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A670 Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 11½½16. März 2001 P O L I T I K
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ie flächendeckende Versorgung durch internistische Rheumatologen ist in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch immer nicht gewährleistet. „Hier besteht erheblicher Nachholbedarf, zumal die neuesten Therapieoptionen – wie die TNF-al- pha-Blocker – nicht ohne internistisch-rheumatologische Betreuung eingesetzt werden sollten“, erklärte Prof. Hen- ning Zeidler (Hannover) anlässlich des 2. Internationalen Symposiums Kompetenzzentrum Rheuma in Bamberg.Die rasche Einleitung einer internistisch-rheumatologi- schen Mitbetreuung sei in vielen Fällen entscheidend für das weitere Schicksal der Patienten. „Folgeschäden lassen sich nur vermeiden, wenn die Behandlungsmöglichkeiten nach dem neuesten Stand des Wissens ausgeschöpft wer- den“, so Zeidler. Je nach Fachbereich würden Rheumapa- tienten jedoch nach unterschiedlichen Therapiestandards behandelt: Während internistische Rheumatologen Früh- fälle von rheumatoider Arthritis (< 2 Jahre) in fast 80 Pro- zent mit Basistherapeutika wie Methotrexat, Sulfasalazin oder Antimalariamittel behandeln, sind es bei den Allge- meinmedizinern nur elf Prozent. Deutliche Unterschiede in der Betreuung zeigen sich nach Zeidler auch in der Pa- tientenschulung sowie beim Einsatz von Krankengymna- stik, Massagen und Ergotherapie.
Versorgungsdefizite belegt die eine Kerndokumentati- on, die am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin geführt wird. Seit 1993 werden hier pro Jahr die Da- ten von etwa 30 000 Patienten mit entzündlich-rheumati- schen Erkrankungen gesammelt, die in den rund 100 Ein- richtungen (rheumatologische Praxen, Kliniken und Uni- versitätskliniken) der 24 regionalen kooperativen Rheu- mazentren betreut werden. Danach werden nur 20 Prozent der Patienten mir rheumatoider Arthritis in rheumatologi- schen Spezialeinrichtungen versorgt. „Und selbst bei die- sen Patienten hat es im Mittel l,6 Jahre gedauert, bis der Spezialist erstmals konsultiert wurde – wertvolle Zeit, die für die Beeinflussung der Erkrankung verloren gegangen ist“, erklärte Zeidler.
Um Strukturdefizite zu verbessern, haben sich im letz- ten Jahr sechs rheumatologische Universitätskliniken (Er- langen, Berlin, Düsseldorf, Freiburg, Hannover und Lü- beck/Bad Bramstedt) als „Centers of excellence“ zum Kompetenznetz Rheuma zusammengeschlossen. Nach Angaben von Zeidler ist die Rheumatologie inzwischen das Fachgebiet mit der größten Dynamik in der wissen- schaftlichen Medizin, „weil sie ihre Lehrbücher so gründ- lich ergänzt und umgeschrieben hat wie kaum ein anderes
klinisches Gebiet.“ zzyyll