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Archiv "Wann sind Kortikosteroide bei Augenerkrankungen indiziert?" (22.10.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Wann sind Kortikosteroide

bei Augenerkrankungen indiziert?

Wolfgang Straub

Aus der Universitäts-Augenklinik

(Direktor: Professor Dr. med. Dr. h. c. Wolfgang Straub) der Philipps-Universität Marburg

A

Is Kortikosteroide zur augen- ärztlichen Behandlung einge- setzt wurden, haben sie bis dahin gültige therapeutische Vorstellun- gen geradezu revolutioniert. Das Auge ist ja der objektiven Beurtei- lung der Wirkungsweise eines Me- dikaments besonders gut zugäng- lich. So wertvoll die Steroide bei gegebener Indikation jedoch sind, so deletär wirken sie bei falscher Anwendung. Grundsätzlich muß davor gewarnt werden, Steroide am Auge zu benutzen, wenn die Hornhaut nicht intakt ist (Erosio- nen, Geschwüre); defekte Stellen in der Cornea lassen sich durch ei- ne auffallende grüne Anfärbung mit 0,5prozentigem Natriumfluo- rescein leicht erkennen. Dabei bleibt es belanglos, ob die Anwen- dung als Tropfen, Salben oder als parabulbäres Depot erfolgt. Dies gilt genauso für solche Präparate, die mit anderen Medikamenten kombiniert sind.

Auch die örtliche Therapie mit Ste- roiden sollte so kurz wie möglich und in tunlichst geringer Dosie- rung erfolgen. Ebenso hat man den Patienten auf mögliche Ge- fahren hinzuweisen. Prinzipiell sollte eine Steroidtherapie am Au- ge nicht ohne augenärztliche Überwachung durchgeführt wer- den, manche betrachten die lokale

Die Einführung der Kortikostero- ide in die augenärztliche Behand- lung hat bis dahin gültige thera- peutische Vorstellungen geradezu revolutioniert. So wertvoll diese Präparate bei gegebener Indika- tion sind, so verhängnisvoll wirken sie im Falle falscher Anwendung.

Die Grundzüge der Steroidthera- pie am Auge und wichtige Gegen- indikationen werden aufgezeigt.

Wegen möglicher Nebenwirkun- gen sollten auch Patienten, wel- che eine längere systemische The- rapie erhalten, regelmäßig vom Augenarzt kontrolliert werden.

Verordnung von Steroiden durch einen Nichtophthalmologen als Kunstfehler. Mindestens aber ist zu fordern, daß jede wiederholte Verordnung steroidhaltiger Medi- kamente am Auge vom Ophthal- mologen zu kontrollieren ist (3).

Schon nach einmaligem Einträu- feln steroidhaltiger Tropfen ent- steht in der Hornhaut eine hohe, Stunden anhaltende Wirkstoffkon- zentration (6, 7). In Bindehaut, Iris und Kammerwasser kommen ho- he Konzentrationen bei einer alle zwei bis drei Stunden wiederhol- ten Einträufelung zustande. Nach parabulärer Injektion findet sich

auch im Glaskörper und im hinte- ren Augensegment ein wirksamer Steroidspiegel (4). Aber im Glas- körper läßt sich bei systemischer Verabreichung ein höherer Spie- gel erreichen. Eine Kombination von parabulbärer und systemi- scher Applikation empfiehlt sich daher bei Erkrankungen des hinte- ren Augenabschnitts.

Konzentration und Dosis der Prä- parate sollten der zu behandeln- den Krankheit entsprechen. So ist zum Beispiel bei Bindehaut- und Hornhauterkrankungen ein Präpa- rat zu wählen, das relativ schwer ins Auge eindringt (ölige Tropfen, Salben). Ist mit einer Erhöhung des Augeninnendrucks zu rech- nen, so nehme man Präparate mit relativ geringer drucksteigender Potenz im Vergleich zu ihrer ent- zündungshemmenden Wirkung (Fluorometholon, Medryson). Eini- ge gebräuchliche Medikamente sind in der Tabelle aufgeführt.

