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Rheumatologische Krank-heiten im Alter

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6 5 0 A R S M E D I C I 1 42 0 0 5

B E R I C H T R A P P O R T

KAT H A R I N A GR I M M

Rheumatologische Erkran- kungen im Alter sind häufig, ihre Diagnose und Therapie zumeist schwierig. Experten am 8. Wiener Internationalen Geriatrie-Kongress erläuter- ten, wie man die Unabhän- gigkeit und Lebensqualität der Patienten trotzdem erhalten kann.

Unter den rheumatologische Erkrankun- gen im Alter spielen Arthrosen anteils- mässig die grösste Rolle. Obwohl es für sie keine typischen Laborparameter gibt, ist die Diagnostik von entscheidender Bedeu- tung: für den Ausschluss anderer Gelenk- erkrankungen und zur Risikoeinschätzung der Therapie (z.B. NSAR und Nierenfunk- tion).

Mit Blick auf die Differenzialdiagnose Gicht ist zu bedenken, dass das Lebens- alter per se ohne Einfluss auf den Harnsäurewert ist, meinte Dr. Wolfgang Halder, Zirl, weshalb die bekannten Norm- werte auch im Alter gültig sind. Bei Gicht korreliert der Harnsäurespiegel mit der Häufigkeit von Anfällen; allerdings muss deshalb bei mässig erhöhten Werten ge- rade im Alter nicht automatisch behandelt werden.

Auch warnte der Refernt vor Über- oder Fehldiagnosten: «Untersuchen Sie nur jene Rheumaparameter, von denen Sie wissen, warum Sie sie suchen. Bei älteren Menschen den Antistreptolysin-Titer zu bestimmen, ist völlig sinnlos – es wird aber immer wieder getan!»

Besonderheiten der Arthritis im Alter

Der Hausarzt sieht ältere Rheumapatien- ten entweder nach jahrelangem Krank- heitsverlauf oder aber im Rahmen einer späten Erstmanifestation. Während der ersten Wochen bis zu einem Jahr nach Auftreten der ersten Symptome (Früh- arthritis) ist die Diagnose einer Arthritis oft eine Herausforderung. Bei Druckschmerz, Schwellung und Erguss eines Gelenkes muss sie von einer aktivierten Arthrose unterschieden werden. Gerade bei geria- trischen Patienten kann die Anamnese und Deutung des Schmerzes schwierig sein, ebenso die Beurteilung der funktio- nellen Einschränkung, die oft durch eine Muskelatrophie verstärkt wird.

Während die Polyarthrose typischerweise die DIP-Gelenke der Hand befällt, tritt die rheumatoide Arthritis (Häufigkeit ca. 0,5%) an den PIP- und MP-Gelenken auf. Beson- ders schwierig kann die Differenzialdia- gnose bei akutem Beginn mit Fieber und primärem Befall der grossen Gelenke sein.

Diese Form wird häufiger bei älteren Män- nern beobachtet. Alternativ müssen eine Kristallarthritis, die Polymyalgia rheuma- tica und nicht zuletzt auch die R53 PE (Remitting seronegative symmetrical syno- vitis with pitting oedema, besonders bei Männern > 65 J.) als eigenständige Krank- heitsbilder erwogen werden.

Die Abgrenzung einer «elderly onset arthritis» als eigene Entität bei Erstmani- festation über 60 Jahre hält Professor Winfried Graninger, Graz, für überflüssig.

Generell sind spätere Manifestationen der rheumatoiden Arthritis jedoch mit deut-

Rheumatologische Krank- heiten im Alter

Diagnostische und therapeutische Herausforderungen –

ein Bericht vom 8. Wiener Internationalen Geriatrie-Kongress

Tabelle 1:

R h e u m a t o l o g i s c h e L a b o r p a r a m e t e r ?

BSR:Anstieg nach 24 h, HWZ 4–6 Tage, Wert steigt mit Alter > 80 Jahre.

Grenze bei 40 mm/h. Bei V. a. Polymyalgia rheumatica, rheumatoide Arthritis (RA).

CRP:Anstieg nach 6 h, HWZ 24–48 h, s.o. Entscheidender Parameter für Therapie- erfolg.

Rheumafaktor:Vorkommen bei RA in 70–90 Prozent, bei Neoplasie in

5–25 Prozent, bei Parasiten in 20–90 Prozent, bei viralen Infekten in 15–65 Prozent, bei Hepatopathien in 15–70 Prozent, aber auch in 10–25 Prozent bei Gesunden > 50 J.

(< 50 J. < 5%). Niedrige Spiegel ohne Klinik irrelevant!

ANA:Wert steigt mit Alter, bei Gesunden häufig im niedrigtitrigen Bereich messbar (irrelevant)

8. Wiener Internationaler Geriatrie-Kongress, 20.–23. April 2005, Wien

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lich stärkeren funktionellen Einschränkun- gen und schlechterer Prognose belastet.

Zudem haben diese Patienten ein erhöh- tes Arteriosklerose- und damit kardiovas- kuläres Risiko.

Bei der Behandlung müssen die Effekte einer Komorbidität ebenso wie eine Mul- timedikation berücksichtigt werden. Vor- sicht ist bei Kortison angebracht, das mit kardiovaskulären Komplikationen bei Pa- tienten mit rheumatoider Arthritis in Ver- bindung gebracht wird (del Rincon et al., 2005). Andererseits sind auch NSAR und Methotrexat wegen der häufig beste- henden Nierenfunktionseinschränkungen problematisch. Salazosulfpyridin ist wegen der notwendigen Einnahme von zwei bis drei relativ grossen Tabletten mit schlech- ter Compliance belastet. Um älteren Pati- enten trotzdem eine wirksame Therapie anzubieten, empfiehlt Professor Granin- ger den TNF-Antagonisten Etanercept, der im Alter über 65 Jahre nachgewiese- nermassen gleiche Wirksamkeit zeigt wie bei Jüngeren (Cole und Rabasseda, 2004).

