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Die infizierte Wunde – Grundsätze zur Behandlung aus klinischer Sicht

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Die infizierte Wunde – Grundsätze zur Behandlung aus klinischer Sicht

The infected wound – principles in therapy from clinical point of view

Abstract

The successful management of chronic or difficult healing wounds is dependant on correct asepsis, antisepsis, nutrition, treatment and correction of underlying diseases or other circumventing factors.

Johannes C. Bruck

1

1 Abteilung für Plastische Chirurgie des Martin-Luther- The correct care including debridement of a wound, which augments

the mechanisms for regeneration, but also emphasis on port treatment

Krankenhauses, Berlin, Deutschland

rehabilitation have to be centerpieces of the wound management. As a consequence, the management of wounds is a surgical domain;

however, the overall management must be an interdisciplinary approach.

Keywords:wound healing, regeneration, reparative inflammation, disturbances of wound healing, wound cleansing, antisepsis, plastic reconstruction

Zusammenfassung

Eine erfolgsorientierte Behandlung chronischer nicht heilender Wunden findet im Spannungsfeld von Antisepsis und Asepsis, Ernährung, Thera- pie von Begleiterkrankungen und Justierung von Umgebungsfaktoren statt.

Die Pflege und das Debridement der Wunde, die Unterstützung der Reparationsmechanismen durch die Behandlung von Grund- und Be- gleiterkrankungen, aber auch die Rehabilitation des Patienten stehen im Zentrum der Therapieplanung. Als Fazit ergibt sich, dass die Behand- lung chronischer Wunden zwar grundsätzlich eine chirurgische ist, das Gesamttherapiekonzept aber interdisziplinär sein muss.

Schlüsselwörter:Wundheilung, Regeneration, reparative Entzündung, Wundheilungsstörungen, Wundreinigung, Antiseptik, Defektdeckung

Einleitung

Jede Wunde ist grundsätzlich eine Unterbrechung der anatomischen oder physiologischen Barriere eines Kör- pergewebes und damit seiner Funktion. Die Wundheilung dient der Wiederherstellung der Integrität des Körperge- webes – häufig der Körperoberfläche – durch Regenera- tion oder Reparation mit dem Ziel, sowohl an der Körpero- berfläche als auch an den Organen Flüssigkeitsverluste von Innen und eine mögliche Kontamination von Außen zu verhindern und die mechanische Festigkeit des Gewe- bes wieder herzustellen.

Die Wunde kann per primam intentionem, also durch chirurgischen Wundverschluss, oder per secundam inten- tionem durch körpereigene biologische Prozesse heilen.

Das kann entweder durch Regeneration oder Reparation stattfinden. Hierbei ist zu bedenken, dass eine Wunde bereits nach 6 h Exposition – im Fall der Körperoberfläche

ist das bereits ein Defekt des Epithels – von Mikroflora kontaminiert wird [1].

Eine Regeneration der Wunden findet an der Körperober- fläche nur im Fall von Epithelläsionen wie z.B. erst- oder oberflächig zweitgradigen Verbrennungen und Abrasionen wie beim Sonnenbrand aus unverletzten Hautanhangsge- bilden durch Reepithelisation statt.

Die Reparation einer Wunde läuft in mehreren Stadien und immer unter Entwicklung von Narbengewebe ab. Für die Regeneration ebenso wie für die Reparation ist ein

„sauberer“ Wundgrund Voraussetzung, d.h. die Wunde muss frei von Fremdkörpern und Nekrosen sein.

Wundheilung

Die Wundheilung in der Haut verläuft nach einem unifor- men Muster, phasenweise und in Abhängigkeit von exter- nen, systemischen und lokalen Faktoren ab. Durch die Verletzung der Gefäße wird die Gerinnungskaskade in

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Übersichtsarbeit

OPEN ACCESS

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Gang gesetzt, Zellen und ihre Mediatoren ausgeschüttet, eine Entzündungsreaktion in Gang gesetzt und schließlich beginnt in Abhängigkeit von äußeren Einflüssen die Nar- benbildung. An der Körperoberfläche ist eine Regenerati- on der Epithelschicht aus den Hautanhangsgebilden, die in unterschiedlicher Tiefe der Haut angeordnet sind, so- lange möglich, solange die Basalmembran der Hautan- hangsgebilde intakt ist und eine Infektion der Körperober- fläche von Außen vermieden werden kann. Andernfalls bildet sich Granulationsgewebe am Wundgrund, das epithelisiert und zu einer typischen hypertrophen Narbe abreift. Im Gegensatz zu normalem unverletztem Korium zeigt Granulationsgewebe keine elastischen Komponen- ten, so dass es mechanisch instabil und wenig belastbar ist.

Ist wegen der Tiefe und Ausdehnung der Wunde keine Regeneration aus den Hautanhangsgebilden möglich, müssen Reparationsvorgänge in Gang gesetzt werden.