Parabulbäre Injektionen sollten nur vom Augenarzt durchgeführt werden, denn hierbei bestehen Gefahren (Schädigung des Seh- nervs, reflektorischer Zentralarte- rienstammverschluß). Bei systemi- scher Therapie hängt die Dosie- rung vom Wirkungsäquivalent ab.

Die später reduzierte Initialdosis Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 43 vom 22. Oktober 1986 (37) 2935

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Tabelle: Am Auge lokal verwendete Kortikosteroidpräparate Wirkstoff Steroid-

konzentra- tion (in Prozent)

Gebräuchliche Handelspräparate

Cortison Hydrocortison

Prednisolon

Dexamethason

Fluorometholon Medryson

0,5 und 1,0 1,0 0,5 2,5 0,5 0,5 0,12 1,05 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1 1,0

Cortison-Augensalbe

„Dr. Winzer"

Hydrocortison-Augensalbe Dispersa®

Ficortril-Augensalbe®

Ficortril-Augensalbe®

Ultracortenol-Augentropfen®

(Mikro-Kristallsuspension) Ultracortenol-Augensalbe®

Inflanefran-Augentropfen®

Inflanefran-forte-Augentropfen®

Cortisumman-Augentropfen®

Dexa-sine-Augentropfen®

Isopto-Dex-Augentropfen®

Spersa-Dex-Augentropfen®

Decadron-Augentropfen®

Efflumidex-Augentropfen®

Spectramedryn-Augentropfen®

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Steroidtherapie am Auge

entspricht etwa 100 mg Prednison, unter Umständen auch mehr.

Lider

Zwei- bis dreimal täglich wieder- holte Massagen mit Steroidsalben vermindern die Gefahr der Entste- hung hyperplastischer Narben (Ke- loide) nach Verletzungen oder pla- stischen Operationen. Bei Blepha- ritis squamosa hat sich unter Um- ständen das ein- bis zweimalige tägliche Touchieren der Lidkanten mit einer Steroidsalbe bewährt.

Bindehaut

Bei allen bakteriellen und mykoti- schen Konjunktivitiden sind Stero- ide nicht nur nutzlos, sondern ge- fährlich. Es ist dann mit einer rapi- den Verschlechterung zu rechnen.

Bei allergischen Entzündungen kann eine örtliche und (oder) sy- stemische Anwendung helfen. Ei- ne endgültige Heilung wird damit allerdings kaum erreicht.

Sklera

Bei Skleritis und Episkleritis bringt die lokale Steroidbehandlung mit Tropfen, Salben, unter Umständen auch parabulbären Depots, oft ra- sche Besserung. Frische Schübe werden damit allerdings bei die- sen rezidivfreudigen Leiden nicht verhindert.

Hornhaut

Eine Reihe von Erkrankungen sind eine Domäne der Steroidtherapie.

Diese kommt beispielsweise zur Hemmung der ja pathologischen Gefäßneubildung in der Cornea (Entzündungen, Vorbereitung zur Keratoplastik) in Betracht. Wie er- wähnt, ist jedoch eine Steroidan- wendung bei Hornhautdefekten prinzipiell kontraindiziert. Auch solche Keratitiden, bei denen eine zellige Regeneration erwünscht ist, sollen in der Regel keine Stero- ide erhalten (Keratitis neuropara- lytica, Zoster-Keratitis, frische Ke- ratitis dendritica).

Sind regelmäßige Kontrollen an der Spaltlampe gewährleistet, gibt es bestimmte Ausnahmen: Bei- spielsweise Hornhautrandge- schwüre. Ist bei der so häufigen und oft rezidivierenden herpeti- schen Keratitis dendritica der Epi- theldefekt einige Tage geschlos- sen, so kann eine vorsichtige Lo- kalbehandlung für die Aufhellung subepithelialer Narben günstig wirken. Die parenchymatösen Ke- ratitiden (Keratitis disciformis, Ke- ratitis parenchymatosa, sklerosie- rende Keratitis) sind ein wichtiges Indikationsgebiet der Lokalbe- handlung. Örtlich eingesetzte Ste- roide hemmen die Vernarbungs- prozesse. Dies ist für die Heilung von Hornhautverletzungen bedeu- tungsvoll.

