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Untersuchung zur Ermittlung der Tatbestände im Feststellungsverfahren zu obstruktiven Atemwegserkrankungen in der Bauwirtschaft

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Academic year: 2022

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(1)

Medizinischen Hochschule Hannover (Dir.: Prof. Dr. med. Renate Wrbitzky)

___________________________________________________________

Untersuchung zur Ermittlung der Tatbestände im Feststellungsverfahren zu obstruktiven Atemwegserkrankungen in der Bauwirtschaft

___________________________________________________________

Dissertation zur

Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Georg-Friedrich Choitz

aus Celle

Hannover 2010

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Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 06.10.2010

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann

Betreuerin: Prof. Dr. med. Renate Wrbitzky

Referent: PD Dr. med. Armin Fieguth

Korreferent: PD Dr. med. Quoc Thai Dinh

Tag der mündlichen Prüfung: 06.10.2010

Prüfungsausschussmitglieder:

Prof. Dr. Hans Dietrich Tröger Prof. Dr. Klaus Resch

Prof. Dr. Reinhard Schwinzer

(3)

1.2 Obstruktive Atemwegserkrankungen... 2

1.3 Obstruktive Atemwegserkrankungen als Berufskrankheit... 3

1.3.1 Allgemeine Definition nach § 9 Abs. 1 SGB VII... 3

1.3.2 ... 4

Nomenklatur der beruflich bedingten obstruktiven Atemwegserkrankungen 1.3.3 Die Berufskrankheit Nr. 4301 (BKV)... 5

1.3.4 Die Berufskrankheit Nr. 4302 (BKV)... 5

1.3.5 Die Berufskrankheit Nr. 1315 (BKV)... 6

1.4 Definition der Maßnahmen nach § 3 BKV... 7

1.5 Grundsätze des Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrens... 7

1.6 ... 9

Grundsätzlicher Ablauf des Verwaltungsverfahrens in der Bau- Berufsgenossenschaft Hannover 1.7 Zwei beispielhafte Kasuistiken... 12

2 Material und Methoden... 14

2.1 Erläuterung der Datengrundlage... 14

2.2 Auswerteschema einer BK-Akte... 15

2.3 Datenverarbeitung... 19

3 Ergebnisse... 20

3.1 Meldeverhalten... 20

3.2 Tätigkeiten und Expositionen... 29

3.3 Ermittlungen der Verwaltung... 33

3.4 Zeitdeterminanten... 37

3.5 Ausgang des Verfahrens... 38

4 Diskussion... 41

4.1 Meldeverhalten... 41

4.2 Tätigkeiten und Expositionen... 44

4.3 Ermittlungen der Verwaltung... 45

4.4 Zeitdeterminanten... 47

4.5 Ausgang des Verfahrens... 48

5 Zusammenfassung... 50

6 Anlagen... 52

6.1 Erläuterung der verwendeten Abkürzungen... 52

6.2 Datenerfassungsbogen... 53

6.3 Tätigkeitsschlüssel... 57

6.4 Auflistung der erhobenen Expositionen... 58

7 Literaturverzeichnis... 59

8 Anhang... 63

8.1 Lebenslauf... 63

8.2 Erklärung nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 und 6 PromO... 65

8.3 Danksagung... 66

(4)

1

Einleitung

1.1 Einführung zu den Zielen dieser Arbeit

Atemwegserkrankungen sind statistisch gesehen die häufigste Ursache für Arbeits- unfähigkeit (AU), verursachten 1997 die zweithöchsten Kosten aller Krankheitsgrup- pen und bedingten ca. 3% aller Rentenneuzugänge wegen verminderter Erwerbsfä- higkeit. Die Prävalenz in der deutschen Bevölkerung beträgt für Asthma bronchiale 5-10%, für die bronchiale Hyperreagibilität 18% und für die chronische Bronchitis 10-12%. Bei exponierten Beschäftigten an verschiedenen Arbeitsplätzen beträgt die Prävalenz asthmatischer Erkrankungen zwischen 1% und 50% (besonders hoch u. a.

bei Bäckern, Malern und Lackierern, Schweißern, Beschäftigten in der Landwirtschaft etc.), die Prävalenz der chronischen Bronchitis 11-17% und der chronisch obstrukti- ven Atemwegserkrankungen 2-28% (1).

Obstruktive Atemwegserkrankungen gehören zu den häufigsten Berufskrankheiten im Baugewerbe (2). Mit 290 Verdachtsanzeigen bezüglich der Berufskrankheiten (BK) 4301 und 4302 im Jahr 2004 wird das Baugewerbe z. B. von der Metallindustrie (597 Verdachtsanzeigen), der Nahrungs- und Genussmittelindustrie (941 Verdachts- anzeigen) und dem Gesundheitsdienst (514 Verdachtsanzeigen) aber noch weit übertroffen (3). Für berufsbedingtes Asthma belegt Deutschland im internationalen Vergleich mit einer jährlichen Inzidenz von 2,8 pro 100.000 Beschäftigte in 2003 ei- nen mittleren Platz. Höhere Inzidenzen wurden in Finnland (18 in 2000), Schweden (9,1 in 1996) oder Norwegen (11,5 in 2002), niedrigere z. B. in Süd Afrika (1,3 in 2001) ermittelt (4).

Mit dieser Studie wird anhand der ausgewerteten Akten aus den Jahren 1992 – 2000:

das Verhalten der beteiligten Akteure (Versicherte, Ärzte, Sozialversicherungs- träger, Arbeitgeber) bei Erstattung einer Meldung auf Verdacht einer Berufs- krankheit,

die Zusammensetzung des betroffenen Kollektivs der Versicherten der Bau- Berufsgenossenschaft,

die als ursächlich erkannten Expositionen,

(5)

die Beteiligung der zuständigen staatlichen Stellen,

die Zeitdeterminanten des gesamten Verwaltungsverfahrens sowie der juristische Abschluss dieser Verfahren

im Zuständigkeitsbereich der damaligen Bau-Berufsgenossenschaft Hannover unter- sucht. Auf der Grundlage der hier gewonnenen Ergebnisse sollen Hinweise für eine Optimierung des Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrens gewonnen sowie Maß- nahmen zur Verbesserung der betrieblichen wie auch der außerbetrieblichen Präven- tion abgeleitet werden und damit auch die nicht unerhebliche ökonomische Belas- tung der Versichertengemeinschaft (5) reduziert werden.

Gleichzeitig soll mit dieser Untersuchung die Wirksamkeit der während des Untersu- chungszeitraums vorgenommenen Änderungen im Verwaltungsverfahren geprüft werden.

Die hier vorliegende Arbeit befasst sich mit der Ermittlung der Tatbestände bezüglich des Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrens bei der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover. Eine weitere Untersuchung (6) betrachtet sämtliche Aspekte zu den durchgeführten Zusammenhangsbegutachtungen anhand derselben Akten.

1.2 Obstruktive Atemwegserkrankungen

Das Asthma bronchiale als eine chronisch-entzündliche Atemwegserkrankung wird allgemein durch eine ganzjährige oder saisonal betonte allergische Diathese mit an- fallsweise auftretendem nicht-produktivem Husten und/oder Dyspnoe, eine deutlich reversible Bronchialobstruktion in Verbindung mit einer bronchialen Überempfindlich- keit, eine eosinophil dominierte Atemwegsinfiltration mit Epithelzellschädigung und peribronchialer Fibrose in Verbindung mit der Freisetzung verschiedener Mediatoren definiert.

Die chronisch obstruktive Bronchitis ist eine allmählich fortschreitende Atemwegser- krankung und beruht auf einer mehrjährigen Inhalation verschiedener Noxen (häufig durch Zigarettenrauchen). Sie äußert sich durch Dyspnoe und einen persistierenden Husten ohne/mit Auswurf, einer gering reversiblen chronischen Atemwegsobstruktion und bei Vorliegen eines Emphysems einer irreversiblen Lungenüberblähung mit Atemwegsinstabilität, Diffusionsstörung sowie Erhöhung der Compliance, einer Hy-

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per- oder Dyskrinie sowie einer Zerstörung des Lungenparenchyms, einem entzünd- lichen Infiltrat und der Freisetzung von Mediatoren (7, 8).

