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Archiv "Hoher Atlas: Ski-Oase in Nordafrika" (18.01.2008)

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A102 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 318. Januar 2008

K

napp 60 Kilometer südlich von Marrakesch, kurz vor dem Berberdorf Imlil hält unser Kleinbus vor dem Hôtel du Mont Blanc auf 1 595 Metern Höhe. Un- sere Taschen, die komplette Ausrüs- tung, Kleidung und Verpflegung werden auf fünf Mulis verpackt, während wir unser erstes marokka- nisches Mittagessen auf der Terras- se des Hotels bekommen: Gemüse aus dem Tagine-Topf, Fladenbrot, Makrele und Thunfisch aus der Do- se. Dazu gibt es Minztee – natürlich.

Kein schnelles Auf und Ab Danach beginnt der fünfstündige Fußmarsch, zuerst hinauf zum Pass Tizi Agrsioual und weiter im locke- ren bergauf, bergab über die Dörfer Ikis und Tinghounis nach Tached- dirt auf 2 350 Metern Höhe, wo sich unser gleichnamiges Quartier be- findet. Karstig, staubig und trocken ist es hier. Auf der gegenüberlie- genden Talseite leuchten die schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas. Die Unterkunft ist einfach, fast primitiv: eine Wasserstelle im Hof, drei Schlafräume mit Etagen- betten. Gegessen wird im Freien oder in einem der Schlafsäle. Das ist es. Doch wir – zwei Frauen und acht Männer, geleitet vom DAV- Summit-Bergführer Edu Koch – ha- ben uns dafür entschieden, winterli- che Gipfel aus eigener Kraft zu be- steigen. Es geht nicht um das schnelle und häufige Auf und Ab in den Bergen. Unsere Touren gehen auch nach innen, gehen ums Wohl- fühlen.

Von der Hütte Tacheddirt aus be- steigen wir zwei Berge. Im Morgen- grauen geht es zu Fuß bis zur Schneegrenze. Die Ausrüstung trans-

portiert ein Muli. In einer Höhe von 2 500 Metern gleiten wir in die Tou- renskischuhe, kleben die Steigfelle unter die Ski und ziehen dem Gipfel entgegen. Wir passieren weite Schnee- felder, überwinden in langen Kehren steile Schneehänge, löschen unseren großen Durst in kurzen Pausen mit Minztee aus der Thermosflasche und stärken uns mit getrockneten Dat-

teln, Feigen, Rosinen und Mandeln, die Said und Hussein, die einheimi- schen Guides, mitgebracht haben.

Yallah, yallah – weiter, weiter.

Gut fünf Stunden dauert es, bis wir den Bou Igouenouane mit seinen cir- ca 3 890 Metern erreichen. Am Tag darauf benötigen wir vier Stunden bis auf den Gipfel des Dschebel Li- kemt (3 640 Meter). Der Ausblick HOHER ATLAS

Ski-Oase in Nordafrika

Reisen sind Quellen der Inspiration – die Medina von Marrakesch und die Berberdörfer im Atlasgebirge ebenso wie das Skitourengehen im Hohen Atlas, der höchsten Gebirgskette im Süden des Königreichs Marokko.

Kontraste:Karstig und staubig ist es im Dorf Tacheddirt, dahinter lie- gen die schneebedeckten Gipfel von Igouenouane und Dschebel Likemt.

Yallah, yallah – weiter, weiter: Über weite Schnee- felder geht es dem Sattel des Tit Likemt entgegen.

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entschädigt für alle Strapazen. Rund- um schweift der Blick und bleibt doch immer wieder im Westen, beim Größten, dem Dschebel Toubkal mit seinen 4 167 Metern hängen, den wir in wenigen Tagen besteigen wollen.

Die Abfahrt kommt einem Firn- festival gleich. So endlos die Hänge und Mulden im Aufstieg erschienen, so schnell rauschen sie nun unter den Skiern dahin. Butterweich ist der Firn in der Sonne Afrikas.

Nach zwei Tagen heißt es Ab- schied nehmen vom stillen Tached- dirt. Samt Gepäck geht es hinunter nach Imlil. Schier endlos zieht sich die Staubstraße zuerst hinauf zum Sattel Tizi-n’Tamatert (2 308 Me- ter), bevor sie steil hinab ins Berber- dorf führt. Mehr als acht Kilometer Fußmarsch haben wir nach der Ski- tour noch zurückgelegt, bis wir end- lich in das Gästehaus Maison d’Hô- tes imi N’Ouassif und damit zu ei- ner Dusche, zu einem warmen Abendessen und zu einem Bett kommen. Unterschiedliche Land- schaften bestimmen das Gesicht dieses nordafrikanischen Gebirges:

karstige, einsame Landschaften, landwirtschaftlich genutzte Terras- sen, Schneeberge und Felsgipfel.

Männer in Berberkutte Der Aufstieg zur Hütte Neltner Toub- kal auf 3 207 Metern Höhe führt durch das Tal von Mizane, vorbei am luxuriösen Hotel Kasbah du Toubkal und am Wallfahrtsort Chamharouch.

Zehn bis zwölf Kilometer hinter uns liegt Imlil. Die Hütte, sagt Hussein, ist nur noch eine knappe Stunde ent- fernt. Inschallah – so Allah will. Viele Leute sind hier plötzlich unterwegs:

Franzosen, Spanier, Italiener, Eng- länder, Deutsche, Österreicher; man- che zelten in Hüttennähe, manche ha- ben Ski oder ein Snowboard dabei, manche die Hochtouren- und Eisaus- rüstung. Die Hütte selbst lässt in puncto Gedränge und Enge Erinne- rungen an eine Westalpenhütte wach werden, wären da nicht die vielen Männer in Berberkutten, unter denen sich ihre Bergkleidung versteckt, ori- entalische Essensgerüche und die ausgelassene Stimmung.

