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Archiv "Filmkritik: „Jasmin“: Die anderen sind krank, ich nicht" (22.06.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 25

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22. Juni 2012 A 1329

Zwei Frauen, ein Verbrechen:

Dr. Feldt (links) und Jasmin

FILMKRITIK: „JASMIN“

Die anderen sind krank, ich nicht

Jasmin ist depressiv. Wegen eines furchtbaren Verbrechens

wird ihr der Prozess gemacht. Die Psychiaterin Dr. Feldt soll herausfinden, ob sie schuldfähig ist. Ein intensives Kammerspiel beginnt.

E

igentlich bin ich ein lebens- froher Mensch“, sagt Jasmin und versucht ein Lächeln. Es will nicht ganz gelingen. „Ich will auf keinen Fall, dass Sie denken, ich bin verrückt“, sagt sie kurz dar - auf, „so wie die anderen hier. Die anderen Leute sind einfach rich- tig krank, ja, aber ich nicht.“

Jasmin lebt in einer psychiatrischen Klinik.

Denn sie hat ein grauen-

volles Verbrechen begangen.

Von den anderen Bewohnern, den „richtig Kranken“, wird sie dafür bespuckt. Aber das kennt sie schon.

Ihr gegenüber sitzt Dr. Feldt.

Sie arbeitet als Fachärztin für Psychiatrie in der Klinik. Und sie soll herausfinden, wie es zu dem Ver- brechen kommen konnte. Vier Tage lang sitzen sich die beiden Frauen gegenüber. Gemeinsam durchleben sie Jasmins Leidensgeschichte – die Geschichte einer depressiven Frau.

An deren Ende tötet Jasmin ihre Tochter Franziska. Das Gericht will wissen, ob sie schuldfähig ist: Und Dr. Feldt soll es während der Explo- ration herausfinden. Emotional stößt die Ärztin dabei an ihre Grenzen:

Denn sie ist selbst schwanger.

„Jasmin“ ist ein Kammerspiel reinster Art. Vier Tage, zwei Frau- en, eine Geschichte. Ein solches Format funktioniert nur mit einem guten Drehbuch und zwei starken Schauspielern. „Jasmin“ hat beides.

Die Theaterschauspielerinnen Anne Schäfer und Wiebke Puls erzählen

die Geschichte mit ihrer Mimik und spinnen wortlos die emotionalen Fäden, die beide Frauen während der Gespräche zunehmend aneinan- derweben. „Meine Mutter hat mir die Schuld am Herzinfarkt meines Vaters gegeben“, erzählt Jasmin.

„Damals war ich sieben Jahre alt.“

„Heftig“, flüstert die Ärztin. „Dan- ke“, sagt Jasmin. „Sie nehmen mich ernst. Das bin ich nicht gewöhnt.“

Der Film „Jasmin“ von Nach- wuchsregisseur Jan Fehse zeigt, was Kino alles kann. Statik und Tiefe, Entschleunigung und Ver-

dichtung zugleich. Dass der Film ausschließlich aus Dialog besteht, tut seiner Intensität keinen Ab- bruch. Die Gesichter der Protago- nistinnen sind die Klangkörper ih- rer Seelen. Die Bilder entstehen nicht auf der Netzhaut, sondern im Kopf. Dabei ist der Film ausge-

sprochen glaubwürdig. Wenn Jasmin unter Tränen sagt: „Ich

habe meine Tochter unendlich geliebt“, besteht kein Zweifel

an ihrer Aufrichtigkeit. „Die geschilderten biografischen Daten und psychopatholo- gischen Fakten sind realis- tisch und fachlich kor- rekt“, urteilt der Chefarzt der Allgemeinpsychiatrie II Nord am Münchener Klinikum Ost, Dr.

med. Herbert Pfeiffer. „Sie sind ein Beitrag zur Versachlichung des Ver- hältnisses der Öffentlichkeit zur Psychiatrie und eine Annäherung an das schwer erträgliche Thema des Kindesmordes.“ Das Drehbuch ist mit Unterstützung von Prof.

Dr. med. Matthias Dose, dem Ärzt- lichen Direktor der Klinik Tauf - kirchen des Isar-Amper-Klinikums, entstanden. Der Film läuft seit dem

14. Juni im Kino.

Falk Osterloh

Fotos: Camino Filmverleih

K U L T U R

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