DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
KURZBERICHTE
Freie Berufe: Plädoyer für Privatisierung
Erneut hat sich der Bundesver- band der Freien Berufe e. V. (BFB) anläßlich seiner diesjährigen Mit- gliederversammlung und öffent- lichen Veranstaltung (im Bonn- Center) gegenüber Regierung und Politik dafür eingesetzt, im Zuge der wiederholt angekündigten Entstaatlichung soweit als mög- lich öffentliche Dienstleistungen an private Träger und Personen zu übertragen. In vielen Bereichen sei der Nachweis längst erbracht worden, daß diese persönlich er- brachten Dienstleistungen einen hohen Qualitätsstandard aufwie- sen und zumeist kostengünstiger kalkuliert werden könnten als die von öffentlichen Institutionen und Behörden erbrachten vergleichba- ren Leistungen.
Inzwischen hat der BFB seinen be- reits vor vier Jahren erstmals vor- gelegten „Privatisierungskatalog"
aktuell fortgeschrieben. Die 25 Forderungen sollen Anregungen für Bund, Länder und Gemeinden geben. So befürwortet der Ver- band im Gesundheitswesen bei- spielsweise die Privatisierung der Sozialdienste, vor allem für ärzt- liche, zahnärztliche und fachpsy- chologische Gutachten, ferner die Privatisierung des jugendärzt- lichen Dienstes, der Verkehrstaug- lichkeitsuntersuchungen, der Be- ratung für Säuglinge und Mütter, bei Ehe- und Erziehungsschwie- rigkeiten, bei Adoptions- und Pfle- gekinderfällen sowie im Drogen- und Suchtbereich.
Auch Schutzimpfungen, Reihen- untersuchungen und Blutalkohol- bestimmungen könnten von prä- destinierten Angehörigen der Frei- en Berufe ausgeführt werden, lau- tet eine weitere BFB-Forderung.
Der Verband hat erneut seine
„zentrale steuerpolitische Forde- rung" bekräftigt: Beseitigung der Ungleichbehandlung der Selb- ständigen mit den Arbeitnehmern bei der Besteuerung und Begün-
stigung von Vorsorgeaufwendun- gen für Alter, Krankheit und Exi- stenzsicherung im Zuge der Steu- erreform. Allein bei der sozialen Daseinsvorsorge klafft zur Zeit ei- ne „Sicherungslücke" zuungun- sten der Selbständigen und Freien Berufe in Höhe von 8000 DM jähr- lich.
Nach dem jüngsten BFB-Jahres- bericht ist die Zahl der selbständi-
BFB- Präsident Prof.
J. F. Volrad Deneke Foto:
Fischer gen Freiberufler allein zwischen 1978 bis 1984 um rund 50 000 ge- wachsen. Die Zahl liegt zur Zeit bei über 350 000 (die mehr als eine Million Arbeitnehmer beschäftig- ten und in ihren Praxen, Büros und Ateliers Arbeitsplätze für rund
International gegen den Drogenmißbrauch
Ein Katalog von Vorschlägen der Bundesregierung für eine inter- nationale Drogenbekämpfungs- strategie ist vom Bundesministeri- um für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit an die Vereinten Nationen übersandt worden. Nach Überzeugung der Parlamentari- schen Staatssekretärin Irmgard Karwatzki können Drogenmiß- brauch und illegaler Drogenhan- del nur durch enge internationale Zusammenarbeit wirksam be- kämpft werden. Besondere Priori- tät räumt die Bundesregierung dem internationalen Sucht-Stoff- Übereinkommen ein, der geplan- ten Konvention gegen illegalen
150 000 Auszubildende, überwie- gend Frauen und Mädchen, vor- halten).
Der Anteil der Freien Berufe am gesamten Lohn- und Einkommen- steueraufkommen ist im letzten Jahrzehnt von einem auf rund acht Prozent gestiegen. Der Gesamt- umsatz der Freien Berufe wird auf rund 100 Milliarden DM geschätzt.
Der Anteil und produktive Beitrag zum Inlandsprodukt hat sich seit Gründung der Bundesrepublik vervierfacht. Damit, so BFB-Präsi- dent Prof. J. F. Volrad Deneke, Bonn-Bad Godesberg, haben sich die Selbständigen und Freien Be- rufe zu einem existenznotwendi- gen, beschäftigungswirksamen dritten Wirtschaftsfaktor entwik- kelt: „Die Freien Berufe sind volkswirtschaftlich und arbeits- marktpolitisch damit heute bedeu- tender als die Landwirtschaft." Die Politiker in Bund, Ländern und Gemeinden müßten der wirt- schaftlichen und gesellschaftspo- litischen Bedeutung der Freien Berufe und deren gesellschaftspo- litischer Integrationskraft als An- gehörige des Mittelstandes und des wachstumdynamischen terti- ären Sektors (Dienstleistungen) endlich gerecht werden. HC
Drogenverkehr und Maßnahmen zur Verringerung von Angebot und Nachfrage illegaler Drogen.
Darüber hinaus gehöre zur Vor- beugung gegen Drogenmißbrauch die Fortbildung von Lehrern, Er- ziehern oder Ärzten. Frühzeitige Unterrichtung der Ärzteschaft durch die pharmazeutische Indu- strie über Präparate mit Abhängig- keitspotential wird in dem Katalog der Bundesregierung ebenfalls als wichtige Vorbeugemaßnahme vor- geschlagen. Psychosoziale Bera- tungsstellen könnten Gefährdete und Abhängige frühzeitig einer Behandlung oder Rehabilitation zuführen. Dagegen müßten „Dro- generhaltungsprogramme" mit abhängigkeitserzeugenden Medi- kamenten vermieden werden. rei Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 42 vom 15. Oktober 1986 (33) 2849