VARIA AUS DER INDUSTRIE
Hepatische Enzephalopathie
Der therapeutische Nihilismus
ist gewichen
N
eue diagnostische Tests, Forschritte in der Mole- kularbiologie und neue wirksame therapeutische Strategien einschließlich der Lebertransplantation haben die Hepatologie in den letz- ten Jahren enorm stimuliert.Der Nihilismus, der noch vor wenigen Jahren herrschte, ist damit vorüber. Darauf wies Professor Dr. Wolfgang Cas- pary vom Universitätsklini- kum Frankfurt bei einem he- patologischen Symposium anläßlich der Berufung von Prof. Dr. Dieter Häussinger auf die Friedrich Merz-Stif- tungsgastprofessur in Frank- furt am Main hin.
Die häufigsten Ursachen einer Leberzirrhose sind heute nach wie vor der Alko- holismus sowie Hepatitis-B- und C-Infektionen. In den reicheren Ländern der Erde könne eine Leberzirrhose in
42 bis 65 Prozent auf Alko- holismus als Hauptursache zurückgeführt werden, erläu- terte Caspary. Deutschland nimmt dabei in der „Welt- rangliste" des Alkoholkon- sums hinter Frankreich, Por- tugal, Italien und Spanien mit einem jährlichen Pro- Kopf-Verbrauch von 12,1 Li- tern einen traurigen 5. Platz ein. In den Vereinigten Staa- ten sind etwa die Hälfte der 35 000 Zirrhosetoten jährlich durch Alkoholismus bedingt.
Als häufigste Todesursachen
sind Leberversagen, gastro- intestinale Blutung, hepato- zelluläres Karzinom (HCC), Nierenversagen und Infek- tionen zu nennen.
Neurotoxin Ammoniak
Mit jährlich bis zu einer Million Neuerkrankungen zählt das hepatozelluläre Karzinom, meist als Folge ei- ner Hepatitis-B- oder C-In- fektion, zu den weltweit häu-
figsten bösartigen Neubil- dungen. Aber auch die Zir- rhose birgt eine große HCC- Gefahr. So beträgt das Drei- Jahres-Risiko für ein HCC bei Patienten mit Leberzir- rhose 12,5 Prozent. Bei der Entstehung des HCC nach HBV- oder HCV-Infektion scheint Alkohol außerdem als Co-Karzinogen zu wir- ken, so Caspary.
Auf die große sozialmedi- zinische Bedeutung der he- patischen Enzephalopathie (HE) wies Professor Dr. Die- ter Häussinger (Universität Düsseldorf), diesjähriger In- haber der Friedrich Merz- Stiftungsgastprofessur, in sei- nem Festvortrag hin. So sei bei jedem zweiten Leberzir- rhotiker mit einer latenten HE zu rechnen, die nur mit Hilfe psychometrischer Tests erkannt werden könne. Die hepatische Enzephalopathie
Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 100 mg Ofloxacin.
Anwendungsgebiete: Infektionen der ab- leitenden Harnwege, wie zum Beispiel unkomplizierte Infektionen der Harn- blase (Zystitis) und der Harnröhre (gonorrhoische Urethritis).
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Ofloxacin oder andere Chinolone.
Nicht bei Epileptikern anwenden. Bei Vorschädigung des ZNS mit erniedrig- ter Krampfschwelle, wie zum Beispiel nach Schädelhirnverletzungen, entzünd- lichen Prozessen im ZNS-Bereich oder Schlaganfall, soll Uro-Tarivid 100 nicht angewendet werden. Uro-Tarivid 100 soll Kindern und Jugendlichen in der Wachs- tumssphase sowie Schwangeren und Stillenden nicht verabreicht werden.