Die gesteigerte Bereitschaft der unteren Atemwege, auf eingeatmete Luftbestandteile (z. B. Dünste, Abgase oder kalte Luft) mit Obstruktion zu reagieren, wird als unspezi- fische bronchiale Hyperreagibilität (UBH) bezeichnet. Dieses wird nicht als ein eigen- ständiges Krankheitsbild eingeordnet; eine obstruktive Atemwegserkrankung sollte aber auch dann diagnostiziert werden, wenn eine UBH im Zusammenhang mit Be- schwerden nachgewiesen wird.

Die allergische Rhinopathie ist eine Allergie vom Typ 1 (Coombs und Gell) und wird durch Niesen, Juckreiz, Sekretion und Obstruktion der Nase in Verbindung mit einer möglichen Begleitkonjunktivitis definiert. Auch die Nasennebenhöhlen können betei- ligt sein (9). Bei anhaltender Allergenexposition kann sich eine Bronchialobstruktion (Etagenwechsel) entwickeln.

1.3 Obstruktive Atemwegserkrankungen als Berufskrankheit

1.3.1 Allgemeine Definition nach § 9 Abs. 1 SGB VII

Der Begriff „Berufskrankheit“ ist rechtlich im Sozialgesetzbuch VII wie folgt definiert:

„Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverord- nung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII be- gründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechts- verordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen ver- ursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Ver- schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.“(10)

(7)

Die Berufskrankheiten sind in der Anlage 1 zur BK-Verordnung (Berufskrankheiten- liste) aufgeführt (11).

1.3.2 Nomenklatur der beruflich bedingten obstruktiven Atemwegserkrankun- gen

Beruflich bedingte obstruktive Atemwegserkrankungen wurden zunächst im Jahr 1961 als Bronchialasthma unter der Nr. 41 der BK-Liste zusammengefasst. Mit der Änderung der 7. BKV werden sie seit 1976 unter den Nummern 4301 (allergisierende Stoffe) und 4302 (chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe) geführt. Bei der Nr. 4301 wurde 1988 zusätzlich das Krankheitsbild einer Rhinopathie in den Verord- nungstext aufgenommen.

Erkrankungen durch Isocyanate wurden 1993 durch Verordnung in die Berufskrank- heitenliste aufgenommen; sie konnten allerdings schon vorher im Rahmen der Num- mern 4301 oder 4302 entschädigt werden.

Am 1.12.1997 wurde zusätzlich die Berufskrankheit Nr. 4111 (Chronisch obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaub- jahren [(mg/m³) x Jahre]) in die Berufskrankheitenliste aufgenommen.

Da diese Berufskrankheit erst zum Ende des hier behandelten Auswertezeitraums in Kraft trat und die ihr zugrunde liegende Tätigkeit in der Bauwirtschaft nicht vorkommt, werden in dieser Studie nur die Berufskrankheiten Nr. 1315, 4301 und 4302 behan- delt.

Diese beruflich bedingten obstruktiven Atemwegserkrankungen können laut gesetzli- cher Vorgabe nur anerkannt werden, wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten ge- zwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufle- ben der Krankheit verantwortlich waren oder sein können.

Diese Einschränkungen können eine erhebliche Bedeutung für die grundsätzliche Anerkennung einer beruflich bedingten obstruktiven Atemwegserkrankung haben und dann auch den Zeitpunkt einer anzuerkennenden Erwerbsminderung beeinflus- sen.

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1.3.3 Die Berufskrankheit Nr. 4301 (BKV)

Die Berufskrankheit Nummer 4301 der Berufskrankheitenverordnung wird als eine durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung (ein- schließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ur- sächlich waren oder sein können, definiert (11).

Als Auslöser wirken einatembare berufliche Allergene überwiegend pflanzlicher (Ge- treidemehl, Futtermittelstäube, Holzstäube, Schimmelpilzsporen u. a.), tierischer (Tierhaare, Federnstaub, Naturlatexstaub, Insektenstäube u. a.) oder chemischer (Medikamentenstäube, Enzyme u. a.) Herkunft. Sie bewirken an der Haupteintritts- pforte, dem Atemorgan, in den meisten Fällen eine IgE-vermittelte Allergie vom So- forttyp (Typ 1 nach Coombs und Gell), seltener eine vom verzögerten Typ 3. Man unterscheidet ein Anfangsstadium sowie ein Stadium ohne und mit Sekundärkompli- kationen. Im Anfangsstadium treten bevorzugt Reizerscheinungen an den Augenbin- dehäuten (Augenbrennen) und an den Atemwegen als allergische Rhinopathie (Niessalven, Fließschnupfen) auf. Im Stadium ohne Sekundärkomplikationen können anfallsweise Luftnot, Husten und Auswurf auftreten. Im Stadium mit Sekundärkompli- kationen tritt häufig eine UBH mit Atembeschwerden bei unspezifischen Noxen (z. B.

Kaltluft, Küchendünste, Rauch, Stäube) auf.

Im weiteren Verlauf können sich vorhandene IgE-Antikörper mit dem erneut inhalier- ten Antigen zu einem Immunkomplex verbinden und im Bereich der Atemwege eine allergische Reaktion mit Sekretion und Obstruktion bewirken (12).

1.3.4 Die Berufskrankheit Nr. 4302 (BKV)

Die Berufskrankheit Nummer 4302 der Berufskrankheitenverordnung wird als eine durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atem- wegserkrankung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, definiert (11).

Die auslösenden Noxen kommen als Gase, Dämpfe, Stäube oder Rauche an vielen Arbeitsplätzen vor. Es werden leicht flüchtige organische Stoffe (Acrolein, Formalde- hyd u. a.), schwer flüchtige organische Stoffe (Isocyanate, Härter für Epoxidharze,

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p-Phenylendiamin u. a.), leicht flüchtige anorganische Stoffe (Nitrosegase, Schwefel- dioxid u. a.) und schwer flüchtige anorganische Stoffe (Persulfat, Zinkchlorid u. a.) unterschieden. Die Aufnahme erfolgt fast ausschließlich über das Atemorgan. In Ab- hängigkeit von Intensität und Dauer der beruflichen Exposition gegenüber chemisch- irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen kommt es lokal zur Irritation sensorischer Re- zeptoren und/oder zur primär-toxischen Schleimhautschädigung vorwiegend im Be- reich der mittleren und tieferen Atemwege. Diese Wirkungen können reversibel sein.

Der Übergang in einen chronisch-obstruktiven Zustand ist aber möglich. Im Mittel- punkt des Krankheitsbildes steht die Atemwegsobstruktion, häufig in Verbindung mit einer Lungenüberblähung. Eine UBH kann ausgelöst oder verstärkt werden (13).

1.3.5 Die Berufskrankheit Nr. 1315 (BKV)

Die Berufskrankheit Nummer 1315 der Berufskrankheitenverordnung wird als eine Erkrankung durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, definiert.

Isocyanate – sie stellen die Grundlage der Polyurethan-Chemie dar - sind reaktions- freudige Ester der Isocyansäure. Folgende Diisocyanate werden unterschieden:

HDI: Hexamethylendiisocyanat MDI: Diphenylmethandiisocyanat TDI: Toluylendiisocyanat

HDI können in Lackvorprodukten (Prepolymere) und 2-Komponenten-Lacken enthal- ten sein, MDI werden bei der Herstellung von Schaumstoffen, Spezialkunststoffen oder Klebern verwendet, TDI können ebenfalls in Schaumstoffen, aber auch Elasto- meren und Spritzlacken enthalten sein.

Isocyanate reagieren vor allem mit NH2- und OH-Gruppen und können dabei Zell- membranen im menschlichen Körper verändern oder zerstören. Als akute Wirkung werden Reizerscheinungen an den oberen Atemwegen, der Haut und den Augen beobachtet. Im weiteren Verlauf kann das allergische so genannte Isocyanat-Asthma entstehen. Dies kann an der Haupteintrittspforte, dem Atemorgan, zu einer Bronchi- alobstruktion mit asthmaähnlicher Symptomatik, in leichteren Fällen zu einer Steige- rung der bronchialen Reagibilität führen. Seltener kann es zu einer Alveolitis oder

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einem toxischen Lungenödem kommen. Hautveränderungen (die im Rahmen der BK 5101 behandelt werden) oder Leberschäden sind ebenfalls möglich (14, 15).

