MEDIZIN
sieben Prozent zu. Ametropien kann der Pädiater nicht entdecken, da ihm keine Geräte zur Refraktionsmes- sung im Säuglingsalter zur Verfü- gung stehen. Die Pflicht des Oph- thalmologen wäre es also, in diesem Lebensalter eine Aussage über die Refraktion mittels Skiaskopie und über die Augenstellung machen zu können. Folgende Aussagen sind nicht akzeptabel: wenn ein Augen- arzt behauptet: „Bei einem Säugling mit vier Monaten kann ich keine Bril- le ausmessen, kommen Sie wieder, wenn das Kind zwei Jahre alt ist, oder wenn der Kinderarzt sagt: „Ihr Kind braucht mit vier Monaten noch keine Brille, ich habe es untersucht".
Nur die enge Zusammenarbeit zwi- schen beiden Fachgruppen kann zur wesentlichen Verbesserung der Früherkennung kindlicher Sehstö- rungen führen.
Zu 2:
In völliger Übereinstimmung mit Herrn Kollegen Rethy fordern die strabismologisch tätigen Kollegen in den Schielabteilungen der Augenkli- niken seit langem den möglichst frü- hen Ausgleich „bedeutender vererb- ter Fehlsichtigkeiten des Säuglings".
Die Behauptung, daß dadurch die
„sichere Vorbeugung des Innen- schielens anwendbar" ist, wird in der strabologischen Literatur jedoch nur von Herrn Kollegen Rethy aufge- stellt.
Die Entwicklung des Parallel- standes wird von Sondhi und anderen (J. pediatr. Ophthalmol. Strabismus 25 [1988] 210-211) wie folgt beschrie- ben: im zweiten Lebensmonat haben nur etwa 40 Prozent der Kinder rich- tigen Parallelstand, erst mit sechs Monaten sind 97 Prozent der Kinder parallel. In der bereits oben zitierten Habilitationsschrift von Frau PD Dr.
D. Friedrich sind neben den richtig schielenden Kindern (etwa zwei Pro- zent) viele Säuglinge beobachtet wor- den, die ab Geburt bis zum sechsten Monat einen wechselnden Schielwin- kel aufwiesen, der dann ohne Thera- pie verschwand. Wären alle diese Kinder ab dem zweiten Monat be- handelt worden, wäre natürlich die Behandlung für den Erfolg verant- wortlich gewesen. Ebenso fangen nicht alle Kinder aus Schielfamilien
DISKUSSION / FÜR SIE REFERIERT
mit einer Übersichtigkeit von über 4 Dioptrien an zu schielen, sondern nur etwa 17 Prozent (Aurell und an- dere, in: Br. J. Ophthalmol. 74 [1990]
589-594). Diese Schielkinder zeigten eine gleichbleibende oder zuneh- mende Übersichtigkeit, während bei den Nicht-Schielkindern die Fehl- sichtigkeit abnahm. Auch hier wäre eine „vorsorgliche Behandlung" mit einer Brille in 83 Prozent der Fälle erfolgreich gewesen.
Wenn die Frage der vollen Heil- barkeit des frühkindlichen Strabis- mus convergens alleine mit konserva- tiven Mitteln geklärt werden soll, müßten diese richtig schielenden Kinder prospektiv und randomisiert einmal mit Brille, Segmentokklusion oder anderen Hilfsmitteln behandelt werden, das andere Mal hingegen nur mit Refraktionsausgleich ab 3 Dioptrien und „üblicher" Okklusion.
Da die Häufigkeit des frühkindlichen Innenschielens mit sechs Monaten nur zwei Prozent beträgt, wäre dazu
Gefahren der
Cholesterinsenkung
In einer Metaanalyse von 40 Stu- dien untersuchten Autoren aus Eng- land, ob niedrige Serumcholesterin- konzentrationen mit einer erhöhten Mortalität jedweder Genese einher- gehen.
Eine erhöhte Mortalität als Folge von niedrigen Serumcholesterinkon- zentrationen war nur bei hämorr- hagischen Insulten nachweisbar und auch nur dann, wenn Werte unter 5 mmo1/1 gefunden wurden (relatives Risiko 1,9). Bei anderen Erkrankun- gen, die mit niedrigen Cholesterin- werten einhergingen (Bronchialkar- zinom, hämatologische Tumoren, chronische Bronchitiden, chronische Leber- und Darmerkrankungen), war die Hypocholesterinämie eher Folge
allerdings eine multizentrische Stu- die notwendig.
Seit März 1993 läuft eine pro- spektive, nicht randomisierte, multi- zentrische Studie in Europa unter Beteiligung von über 30 Schielabtei- lungen. Die Studie möchte nachwei- sen, ob die Frühoperation vor dem Ende des zweiten Lebensjahres bes- sere Ergebnisse als die spätere Ope- ration zwischen dem 4. bis 6. Lebens- jahr bringt. Hauptzielkriterien sind
die Größe des Schielwinkels, die Gü- te des Binokularsehens und das Aus- maß der Amblyopie (The protocol for the „Early versus late infantile strabismus surgery study". Strabis- mus 1 [1993] 135-157). Die Ergebnis- se sind im Jahr 2002 zu erwarten.
Prof. Dr. med.
Gerold Herbert W. Kolling Leiter der Sehschule der Univer- sitäts-Augenklinik Heidelberg Im Neuenheimer Feld 400 69120 Heidelberg
der Grunderkrankung als umgekehrt.
Selbst bei der Assoziation von Suizi- den mit niedrigen Cholesterinwerten ließ sich nachweisen, daß die Depres- sion als häufigste Ursache von Suizi- den selbst zu niedrigen Cholesterin- werten führt und entsprechend eine Behandlung der Depression auch wieder zu einer Erhöhung des Se- rumcholesterins beiträgt.
Die Autoren folgern, daß für keine andere Erkrankung außer dem hämorrhagischen Insult ein erhöhtes Risiko bei niedrigem oder abgesenk- tem Serumcholesterin resultiert. Die- se Risikoerhöhung tritt jedoch nur bei sehr niedrigen Cholesterinwerten auf und wird durch die ansonsten re- duzierte Mortalität bei der korona- ren Herzerkrankung mehr als wettge- macht. acc
Law, M. R., S. G. Thompson, N. J. Wald:
Assessing possible hazards of reducing serum cholesterol. B. M. J. 308 (1994) 373-379.
Dr. Law, Department of Environmental and Preventive Medicine, Wolfson Insti- tute of Preventive Medicine, St. Bartho- lomew's Medical College, London EC1M6BQ, England.
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 27, 8. Juli 1994 (55) A-1903