Rückenschmerz im Alter:

«Was häufig ist, ist häufig.»

Aus dem rheumatologischen Formenkreis drängt sich bei Rückenschmerzen diffe- renzialdiagnostisch zunächst die Poly- myalgia rheumatica auf. Der akut begin- nende Schmerz in Nacken, Schultern und Rumpf, rasch progredient, oft frühmor- gens auftretend und kombiniert mit Syno- vitis bei normaler Muskelkraft, ist hier typisch. Die Blutsenkung kann dabei nor- mal oder auch bis auf Werte über 100 erhöht sein. Die immer wieder zitierte dramatische BSG-Erhöhung in der ersten Stunde findet sich laut Dr. Halder, Zirl, gar nicht so häufig. Das CRP ist der sensiblere Parameter. Therapeutisch ist die Kortison- Gabe zwingend, bei ungenügendem An- sprechen auch mit Dosiserhöhung und eventuell zweimaliger Gabe pro Tag, da die Beschwerden oft morgens auftreten.

Gleichzeitig sollte eine Osteoporosepro- phylaxe erfolgen. Über die erforderliche Dauer der Behandlung besteht nach wie vor Uneinigkeit. Eine begleitende Riesen- zellarteriitis findet sich in 15 Prozent, bei

Befall der A. temporalis mit Kauschmer- zen, Sehstörungen und Kopfschmerz.

Hier sind initial Dosen von 60 bis 80 mg/

Tag Prednisolon-Äquivalent erforderlich.

Die Polymyalgia rheumatica ist eine Aus- schlussdiagnose, gelegentlich treten je- doch bei Malignomen polymyalgieähn- liche Formen auf. Auch eine rheumatoide Arthritis kann sich im HWS-Bereich be- merkbar machen, ein M. Bechterew tritt dagegen praktisch nie nach dem 50. Le- bensjahr auf. Eine Polymyositis beginnt eher schleichend, wobei die Schwäche den Schmerz überwiegt, BSG und CK sind erhöht, das CRP normal. Eine weitere Dif- ferenzialdiagnose ist die Myopathie bei Virusinfekt, die eher mild verläuft und zumeist auch die proximalen Extremitäten betrifft. Das Labor ist hier unauffällig.

Letztlich muss noch eine Statintherapie in Betracht gezogen gewerden, bei der do- sisabhängig in 2 bis 11 Prozent muskuläre Schmerzen auftreten können.

Fazit: Das differenzialdiagnostische Spek- trum beim Rückenschmerz alter Men- schen ist gross; deshalb sollte eine ge- zielte und wenn immer möglich kausale Therapie angestrebt werden. Allerdings liegt dem Schmerz immer noch am weit- aus häufigsten eine degenerative Ursache und/oder eine muskuläre Dysbalance zu- grunde.

Arthrose im Alter: Endopro- thetik erste Wahl

Für den Orthopäden Dr. Reinhard Zettl, Wien, kommt im höheren Alter bei Ar- throse nur die Endoprothetik in Frage, da gelenkserhaltende Massnahmen mit zu vielen Komplikationen belastet sind. An der Hüfte handelt es sich dabei in der Regel um Totalendoprothesen. Zemen- tierte Modelle haben den Vorteil der so- fortigen Belastbarkeit und der niedrigen Kosten, aber auch den Nachteil der ther- mischen Belastung des Knochens und der längeren OP-Dauer. Bei unzementierten Modellen scheinen die kürzere OP-Dauer und die «biologische» Verankerung gün- stig. Bei Osteoporose ist die Fixierung häu- fig schwierig, da Implantate wandern oder Frakturen verursachen, sodass im-

mer öfter Revisionen mit immer kompli- zierteren Konstruktionen notwendig wer- den. Zettl empfiehlt im Alter für die Ersto- peration eine unzementierte Kurz- schaftprothese und die Paarung von Kera- mik und Polyäthylen. Metall sollte erst bei einer Revision zum Einsatz kommen.

Beim Knie ist der Oberflächenersatz das Standardimplantat, bei defekten Bändern werden stabilisierte Spezialprothesen not- wendig, bei Knochendefekten modulare achsengeführte Totalendoprothesen. Im Bereich der Schulter zieht der Orthopäde wo immer möglich die Teilendoprothese vor, da die Operation schneller ist und Patienten sich schneller erholen. Bei der im Alter von über 60 Jahren in etwa 30 Prozent vorhandenen Rotatorenman- schettenruptur kommen inverse Prothe- sen zur Anwendung, da mit diesen der M. deltoideus wieder funktionell wirksam und damit ein Heben des Armes über 90

Grad möglich wird. ●

Katharina Grimm, Eich E-Mail: katharina.grimm@gmx.ch

Interessenkonflikte: keine deklariert

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B E R I C H T R A P P O R T

Rheumatologische Krankheiten im Alter

Ta b e l l e 2 :

A b k l ä r u n g b e i m u s - k u l ä r e m R ü c k e n - s c h m e r z i m A l t e r

●Anamnese und Status

●Labor: Entzündungsparameter, Muskelenzyme

●Begleitsymptome (Haut, innere Organe)

●Malignomausschluss

●Sonografie, MRT

●Muskelbiopsie

Referenzen

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