Nebenwirkungen: Magenbeschwerden, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, Übel- keit, Erbrechen, Durchfall. Sehr selten:
pseudomembranöse Kolitis (evtl. lebens- bedrohlich; Ofloxacin absetzen). Kopf- schmerzen, Schwindel, Schlafstörungen,
Unruhe und Verwirrtheit. Sehr selten:
muskuläre Koordinationsstörungen, Krampfanfälle, Parästhesien, Sehstörung- en, Geschmacks- und Geruchsstörungen, Ohrgeräusche, Hör- und Gleichge- wichtsstörungen; intensive Traumerleb- nisse bis zum Alptraum, psychotische Reaktionen wie Erregungszustände, Angstzustände, Depressionen, Halluzi- nationen bis hin zur Selbstgefährdung (teilweise schon nach Erstanwendung;
Ofloxacin absetzen). Tachykardie, vor- übergehendes Absinken des Blutdruckes, Haut- und Schleimhautreaktionen, wie zum Beispiel Hautausschläge (in Einzel- fällen blasig), Juckreiz. Sehr selten: Pho- tosensibilität, Flush, Erythema multifor- me, Lyell-Syndrom, Petechien, Blasen- bildungen mit Einblutungen und kleine Knötchen mit Krustenbildung (Vaskuli- tis), Pneumonitis, interstitielle Nephritis, Eosinophilie; Fieber. Anaphylaktische/ana- phylaktoide Reaktionen (z.B. Augen- brennen, Hustenreiz, Nasenlaufen, Blut- druckanstieg, Gesichts-, Zungen-, Glot-
tisödem, Atemnot) bis hin zum lebens- bedrohlichen Schock (teilweise schon nach Erstanwendung; Ofloxacin abset- zen). Sehr selten: Leukopenie, Agranu- lozytose, Anämie, Thrombopenie, Pan- zytopenie, zum Beispiel durch Knochen- markdepression, hämolytische Anämie;
vorübergehende Beeinträchtigung der Leber, zum Beispiel Anstieg der Leber- enzyme und/oder des Bilirubins, chole- statischer Ikterus, Hepatitis; Beeinträch- tigung der Nierenfunktion, zum Beispiel Anstieg des Serumkreatinins, interstitielle Nephritis, akutes Nierenversagen; Schwit- zen, Schwäche, Muskel-, Sehnen- und Gelenkbeschwerden, wie zum Beispiel Schmerzen; Sehnenentzündung, zum Bei- spiel der Achillessehne, die zum Sehnen- riß führen kann; eventuell Auslösung einer Porphyrie-Attacke; Hyper-, Hypo- glykämie; Pilzinfektionen. Bis auf sehr seltene Fälle (z.B. einzelne Geruchs-, Geschmacks- und Hörstörungen) sind die unerwünschten Wirkungen nach Abset- zen von Ofloxacin wieder abgeklungen.
Hinweis für Verkehrsteilnehmer oder Bediener von Maschinen: Eventuell Ein- schränkungen des Reaktionsvermögens, besonders im Zusammenwirken mit Alkohol.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln:
Wirkungsabschwächung von Uro-Tarivid 100 Filmtabletten bei gleichzeitiger Gabe von mineralischen Antazida, Sucralfat oder Eisenpräparaten. Wirkung von Cumarinderivaten und krampfschwellen- senkenden Medikamenten eventuell verstärkt. Glibenclamidspiegel eventuell leicht erhöht.
Dosierung: Bei unkomplizierten Infek- tionen der unteren Harnwege 2 x 1 Tablette Uro-Tarivid 100 pro Tag.
Anwendungsdauer: 3 Tage (Kurzzeit- therapie)
Handelsform und Preis: Uro-Tarivid 100:
N1 (6 Filmtabletten): DM 16,—. Sept.94.
Hoechst Aktiengesellschaft, 65926 Frankfurt am Main
Hoechst
A-3526 (64) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994
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tritt als Folge unterschiedli- cher Lebererkrankungen auf. Da es sich ursächlich um eine Stoffwechselstörung handele, ist die HE potentiell reversibel, erläuterte Häus- singer. Zwar sei die genaue Pathogenese der Erkrankung nach wie vor unbekannt. Fest stünde aber, daß dem Am- moniak als potentem Neuro- toxin eine zentrale Rolle zu- komme.
In der Leber erfolgt die Ammoniakentgiftung durch Harnstoff- und Glutaminsyn- these, wobei beide Vorgänge in unterschiedlichen Zonen der Leber ablaufen: die Harnstoffsynthese in den stromaufwärts gelegenen pe- riportalen Zellen, die Glut- aminsynthese in den Scaven- gerzellen im Bereich der Zentralvene. Die Scavenger- zellen entgiften mit hoher Affinität, wodurch im Nor-
malfall ein Ammoniak-Ein- tritt in die systemische Zirku- lation verhindert wird. Da die Harnstoffsynthese nicht nur der Entgiftung dient, sondern auch der Aufrecht- erhaltung des Säurebasen- haushalts, erklärt die Verrin- gerung der Harnstoffsynthe- sekapazität bei Leberzirrho- se nicht nur die Entstehung einer HE, sondern auch das häufige Auftreten einer me- tabolischen Alkalose bei Pa- tienten mit Leberzirrhose, so der Düsseldorfer Experte.