1.4 Definition der Maßnahmen nach § 3 BKV

Gemäß §3 der BKV sind die gesetzlichen Unfallversicherungsträger verpflichtet, der Gefahr der Entstehung, des Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Be- rufskrankheit mit allen geeigneten Mitteln entgegen zu wirken. Im Einzelnen können solche Maßnahmen z. B. in der Anschaffung spezieller Arbeitsmittel und Geräte oder der Versorgung des Versicherten mit geeigneter persönlicher Schutzausrüstung be- stehen. Sofern die Gefährdung nicht beseitigt werden kann, haben die Unfallversi- cherungsträger auf eine Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit hinzuwirken. Soll- ten dem Versicherten aus der Unterlassung der Tätigkeit finanzielle Nachteile entste- hen, besteht gegenüber dem Unfallversicherungsträger ein Anspruch auf Minderver- dienstausgleich (11).

1.5 Grundsätze des Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrens

Stets müssen für die Anerkennung einer Berufskrankheit drei Tatbestände und zwei Zusammenhänge erfüllt sein (9, 16, 17, 18):

Tatbestände:

Versicherte Tätigkeit

Die schädigende Einwirkung muss bei einer versicherten Tätigkeit aufgetreten sein.

(Beispielsweise stellt eine Epoxidharzsensibilisierung beim heimischen Modellbau keine versicherte Tätigkeit dar.)

Schädigende Einwirkung

Das Vorhandensein des als ursächlich angesehenen Faktors (z. B. Arbeitsstoff), der von seiner Art und Intensität geeignet war, die Erkrankung hervorgerufen zu haben,

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Krankheit

Die gesicherte medizinische Diagnose muss eine der Erkrankungen bezeichnen, die vom Gesetzgeber im Anhang der Berufskrankheitenverordnung genannt sind.

Laut §9 Abs. 2 SGB VII kann auch eine Krankheit, die nicht in der BKV aufgeführt ist, aber nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzun- gen einer Berufskrankheit erfüllt, anerkannt werden.

Zusammenhänge:

Haftungsbegründende Kausalität

Es muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Zurechenbarkeit zur betrieblichen Sphäre nachgewiesen werden; d. h. dass der Erkrankte in einer versicherten Tätig- keit beschäftigt war und der als ursächlich angesehene Faktor bei dieser Tätigkeit auch eingewirkt hat.

Haftungsausfüllende Kausalität:

Die Art und Intensität des ursächlichen Faktors muss mit hinreichender Wahrschein- lichkeit für die Entstehung der Erkrankung nachgewiesen werden.

Die Zusammenhänge zwischen den Beweisanforderungen verdeutlicht das Brücken- schema nach Woitowitz (17):

haftungsbegründende haftungsausfüllende Kausalität Kausalität

versicherte Tätigkeit

schädigende Einwirkung

Gesundheits- schaden

Die „Pfeiler“ der Brücke müssen als Vollbeweis nachgewiesen sein; die Verbindun-

(12)

1.6 Grundsätzlicher Ablauf des Verwaltungsverfahrens in der Bau- Berufsgenossenschaft Hannover

Die Anzeige auf den Verdacht einer Berufskrankheit kann vom Versicherten, seinen behandelnden Ärzten, dem Betriebsarzt, dem Arbeitgeber, dem Landesgewerbearzt oder einem Sozialversicherungsträger (z. B. Arbeitsamt, Krankenkasse) erstattet werden.

Nach Eingang dieser Anzeige in der Verwaltung der Berufsgenossenschaft erhält der Vorgang eine Bearbeitungsnummer, gemäß § 4 BKV wird dem zuständigen Landes- gewerbearzt der Verfahrensbeginn angezeigt. Danach beginnt die Ermittlungstätig- keit des zuständigen Sachbearbeiters, der die Koordination übernimmt. In brieflicher Form wird der Versicherte gebeten, sämtliche bisherigen beruflichen Tätigkeiten un- ter Nennung des jeweiligen Arbeitgebers sowie der hauptsächlich vorkommenden Arbeitsverfahren aufzulisten. An Hand dieser Unterlagen werden alle noch existie- renden Betriebe angeschrieben und um eine Stellungnahme zu den Beschäftigungs- verhältnissen (Arbeitsverfahren und Expositionen) gebeten.

Gleichzeitig wird der Versicherte aufgefordert, eine kurze Beschreibung seiner ge- sundheitlichen Beschwerden abzugeben, eine Entbindung von der ärztlichen Schwei- gepflicht zu unterschreiben sowie sämtliche ihn behandelnden Ärzte zu nennen. Die- se werden dann angeschrieben und um eine Übermittlung der ihnen zur Verfügung stehenden ärztlichen Unterlagen wie auch von Röntgenfilmen gebeten.

Es werden ebenfalls Informationen der zuständigen Betriebsärzte angefordert.

Weiterhin wird der Technische Aufsichtsdienst der eigenen oder einer anderen zu- ständigen Berufsgenossenschaft um eine Stellungnahme zu aktuellen oder früheren Arbeits- und Expositionsbedingungen gebeten. Dies kann bei noch existierenden Ar- beitsplätzen durch eine Recherche vor Ort, anderenfalls durch Heranziehung von Erfahrungswerten geschehen.

In diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens wird oft ein arbeitsmedizinisch erfah- rener Beratender Arzt um seine Stellungnahme gebeten, ob noch weitere Ermittlun- gen erforderlich sind oder das Verfahren abgeschlossen werden kann. In vielen Fäl- len wird schon zu diesem Zeitpunkt eine fachärztliche Zusammenhangsbegutachtung in Auftrag gegeben.

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Wenn im Verlauf des Ermittlungsverfahrens festgestellt wird, dass es sich um einen offensichtlich unbegründeten Anspruch handelte, so kann es mit einer schriftlichen Mitteilung an den Antragsteller beendet werden.

Liegen sämtliche erreichbaren Informationen vor, werden diese dem Landesgewer- bearzt zusammen mit einer vorläufigen Bewertung übermittelt. Dieser kann dann in eigener Verantwortung weitere Ermittlungen, Untersuchungen oder ein Gutachten beauftragen (19).

Gestützt auf die Empfehlung des Landesgewerbearztes wird dann der gesamte Vor- gang dem paritätisch besetzten Rentenausschuss der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover zur Beratung vorgelegt.

Folgende Entscheidungen dieses Gremiums sind möglich:

- Ablehnung einer überwiegend beruflich verursachten obstruktiven Atemwegs- erkrankung, gegebenenfalls auf Grund eines fehlenden Unterlassungszwangs oder zwingend erforderlicher Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit seitens des Versicherten,

- Ablehnung unter Gewährung von präventiven Maßnahmen (§3 BKV),

- Anerkennung „dem Grunde nach“ mit einer nicht rentenberechtigenden MdE unter 20%,

- Anerkennung mit einer rentenberechtigenden MdE.

Dem Versicherten wird dies in Form eines rechtskräftigen Bescheides einschließlich einer Rechtshilfebelehrung zugesandt. Innerhalb einer Frist von 4 Wochen kann dann dagegen Einspruch eingelegt werden. Wird dieser abgewiesen, so steht dem Versicherten der Weg zum Sozialgericht, Landessozialgericht bzw. Bundessozialge- richt offen.

Verfahrensänderung ab 1998

Die Ermittlungsverfahren bezüglich obstruktiver Atemwegserkrankungen sind schon immer umfangreich und zeitaufwändig gewesen. Bedingt durch sowohl eine Zunah-

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me der Verdachtsmeldungen obstruktiver Atemwegserkrankungen (3) als auch die 1990 erfolgte Ausweitung der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover auf große Teile der ehemaligen DDR, verbunden mit einer starken Belebung der Baukonjunktur, stieg die Zahl der Verdachtsmeldungen weiter an, wodurch sich angesichts des gleich bleibenden Personals auch die durchschnittliche Verfahrensdauer verlängerte.

