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Archiv "„Neandertal“: Wunde Seele, wunde Haut" (09.05.2008)

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A1012 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 199. Mai 2008

K U LT U R

I

n Deutschland erkranken bis zur Einschulung acht bis 16 Prozent aller Kinder an Neurodermitis. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich das Auftreten dieser Krankheit ver- fünffacht. Trotz intensiver For- schung sind die Gründe bis heute nicht abschließend geklärt. Klar ist nur, dass Kinder aus einer höheren sozialen Schicht häufiger betroffen sind.

Ein anderes Leben

Eines dieser Kinder war Guido.

Doch im Gegensatz zu vielen Lei- densgenossen, bei denen die Krank- heit bis zur Pubertät abklingt, juckt und nässt Guidos Haut auch noch in seinem 18. Lebensjahr. Guido wohnt mit seinem desillusionierten Vater, seiner übervorsichtigen Mut- ter und seinem älteren Bruder in ei- ner Reihenhaussiedlung im Nean- dertal, nahe Düsseldorf. Er geht aufs Gymnasium, nach der Schule be- trinkt er sich mit Freunden. Am Frühstückstisch herrscht zumeist Schweigen. Eine typische Jugend in der oberen Mittelschicht also?

Nach einem erneuten, schweren Krankheitsschub beginnt Guido ei-

führen. Doch Guido lernt, dass man vor seinen Problemen nicht da- vonlaufen kann. Und so muss er sich der Wahrheit stellen, wenn er seine Krankheit dauerhaft über- winden will.

Der als Drehbuchautor ausgebil- dete Ingo Haeb erzählt in seinem Regieerstling „Neandertal“ die Ge- schichte seiner Jugend. Auch er litt als Kind an Neurodermitis und be- zeichnet die Krankheit heute als

„körperlichen Ausdruck mangeln- der seelischer Abgrenzungsfähig- keit“ und insofern als „ein Sym- ptom der humanistisch geprägten westlichen Welt“. Tatsächlich steht Neurodermitis in „Neandertal“ als eine Metapher für den Druck, der durch das Perfektionsstreben einer Leistungsgesellschaft insbesondere auf deren jungen Mitgliedern lastet.

Dabei werden die mehr als berech- tigten Fragen aufgeworfen, welche Prioritäten in einer globalisierten Zivilisation Anfang des 21. Jahr- hunderts gesetzt werden sollen, und welche Werte wirklich etwas be- deuten.

Rastlose Inszenierung

Ingo Haeb gelingt es, zu den Ge- fühlen seiner Hauptfigur die pas- senden Bilder zu finden. Guidos emotionale Achterbahnfahrt macht er durch eine rastlose Inszenierung und einen wütend-melancholi- schen Soundtrack lebendig. Vor al- lem die Schauspieler Jacob Mat- schenz und der stets eindringliche Andreas Schmidt (Ronald aus

„Sommer vorm Balkon“) verleihen der Geschichte zusätzliche Glaub- würdigkeit. „Neandertal“ legt mit viel Gespür für die Nöte Heran- wachsender die Finger in die Wun- de einer zunehmend in Fremdbe- stimmung und Fatalismus erstarr-

ten Gesellschaft. I

Falk Osterloh

„NEANDERTAL“

Wunde Seele, wunde Haut

Der als Drehbuchautor ausgebildete Ingo Haeb erzählt in seinem Regieerstling die Geschichte seiner Jugend.

Foto:farbfilm verleih

Guidos Haut juckt auch noch in seinem 18. Lebensjahr.

Nach einem erneu- ten Krankheits- schub beginnt er eine Therapie.

ne Therapie. Und er fängt an, Fra- gen zu stellen. Warum träumt sein Bruder davon, nach Neuseeland auszuwandern? Warum funktioniert die Kommunikation zwischen sei- nen Eltern nicht mehr? Als er die Antworten erhält, als er zum ersten Mal hinter die Heile-Welt-Fassade seiner Familie blickt, sucht er ange- widert das Weite, schließt sich dem Tagelöhner Rudi an und versucht verzweifelt, ein anderes, von nie- mandem abhängiges Leben zu

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