Schwellung der Glinzellen
Im Hirn erfolgt die zere- brale Ammoniakentgiftung durch die Bildung von Glut- amin ausschließlich in den Astrozyten. Eine Glutamin- akkumulation in diesen Zel-
len löst eine Zellschwellung aus, wodurch die metaboli- sche Funktion, die Transporteigenschaften und die Genexpression der Zelle wesentlich beeinflußt wer- den. So sei es denkbar, daß eine ammoniakinduzierte Gliaschwellung eine primäre Gliopathie bedinge, der eine sekundäre Störung der neu- ronalen Funktion folge, meint Häussinger.
Diese Hypothese erkläre auf einfache Weise viele bei hepatischer Enzephalopathie gemachte Beobachtungen wie Veränderungen der Blut- hirnschrankenpermeabilität, der Aktivität der Neuro- transmitter und der Rezepto- ren. Der gleiche Mechanis- mus könne auch durch ande- re Noxen wie Entzündungs- mediatoren, Benzodiazepine oder Hypoxie ausgelöst wer- den, so Häussinger.
Die chronische Hepatitis- B-Infektion stellt weltweit ein immenses Problem dar.
„Man schätzt die Zahl der Virusträger auf etwa 300 Mil- lionen Menschen, also mehr als fünf Prozent der Weltbe- völkerung", erläuterte Pri- vatdozent Dr. W.-B. Offens- perger von der Universität Freiburg. Die Neuinfektion kann zwar durch passive und/oder aktive Impfung verhindert werden, für chro- nisch Infizierte gebe es aber immer noch keine effektive Therapie. Der Hauptgrund dafür liegt in den biologi- schen Eigenschaften des He- patitis-B-Virus. So sei die un- genügende oder fehlende Immunantwort des Wirts die Basis für die begrenzte Wirk- samkeit des immunmodula- torischen Therapieansatzes mit Alpha-Interferon. Der fehlende zytopathische Ef-
Schnell und zuverlässig bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994 (65) A-3527
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fekt des Hepatitis-B-Virus und die Virusreplikation mit reverser Transkription eines RNA Intermediate sowie die Präsenz nicht replizierender, kovalent geschlossener, zir- kulärer (ccc) DNA im Zell- kern erschweren die Therapie zusätzlich. Auch wenn es ge- linge, wie in vielen in vitro- oder in vivo-Therapiestudien gezeigt, beispielsweise mit Nukleosidanaloga die virale Replikation zu hemmen, so überlebten die therapieresi- stenten cccDNA-Formen und werden zum Quell erneuter replikativer Aktivität, erklär- te Offensperger. Neue Ansät- ze zielten deshalb darauf ab, die virale Genexpression zu blockieren oder die cccDNA direkt zu attackieren.
Über neue Erkenntnisse in Klinik und Therapie der Hepatitis C berichtete Pri- vatdozent Dr. Stefan Zeuzem von der Frankfurter Univer- sitätsklinik. Er wies darauf hin, daß in Deutschland mit etwa einer halben Million
HCV-Trägern gerechnet wer- den müsse. Unter Blutspen- dern liege die Prävalenz bei 0,4 bis 0,7 Prozent. Zu den Risikogruppen zählten Hä- mophile, i. v. Drogenabhän- gige, chronische Dialysepati- enten und Patienten mit ei- ner Posttransfusionshepatitis mit einer Prävalenz von bis zu 90 Prozent. Der Erfolg der alpha-Interferonbehand- lung ist wegen der Variabi- lität des Virus noch sehr limi- tiert. Mittlerweile wurden mindestens acht HCV-Isolate komplett und weitere teil- weise sequenziert. Weltweit können aufgrund von Se- quenzvergleichen sechs HCV-Genotypen unterschie- den werden, die Nukleotid- sequenzunterschiede in den Hüllproteinen von über 30 Prozent aufweisen.