Beginnend mit dem Jahr 1998 wird daher im Zuständigkeitsbereich der Bau- Berufsgenossenschaft Hannover eine Verfahrensoptimierung eingeführt:

Ergänzend zu dem bestehenden Ermittlungsverfahren der Verwaltung wird eine zu- sätzliche Vorermittlung eingeführt, worin sämtliche Verdachtsanzeigen auf eine be- ruflich bedingte obstruktive Atemwegserkrankung, bei denen Zweifel an der Begrün- detheit der Verdachtsmeldung bestehen, ohne weiteren Ermittlungsaufwand einem speziell ausgesuchten erfahrenen Arbeitsmediziner vorgelegt werden. Bei offensicht- lich unbegründeten Fällen empfiehlt dieser eine Einstellung des Verfahrens. Bei den begründeten Verdachtsmeldungen gibt dieser konkrete Hinweise zur weiteren Ermitt- lungstätigkeit sowie zur Beauftragung eines Zusammenhangsgutachtens. In bis da- hin unklaren Fällen leitet er den Vorgang dann an einen regional zuständigen Be- triebsarzt des Arbeitsmedizinischen Dienstes der Bau-Berufsgenossenschaft Hanno- ver weiter. Dieser hat die Aufgabe, den Versicherten zeitnah einzuladen, um dann die Arbeits- und Krankheitsvorgeschichte gründlich zu erheben und ärztliche Befund- berichte beizuziehen. Wenn der Versicherte dieser Untersuchung wiederholt fern- bleibt, so wird das Verfahren wegen fehlender Mitwirkung eingestellt. Eine umfas- sende Lungenfunktionsdiagnostik mit Messung der Vital- und Einsekundenkapazität sowie der oszillatorischen Resistance vor und nach einer Bronchodilatation wird in der Regel durchgeführt. Sämtliche erhobenen Befunde werden in der Form eines Kurzgutachtens dann dem beratenden Arzt übermittelt. Auf dieser Grundlage gibt dieser dann seine Empfehlung über den weiteren Verfahrensablauf an die Verwal- tung der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover ab.

Mit der sich nun anschließenden genauen Erhebung der Arbeits- und Expositions- vorgeschichte wird ein speziell geschulter Mitarbeiter der Technischen Aufsicht der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover in der Funktion eines „Berufskrankheiten- Ermittlers“ beauftragt. Hierzu werden der Versicherte, jetzige oder frühere Arbeitge- ber und Kollegen sowie der aktuelle und – falls möglich – auch frühere Arbeitsplätze des Versicherten aufgesucht. Der darauf hin erstellte ausführliche Ermittlungsbericht

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wird der Verwaltung zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens wird unter Vorlage sämtlicher Unterlagen der zuständige Landesgewerbearzt um seine Beurteilung gebeten. Der weitere Ablauf des Verfahrens erfolgt dann wie im voran- gegangenen Abschnitt beschrieben.

1.7 Zwei beispielhafte Kasuistiken Erster Fall:

Im Jahr 1999 wird bei einem 25-jährigen Malergesellen von dem behandelnden Lun- genfacharzt der Verdacht auf eine beruflich bedingte obstruktive Atemwegserkran- kung gemeldet. Dem Krankheitsbild entsprechende ärztliche Befundberichte incl. Bo- dyplethysmographie und Röntgenaufnahme der Lunge sind beigefügt.

Auf den von der Verwaltung zugesandten Formblättern beschreiben der jetzige Ar- beitgeber sowie der Versicherte selbst die wesentlichen Expositionen, Arbeitsverfah- ren und –materialien. Der hinzugezogene Berufskrankheitenermittler sucht den aktu- ellen Betrieb sowie frühere Arbeitgeber auf, spricht mit dem Versicherten und dessen Kollegen und komplettiert damit die Arbeitsvorgeschichte.

Der beratende Arzt der Berufsgenossenschaft, dem nun sämtliche Unterlagen vorge- legt werden, empfiehlt eine fachärztliche Zusammenhangsbegutachtung. Dieser Empfehlung schließt sich auch der zuständige Landesgewerbearzt an.

Der Gutachter stellt eine Sensibilisierung gegen Hausstaubmilbe fest, was die Be- schwerden des Versicherten am Arbeitsplatz erklärt und in Verbindung mit der nach- gewiesenen beruflichen Exposition (z. B. beim Umgang mit alten Bodenbelägen) als zumindest wesentliche Teilursache des vorherrschenden Krankheitsbildes gewertet wird. Außerdem empfiehlt er die Anerkennung einer MdE von 15%.

Zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens wird der betroffene Versicherte von einem im Außendienst tätigen Berufshelfer der BG aufgesucht, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Der Versicherte, der zwischenzeitlich arbeitsunfähig ist, unterschreibt die mitgebrachte Erklärung zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit.

Der Rentenausschuss der BG, dem diese Ergebnisse nun vorgelegt werden, erteilt den Bescheid über die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 4301 ohne Anspruch auf Rentenzahlung sowie die Gewährung von Präventionsmaßnahmen i. S. von § 3 der BKV.

(16)

Dem Versicherten wird der Bezug von Verletztengeld (Lohnersatz), eine Berufsfin- dungsmaßnahme und danach eine Umschulung in einen kaufmännischen Beruf ge- währt.

Am Ende dieses Verfahrens steht eine erfolgreiche Umsetzung in einen anderen Be- ruf.

Zweiter Fall:

Ein 55-jähriger Maurergeselle wird im Jahr 1995 von seiner Krankenkasse nach §20b SGB V mit der hausärztlichen Diagnose „Bronchitis“ der Berufsgenossenschaft ge- meldet. Bei Verdacht auf eine berufliche Verursachung wird um die Beantwortung der Frage der Zuständigkeit gebeten. Weitere Unterlagen sind dem Schreiben nicht bei- gefügt.

Der zuständige Sachbearbeiter in der Verwaltung der BG schreibt den Versicherten an und bittet um die Beantwortung der Fragen zur Arbeitsvorgeschichte sowie die Nennung sämtlicher behandelnder Ärzte. Nach z. T. mehrfachen Erinnerungen ge- hen Stellungnahmen eines behandelnden Allgemeinmediziners sowie eines Ortho- päden ein. In den Unterlagen des Allgemeinmediziners finden sich wiederholte Krankschreibungen wegen akuter Bronchitiden, besonders in der kalten Jahreszeit.

Apparative Untersuchungen hinsichtlich einer obstruktiven Atemwegserkrankung (Spirometrie, Bodyplethysmographie) sind bisher nicht durchgeführt worden. Der Or- thopäde berichtet von zunehmenden degenerativen Verschleißerscheinungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Lendenwirbelsäule, mit häufigen langdau- ernden Arbeitsunfähigkeiten.

Der darauf hin eingeschaltete beratende Arzt der BG übermittelt sämtliche bisher verfügbaren Unterlagen an einen regional zuständigen Betriebsarzt des AMD der Bau-BG mit der Maßgabe, den Versicherten zu einer gründlichen Befragung und Un- tersuchung einzuladen. Bei dieser Untersuchung stellt sich heraus, dass bei dem Versicherten keine obstruktive Atemwegserkrankung nachzuweisen ist. Gestützt auf diese Untersuchungsergebnisse rät der beratende Arzt der Verwaltung, das Verfah- ren abzuschließen und dem Rentenausschuss ein ablehnendes Votum zu empfeh- len. Diesem Vorschlag schließt sich dann der Rentenausschuss an.

Von seinem Widerspruchsrecht macht der Versicherte innerhalb der gesetzten Frist keinen Gebrauch.

(17)

2

Material und Methoden

2.1 Erläuterung der Datengrundlage

Diese Auswertung basiert auf Daten, die im Rahmen eines berufsgenossenschaftli- chen Feststellungsverfahrens erhoben wurden. Es handelt sich somit um Sekundär- daten.

Als Beginn des Auswertezeitraumes wurde das Jahr 1992 gewählt, da davon auszu- gehen war, dass zu diesem Zeitpunkt die Auswirkungen der Wiedervereinigung weit- gehend abgeklungen waren. Als das letzte zu betrachtende Jahr wurde das Jahr 2000 gewählt, weil damit gewährleistet war, dass alle in die Studie einbezogenen Verfahren auch zum Beginn des Projektes (Stichtag: 30.04.2002) abgeschlossen waren.

Sämtliche am Stichtag 30.04.2002 in der Berufskrankheiten-Dokumentation der Bau- Berufsgenossenschaft Hannover verzeichneten Berufskrankheiten-Verfahrensakten aus den Jahren 1992 bis 2000, die unter den Listennummern 1315, 4301 und 4302 verzeichnet waren, wurden in das Auswerteverfahren einbezogen.