Ist eine Regenbogenhautentzün- dung mit massivem Reizzustand und Hornhautdefekten kombi- niert, so wäre wegen der Iridozy- klitis eine Steroidtherapie wün- schenswert, was aber wegen des Hornhautdefektes nicht ohne wei- teres erlaubt ist. Hier hat man die Möglichkeit, durch Aufkleben ei- ner Kunststoffolie oder Kontaktlin- se den Hornhautdefekt „wasser- dicht" abzudecken und so die Cornea zu schützen. Jezt kann der Reizzustand mit Steroiden behan- delt werden. Ist dieser abgeklun- gen, wird die Folie entfernt und dann der verbleibende Hornhaut- defekt nach den üblichen Kriterien weiterbehandelt.

Iris, Ziliarkörper

Die endogene Iridozyklitis benö- tigte vor der Steroid-Ära eine wo- chenlange Behandlung. Heute läßt sie sich meist in wenigen Tagen beherrschen. Bei der akuten Uvei- tis anterior ist eine intensive loka- le Therapie angezeigt. Ähnlich verhält es sich mit der Behcet- schen Hypopyon-lritis sowie mit dem Posner-Schlossman-Syn- drom (glaukomzyklitische Krisen).

Auch die bei Kindern auftretende, chronisch rezidivierende Iridozy- klitis im Rahmen der Still-Chauf- fardschen Erkrankung ist eine Do- 2936 (38) Heft 43 vom 22. Oktober 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FÜR SIE GELESEN Steroidtherapie am Auge

mäne der lokalen Steroidtherapie.

Bei chronischer Iridozyklitis ist oft die Verabreichung parabulärer Depots und eine gleichzeitige sy- stemische Therapie angezeigt.

Aderhaut, Netzhaut

Auch bei den verschiedenen For- men der Chorioretinitis (dissemi- nata, centralis, juxta-papillaris) und bei der Periphlebitis retinae sind parabuläre Depots und die sy- stemische Behandlung empfeh- lenswert (9).

Eine — eventuell lokale und syste- mische — Kombination von Stero- iden und Antibiotika, welche indi- viduell abgestimmt sein muß, kann intraokuläre Infektionen günstig beeinflussen (8).

Postoperative Reizerscheinungen

Die systemische wie die lokale Therapie eines durch postoperati- ve Reizerscheinungen verzöger- ten Heilverlaufs, besonders auch nach Implantation von Kunstlin- sen und nach Glaskörperoperatio- nen, sind im Zeitalter der Zunah- me dieser modernen Verfahren ein wichtiges Anwendungsgebiet der Steroidbehandlung geworden.

Nebenwirkungen

> Katarakt: 1960 wurde erstmals darauf aufmerksam gemacht, daß bei langdauernder systemischer Steroidtherapie Linsentrübungen auftreten (1). Auch nach lokaler Applikation sind vereinzelt Linsen- trübungen beschrieben worden.

Für die Entstehung dieser Kata- rakt dürfte ursächlich eine Perme- abilitätsstörung der Linsenkapsel eine Rolle spielen. Die Häufig- keitsangaben schwanken zwar, aber bei etwa zehn Prozent der länger als ein Jahr systemisch, be- sonders mit Depot-Präparaten Be- handelten, ist mit einer Kortison- Katarakt zu rechnen. Auch die Hö- he der Dosis scheint eine wichtige

Rolle zu spielen. Allerdings ist ei- ne strenge Dosis-Zeit-Relation nicht gegeben.

> Glaukom: Weiterhin kann eine lokale wie systemische Steroid- therapie auch zu einem Glaukom führen. Wesentlich ist hier die Be- handlungsdauer (2). Wenn noch keine gravierenden morphologi- schen Veränderungen im Kam- merwinkel eingetreten sind, kann sich nach relativ kurzer Steroid- therapie der Druck wieder norma- lisieren. Die Angaben über die Häufigkeit des Steroid-Glaukoms nach längerer lokaler Steroidbe- handlung schwanken zwischen et- wa 10 und 50 Prozent.

