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Archiv "Filmkritik: „Es war so einfach“" (06.03.2009)

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A470 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 10⏐⏐6. März 2009

K U LT U R

N

icht selten werden Ärztin- nen und Ärzte mit den Fol- gen körperlicher und seelischer Gewalt konfrontiert. Von ihnen wird erwartet, die Unversehrtheit des Patienten wiederherzustellen.

Doch wie entsteht Gewalt? Ist sie in der Natur eines jeden Menschen angelegt, oder ist sie eine krankhaf- te Anomalie? Über die Ursprünge von Gewalt, insbesondere wenn sie von männlichen Jugendlichen ver- übt wird, wurde viel diskutiert, die Schuld unter anderem bei schlecht verarbeiteter Reizeinwirkung von außen gesucht, zum Beispiel bei Gewalt verherrlichenden Video- spielen oder Filmen. Der Regiede- bütant Niels Laupert liefert mit dem Film „Sieben Tage Sonntag“, für den er auch das Drehbuch ge- schrieben hat, seinen Beitrag zu dieser Diskussion.

Adam und Tommek wohnen in einer Plattenbausiedlung. Sie tref- fen sich mit ihrer Clique auf den Vorplätzen aus Sichtbeton und trin- ken Bier. Seit sie nicht mehr zur Schule gehen, ist für sie jeder Tag Sonntag. Tommek spielt gern den Anführer, kommandiert mit rauem Ton die anderen herum und macht der blonden Sara unzweideutige Avancen. Auch Adam ist in Sara verliebt, doch er ist zu schüchtern, um es ihr zu zeigen. Und dann sind sie nachts auf einer Party, wie so oft.

Alkohol und Eintönigkeit verwan- deln Lebensfreude in Ödnis. Und dann gehen sie los, aus einer plötzli- chen Laune heraus, Adam und Tom- mek, und sie töten Menschen. Es sind Passanten, die ihnen zufällig begegnen, die sie noch nie gesehen haben. Sie tun es schlicht, um es ge- tan zu haben. Und hinterher wird Adam sagen: „Es war so einfach.“

Manchmal sieht man Filme, bei denen man den Eindruck hat, der

Drehbuchautor hätte ein wenig übertrieben und die dargestellten Aktionen seien nicht so recht glaub- würdig. Dieses Gefühl entsteht, weil im Kino zumeist Geschichten mit bestimmten Kausalitätsketten gezeigt werden, bei denen die Ak- tionen der Charaktere einen Sinn er- geben. Wenn sie auf den ersten Blick sinnlos zu sein scheinen, hält man sie für unrealistisch. Dabei ver- gisst man, dass in der Realität viele Dinge und viele Handlungen keinen Sinn haben. Die Aktionen von Adam und Tommek scheinen abso- lut sinnlos zu sein. Und doch basiert

„Sieben Tage Sonntag“ auf einer wahren Geschichte, die sich 1996 in Polen ereignet hat. Regisseur Lau- pert hat sich weitgehend an den tatsächlichen Geschehnissen orien- tiert, er hat die Täter im polnischen Gefängnis interviewt und Gerichts- protokolle gelesen.

„Sieben Tage Sonntag“ liefert keine einfache Erklärung für die

Entstehung von Gewalt, aber dafür eine umso plausiblere. Gewalt muss nicht immer zielgerichtet, muss nicht von einem rational nachvoll- ziehbaren Motiv geleitet sein. Sie ist gleichsam eine Urgewalt, die dicht unterhalb der zivilisatorischen Oberfläche existiert und die, vul- kangleich, in Momenten fehlender (Selbst-)Kontrolle zum Ausbruch kommen kann. Der Film zeigt unge- schönt und ohne moralische Über- heblichkeit eine Welt, die nicht immer so ist, wie man sie sich wünscht.

Atmosphärisch dichte Inszenierung

Das eindringliche Spiel der beiden Hauptdarsteller Ludwig Trepte und Martin Kiefer lässt nachvollziehen, was nicht zu verstehen ist. Die at- mosphärisch dichte Inszenierung legt das beklemmende Umfeld der Jugendlichen offen, die mit einem Mord ihr eintöniges Leben mit Be- deutung füllen wollen und deren Alltag in Freiheit sich kaum von ihrem Alltag im Gefängnis unter- scheidet. „Sieben Tage Sonntag“

zeigt dabei nicht allein die Gescheh- nisse auf, sondern liefert darüber hinaus in einem universellen Ansatz eine Erklärung über die Funktion von Gewalt für die überaus komple- xe menschliche Psyche. I Falk Osterloh

FILMKRITIK

„Es war so einfach“

Der Film „Sieben Tage Sonntag“ zeigt den Mord an zwei Passanten als universelle Studie über die Entstehung von Gewalt.

Alkohol und Eintö- nigkeit haben die Lebensfreude von Adam, der sich mit seiner Clique auf den Vorplätzen aus Sicht- beton trifft, in Ödnis verwandelt.

Fotos:Timebandits Films

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