Zu Beginn wurden zwei Erhebungsbögen zur Auswertung der Verfahrensakten aus- gearbeitet:

Der eine befasste sich mit den wichtigsten Daten zur Berufskrankheiten- Verdachtsanzeige sowie dem Ablauf und Ergebnis des Verwaltungsverfahrens (der Grundlage der hier vorliegenden Arbeit, s. Anlage 6.2),

der andere mit den wichtigsten Daten zu den medizinischen Zusammen- hangsbegutachtungen (6).

Die erhobenen Daten wurden unmittelbar elektronisch gespeichert. Hierzu wurde mit Hilfe des Tabellenkalkulationsprogramms Microsoft Excel eine Eingabemaske er- stellt, in die die Daten direkt bei der Aktenauswertung eingegeben wurden.

Die in Frage kommenden Verfahrensakten wurden mit beiden Erhebungsbögen durchgesehen und in 2 getrennten Studien ausgewertet.

Es wurden insgesamt 968 Fälle mit den Merkmalen BK-Nummer, Name, Aktenzei- chen und Geschlecht ermittelt. Davon wurden 950 Verfahrensakten ausgewertet. Für

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18 elektronisch registrierte Fälle existierte keine Verfahrensakte, die Ursachen hierfür konnten nicht geklärt werden. Die 950 Verfahrensakten wurden nach und nach dem Auswerter durch die jeweils zuständige Bezirksverwaltung (BV) Hannover, Berlin oder Bremen zugesandt. Neuere Jahrgänge existierten noch in der Papierform, ältere Jahrgänge, die schon mikroverfilmt waren, mussten erst neu auf Papier belichtet werden oder wurden gleich als elektronisches Dokument auf einer CD-ROM erstellt.

Der Umfang dieser Verfahrensakten konnte – je nach Dauer und Komplexität des Falles – von einigen wenigen Seiten bis zu mehrbändigen mehrere hundert Seiten enthaltenden Aktenordnern reichen.

Mit Beginn des Jahres 2003 wurden nach und nach sämtliche im Betrachtungszeit- raum eröffneten Berufskrankheitenverfahren der Listennummern 1315, 4301 und 4302 ausgewertet. Bedingt durch die große Anzahl der Verfahrensakten, Zeitverzö- gerungen beim Wiederherstellen verfilmter Vorgänge sowie logistischer Schwierigkei- ten beim Wiederauffinden einzelner Archivstücke dehnte sich der Auswertezeitraum bis in das Jahr 2007 aus.

2.2 Auswerteschema einer BK-Akte Basisdaten

Es wurde das interne Aktenzeichen, die jeweils zuständige Bezirksverwaltung der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover, das Geburtsdatum des Versicherten und das Auswertedatum notiert. Die Berufskrankheiten-Listennummer sowie das Geschlecht entstammten der zugrunde liegenden Selektionsliste, die aus dem Datenbestand der Berufskrankheiten-Dokumentation (BK-DOK) des Hauptverbandes der Berufsgenos- senschaften (HVBG) herausgesucht worden waren.

BK-Meldung

Das Datum der Meldung auf Verdacht einer BK wurde – abhängig von der melden- den Stelle – entweder der ärztlichen BK-Verdachtsanzeige, einem Formschreiben eines anderen Sozialversicherungsträgers, der schriftlichen, teilweise auch telefoni- schen oder mündlichen Meldung des betroffenen Versicherten oder seines Beauf-

(19)

tragten entnommen. Auf der Grundlage der zu Beginn des Verfahrens vorliegenden ärztlichen Befunde wurde unter Berücksichtigung der jeweiligen „Merkblätter für die ärztliche Untersuchung“ (12, 13, 14) eine Einteilung der Berufskrankheiten- Verdachtsanzeigen in überwiegend, teilweise oder nicht begründet getroffen (20).

überwiegend begründet

obstruktive Atemwegserkrankung vorhanden (lt. positiver Testung) in Kombi- nation mit mindestens einem der folgenden Faktoren:

typische Beschwerden in Zusammenhang mit berufl. Tätigkeit überwiegende Exposition bei versicherter Tätigkeit

ausreichend lange berufliche Exposition

teilweise begründet

obstruktive Atemwegserkrankung vorhanden (lt. positiver Testung) in Kombi- nation mit mindestens einem der folgenden Faktoren:

langjähriges starkes Rauchen

keine relevante berufliche Exposition

keine Beschwerden in Zusammenhang mit berufl. Tätigkeit

nicht begründet

keine obstruktive Atemwegserkrankung vorhanden oder keine berufliche Exposition

Daneben wurde auch erhoben, ob zusätzlich ein Haut-Berufskrankheiten-Verfahren (Nr. 5101 BKV) eröffnet worden war.

(20)

Ermittlungsumfang

Der Umfang der von der Sachbearbeitung der jeweils regional zuständigen BV der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover ermittelten Daten wurde folgendermaßen er- hoben:

Festgehalten wurde, ob ärztliche Unterlagen, insbesondere vorab durchgeführte Lun- genfunktionstests, beigezogen werden konnten. Weiterhin wurde festgehalten, ob die angeschriebenen derzeitigen oder früheren Arbeitgeber verwertbare Hinweise auf mögliche Expositionen oder verwendete Gefahrstoffe geben konnten. Die Stellung- nahme eines zuständigen Betriebsarztes – möglichst mit Ergebnissen von Vorsorge- untersuchungen – wurde ebenfalls berücksichtigt.

Weiterhin waren Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit des eigenen oder eines fremden Technischen Aufsichtsdienstes zu erheben.

Die im Lauf des Verwaltungs-Verfahrens vom „Beratenden Arzt“ der Bau- Berufsgenossenschaft Hannover und/oder dem zuständigen Landesgewerbearzt er- haltenen Empfehlungen zum weiteren Verfahrensablauf wurden im Einzelnen erfasst.

Die Gesamtzahl der im Ermittlungsverfahren in Auftrag gegebenen Zusammen- hangsbegutachtungen wurde ebenfalls festgehalten.

Tätigkeiten und Expositionen

Mit Hilfe des Schlüsselverzeichnisses der Arbeitsämter (21) wurden der erlernte und der zum Zeitpunkt der Exposition ausgeübte Beruf sowie weitere zuvor ausgeübte Tätigkeiten nach Art und Dauer erfasst. In der Anlage 6.3 sind sämtliche erhobenen Tätigkeiten aufgelistet. Die berufliche Stellung bei Erkrankungsbeginn, die unter Ex- position verwendete „Persönliche Schutzausrüstung“ (Atemschutz) oder vorhandene technische Schutzmassnahmen (Absaugung) sowie die Durchführung arbeitsmedizi- nischer Vorsorgeuntersuchungen wurden notiert. Hierzu gehört auch eine Liste von maximal 6 Stoffen (s. Anlage), die nach Stand der Ermittlung am ehesten zu einer Exposition beim Versicherten geführt haben können. Der als ursächlich angesehene Arbeitsstoff wurde an die erste Stelle gesetzt.

(21)

Zeitdeterminanten

Hierzu gehören das Erkrankungsalter, der genaue Zeitpunkt des Beginns und Endes sowie die Dauer der Exposition des als ursächlich angesehenen Arbeitsstoffes. Eine eventuell vorhandene Latenzzeit (Dauer zwischen Expositions- und Erkrankungsbe- ginn) oder Interimszeit (Dauer zwischen Expositionsende und Erkrankungsbeginn), die darauf hin verstrichene Zeit bis zur Berufskrankheits-Verdachtsmeldung sowie die Dauer des Verfahrens bis zum ersten rechtskräftigen Bescheid wurde ebenfalls er- fasst.

Ausgang des Feststellungsverfahrens

Hier wurde festgehalten, ob ein rechtskräftiger Bescheid an den Versicherten erstellt wurde. Weiterhin wurde der genaue Inhalt dieses Bescheides notiert.

Auch wurden eventuell in Anspruch genommene Rechtsmittel und Sozialgerichtsur- teile nach Art und Ergebnis sowie das Datum des letzten rechtskräftigen Bescheides oder Urteils festgehalten.

Verlauf nach rechtskräftigem Bescheid oder Urteil

Es wurde der letzte Zeitpunkt erfasst, zu dem Informationen zur eventuellen Fortfüh- rung oder Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit vorliegen.