In der Entzündungsphase kommt es unmittelbar nach der Gerinnung von austretendem Blut zur Infiltration der Wunde mit Granulozyten und Monozyten, Exudation von Serum und seinen Mediatoren und damit überschneidend zur Proliferation aller an der Wunde beteiligten Zellforma- tionen. Beim gesunden Organismus ist die Wunde der Körperoberfläche zwischen dem 9. und 12. Tag verschlos- sen, die Zellzahl und der O2-Verbrauch in der Wunde nehmen ab, die kollagenen Fasern schrumpfen und ver- festigen die Wunde.

Jede Wunde, die nicht spätestens nach 2-3 Wochen ver- schlossen ist und kein Exudat mehr produziert, ist als chronische Wunde zu bezeichnen.

Störungen der Wundheilung

Die häufigsten Störungen der Wundheilung sind eine mangelhafte Durchblutung und die Wundheilung störende Fremdkörper, zu denen auch Gewebenekrosen zählen.

Mobilität und unachtsamer Umgang können ebenfalls zur Störung der Wundheilung durch mechanische Einflüs- se beitragen.

Auch Medikamente wie Zytostatika, Psychopharmaka, Drogen, Kortison aber auch Antibiotika können den Ablauf der Wundheilung stören. Schließlich beeinträchtigen Un- terernährung, konsumierende Erkrankungen und ionisie- rende Strahlen ihren physiologischen Ablauf.

Im Gegensatz dazu wird die Wundheilung unterstützt durch Wundreinigung, Ruhigstellung und Schaffung eines feuchten, keimfreien Milieus.

Wundreinigung

Sie kann mechanisch, enzymatisch oder biologisch erfol- gen, wobei die mechanisch chirurgische Wundreinigung zuverlässig, rasch und wirtschaftlich ist [2].

Keimarmut oder gar Keimfreiheit in der Wunde kann nur durch eine adaptierte Lokaltherapie und Wundantiseptik gewährleistet werden. Diese hat situations- und erreger-

gerecht zu sein und muss gegebenenfalls im Laufe der Behandlung stadiengerecht geändert werden [3].

Grundsätzlich gilt, dass lokalisierte Wundinfektionen an- tiseptisch behandelt werden müssen, weil es sonst nicht zur Heilung kommen kann. Die Konsequenzen der Wundinfektion sind bei der Wahl des richtigen Antisepti- kums für eine Wundheilung störender als die Folgen der Zytotoxizität des Antiseptikums [4].

Wundantiseptika

Polyvidon Iod: Der Wirkstoff verfügt über ein breites Spektrum und ist bakteriozid und fungizid wirksam. Er wird allerdings rasch im Wundsekret inaktiviert und bildet als Iodproteinat einen oberflächlichen bräunlichen Wundschorf, der die Beurteilung der Tiefe der Wunde erschweren kann. Bei erhaltener Sensibilität ist das Auf- tragen von Polyvidon-Iod schmerzhaft. Es liegt als Lösung, Salben und Salbengaze vor, wobei klinisch die Behand- lung mit Salben weniger schmerzhaft scheint als die mit Lösungen. Allergien sind selten, die Kosten sind gering.

Fusidinsäure:Sie verfügt ebenfalls über ein breites anti- mikrobielles Spektrum, liegt als Gaze, Salbe und Trocken- substanz vor, ist wenig schmerzhaft und gewährleistet ein feuchtes Wundmillieu. Allerdings ist die Anwendung teuer.

Polihexanid 0,02%: Der Wirkstoff ist als Einziger nicht zytotoxisch gegen Epithelzellen und Granulozyten und zeigt ebenfalls ein breites antimikrobielles Wirkungsspek- trum. Er liegt als wässrige Lösung und seit kurzem auch als Gel vor. Damit ist ein feuchtes Wundmillieu gewähr- leistet. Durch die Verdunstung der wässrigen Lösung wird die Wunde gekühlt, was subjektiv als angenehm empfun- den wird. Die Applikation ist schmerzfrei. Allergien sind nicht bekannt. Trotz der hohen Verdünnung ist Polihexa- nid teuer.

3%ige NaCl-Lösung:Sie wirkt durch ihre Hyperosmolarität unspezifisch gegen Mikroorganismen und Wundgewebe.

Der Vorteil liegt in dem niedrigen Preis und der weitge- hend schmerzlosen Applikation. Durch die Hyperosmola- rität bewirken die Verbandwechsel ein mildes Debride- ment des Wundgrunds. Allergien sind nicht bekannt, doch kann es zur Austrocknung der Wundränder kommen, weshalb diese mit Zinksalbe oder -paste geschützt werden sollten.