Die Toubkal-Normalroute führt zunächst über steile, harte schnee- bedeckte Stein- und Schuttreißen,

die zwischen 35 bis 40 Grad Hang- neigung aufweisen, und erst später in flacheres Gelände. Wer hier keine saubere Aufstiegstechnik be- herrscht, ist trotz der Harscheisen absturzgefährdet. Manche der Toub- kal-Aspiranten tragen ihre Skier auf den Schultern oder im Rucksack, die Steigeisen unter den Schuhen.

Wir jedoch ziehen mit angeschnall- ten Skiern hinter Hussein unsere Spur hinauf auf den Berg. Nur der starke Sturm, der zwischenzeitlich aufgekommen ist und Windböen von 120 Stundenkilometern mit sich bringt, trübt das Wohlbefinden.

Nach gut zwei Stunden erreichen wir den Sattel Tizi Toubkal (3 791 Meter), wo wir die Ski ab- und die Steigeisen anschnallen, um ohne Schwierigkeiten auf den Hauptgip- fel zuzustapfen.

Die Abschluss-Atlas-Tour be- ginnt nach kalter Nacht hinauf Rich- tung Süden, um gleich darauf nach

Westen in ein Couloir, eine schmale, steile Felsrinne, einzubiegen. Da- nach eröffnen sich weite, flachere, felsdurchsetzte Hänge. Das Panora- ma erinnert an die Dolomiten. Meh- rere steile Scharten grenzen sich im Südwesten gegen den knallblauen Himmel ab. Auf 3 889 Metern heißt es erneut, Ski ab- und Steigeisen an- schnallen, um zu Fuß zum 4 038 Meter hohen Akioudgipfel aufzu- steigen – ein letzter Panoramablick.

Da die Sonne kräftig auf die Hänge scheint, wird die Abschlussabfahrt zum wahren Firnfinale. Auf einer Höhe von 2 800 Metern ist dann Schluss mit Skifahren, hier warten die Mulis, und es geht zurück per pedes nach Imlil und weiter mit dem Bus nach Marrakesch.

Der Uhr näher gekommen Auf der Fahrt zur alten Königsstadt spricht niemand. Alle hängen ihren Gedanken nach. Das Abendlicht verbreitet eine melancholische Stim- mung. Was für ein Gebirge, was für Menschen.

In Marrakesch zeigt uns Hamid, der deutschsprachige Stadtführer, die Minarette der Stadt, die Saadier- Nekropole, die Menaragärten und den königlichen Bahia-Palast. Nach- mittags geht es in die Medina. Hier liegt die ganze Pracht an Gewürzen und Farbstoffen, an Blüten und Tees, an Oliven und Trockenfrüch- ten in den Auslagen. In den laby- rinthischen Gassen findet man alles:

Kunsthandwerk, Kleidung, Korb- waren, Teppiche, Kupfer- und Töp- ferwaren und vieles mehr.

Kopftuch, ja oder nein – das scheint für die jungen Frauen in dem islamischen Land kein Thema zu sein. Touristen stromern durch die engen Gassen. Am Dschemaa el- Fna, dem Gauklerplatz, der sich am südlichen Rand der Altstadt befin- det, endet unsere Tour. Auf der Ter- rasse des Café de France, hoch über dem Platz, lässt sich das Treiben der Händler, Wahrsager, Schlangenbe- schwörer und Artisten gut beobach- ten. „Gott hat den Afrikanern die Zeit gegeben und den Europäern die Uhr“, lautet ein Sprichwort. Hier in Marrakesch sind wir der Uhr schon wieder näher gekommen. n Dagmar Nedbal

Fotos:Angelo Razeto

Mit Tourenskiern, kürzer und breiter als Alpinbretter zum besseren Manövrieren, geht es bergauf. Steigfelle und manchmal auch Harscheisen auf den Laufflächen verhin- dern das Abrutschen. Die Bindung erlaubt das Anheben der Ferse. Tourengeher suchen sich ihren individuellen Weg. Das Erreichen des Angestrebten aus eigener Kraft ist das We- sentliche. Die stundenlange gleichmäßige Bewegung, das rhythmische Gleiten, die entspannte Atmung machen das Ganze meditativ und kontemplativ zugleich.

Die Saison dauert wenige Monate: von Tiefschneeabfahr- ten im Hochwinter bis hin zum Firnvergnügen im Frühjahr, von den Voralpen ins Hochgebirge. Es gibt für (fast) alle be- kannten Regionen spezielle Literatur und Internetseiten. Alle, die es erschreckt, dass zur Ausrüstung auch Schaufel, Sonde und Lawinenverschüttetensuchgerät gehören, können sich auf einfachen, flachen Hängen oder präparierten Pisten an die Sache herantasten. Der Deutsche Alpenverein (DAV) bie- tet – neben Bergschulen und weiteren Vereinen – Ausbil- dungskurse und Touren an. Der Summit-Club, der Reisever- anstalter des DAV, legt jährlich ein Skitourenprogramm auf.Ne

SKITOUREN INFO

Geduldige Helfer:

Taschen, Ausrüs- tung, Kleidung und Verpflegung werden von Mulis transpor- tiert.

Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 318. Januar 2008 A103

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