Durchgeführte REHA-Maßnahmen

Hier wurden berufsfördernde Leistungen nach § 35 SGB VII wie eine Arbeitserpro- bung, eine Berufsfindungsmaßnahme, eine Fortbildung im erlernten Beruf sowie eine eventuelle Umschulung nach Art (Arbeitsamtschlüssel) sowie Ergebnis festgehalten.

Weiterhin wurden hier Leistungen an Arbeitgeber (Beihilfen zur Wiedereingliederung oder betrieblichen Umsetzung) nach § 36 SGB VII erfasst.

(22)

Beruflicher Werdegang nach Unterlassung

Die Dauer einer zwischenzeitlichen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit bis zum Beginn einer neuen beruflichen Stellung (Arbeitsamtschlüssel) wurde ebenso fest- gehalten wie auch die neue berufliche Stellung. Diese wurde mit der zuvor innege- habten wertend verglichen.

Zuletzt wurde notiert, ob eine erfolgreiche Umsetzung auf einen dauerhaft gesicher- ten Arbeitsplatz im gleichen oder anderen Betrieb erreicht werden konnte, oder ob am Ende des gesamten Verfahrens dem Versicherten eine Rente der Rentenversi- cherung zugesprochen wurde.

2.3 Datenverarbeitung

Da die bei dieser Auswertung erfassten Sekundärdaten je nach Umfang der einzel- nen Verfahren in unterschiedlicher Menge erhoben werden konnten, erfolgte weitge- hend eine explorative Auswertung. Zur statistischen Auswertung wurde das Pro- gramm Microsoft Excel sowie das Statistikprogramm SPSS 10.0.1 verwendet.

(23)

3

Ergebnisse

3.1 Meldeverhalten

Es werden die Anzahl der BK-Verdachtsmeldungen, ihre Aufteilung auf die jeweils meldende Stelle, die Altersverteilung der gemeldeten Versicherten sowie die Be- gründetheit der Verdachtsmeldung dargestellt.

1 3 5

1 2 1 2 1

29

38

47 48

35

42

60

52 54

56 58 57

69

82

49

59

48 51

0 20 40 60 80 100 120

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Meldejahr

Anzahl der Fälle

1315 4301 4302

2%

43%

55%

1315 (N=16) 4301 (N=405) 4302 (N=529)

Abb. 1: Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit Nr. 1315, 4301 und 4302 im Bereich der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover

Die Zahl der Verdachtsmeldungen bezüglich der untersuchten Berufskrankheiten im Zuständigkeitsbereich der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover stellt sich im Unter- suchungszeitraum relativ konstant dar. Bis 1995 nimmt die Zahl der Verdachtsmel- dungen zu, danach ist ein kontinuierliches Absinken zu verzeichnen. Es wurden ü- berwiegend Verdachtsmeldungen der Nr. 4301 und 4302 erstattet, die Nr. 1315 da- gegen nur selten. Bis 1997 wurden mehr BK 4302-Verdachtsmeldungen erstattet, danach liegt die Zahl der Meldungen bezüglich BK 4301 und BK 4302 in gleicher Höhe. Das Geschlechterverhältnis der gemeldeten Versicherten (männlich: 878,

(24)

in der Bauwirtschaft, die schon traditionell als überwiegende „Männerdomäne“ ange- sehen werden kann (22). Allein im Büroteil der Betriebe, im Malerhandwerk und in den Holzberufen wird ein nennenswerter Anteil von Frauen beschäftigt; nur im Reini- gungsgewerbe stellen sie die Mehrzahl der Beschäftigten.

1%

1%

12% 25%

40% 21%

Krankenkasse Arbeitsamt Ärzte Versicherter Arbeitgeber Rentenversicherung

Abb. 2: Meldende Stelle

Bei der Betrachtung der ausgewerteten Zahlen der meldenden Stellen ist festzustel- len, dass die Sozialversicherungsträger (Krankenkassen, Arbeitsamt, Rentenversi- cherungen) für insgesamt fast die Hälfte aller Meldungen auf Verdacht einer berufs- bedingten obstruktiven Atemwegserkrankung verantwortlich zeichnen.

Eine gleich hohe Zahl von Meldungen erging von den Versicherten sowie den sie behandelnden niedergelassenen oder im Krankenhaus tätigen Ärzten. Auf die Lun- genfachärzte entfällt mit ca. 41% (absolut: 16,8%) der größte Teil der ärztlichen Mel- dungen, gefolgt von den Hausärzten mit ca. 22% (absolut: 9,1%), den Krankenhaus- ärzten mit ca. 17% (absolut: 7,1%) und den Betriebsärzten mit ca. 7% (absolut:

2,9%).

Auch für Unternehmer besteht die Verpflichtung, dem Unfallversicherungsträger an- zuzeigen (§ 193 SGB VII), wenn sie im Einzelfall Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Berufskrankheit bei einem Versicherten ihrer Unternehmen haben. Auffallend ist, dass nur 1,2 % der Verdachtsmeldungen von den Unternehmen stammen.

(25)

44

98

94

71

66

59

138

115

137

31

45

34 1

3 7

3 1 3

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

1992 - 1994

1995 - 1997

1998 - 2000

Meldejahr

Anzahl und Anteil an den Fällen in %

Krankenkasse Arbeitsamt Ärzte Versicherter Arbeitgeber Rentenversicherung

Abb. 3: Meldende Stelle nach Meldezeitraum

Ab 1995 hat sich die Zahl der Meldungen durch Krankenkassen mehr als verdoppelt, während die Zahl der Meldungen der anderen Stellen relativ konstant bleibt. Die Er- höhung der Verdachtsmeldungen insgesamt von 294 (1992-1994) auf 328 (1995- 1997) geht damit vollständig auf das Konto der Krankenkassen. Besondere gesetzli- che Änderungen im Bereich der Krankenversicherungen gab es in diesem Zeitraum nicht.

Lungenfachärzte, Hausärzte und Krankenhausärzte meldeten überwiegend einen Verdacht auf die BK 4302, während Haut- und HNO-Ärzte einen Schwerpunkt bei der BK 4301 haben.

(26)

20 35

35 68 78

87 84 18 6

68 82

47 95

98

11 13

17 21

48

1

5 1

2 1 2

2 2 3

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

bis 24 25 - 34 35 - 44 45 - 54 55 und älter

Alter in Jahren

Anzahl und Antiel an den Fällen in %

Krankenkasse Arbeitsamt Ärzte Versicherter Arbeitgeber Rentenversicherung

Abb. 4: Anteil der Meldungen der einzelnen Meldestellen in verschiedenen Altersgruppen der Versicherten

Diese Abbildung zeigt zwei erkennbare Abhängigkeiten: Die Arbeitsämter erstatteten die BK-Verdachtsmeldungen überwiegend bei jüngeren, die Krankenkassen über- wiegend bei älteren Versicherten. Bei Versicherten und Ärzten ist kein Zusammen- hang mit dem Alter zu erkennen. Für eine Beurteilung der Meldungen der Arbeitge- ber und Rentenversicherungsträger ist die Zahl der Meldungen zu gering.

(27)

bis 24 25 - 34 35 - 44 45 - 54 55 und älter

1315 4301

4302

102 105

75

110

137

91

107

44

81 82

3 2 3 8

0 20 40 60 80 100 120 140

Anzahl der Fälle

Alter in Jahren

BK-Ziffer

Abb. 5: Alter am Tag der Meldung

Diese Abbildung zeigt, dass die Verdachtsmeldungen für die Listennummern 4301 und 4302 sowohl einen Gipfel bei den Berufsanfängern als auch im höheren Berufs- alter haben. Die Verdachtsmeldungen für die Listennummer 1315 zeigen – bei nur geringer Fallzahl – einen leichten Anstieg zu den rentennahen Jahrgängen.

(28)

18,3

23,6

12,2

21,2

24,7 44,4

11,1

19,4

11,1

13,9

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

bis 24 25 - 34 35 - 44 45 - 54 55 und älter

Alter in Jahren

Anteil der Fälle in %

männlich weiblich

Abb. 6: Altersverteilung nach Geschlecht am Tag der Meldung

Hinsichtlich des Alters der Versicherten zum Zeitpunkt der Erkrankung wie auch der BK-Verdachtsmeldung gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern:

Bei den weiblichen Versicherten erfolgte die Verdachtsmeldung besonders häufig am Beginn des Berufslebens, bei den männlichen Versicherten ist die Verteilung über das Berufsleben ausgeglichener, allerdings gibt es einen Gipfel bei den 20 – 29 Jäh- rigen und den 50 – 59 Jährigen.

