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Archiv "Reform der Krankenversicherung: Die Begriffe klären!" (27.07.2001)

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P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 30½½½½27. Juli 2001 AA1929

lare, eindeutige und allgemein ver- ständliche Definitionen sind ge- fragt, für übergeordnete Gesund- heitsziele genauso wie für die Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Erst mit diesen Definitionen lassen sich Schlussfolgerungen für Einzelfragen ziehen. Dabei können verschiedene Personen oder Institutionen unter- schiedlich definieren und damit auch unterschiedliche Schlussfolgerungen zie- hen. Um das Definieren jedoch kommt niemand herum. Dem kann eine Dis- kussion über Inhalte vorangehen.

Da für die Entwicklung unseres Ge- sundheitswesens die Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums von be- sonderer Bedeutung ist, sollen aus jüng- sten Meinungsäußerungen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt inhaltliche Aussagen zu unserem Gesundheitswesen zu- sammengefasst dargestellt werden:

❃Es wird an der solidarischen Krankenversicherung festgehal- ten.❃Die Gesetzliche Kranken- versicherung soll nicht auf eine Grundversorgung reduziert wer- den; damit verbunden ist die Ab- sage an eine Differenzierung in solidarisch abgesicherte Kern- und frei- willig versicherte Wahlleistungen.

❃Im Krankheitsfall muss die Kran- kenversicherung alles zahlen, was thera- peutisch notwendig und wissenschaft- lich anerkannt ist.

❃Die Eigenverantwortung für die Gesundheit muss gestärkt werden. Der Lebensstil muss entsprechend ausge- richtet sein. Prävention, Vorbeugung und gesundheitliche Aufklärung müssen daher ausgeweitet werden.

❃Gesundheit ist ein Wachstums- markt. Es muss jedoch privat zu bezah- lende Angebote geben. Die Gesund- heitsberufe können sich nicht darauf verlassen, allein von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu leben.

Drei Gesundheitsziele

Vergleichen wir diese Forderungen mit den wesentlichen Zielen, die ein Ge- sundheitswesen erreichen sollte. Für die Aufgabe unseres Gesundheitswesens insgesamt wie auch für die Gesetzliche Krankenversicherung dürften die fol- genden drei Gesundheitsziele unstrittig sein.

➀ Absicherung insbesondere für akut auftretende, für schwere und für chroni-

sche Krankheiten. Krankheit darf nicht zu einer existenzbedrohenden finanziel- len Belastung werden.

➁ Der medizinische Fortschritt muss allen zugute kommen.

➂ Der alte Mensch darf nicht ausge- grenzt werden. Alter allein darf nicht zum Leistungsausschluss führen.

Diese drei Gesundheitsziele sind durch die gesundheitspolitischen Posi- tionen der Bundesgesundheitsministe- rin gedeckt. Im Detail ergeben sich nun- mehr die folgenden Problemstellungen:

Die Bundesgesundheitsministerin for- dert, dass im Krankheitsfall die Kran- kenversicherung alles zahlen muss, was therapeutisch notwendig und wissen- schaftlich anerkannt ist. Daraus leitet

sich bei begrenzten Ressourcen ab, dass die Gesetzliche Krankenversicherung in erster Linie die Aufgabe hat, im Er- krankungsfall sicherzustellen, dass die erforderlichen medizinischen Maßnah- men durchgeführt werden können.

Diese Maßnahmen können als Regellei- stungen bezeichnet werden. Maßnah- men, die nicht der Krankenbehandlung dienen, sind daher nachrangig. Sie kön- nen und dürfen erst dann finanziert werden, wenn die Behandlung im Krankheitsfall in jedem Einzelfall si- chergestellt ist. Dies bedeutet aber auch, dass der medizinische Leistungs- katalog unangetastet bleibt, es sei denn, eine Methode ist wissenschaftlich nicht anerkannt. Hierüber befindet der Bun- desausschuss der Ärzte und Kranken- kassen sowie der Zahnärzte und Kran- kenkassen. Die Position der Bundes- ausschüsse muss daher gestärkt werden.

Eine konkrete und positive Bestim- mung des medizinischen Leistungskata- logs der Gesetzlichen Krankenversiche- rung muss als „mission impossible“ an- gesehen werden. Diese Bestimmung wird von vielen gefordert. Sie liegt von keiner Seite vor. Dies schließt nicht aus, dass es in Einzelfällen und vielleicht auch umfassend möglich ist. Konkrete Vorschläge fehlen.

Die Stärkung der Eigenverantwor- tung für die Gesundheit, die Prävention, die Gesundheitsvorsorge, was immer auch an Bezeichnungen gewählt wird, ist eine Aufgabe vom Kindesalter an bis in das hohe Lebensalter hinein, eine Auf- gabe, die nur durch einen gesamtgesell- schaftlichen Ansatz, eine breit und sehr differenziert angelegte Aktion, bewäl- tigt werden kann. Dies erfordert die Bündelung aller Kräfte einschließlich der Beteiligung der gesetzlichen Kran- kenkassen, doch auch hier gilt: Vorrang für die Versorgung im Krankheitsfall.

Im Übrigen ist der Einsatz von Steuer- mitteln aus dem Aufkommen der Ta- bak- und Alkoholsteuer gerechtfertigt.

Der Tabak- und Alkoholmissbrauch sind die größten selbst verschulde- ten Krankheitsursachen mit Kosten für das Gesundheitswesen in Höhe von vielen Milliarden DM.

Gesundheit ist ein Wachstums- markt. Wenn daraus von der Bun- desgesundheitsministerin gefolgert wird, dass die GKV die Kosten für diesen Wachstumsmarkt nicht al- lein bezahlen kann, sondern der Bürger, der Versicherte, in die Pflicht genommen werden muss und die Gesundheitsberufe privat zu bezahlende Angebote anbieten sol- len, dann ist dies unter anderem eine Be- stätigung für den IGEL-Katalog als An- gebot des Arztes, besonders aber für Wahltarife, die ausschließlich von der privaten Krankenversicherung anzubie- ten sind.

❃ Die inhaltliche gesundheitspoliti- sche Position der Bundesgesundheits- ministerin ist eine gute Ausgangslage für die Definition von Gesundheitszie- len und für eine eindeutige Bestimmung der Aufgabe der Gesetzlichen Kran- kenversicherung. Dies könnte von dem von der Bundesgesundheitsministerin eingerichteten „Runden Tisch“ zu lei- sten sein. Aus diesen Definitionen, aus diesen Begriffsbestimmungen könnten Zielvorgaben, Inhalte und Handlungs- optionen abgeleitet werden. Aber: Man muss es wollen!

Literatur

Beske F: Neubestimmung und Finanzierung des Lei- stungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung.

– Kieler Konzept –. Paradigmenwechsel im Gesund- heitswesen. Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin 2001, ISBN 3-87652-258-7.

Prof. Dr. med. Fritz Beske,MPH

Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel, Weimarer Straße 8, 24106 Kiel

KOMMENTAR

K

Reform der Krankenversicherung

Die Begriffe klären!

Pflicht-, Kern-, Grund-, Regel-,

Zusatz-, Vertrags-, Wahlleistungen –

eine babylonische Sprachverwirrung

Referenzen

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