einheitlichen

Zudem bräch- te eine solche Drittfinanzie- rung und Defi- zitabdeckung vor allem auch die freige- meinnützigen und privaten Krankenhaus- träger in einen kaum überwindbaren

Denn die hätten bei dem Lahnsteiner Kompromiß über das Gesundheitsstrukturgesetz der Liste zugestimmt Dreßler stellte die Vertrauenswürdigkeit seiner Verhandlungspartner in