Das mittlere Alter am Tag der Verdachtsmeldung betrug bei der BK 1315 ca. 50 Jah- re, bei der BK 4301 ca. 39 Jahre und bei der BK 4302 ca. 42 Jahre.

(29)

24%

28%

48%

Ja (N=227) Teilweise (N=268) Nein (N=445)

Abb. 7: Begründetheit der Verdachtsmeldung

Die „Begründetheit“ einer Berufskrankheiten-Verdachtsmeldung wird als die Überein- stimmung der bei dem Versicherten vorliegenden Tatbestände mit den in den Merk- blättern geforderten Merkmalen definiert. Wesentliche Merkmale für eine überwie- gend begründete Verdachtsmeldung waren der Nachweis einer obstruktiven Atem- wegserkrankung in Verbindung mit typischen Beschwerden im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, die überwiegende Exposition bei dieser Tätigkeit sowie eine ausreichend lange berufliche Exposition. Für eine nur teilweise begründete Ver- dachtsmeldung sprachen ebenfalls der Nachweis einer obstruktiven Atemwegser- krankung, dieses aber in Verbindung mit langjährigem starken Rauchen, dem Fehlen einer relevanten beruflichen Exposition oder fehlenden Beschwerden im Zusammen- hang mit der beruflichen Tätigkeit. Bei nicht begründeten Verdachtsanzeigen war entweder keine obstruktive Atemwegserkrankung vorhanden oder keine berufliche Exposition gegeben.

Nur ca. ein Viertel der Berufskrankheiten-Verdachtsmeldungen beruhte auf den vom Verordnungsgeber vorgegebenen medizinischen und arbeitstechnischen Vorausset- zungen (s. Abschnitt 2.2). Bei ca. einem weiteren Viertel waren diese Voraussetzun- gen nur teilweise erfüllt, bei fast der Hälfte überhaupt nicht.

(30)

170

15

17

23

1

1

109

39

55

62

1

2

111

56

124

151

5

8

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Ärzte

Versicherter

Arbeitsamt

Krankenkasse

Rentenversicherung

Arbeitgeber

Meldestelle

Anzahl und Anteil an den Fällen in %

Ja Teilweise Nein

Abb. 8: Begründetheit der BK-Meldung nach Meldestelle (gesamt)

Mehr als zwei Drittel aller von Ärzten und etwa die Hälfte der von den Versicherten erstatteten BK-Verdachtsmeldungen beruhte ganz oder zumindest teilweise auf den vom Verordnungsgeber geforderten Kriterien, wohingegen rund zwei Drittel der von den Sozialversicherungsträgern erstatteten BK-Verdachtsmeldungen im Sinne der in Abschnitt 2.2 angegebenen Kriterien unbegründet waren.

(31)

99

72

56

96

73

99

99

183

173

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

1992 - 1994

1995 - 1997

1998 - 2000

Meldezeitraum

Anzahl und Anteil an den Fällen in %

Ja Teilweise Nein

Abb. 9: Begründetheit der BK-Meldung nach Meldezeitraum

Insgesamt nahm die Übereinstimmung der BK-Verdachtsmeldungen mit den vom Verordnungsgeber geforderten Kriterien (s. Abschnitt 2.2) während des Untersu- chungszeitraums ab. Bei älteren Versicherten wurden mehr begründete Meldungen als bei jüngeren erstattet. Bezüglich der BK 4301 waren etwas mehr, bei der BK 4302 etwas weniger als die Hälfte aller Meldungen unbegründet, während sämtliche Meldungen zur BK 1315 ganz oder teilweise begründet waren.

(32)

3.2 Tätigkeiten und Expositionen

Es werden die zum Zeitpunkt der Exposition ausgeübte berufliche Tätigkeit sowie bis zu 6 der in den Akten vermerkten Expositionen – ohne Wertung der Höhe, Dauer oder eventueller Ursächlichkeit – dargestellt.

121 1

1 12 23 46

79 101112

1618 2224

2931 34 3435

4864

70 335

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Sonstige BerufeGerüstbauerPflasterer Kranführer Betonhersteller Tiefbauer Schreibtischberufe SchornsteinfegerOfensetzer Straßenbauer Erdbewegungs-/BaumaschinenführerSteinbearbeiter EstrichlegerBetonbauer Isolierer/TrockenbauerStuckateure Schlosser Fliesenleger ZimmererTischler Bauhilfsarbeiter RaumausstatterDachdecker ReinigungskräfteInstallateure MaurerMaler

Anzahl der Fälle

Abb. 10: Berufliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Exposition mit dem als ursäch- lich angesehenen Arbeitsstoff

Bei den Verdachtsmeldungen der untersuchten Berufskrankheiten dominieren die Angehörigen des Malerhandwerks alle anderen Berufe des Bau-Haupt- und Neben- gewerbes bei weitem, relativ häufig wurden auch Versicherte des Maurer- und Instal- lateurshandwerks sowie Reinigungskräfte gemeldet. Mit weiter absteigender Häufig- keit ist dann eine Vielzahl von Bauberufen betroffen.

(33)

1 1 1 1 1

2 2

3

5 5

12 12

0 2 4 6 8 10 12

Abbeizer Hölzer Mineralfasern Kunststoffdämpfe Polyurethan Asbest Epoxidharze Lösemittel Kleber Lack Baustaub Isocyanate

Anzahl der Nennungen (Mehrfachantworten möglich)

14

Abb. 11: BK 1315 – als ursächlich genannte Expositionen

Diese Abbildung zeigt, dass neben dem relativ unscharfen Begriff „Baustaub“ haupt- sächlich Isocyanate sowie potentiell isocyanathaltige Arbeitsstoffe (Lack, Kleber, E- poxidharze etc.) bei den Verdachtsmeldungen zur Berufskrankheit Nr. 1315 genannt werden.

(34)

23 45

5 5 5 5 6 6 6 7 7 7 7

1112 13 1415

20 38

56 107

114 241

0 50 100 150 200 250 300

Polyurethan Feinspachtel ZinkraucheAbbeizer KunststoffdämpfeRuß SchimmelpilzeSchalöl HausstaubmischungLötrauche Metallstäube Bitumen Dieselmotoremissionen Isocyanate Mineralfasern HolzschutzmittelReiniger EpoxidharzeAsbest Schweißrauche Stäube Lösemittel HölzerLack Kleber Baustaub

Anzahl der Nennungen (Mehrfachantworten möglich)

Abb. 12: BK 4301 – als ursächlich genannte Expositionen

1 3 4 4 6 7 8 8 9 9 9 10 10 15 16 19

22 23 24 26 26

115

202 230

339

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Schimmelpilze Kunststoffdämpfe Polyurethan Feinspachtel Schalöl Dieselmotoremissionen Metallstäube Ruß Holzschutzmittel Lötrauche Zinkrauche Abbeizer Mineralfasern Hölzer Bitumen Isocyanate Stäube Epoxidharze Reiniger Asbest Schweißrauche Lösemittel Kleber Lack Baustaub

Anzahl der Nennungen (Mehrfachantworten möglich)

Abb. 13: BK 4302 – als ursächlich genannte Expositionen

(35)

Die Abbildungen 12 und 13 zeigen, dass sowohl für die durch allergisierende Stoffe ausgelöste BK 4301 als auch für die durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe ausgelöste BK 4302 dieselben Arbeitsstoffe in vergleichbarer Häufigkeit ge- nannt werden.

Zu außerberuflichen Risikofaktoren lagen in den BK-Meldungen praktisch keine ver- wertbaren Angaben vor. Nach den Angaben in den im Rahmen des Feststellungsver- fahrens durchgeführten Gutachten ergibt sich bei 395 Versicherten folgendes Bild:

50% waren zum Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns Raucher, 31% Nie-Raucher und 18% Ex-Raucher.

(36)

3.3 Ermittlungen der Verwaltung

Es werden die von der Verwaltung beigezogenen ärztlichen Unterlagen, die angefor- derten ärztlichen und technischen Sachverständigenberichte sowie die in Auftrag gegebenen Zusammenhangsbegutachtungen dargestellt.