> Auch die Zunahme von Pilzin- fektionen der Hornhaut wird schließlich mit der Steroidtherapie in Zusammenhang gebracht, fer- ner diskutiert man eine Herabset- zung der Tränensekretion. Des- halb sind auch Patienten, die eine längere systemische Steroid- therapie erhalten, regelmäßig vom Augenarzt zu kontrollieren.

Literatur

(1) Bleck, R., et al: Posterior subcapsular cata- racts induced by corticosteroids in patients with rheumatoid arthritis. J. Am. med. Ass. 174 (1960) 166 — (2) Espildora, C.; et al: Glaucome cortisonique. J. Franc. Ophthal. 4 (1981) 503 — (3) Fechner, P.: Medikamentöse Augenthera- pie. Enke, Stuttgart 1976 — (4) Hamard, H.: Etu- de de la penetration oculaire de la dexametha- sone. In: Oeil et Cortisone. Masson, Paris, (1975) 34 — (5) Kaiser, H.; Cortisonderivate in Klinik und Praxis. 7. Aufl., Thieme, Stuttgart 1977 — (6) Krey, H.: Augenkrankheiten. In: Kai- ser, H.; Cortison-Therapie in der Praxis. Thie- me, Stuttgart 1984 — (7) Lippert, W.; et al: Un- tersuchungen über die Verteilung von Dexa- methason im Kaninchenauge nach lokaler Ap- plikation. Klin. Mbl. Augenheilk. 164 (1974) 225

— (8) Schmack, W.: Allgemeine Kortikosteroid- Therapie bei schweren intraokulären Infektio- nen. In: Böke, W.; Kortikosteroide in der Au- genheilkunde. Bergmann, München 1973, Sei- te 225 — (9) Witmer, R.: Glukokortikoide bei Uveitis. In: Böke, W.: Kortikosteroide in der Augenheilkunde. Bergmann, München 1973, Seite 216

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dr. h. c.

Wolfgang Straub Universitäts-Augenklinik Robert-Koch-Straße 4 3550 Marburg/Lahn

Lebensstil

beeinflußt das Kolon

In einer großangelegten statisti- schen Untersuchung über Risiko- faktoren für eine Koronarerkran- kung beantworteten 14 102 Frau- en und Männer mittleren Alters ei- nen Fragebogen zum Lebensstil, zur Ernährung und Gesundheit, einschließlich der Symptome für funktionelle Abdominalbeschwer- den. 35 Prozent der Frauen und 28 Prozent der Männer berichteten über abdominelle Symptome wie

„Vollegefühl und Knurren" oder

„Bauch krämpfe".

Es wurde nur eine schwache Asso- ziation zwischen Alter und Anzahl der berichteten Fälle an Schmerz bei beiden Geschlechtern festge- stellt. Frauen berichteten über ab- dominelle Symptome, besonders über Bauchkrämpfe, signifikant häufiger als Männer.

In einer multiplen Regressions- analyse waren Abdominalbe- schwerden weitaus stärker assozi- iert mit mentalem Streß, Depres- sionen, Schlafstörungen, Bewälti- gungsproblemen und der Anwen- dung von Analgetika als mit den Parametern Lebensstil, Ernährung und allen anderen sozialen Varia- blen. Die Assoziation war stärker bei Personen, die über beide Sym- ptome klagten.

Diese starke und konsistente Be- ziehung zwischen funktionellen abdominellen Beschwerden und psychischen und sozialen Proble- men läßt darauf schließen, daß an- dere Maßnahmen als die Gabe von Medikamenten und Ernährungs- fahrpläne oder Durchführung von Röntgenuntersuchungen erfor-

derlich sind. Lng

Johnsen, FL; Jacobsen, B. K.; Förde, 0. H.: As- sociations between symptoms of irritable co- Ion and psychological and social conditions and lifestyle, British Medical Journal No. 6536, Vol. 292 (1986) 1633-1635.

Dr. Roar Johnsen, Institute of Community Me- dicine, University of Tromse, Box 417 N-9001, Tromse, Norwegen.

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 43 vom 22. Oktober 1986 (41) 2937

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