Hydrokolloide:Sie erzeugen ein ideales Wundmillieu be- züglich Dampfdruck und Temperatur und zeigen eine hohe Resorptionsfähigkeit für Sekret. Sie bilden einen guten Infektionsschutz von Außen, aber keine Mikrobio- stase. Sie erleichtern vor allem die Pflege, gewährleisten eine schmerzlose Wundbehandlung, sind aber relativ teuer. Probleme sind die Beurteilung des Wundgrunds, mögliche Geruchsbelästigung bei der Pflege und das Ri- siko der Erregervermehrung im verhaltenen Sekret.

Vakuumversiegelung: Sie stellt eine neue und vom Wirkansatz grundsätzlich andere Methode der Wundrei- nigung dar. Die Wundreinigung erfolgt hierbei mechanisch durch Bildung von Unterdruck. Vorteilhaft sind die Bildung

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Bruck: Die infizierte Wunde – Grundsätze zur Behandlung aus ...

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eines feuchten Wundmillieus und die Ruhigstellung der Wunde. Das Verfahren ist technisch aufwendig, teuer und ambulant schwer durchführbar. Die Vakuumversiegelung weist in Einzelfällen nachgewiesene Vorteile in der Reini- gung und Stabilisation von Wunden, wenn nicht sogar der Wundheilung auf. Sie eignet sich gut als Interimsmaß- nahme bis zum chirurgischen Wundverschluss, da Progre- dienzen von Infektionen und Nekrosen nicht zu erwarten sind. Statistisch sind bis heute vergleichbare Kollektive nicht ausreichend differenziert verfügbar, so dass Leitli- nien für den Einsatz fehlen.

Unterstützung der Wundheilung: Die Vorbereitung der Sanierung von chronischen und schwer heilenden Wun- den besteht in der Anamnese von Grund- und Begleit- krankheiten, der Entfernung von Fremdkörpern und Ne- krosen, der Erhebung des Eiweißstatus, aber auch der Spurenelemente, und der Anfertigung eines Abstrichs (ggf. mit Koloniezahlbestimmung im Gewebe) zum Erre- gernachweis und zur Erstellung eines Antibiogramms, falls eine systemische Antibiose erforderlich ist. Bei Nachweis von MRSA oder anderen multiresistenten Erre- gern werden zusätzlich zur Behandlung Isolationsmaß- nahmen eingeleitet. Eine blinde Antibiotikaprophylaxe ist besonders bei Vorliegen von Nekrosen im Wundbett kontraindiziert.

Erst dann können Entscheidungen zur Defektdeckung getroffen werden.

Defektdeckung: Bei ausreichender Allgemeinsituation des Patienten können kleine Wunden bis etwa 5 cm Durchmesser spontan per secundam intentionem heilen.

Andernfalls kann im Anschluss an ein Wunddebridement eine Deckung mit plastisch- chirurgischen Maßnahmen geplant werden. In Abhängigkeit von der Qualität des Wundgrunds und dem Vorliegen von Sehnen, Knochen und Gelenken kann dies mit Spalt- oder Vollhaut, Nah- oder Fernlappenplastiken oder auch mikrochirurgisch erfolgen.

Literatur

1. Assadian O, Kramer A. Wundinfektionen. In: Lippert H, Hrsg.

Wundatlas. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2006. S. 59-63.

2. Assadian O, Kramer A, Piatek S, Schulz, HU, Tautenhahn J.

Lokalbehandlung sekundär heilender Wunden. In: Lippert H, Hrsg. Wundatlas. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2006. S. 55-8.

3. Assadian O, Kramer A. Wundantiseptik. In: Lippert H, Hrsg.

Wundatlas. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2006. S.63-7

4. Kramer A, Assadian O, Müller G, Brauer V, Stier A, Hübner NO.

Aktuelle Erkentnisse zu Indikationen und zur Auswahl von Mitteln bzw. Verfahren zur Wundantiseptik. In: Eikmann Th, Christiansen B, Exner M, Herr C, Kramer A, Hrsg. Hygiene in Krankenhaus und Praxis. (Loseblattsammlung). Landsberg: Ecomed Medizin; 2007.

1. 6. Ergänzungslieferung.

Korrespondenzadresse:

Doc. Dr. Dr. med. habil. Johannes C. Bruck

Abteilung für Plastische Chirurgie des Martin-Luther- Krankenhauses, Caspar-Theyss-Strasse 32, 14193 Berlin, Deutschland, Tel: +49 (0)30 89552500, Fax:+ 49 (0)30 89552515

bruck.pc@t-online.de

Bitte zitieren als

Bruck JC. Die infizierte Wunde – Grundsätze zur Behandlung aus klinischer Sicht. GMS Krankenhaushyg Interdiszip. 2007;2(2):Doc63.

Artikel online frei zugänglich unter

http://www.egms.de/en/journals/dgkh/2007-2/dgkh000096.shtml

Copyright

©2007 Bruck. Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen

(http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.

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