Kommunikation
Distanz und Engagement
Philip Myerscough, Michael Ford: Kommunikation mit Pati- enten. Die Chance des ärztlichen Gesprächs nutzen. Verlag Hans Huber, Bern, Göttingen u. a., 2001, 270 Seiten, 39,80 DM
Nach einer Einschätzung des Ombudsmanns des britischen Gesundheitswesens resultie- ren 90 Prozent aller Be- schwerdefälle von Patienten nicht aus unzureichender me- dizinischer Behandlung, son- dern aus Kommunikations-
problemen. Das mag über- trieben sein. Es ist aber ein- sichtig, dass Ärzte, die gut mit ihren Patienten umgehen können, seltener Probleme bekommen – Grund genug, sich früh um den „richtigen Draht“ zum Patienten zu bemühen. Zu diesem Zweck bietet sich das Buch „Talking with patients“ an, dessen drit- te Auflage jetzt auf Deutsch erschienen ist.
Die Autoren plädieren für ein Gleichgewicht von Di- stanz und Engagement im Umgang mit den Patienten.
Keineswegs sollte man versu- chen, „man selbst“ oder „ganz natürlich“ zu sein. Im Gegen- teil: Gerade die Kontrolle von Sympathie und Ablehnung zeugt von einer professionel- len Distanz zum Patienten, die man nicht aufgeben sollte, da sonst Versagensängste und ein Burn-out-Syndrom dro- hen. Die 21 Kapitel des Bu- ches erläutern an zahlreichen Beispielen, wie Kommunika- tionsprobleme bei Untersu- chung, Sprechstunde und Vi- site entstehen und wie man diese vermeiden kann.
Das Buch wendet sich zwar überwiegend an Berufsanfän- ger, aber auch ältere Kolle- ken dürften Anregungen fin- den. Rüdiger Meyer
Radiologie
Wichtiger Teilbereich
Johannes Görich, Hans-Jürgen Brambs: Interventionelle mini- mal-invasive Radiologie. Refe- renz-Reihe Radiologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 2001, 456 Seiten, 526 Abbil- dungen, 40 Tabellen, 199 DM Was ist eigentlich die „inter- ventionelle Radiologie“? Nur wenige Kollegen außerhalb der Radiologie wissen mit diesem Begriff etwas anzu- fangen. Von radiologischen Katheteruntersuchungen und der einen oder anderen Punk- tion haben die meisten schon mal etwas gehört. Aber „in- terventionell“? Erst der Zu- satz „minimal-invasiv“ wird dem Wesen dieses wichti- gen und stetig wachsenden Teilbereichs der klinischen
Radiologie gerecht; er be- schreibt diejenigen Eingriffe, die nicht mehr als einer winzi- gen Stichinzision bedürfen und so manche aufwendigen Eingriffe ersparen helfen.
Den Autoren des Buches ist es gelungen, namhafte Ex- perten aus allen Teilberei- chen der minimal-invasiven Radiologie zusammenzufüh- ren. Das Ergebnis ist ein pra- xisorientiertes Buch, das für den operativ oder konser- vativ tätigen klinischen Arzt einen nahezu vollständigen Überblick über das Angebot radiologischer Fertigkeiten bietet und für den interven- tionell Tätigen hilfreiche Tipps und Tricks für den All- tag bereithält.
Insbesondere die zahlrei- chen, farbig unterlegten Ta- bellen und Stichwortsamm- lungen sowie die aktuellen und qualitativ hochwertigen Abbildungen erlauben ein ra- sches „Diagonal-Lesen“ und ermöglichen eine schnelle und einprägsame Orientie- rung über Indikationen, Tech- niken, Komplikationen und bisherige Ergebnisse der je- weiligen Eingriffe. Da die Au- toren zudem keine Scheu vor Medikamenten- oder Marken- namen der meistverwende- ten Materialien zeigen, sind die vorgestellten Techniken einfach nachzuvollziehen und können in der täglichen Rou- tine integriert werden.
Das Buch ist nicht nur allen interventionell tätigen Radio- logen, sondern insbesondere allen zuweisenden Kollegen aus den konservativen und operativen Fächern zu emp- fehlen. Josef Tacke
A
A2878 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 44½½½½2. November 2001
B Ü C H E R
Krankenversicherung
Profunder Beitrag
David Klingenberger: Die Frie- densgrenze zwischen gesetzlicher und privater Krankenversiche- rung. Ökonomische und meta- ökonomische Kriterien einer opti- mierten Aufgabenabgrenzung zwi- schen Sozial- und Individualver- sicherung. Kölner Schriften zur Sozial- und Wirtschaftspolitik, Band 41, Transfer-Verlag, Re- gensburg, 2001, 298 Seiten, bro- schiert, 65 DM
Der Streit um die Markt- teilung und -abgrenzung zwi- schen Gesetzlicher und priva- ter Krankenversicherung war in Deutschland seit jeher po- litisch-ideologisch überlagert.
Die ordnungspolitische Ein- ordnung des Problems der Grenzziehung und der Ver- sicherungspflicht- und Frie- densgrenze ist hingegen noch kaum wissenschaftlich durch- drungen.
Das Buch geht diesem facettenreichen Problem vor-
wiegend mit sozialwissen- schaftlichem, sozialpolitischem und gesundheitspolitischem Prüfraster auf den Grund. Der Autor untersucht, ob der pri- vaten Krankenversicherung im gegliederten System der gesundheitlichen Sicherung eine bloße Komplementär- oder aber eine Substitutiv- Funktion zukommen soll und wie dies im Kontext der Ge- schichte der Sozialreform ge- wertet werden muss. Dies führt zu der Frage, inwieweit das Verhältnis von GKV und PKV den normativen Vorga- ben der Sozialverfassung ent- spricht. Analysiert und pro- blematisiert wird die beider- seitige Annäherung der Sy- steme (Konvergenz), wie sie etwa die Niederlande und Schweiz in Reformoptionen beschritten haben.
Im ersten Drittel des Bu- ches wird die Geschichte der Sozialreform von der Bis- marckschen Sozialgesetzge- bung bis zu den Gesundheits-
reformgesetzen ab Mitte der 70er-Jahre minutiös nach- gezeichnet – quasi die Vor- aussetzung, um die empirisch fundierten, mit Tabellen be- stückten gesundheitsökono- mischen Wertungen und Ableitungen zu vollziehen.
Einen besonderen Schwer- punkt bildet die Beurteilung der Subventionierungsthese, der Spillover-Effekte und der Quersubventionen sowie der positiven und inversen Um- verteilung im System und zwi- schen den Systemen. Ein er- neutes Drehen an der seit 1971 dynamisierten „Frie- densgrenze“ ist zurzeit poli- tisch zwar nicht akut, die für 2003 angekündigten Reform- optionen fordern die Ge- sundheitspolitik aber auf, sich rechtzeitig auf eine Neu- bestimmung des Verhältnis- ses zwischen Gesetzlicher und privater Krankenversi- cherung einzustellen. Dazu leistet der Autor einen pro- funden Beitrag. Harald Clade