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Archiv "Filmkritik: Die Folter als Lebensretter?" (24.12.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 51–52⏐⏐24. Dezember 2007 A3565

K U LT U R

D

er ägyptischstämmige US- Amerikaner Anwar El-Ibra- himi steigt in Kapstadt in ein Flug- zeug, doch sein Ziel Chicago, wo ihn seine schwangere Frau Isabella vom Flughafen abholen will, er- reicht er nicht. Während einer Zwi- schenlandung in Washington wird er von CIA-Agenten in einen Hin- terraum geführt, ihm wird eine schwarze Kapuze über den Kopf ge- zogen, und er wird an einen Stuhl gefesselt. Ein Mann in einem grauen Anzug fragt ihn nach den Telefon- anrufen von Rashid. Doch diesen Namen hat er noch nie gehört. Und der Anruf bei einem Anwalt, bei seiner Familie wird ihm verwehrt.

Weil Anwar auf die ihm gestellten Fragen nicht antwortet, wird er mit einem kleinen Flugzeug in ein nord- afrikanisches Land ausgeflogen.

Dort wird er gefoltert, tage-, wo- chenlang. Immer wieder wird er nach Rashid gefragt, in eine Zelle gesperrt, die kaum größer ist als er selbst.

Menschenrechte gezielt außer Kraft gesetzt

Anwar El-Ibrahimi wurde von der CIA als Terrorist eingestuft, dem Verbindungen zu einem Selbstmord- attentat in einer nordafrikanischen Stadt zugeschrieben wurden. Seine Menschenrechte wurden von der US- amerikanischen Regierung in einem Willkürakt gezielt außer Kraft ge- setzt. Mit den Mitteln der Folter sol-

len nun Informationen über weitere Terroristen aus Anwar herausge- presst werden. Und da die Folter in den USA verboten ist, wird sie in einem Land der Dritten Welt durch- geführt.

„Machtlos“ ist ein unbequemer Film aus Hollywood. Das ist keine Selbstverständlichkeit, geben die Studios in diesen Tagen doch ihre Produktionsgelder am liebsten für altbewährte Geschichten aus. Die Blockbuster in diesem Sommer hießen „Fluch der Karibik 3“, „Spi- derman 3“, „Ocean’s Thirteen“ oder

„Shrek der Dritte“. „Machtlos“ hin- gegen wagt sich an ein Thema, des- sen politische und moralische Bri- sanz an Aktualität kaum zu überbie- ten ist – und wurde an den amerika- nischen Kinokassen prompt zum Flop. Denn „Machtlos“ thematisiert den Umgang der US-Regierung mit Terrorverdächtigen, und er stellt die unbequeme Frage, wie ein Rechts- staat der Bedrohung durch Selbst- mordanschläge begegnen kann, be- gegnen darf. Ist es hinnehmbar, bei dem Versuch, einen Anschlag mit möglicherweise vielen Toten zu ver- hindern, ein einzelnes Menschen- leben bewusst zu zerstören?

Es ist das große Verdienst von

„Machtlos“, dass er auf diese Frage keine einfache Antwort gibt. Statt- dessen zeichnet er in außergewöhn- lich glaubwürdiger Weise die Moti- vationen aller beteiligten Personen nach. Dem südafrikanischen Regis-

seur Gavin Hood, der für „Tsotsi“

im Jahr 2005 mit dem Oscar für den besten ausländischen Film ausge- zeichnet wurde, gelingt darüber hin- aus ein handwerklich herausragen- der Thriller, der ebenso virtuos wie souverän die unterschiedlichen Handlungsstränge zu einer Gesamt- sicht auf die politischen Ver- strickungen in der globalisierten Welt nach dem 11. September 2001 zusammenführt. „Machtlos“ ist Hollywoodkino, wie man es nur sel- ten zu sehen bekommt: Eine ambi- tionierte Geschichte wird spannend von einem furchtlosen Regisseur inszeniert, der visuelle Ästhetik, er- zählerische Präzision und inhaltli- chen Anspruch zu einer eindrucks- vollen Symbiose verbindet. I Falk Osterloh

FILMKRITIK

Die Folter als Lebensretter?

Der Hollywoodfilm „Machtlos“ stellt die Frage nach dem Wert eines Menschenlebens vor dem Hintergrund terroristischer Bedrohungen in einer globalisierten Welt.

Senator Hawkins Assistent (Peter Sars- gaard) im Gespräch mit Isabella

Fotos:Warner Bros.Pictures

Isabella El-Ibra- himi (Reese Wither- spoon) kämpft um ihren Ehemann.

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