Die akute Hepatitis C weist eine hohe Chronifizie- rungsrate von 50 bis 80 Pro- zent auf. Klinisch sind die Symptome der chronischen Hepatitis C mit Müdigkeit
und Oberbauchbeschwerden häufig uncharakteristisch und mild. Biochemisch fallen fluktuierende Transamina- senerhöhungen auf. Zur Therapie der chronischen HCV wurden verschiedene Strategien mit antiviralen Substanzen, Immunsuppres- siva und Ursodesoxycholsäu- re evaluiert. Klinisch be- währt habe sich nur die Be- handlung mit Alpha-Inter- feron, wobei eine Optimie- rung in Zukunft von der Kombination mit Ribavirin zu erwarten sei. Einen Lang- zeiterfolg mit der Alpha-In- terferontherapie gibt es der- zeit bei etwa 20 bis 30 Pro- zent der Patienten.
Übertragung von Knochenmark Als ultima ratio bleibt bei manchen chronischen Leber- erkrankungen nur noch die Lebertransplantation. In den vergangenen Jahren haben sich die Ergebnisse derartiger Eingriffe kontinuierlich ver- bessert, was letztendlich auf eine erfolgreiche Immunsup- pression zurückzuführen ist.
Ziel der pharmakothera- peutischen Behandlung oder anderer immunologischer Therapien sei es, eine Tole- ranz des Organismus gegen das transplantierte Organ herbeizuführen, erläuterte Dr. Bernd Markus von der Frankfurter Uniklinik. Die Grundlage der Therapie bil- deten nach wie vor Ciclospo- rin A und eine Kortikostero- idtherapie. Regelmäßige Blutspiegelkontrollen erlau- ben eine genaue Dosierung des Ciclosporins, das in er- ster Linie die Vermehrung und Reifung von Lympho- zyten durch Unterbrechung der Interleukin-2-Synthese hemmt. Teilweise wird zu- sätzlich Azathioprin zur Hemmung der DNA- und RNA-Synthese gegeben.
Fortschritte sind von neuen Substanzen wie dem FK-506 (Tacrolimus), wie das Ciclo- sporin von einem Pilz stam- mend, und dem monoklona- len Antikörper BT 563, der
gegen den Interleukin-2-Re- zeptor gerichtet ist und damit nur aktivierte Lymphozyten angreift, zu erwarten. Es werden aber auch ganz neue immunologische Wege be- schritten. Mit der gleichzeiti- gen Übertragung von Kno- chenmark und Spenderorgan wird versucht, den Empfän- ger zum Chimären und damit tolerant für das Transplantat zu machen. Die gentechni- sche Maskierung von Antige- nen, Xenotransplantate mit humanen Antigenen auf der Zelloberfläche und der Ein- satz von Kalziumantagoni- sten zur Hemmung der Lym- phozytenmotilität sind weite- re Methoden im Experimen- talstadium, welche in Zu- kunft an Bedeutung gewin- nen könnten. Susi Ajnwojner
Lamotrigine
Über ein Jahr klinische Erfahrung
Dreizehn Monate nach Einführung von Lamotrigine (Lamictal®) zur Therapie fo- kaler Epilepsien, die auf eine Medikation der 1. Wahl nur ungenügend ansprechen, konnte gezeigt werden, daß 25 Prozent dieser bisher schwer therapierbaren Pati- enten anfallsfrei wurden und weitere 26 Prozent eine An- fallsreduktion von mehr als 50 Prozent erfuhren. Bei rich- tiger Anwendung erwies sich Lamictal® als gut verträglich.
Hautreaktionen, die in der Regel bei zu rasche Aufdo- sierung in der Initialtherapie beobachtet wurden, stellten die schwersten Nebenwir- kungen dar. Bei langsam einschleichender Dosierung konnte die Häufigkeit deut- lich gesenkt werden.
Von Juni 1993 bis August 1994 wurden zirka 15 000 Pa- tienten, die unter der Basis- medikation noch Anfälle hatten beziehungsweise an Nebenwirkungen litten, be- handelt. EB Der Name hat sich geändert, sonst nichts!
ZINKOROTAT 40
heißt jetzt:
Zinkorotat-POS®
CeMSAPHARM
JE 11 I. C P
A-3528 (66) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994