95,2

88,1

61,1 89,4

75,4

42,2 82,4

64,6

33,4

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Ja Teilweise Nein

BK begründet?

Anteil in %

Beiziehung ärztlicher Unterlagen Lungenfunktionsprüfung durchgeführt?

Bodyplethysmographie durchgeführt?

Abb. 14: Umfang der bei der Verdachtsmeldung beigezogenen ärztlichen Unter- lagen in Abhängigkeit von der Begründetheit der Meldung

Bei fast allen begründeten sowie der überwiegenden Zahl der zumindest teilweise begründeten Verdachtsmeldungen konnten zum Zeitpunkt der Meldung von der Ver- waltung ärztliche Unterlagen, insbesondere auch Spiro- oder Bodyplethysmografie- daten beigezogen werden. Entsprechende Vorbefunde waren bei der großen Mehr- heit der unbegründeten Verdachtsmeldungen nicht vorhanden.

In den ersten zwei Dritteln des Beobachtungszeitraums konnte nur in ca. einem Vier- tel der Fälle (1992-1994: 23,5%, 1995-1997: 25,6%), im letzten Drittel (1998 – 2000) schon bei 36,3% der Verdachtsmeldungen eine auf Untersuchungen basierende Stellungnahme des zuständigen Betriebsarztes hinzugezogen werden.

(37)

Seitens der Verwaltung wurde bei ganz oder teilweise begründeten Verdachtsmel- dungen häufig die Arbeitsvorgeschichte ermittelt. Die Gesamtzahl dieser vom Tech- nischen Aufsichtsdienst der eigenen oder auch einer anderen Bau- Berufsgenossenschaft durchgeführten Ermittlungen nahm zum Ende des Beobach- tungszeitraums hin ab (1992-1994 in ca. 60 %, 1995-1997 in ca. 50 % und 1998- 2000 in ca. 30 % der Fälle). Ausgenommen hiervon sind die Gespräche mit aktuellen und/oder ehemaligen Mitarbeitern oder Arbeitgebern (ca. 30 % der Fälle über den gesamten Beobachtungszeitraum), während sich die Häufigkeit der Begehungen von aktuellen und früheren Arbeitsplätzen im letzten Drittel des Beobachtungszeitraums (1998-2000) durch die im Zuge der Verfahrensumstellung eingeführten BK-Ermittlern mit ca. einem Viertel der Fälle sich im Vergleich zu den ersten beiden Dritteln des Beobachtungszeitraums mehr als verdoppelt hat.

Bei ganz oder teilweise begründeten Verdachtsmeldungen wurde häufig, mit im zeit- lichen Verlauf leicht abnehmender Tendenz (von ca. 66 % auf ca. 45 % der Fälle), eine Stellungnahme des zuständigen Gewerbearztes angefordert. In etwa 2/3 dieser Fälle waren dann weiterführende Empfehlungen (z. B. die Beauftragung von Zusatz- untersuchungen/Gutachten oder Stellungnahmen zum Verfahrensablauf) zu erhalten.

Während des gesamten Beobachtungszeitraums wurde in durchschnittlich über 80 % der Fälle, die auf einer ganz oder teilweise begründeten Verdachtsmeldung beruhen, eine Stellungnahme des beratenden Arztes der Berufsgenossenschaft eingeholt.

(38)

58,1

50,5

56,0

44,4 44,1

36,6

19,2

26,5

23,6

0 10 20 30 40 50 60 70

1992 (n=86)

1993 (n=99)

1994 (n=109)

1995 (n=117)

1996 (n=118)

1997 (n=93)

1998 (n=120)

1999 (n=102)

2000 (n=106) Meldejahr

Anteil mit mind. ein Gutachten in %

Abb. 15: Versicherte mit mind. 1 Gutachten nach Zeitraum

Während des Beobachtungszeitraums hat sich der Anteil der Verfahren, bei denen mindestens ein Zusammenhangsgutachten angefertigt wurde, mehr als halbiert. Die- ser Rückgang betrifft besonders den Zeitraum ab 1998 (Änderung des Verwaltungs- verfahrens).

(39)

75,0 63,1

46,5 44,5 39,4 33,9 32,8 29,7 26,0 9,1

0 10 20 30 40 50 60 70 8

Betriebsarzt (n=28) Lungenfacharzt

(n=160) Hausarzt

(n=86) Versicherter

(n=110) Gesamt (n=950) sonstiges (n=56) Krankenhaus

(n=67) Krankenkasse

(n=236) Arbeitsamt

(n=196) Arbeitgeber

(n=11)

Meldestelle

Anteil mit Gutachten in %

0

Abb. 16: Versicherte mit Gutachten in Abhängigkeit von der Meldestelle

In den Verfahren, die vom zuständigen Betriebsarzt oder dem behandelnden Lun- genfacharzt angezeigt worden waren, wurde in der überwiegenden Zahl der Fälle ein Zusammenhangsgutachten erstellt. Dieses traf nur auf weniger als ein Drittel der von den Sozialversicherungsträgern erstellten Verdachtsmeldungen zu.

Waren bei der Berufskrankheiten-Verdachtsmeldung die vom Verordnungsgeber ge- forderten medizinischen und arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt, so wurde in ca. drei Viertel der Verfahren mindestens ein Zusammenhangsgutachten erstellt. Bei nur teilweise erfüllten Voraussetzungen betrug dieser Anteil die Hälfte der Verfahren und bei unbegründeten Verdachtsmeldungen weniger als ein Sechstel.

In ca. drei Viertel aller Ermittlungsverfahren, in denen mindestens ein Zusammen- hangsgutachten erstellt wurde, gingen diesen Nachforschungen von Mitarbeitern der Technischen Aufsicht (heute: Prävention) der Berufsgenossenschaft voraus.

In nahezu allen Verfahren, an deren Ende eine Berufskrankheit anerkannt wurde, war mindestens eine Zusammenhangsbegutachtung erfolgt; dies traf auch auf ein gutes Drittel der mit einer Ablehnung endenden Fälle zu.

(40)

3.4 Zeitdeterminanten

Es werden die Zeitabstände zwischen Beginn der Beschwerden und der BK- Verdachtsmeldung dargestellt.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0 10 20 30 47 72 95 150 252 360

Dauer zwischen Erkrankungsbeginn und BK-Meldung in Monaten

kumulative Summe in %

männlich weiblich

Abb. 17: Dauer zwischen Beginn der Erkrankung und BK-Meldung nach Ge- schlecht

Insgesamt erfolgte bei ca. einem Fünftel der vermuteten berufsbedingten Erkrankun- gen die BK-Verdachtsmeldung innerhalb eines halben Jahres, bei mehr als der Hälf- te der Fälle vergingen aber über 2 Jahre.

Diese Abbildung zeigt, dass die Dauer zwischen Beschwerdebeginn und der BK- Verdachtsmeldung bei Frauen deutlich kürzer war als bei Männern. Der Median lag bei Frauen bei 20 Monaten und bei Männern bei 48 Monaten.

(41)

3.5 Ausgang des Verfahrens

In 68 Fällen wurde im Feststellungsverfahren der ursächliche Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit bestätigt. In 57 Fällen erfolgte die Anerkennung als Berufs- krankheit, in 11 Fällen wurde die berufliche Verursachung der Erkrankung festge- stellt, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit (die Atemwegserkrankung musste zur Unterlassung aller Tätig- keiten zwingen, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufle- ben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) waren jedoch nicht erfüllt (12, 13, 14).

0 5 10 15 20 25 30

1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 56 61 66 71 76 81 86

Monate bis zum 1. Bescheid

Anzahl der Fälle

0 100 200 300 400 500 600

Summe der Fälle

Dauer in Monaten kum. Summe

25

50

75 Median = 19 Monate Mittelwert = 22,6 Monate

Standardabweichung = 14,9 Monate

Abb. 18: Verfahrensdauer bis zum 1. Bescheid

Ein großer Teil der Ermittlungsverfahren wurde frühzeitig beendet, weil z. B. die Ver- dachtsmeldung unbegründet war. In der Mehrzahl der untersuchten Fälle wurden die Ermittlungsverfahren mit einem (ersten) rechtsgültigen Bescheid abgeschlossen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug für mehr als die Hälfte dieser Verfahren weniger als 2 Jahre; nach 2 ½ Jahren betraf dies ¾ dieser Fälle.

Referenzen

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